Ja, der Band trieft nicht vor Goscinnys subversivem Humor. Statt dessen gibt's (mal wieder) Referenzen auf klassische amerikanische (und britische) Popkultur aus den Ⅼer und ⅬⅩer Jahren, als würden die Macher zuviel Oldie-Sender hören. Okay, muß man mögen, aber ich seh das jetzt nicht als Dealbreaker. Hätten sie jetzt aktuelle Popkultur durch den Kakao gezogen, wär mir das zu zeitgeistig – die Referenzen in Asterix und die Normannen funktionieren ja auch nicht mehr so gut, und den hat Goscinny geschrieben.

Ganz zuerst hat man den Eindruck, die Pikten würden nur in solchen Referenzen reden. Zum Glück trat das nicht ein, und die einzigen Völker, die heute noch gedolmetscht werden müssen, sind die Wikinger (nicht die Normannen, die Wikinger aus Die große Überfahrt), die amerikanischen Ureinwohner, die Goten und je nach Band die Ägypter.

Okay, früher™ hatten die Storys gefühlt mehr Twists & Turns. Es passierte mehr. Asterix bei den Pikten fühlt sich zunächst mal im Vergleich dazu ziemlich geradlinig an. Das ist aber nicht dem Mangel an Goscinny anzulasten, denn da hat Uderzo selbst auch anderes abgeliefert, und der aktuelle Band ist immer noch auf Asterix bei den Belgiern-Niveau.

Mag sein, daß die Römer in der realen Geschichte nie in Kaledonien waren, geschweige denn mit kaledonischen Clanchefs geklüngelt haben. Aber so 100% historisch genau war Asterix nie.

Mag auch sein, daß es sich ein bißchen wie Der große Graben anfühlt, der erste reine Uderzo-Band. Aber meines Erachtens ist das nun wirklich kein schlechter Band. Außerdem hat Camilla auch ohne Zaubertrank mehr Mumm als Grienoline.

Und ja, Didier Conrads Zeichenstil ist nicht 100% Uderzo. Aber er kommt verdammt nah dran, und im Gegensatz zu seinem Vorgänger hat er nicht das Handtuch geworfen.

Was man Ferri und Conrad lassen muß: Es ist ihnen gelungen, die Gallier mal wieder auf eine Reise in eine Gegend zu schicken, wo sie noch nicht waren: Kaledonien, also Schottland. Sie haben das Land so durch den Kakao gezogen, wie Goscinny und Uderzo es vorher mit Hispanien, Helvetien, Belgien, Ägypten, Britannien, das Reich der Goten, Rom und eigentlich auch ganz Gallien (ja, GANZ Gallien) taten. Uderzo fand eigentlich nur noch Judäa und Mesopotamien, ansonsten ging's nach Nihamavasah und nach Atlantis. (Wozu man sagen muß: Während Obelix auf Kreuzfahrt kreuzblöd ist und auch die Spartakus-Referenz nichts rausreißt, ist Die Odyssee ein ziemlich guter Band, der sich sogar Seitenhiebe aufs Neue Testament leistet, und Asterix im Morgenland ist zum Brüllen komisch.)

Sie haben es auch gekonnt vermieden, eine Asterix-Version von Braveheart oder gar Highlander aufzuziehen und/oder Kaledonien darzustellen als graue, neblige, felsige, unwirtliche Landschaft mit grimmigen Einwohnern. Bis auf die Architektur sieht es nicht viel anders aus als Aremorica. Und die Pikten spinnen genauso wie die Gallier.

Worauf ich ja noch warte, sind Leute, die sich unbedingt an den Namen der Pikten hochziehen müssen, die alle mit Mac anfangen, zumindest die der Männer. Das ist auch nichts, was wir nicht schon gesehen hätten (Goten, die alle auf -rik enden, Griechen, die alle auf -as oder -os enden, Wikinger, die alle bis auf zwei auf -sen enden, Normannen, die alle auf -af enden, Hispanier, die alle ein y in der Mitte ihres Namens haben, Römer, die alle auf -us enden, Gallier, die alle auf -ix enden...), und es ist weit weniger an den Haaren herbeigezogen als die Britannier, die fast alle auf -ax enden, nur um eine einheitliche Endung zu haben.