Glatzen im neuen und alten Glanz
Zusammenfassung mehrerer Berichte aus orf.at

Messi versteckte sich in seinen eigenen Leiberl. Chelsea-Spieler freuten sich und lassen sich feiern. Neben einer gehörigen Portion Glück und unermüdlichem Kampfgeist hat der Erfolg der „Blues“ vor allem einen Namen: Roberto Di Matteo.

Der Neo-Trainer krempelte bei den Londonern vieles um, entwarf eine (geniale?) Taktik gegen die Katalanen und brachte Chelsea, das als schwächstes Team der vier Halbfinalisten gehandelt wurde, zurück auf die Siegesstraße. Der 41-Jährige mausert sich vom Nobody-Trainer des englischen Drittligisten Milton Keynes Dons und der interimistischen Notlösung auf der Chelsea-Bank zum Glücksfall für die Londoner, denen er neues Leben einhauchte. Schön war das Catenaccio-Spiel von den Londonern gegen Barcelona nicht anzusehen. Aber es war effektiv. Di Matteo, der das Catenaccio als Italiener quasi mit der Muttermilch aufgesogen hat, verordnete seinen Mannen eine strikte Defensivtaktik: Im Tor war Petr Cech, mit 42 Ballkontakten der meistbeschäftigte Chelsea-Spieler, kaum zu überwinden, vor dem Tschechen bauten sich zwei tiefstehende Abwehrmauern auf. Selbst Stürmer Didier Drogba war meist hinten zu finden, rutschte und ackerte wie verrückt und wies mit 19 gewonnen Zweikämpfen sogar die beste Bilanz auf. Di Matteo musste aber zweimal umstellen, ganz spontan: Erst fiel Innenverteidiger Gary Cahill nach zwölf Minuten verletzt aus, mit Abwehrchef John Terry (Rote Karte) musste dann auch nach 37 Minuten der zweite Innenverteidiger vom Platz.
Das Kalkül ging dennoch auf: Barcelona brachten auch 73 Prozent Ballbesitz nichts.


Als Di Matteo die Londoner Anfang März von seinem Vorgänger Andre Villas-Boas interimistisch übernahm, übernahm er einen hochbezahlten, aber lustlosen Haufen. In nicht einmal zwei Monaten erweckte er seine Mannen zu neuem Leben, brachte ihnen Zielgerichtetheit, Konzentration und unbändigen Einsatz bei und versah diese Eigenschaften mit strategischen Vorgaben. Vor allem aber formte der immer ruhig wirkende Italiener, der von seinen Spielern in höchstem Maße respektiert wird, wieder eine Einheit, gab ihnen das Selbstvertrauen zurück und sorgte für gute Stimmung. Der 33-jährige Lampard war einer jener alten Spieler, die unter Di Matteos Vorgänger Villas-Boas einen schweren Stand hatten. Der Portugiese warf ihm, Didier Drogba (34), Kapitän John Terry (31) und Ashley Cole (31) vor, dass sie zu alt und zu langsam seien und ihren Zenit schon lange überschritten hätten. Villas-Boas kritisierte sie öffentlich und billigte ihnen in seiner langfristigen Planung höchstens untergeordnete Rollen zu. Das Vertrauen hingegen, das Di Matteo den Routiniers geschenkt hat, könnte sich auch für ihn selbst auszahlen. Ursprünglich war er als Interimslösung bis Saisonende vorgesehen, dann sollten klingendere Namen als der Italiener übernehmen. Die Gerüchteküche weiß von Rafael Benitez, Jose Mourinho und sogar Pep Guardiola zu berichten. Doch unter Di Matteo, der über Milton Keynes Dons und West Bromwich als Kotrainer zu Chelsea gekommen war, feiern die Londoner ihre Auferstehung. Neben dem CL-Finale buchten sie auch das Ticket für das FA-Cup-Endspiel. Wenn Di Matteo dem russischen Milliardär, der seit Jahren Millionen in den Verein buttert, zum ersten Mal den Champions-League-Titel schenkt, wird wohl selbst Chelsea-Boss Abramowitsch nicht Nein zum Italiener sagen können. Favorit auf seine eigene Nachfolge ist Di Matteo schon jetzt.

Apopros Guardiola

Mit dem Abgang von Guardiola verliert der FC Barcelona den möglicherweise erfolgreichsten Coach der Clubgeschichte. Seit seinem Amtsantritt 2008 gewannen die Katalanen 13 Titel, darunter zweimal die Champions League und dreimal die Meisterschaft. Die Chance auf die 14. Trophäe bietet sich am 25. Mai im Cupfinale gegen Athletic Bilbao - der Meistertitel und die Champions League wurden allerdings in den vergangenen Tagen verspielt. Dennoch: Nicht nur durch die zahlreichen Triumphe, auch durch die Art und Weise, wie sie errungen wurden, sorgte der scheidende Trainer mit Barcelona für Schlagzeilen. Die Katalanen schwangen sich mit bedingungslosem Offensivfußball, rasantem Kurzpassspiel und laufintensivem Pressing zur besten Mannschaft der Welt auf, was sowohl als Verdienst von Lionel Messi und Co. als auch von Guardiola gilt. Nach fast vier Jahren im Amt sei er nun aber ausgebrannt, erklärte der Katalane. Er habe schon im vergangenen Sommer gewusst, dass es sich um seine letzte Saison auf der Barca-Bank handeln würde. „Ich bin erschöpft und muss meine Batterien wieder aufladen. Ich brauche wieder die Leidenschaft, die ich in meinem ersten Jahr hatte.“ Vor einigen seiner Spieler wie Xavi, Andreas Iniesta, Carles Puyol oder Cesc Fabregas bat Guardiola um Verständnis für seinen Abschied. „Es tut mir leid, dass ich die Energie verloren habe. Aber ich gehe mit dem Gefühl, einen guten Job gemacht zu haben“, meinte er zum baldigen Ende seiner Barca-Ära. Spekulationen, wonach er bei Chelsea, Inter Mailand oder sogar beim englischen Nationalteam anheuern könnte, erteilte Guardiola eine Absage. Vereinspräsident Sandro Rosell fiel dem „besten Coach in der Geschichte des Clubs“ um den Hals und verkündete gleich die überraschende, aber doch konsequente Wahl des Nachfolgers. Guardiolas bisheriger Assistent Tito Vilanova fungiert ab 2012/13 als neuer Cheftrainer.

Das kommt spanisch vor

Quelle: APA

Athletic Bilbao und Atlético Madrid bestreiten das Endspiel in Bukarest, überragende Darbietung von Fernando Llorente
Athletic Bilbao und Atlético Madrid haben das Finale am 9. Mai in Bukarest erreicht und nach dem Champions-League-Aus von Real Madrid und dem FC Barcelona zumindest für eine kleine Wiedergutmachung gesorgt. Bilbao gewann das Halbfinal-Rückspiel gegen Sporting Lissabon 3:1 (2:1), Atlético warf den Ligarivalen FC Valencia durch ein 1:0 (0:0) aus dem Rennen.

Die Basken aus Bilbao, in der Runde zuvor Sieger gegen Schalke 04, machten dank der Treffer von Markel Susaeta (17.), Ibai Gomez (45.+1) und Fernando Llorente (88.) die 1:2-Niederlage aus dem Hinspiel wett. Für Sporting war der zwischenzeitliche Ausgleich durch Ricky van Wolfswinkel (44.) zu wenig. In Valencia machte Atlético nach dem deutlichen 4:2 im Hinspiel mit einem Traumtor von Adrian Lopez (60.) alles klar.

40.000 Zuschauer in Bilbaos Fußball-Kathedrale San Mames sahen eine von Beginn an packende Begegnung. Die daheim im Europapokal noch unbesiegten Basken begannen furios: Nach Vorarbeit von Weltmeister Fernando Llorente traf Susaeta aus elf Metern volley zur Führung. Kurz vor der Pause überschlugen sich dann die Ereignisse. Zunächst glich der Niederländer van Wolfswinkel mit seinem sechsten Tor im laufenden Wettbewerb aus, im Gegenzug stellte Ibai Gomez nach erneut glänzender Llorente-Vorlage den alten Abstand wieder her.

Nach der Pause wollte sich keine der beiden Mannschaften mit einer Verlängerung zufriedengeben: Der überragende Llorente (52.) traf ebenso wie Sportings Emiliano Insua (56.) den Pfosten. Kurz vor Schluss sorgte Matchwinner Llorente für das umjubelte dritte Tor.

In Valencia rannten die Gastgeber vergeblich dem deutlichen Rückstand aus dem Hinspiel hinterher. Sofiane Feghouli (21.) und Sergio Canales (39.) scheiterten in einer starken ersten Halbzeit am überragenden Atlético-Schlussmann Thibaut Courtois, mit zunehmender Spieldauer schwanden dann die Hoffnungen. Ein sehenswerte Direktabnahme von Adrian Lopez nach Vorarbeit des ehemaligen Bundesligaprofis Diego beförderte Madrid schließlich ins Finale. Dort muss Atlético allerdings auf Kapitän Tiago verzichten, der nach einer Tätlichkeit in der 79. Minute die Rote Karte sah.

In der Geschichte der Europa League und seines Vorgängers UEFA-Pokal gab es bislang achtmal ein Finale zwischen zwei Mannschaften aus einem Land. Erst im vergangenen Jahr hatte der FC Porto den portugiesischen Konkurrenten SC Braga im Endspiel mit 1:0 bezwungen.


"Weder Barca noch Real, Athletic, Athletic", schrien Tausende noch am frühen Morgen auf Bilbaos Hauptplatz Moyua - viele sprangen trotz kühler Temperaturen in den dort befindlichen Brunnen. "Ich habe nichts gemacht, nur die Spieler begleitet", sagte Athletic-Trainer Marcelo Bielsa (56). Der ehemalige Nationalcoach von Argentinien und Chile, "El Loco", der Verrückte genannt, ist ein Eigenbrötler, der sich stundenlang Fußballvideos anschaut. Der frühere argentinische Nationalspieler Diego Simeone, nun der Chef bei Atletico, gilt als sein Schüler und Fan. "In Bukarest wird es ein Spiel unter Freunden geben", versicherte der 42-Jährige. Die "Colchoneros" (Matratzenmacher) aus Madrid sind 1903 als Filiale Bilbaos gegründet worden.

Für Bilbao ist es der erste Einzug in ein Europacup-Endspiel seit 1977, als man Juventus Turin unterlag. Das Team steht auch noch im spanischen Cupfinale am 25. Mai gegen den FC Barcelona. "Die Welt geht in eine andere Richtung, aber wir zeigen, dass man mit unserer Philosophie Erfolg haben kann", so der junge Präsident und Ex-Stürmer Josu Urrutia (44). Weiterhin setzt Bilbao auf Spieler aus dem Baskenland. (sid/APA/red 26.4.2012)

Wenn man gestern das Spiel in Bilbao gesehen hat muss man sich über Platini's Idee, die Europa League abzuschaffen, nur wundern. Die Champions League noch mehr aufzublähen, ohne das die zweite oder dritte Garnitur Europas je Chancen hätte, könnte der Tod des Fußballs sein.

Schon jetzt sind die CL-Gruppenspiele mehr als langweilig und eher tatkitsches Ballgeschiebe,damit die Großen ja nicht scheitern (überdies sind sie gesetzt,damit das Geld ja bei den reichen Klubs bleibt). Und in der EL so weit wie möglich zu kommen, ist für Klubs, die in ihren Ländern praktisch keine Meisteschaftschancen und Aussicht auf CL-Plazierungen haben (wie eben Bilbao) ist dieser Bewerb sicher kein Cup der Verlierer. Für österreichische Klubs bedeutet dieser Bewerb sogar Prestige,weil CL können wir uns sicher abschminken (allenfalls Kanonefutter in einer Gruppenphase).

Ich wäre eher für eine Rückkehr zum reinen Bewerb der Landesmeister. Schaut nur das heutige Finale an: Chelsea und Bayern waren letztes Jahr nicht Meister und werden es auch dieses Jahr nicht. Der Titel sollte in dieser Weise einfach noch stärker belohnt werden. Ja, etwas nostalgisch, ich weißt. Nehmen wir als Beispiel die französische Liga mit Montpellier: die werden dieses Jahr (vielleicht) französischer Meister, werden aber dann im Sommer einen Ausverkauf ihrer Leistungsträger erleben und sind in der Champions League nächstes Jahr dann nur Kanonenfutter. Vor 30 jahren oder so, ergo vor unserer Zeit, wären die Spieler geblieben, da gab es das Söldner-Wesen noch nicht in dieser extremen Form (von daher ist es etwas nostalgisch).

Anderseits, wenn Montpellier in der Champions League realistische Erfolgschancen hätte, weil "nur" Real Madrid, Manchester United und Juventus Turin über sie zu stellen wären, während sie sich mit Dortmund, Porto, Ajax, Glasgow Rangers und Konsorten schon der Papierform nach messen könnten, würden die Spieler sicher eher bleiben (nur so als Beispiel). Das würde wieder dazu führen, dass die guten Spieler auf viel mehr Clubs aufgeteilt wären, Spiele wie Barcelona gegen Arsenal oder Bayern gegen Milan hätten wir dann im UEFA-Cup, der damit automatisch mehr wert wäre, usw. Das wär wirklich schön, weils dann wieder spannender und abwechslungsreicher wär...