Dieses Forum nutzt Cookies
Dieses Forum verwendet Cookies, um deine Login-Informationen zu speichern, wenn du registriert bist, und deinen letzten Besuch, wenn du es nicht bist. Cookies sind kleine Textdokumente, die auf deinem Computer gespeichert sind; Die von diesem Forum gesetzten Cookies düfen nur auf dieser Website verwendet werden und stellen kein Sicherheitsrisiko dar. Cookies auf diesem Forum speichern auch die spezifischen Themen, die du gelesen hast und wann du zum letzten Mal gelesen hast. Bitte bestätige, ob du diese Cookies akzeptierst oder ablehnst.

Ein Cookie wird in deinem Browser unabhängig von der Wahl gespeichert, um zu verhindern, dass dir diese Frage erneut gestellt wird. Du kannst deine Cookie-Einstellungen jederzeit über den Link in der Fußzeile ändern.
Hallo, Gast! (Registrieren)
21.11.2024, 16:16



Nahost-Politik, Interventionen (inb. US)
#1
06.01.2021
Basinator Offline
Wonderbolt
*


Beiträge: 1.294
Registriert seit: 24. Mai 2013

Nahost-Politik, Interventionen (inb. US)
https://theintercept.com/2020/12/18/afgh...ike-force/

https://theintercept.com/2019/10/30/afgh...s-taliban/

Make your own terrorists.

Östliche Länder sind auch nicht zu dumm für Demokratie. Iran-Geschichte (Eigenpost):
Zitat:Quite some people bring the point that the Islam is way younger than Christians.

There is more to that. though:

The Iran is often taken as an example of "oh, the muslims aren't as progressed as we are and don't know democracy".

Turns out, history proves wrong.

The Iran had a constitution in 1907 till 1979 when the Shah disappeared that actually promoted freedom of speech, women, other groups, etc.

It was for the influence of British and Russian forces that supported the Shah in 1907 attacking the parliament where a social and political revolt was happening, including assaults with heavy armory.

In ~1957, Mossadegh, a very popular and very liberal and progressive politician that was also a minister before was about to get more power and that was supported by the population. People were on streets demonstrating for him! And against the Shah. Do you know what his doomfall was? He mistrusted the British and Russian politicians and probably rightfully so. What he DID BELIEVE were the Americans. I tell you how the US, the pentagon & the CIA repaid that favor; they told him to get the masses down protesting for him and supported the Shah, the tyrant oppressing his folk, and helped to stop this social and political revolution.

And people wonder why and how Iran people shouted "Death to America!" in the revolution 1979 and storming the US embassy and taking the employees as hostages, while not knowing or acknowledging that the US, but also very many other western countries, welcome the oppressor torturing his people like a honest man internationally, which basically happens right with the murderer of Kashoggi again, supported him in suppressing his people and delivered arms and tanks to him (again, certain parallels can be drawn...). I don't want to call the redaction justified, but hell yeah these people had all the god damn right to be mad at America and the outside world.

For the big revolution in 1979, the religious extremist Ayatollah Chomeini was the face and voice of it, but he was by far not the only force in the revolt, right of my mind, there was the Tudeh-party, which you could describe as socialists or maybe even communists and rather close to Russia, labour unions (not sure right now whether they were connected to the Tudeh or not), some liberalists, think students who wanted more freedoms, feminists and probably a lot of other forces. However, Ayatollah Chomeini did fight against them after the Coup d' Etat was successful, and even against some during or before the uprisings in order to manifest his power and eliminate competitors.

Short trivia: Actually in the Islam and the Shia, religious leaders were hold to not interfere into worldly politics, and they hold to that. Basically, Chomeini radicalized in his exile and changed this elemental of the religion in that area.

Fast forward, in 1997 to 2005 a liberal president, Chatami, was elected and intended to press freedoms forward, but he was halted by the religious guardian council, his laws blocked, and EVEN HIS FREAKING politicians and ministers were attempted to get killed by the Iran intelligence which was under the control of the religious leaders. Imagine that, he was supposed to be one of the mightiest men in his country and he had to fight against his own national' intelligence forces!

And with all the strict religious laws, how to dress, not to party and when to pray preached by religious leaders and government...people are not holding on that, they are basically doing the opposite of what is demanded from them once they are in their private space. I believe I recently read that 80% of the population DOES NOT adhere to the dictated pray times.

So concluding here, the Iran wasn't always a strict religious-country, very far from it, and there were a lot of people trying to push it into a democratic, western direction, which failed so far both because of national-internal enemies AS WELL as external forces, including western countries and especially America, Russia and the UK.

So sorry, when I am getting a bit pissed off when people are like saying "Oh, they aren't there yet" and "Things are different down there with their religion" when in truth we, the west, did totally torpedize such democratic processes and act like we are innocent and it is their fault that they are ruled by such regimes.

I hope you found this little historic excursion interesting, educational and and enlightning.
Auch:




Ja, warum hassen Iraner wohl die Amerikaner.
Vielleicht, weil diese ihren Diktator, den Scheich, ermöglicht haben, und dem Verbrecher danach Asyl gewährt haben, anstatt ihn dem Volk auszuliefern?

Ich will die Geiselnahme in der US-Botschaft nicht zu sehr verharmlosen, aber die US sind da auch nicht ganz unschuldig dran.

Honestly? Die Amerikaner haben einige Kriege, über die sie in der Schule aufklären, wenn auch teilweise fehlerhaft. Indepence War, Civil War. Aber es scheint kein oder kaum Bewusstsein zu geben für die moderneren Schandtaten des Landes, mit Ausnahme vom Irak.
Und selbst den haben damals immerhin die meisten Amerikaner unterstützt.

"Wir müssen Amerikanische Leben schützen!" - Ok, dafür töten wir Zivilisten in Afghanistan, um Terroristen *möglicherweise* zu erwischen.
Also...wie viele Afghanen und ihre Kinder sind ein amerikanisches Leben wert? 5? 10? 100?

Diese Selbstgefälligkeit ist einfach nur widerwärtig.

Zitieren
#2
06.01.2021
Mc Timsy Offline
Wonderbolt
*


Beiträge: 2.316
Registriert seit: 01. Jul 2013

RE: Nahost-Politik, Interventionen (inb. US)
Basinator schrieb:Ja, warum hassen Iraner wohl die Amerikaner.
Vielleicht, weil diese ihren Diktator, den Scheich, ermöglicht haben, und dem Verbrecher danach Asyl gewährt haben, anstatt ihn dem Volk auszuliefern?

Da machst du es dir jetzt aber auch ein wenig zu leicht. Die Geschichte ist ein bisschen komplizierter als dein Zitat angibt und das soll nicht als grundsätzliche Verteidigung der Amerikaner hier dienen, sondern mehr als Erinnerung, dass manche Schandtaten eine logische Vorgeschichte und nachweisbar fehlehrhafte Kalkulationen oder Missverständnisse beinhalten kann. Außenpolitik ist da immer sehr schmutzig und die Amerikaner haben im 20sten Jahrhundert natürlich mehr blutige Fehler aufzuweisen als viele andere.

Aber zurück dazu warum ich finde, dass du es dir in dieser Aussage auch zu einfach machst. Der Glaube, die Amerikaner würden von "den Iranern" wegen der Aktion damals gehasst ist in meinen Augen eine erhebliche Fehlkalkulation. Es gibt bestimmt Iraner die Ablehnung und sogar Hass auf Amerika deswegen empfinden. Die Probleme mit dem Iran gehen allerdings in der Mehrzahl der Fälle nicht von diesen Iranern aus, sondern von den fanatischen Irren die das Land in einer religiösen Diktatur festhalten. Zu behaupten, die damalige Aktion um die Inthronisierung des Schah sei der Grund für den heutigen Konflikt, ignoriert auch Jahrzehnte in denen Menschen aufgewachsen sind, die in ihrem Leben jede Menge staatliche Propaganda abbekommen haben. Es droht auch den Blick auf den modernen Iran zu verzerren, indem die aktuelle dortige Regierung gerne mal ein Verständnis entgegen gebracht wird, welches sie nicht verdient hat. Ein bisschen wie beim modernen Russland, wo die Schandtaten der dortigen Regierung heute manchmal mit einem Verweis auf die Opfer im Zweiten Weltkrieg gekontert werden.


Ich habe absolutes Verständnis für jeden Iraner, der die USA ablehnt, weil sie den Schah damals mit inthronisiert haben. So wie ich auch volles Verständnis für jeden Palästinenser habe, der Antisemit wird, weil er Opfer israelischer Besatzung geworden ist. Die modernen Konflikte sind allerdings komplexer, als einzelne historische Ereignisse.


Ansonsten: Ja, die Aussage, irgendwer sei prinzipiell zur Demokratie ungeeignet ist Schwachsinn. Auch wenn nicht jedes demokratische System in jeder Gesellschaft passen wird, es gibt genug Variationen um eine Form von Demokratie für die lokalen politischen und kulturellen Gegebenheiten zu finden. Wer was anderes behauptet sucht nur einen Weg entweder die Existenz von Diktaturen zu verteidigen, oder will sich die Welt schön reden, als hätten Chinesen, Iraner und andere eine Wahl bezüglich ihrer Regierungsform gehabt und könnten sie ja jederzeit wieder ändern wenn sie wollten. Nette Geschichte um sich selbst nicht hinterfragen zu müssen und auch ine hervorragende Möglichkeit ein bisschen latent rassistisch zu sein, frei nach dem Motto: "Die Wilden sind noch nicht so weit!".

Basinator schrieb:"Wir müssen Amerikanische Leben schützen!" - Ok, dafür töten wir Zivilisten in Afghanistan, um Terroristen *möglicherweise* zu erwischen.
Also...wie viele Afghanen und ihre Kinder sind ein amerikanisches Leben wert? 5? 10? 100?

Ok, da kommen wir allmählich sehr weit in den Bereich der Psychologie einer ganzen Gesellschaft, aber um es kurz zu machen, was du als "Selbstgefälligkeit bezeichnest ist wirklich nichts ungewöhnliches. Bei den Amerikanern fällt es uns nur mehr auf. In jedem Konflikt sehen sich beide Seiten immer als die Verteidiger, die sich gegen einen Angriff wehren müssen. Manchmal, weil eine Seite lügt, manchmal sind tatsächlich beide Seiten logisch in eine Position gekommen wo beide genuin überzeugt sind angegriffen zu werden. Verteidiger sind immer zu enormer Brutalität fähig. Das würde ich also nicht als "Selbstgefälligkeit" bezeichnen. Das macht die Analyse wiedermal zu einfach und verzerrt das Bild.

Den Wind können wir nicht bestimmen, aber die Segel richtig setzen.
- Lucius Annaeus Seneca -
Zitieren
#3
07.01.2021
Basinator Offline
Wonderbolt
*


Beiträge: 1.294
Registriert seit: 24. Mai 2013

RE: Nahost-Politik, Interventionen (inb. US)
Zitat:he Fehlkalkulation. Es gibt bestimmt Iraner die Ablehnung und sogar Hass auf Amerika deswegen empfinden. Die Probleme mit dem Iran gehen allerdings in der Mehrzahl der Fälle nicht von diesen Iranern aus, sondern von den fanatischen Irren die das Land in einer religiösen Diktatur festhalten. Zu behaupten, die damalige Aktion um die Inthronisierung des Schah sei der Grund für den heutigen Konflikt, ignoriert auch Jahrzehnte in denen Menschen aufgewachsen sind, die in ihrem Leben jede Menge staatliche Propaganda abbekommen haben.
Die Führungsriege ist religiöser als die Bevölkerung. Ich glaube, es waren etwa 80% der Gebetszeiten, staatlich vorgeschrieben, die nicht eingehalten werden.
Es ist dort auch ein eigener Wahnsinn, wie der Staat sich selbst bekriegt. So hatte...war es Raffsandshani, nein, ich glaube sein Nachfolger...Chameini (?). Der iranische Geheimdienst, der nicht vom Präsidenten, sondern vom Ayatollah/Wächterrat kontrolliert wird, hat Attentate ausgeführt - Auf Chameinis
Minister! Das muss man sich mal reinziehen.

Zitat:frei nach dem Motto: "Die Wilden sind noch nicht so weit!".
Wenn man sich die britische, russische und eben später amerikanische Einmischung am Beispiel Iran anschaut ist das aber auch besonders bitter. Denn die Geschichte zeugt eher von dem Gegenteil, dass der Iran sogar durchaus etwa 1908 der westlichen Welt ebenbürtig war mit einer Verfassung sehr freier Bürger-, afaik Frauen-, Religionsrechte, säkulärer Staat.

Der Iran war vor Chomeinis Machtergreifung doch immer wieder Spielball anderer Nationen.

Man darf ja auch nicht vergessen, Mossadeigh 1957 war ja immens populär für seinen Progressivismus. Es gab also durchaus schon einen starken Willen und Wunsch nach dieser Richtung in der Bevölkerung.

Chomeini hat während, vor und nach seiner Machtergreifung allerdings viele Gegner gegenseitig ausgepielt; Die russisch-geprägten Gewerkschaften wurden verboten, Gegner unterdrückt, der Iran-Irak Krieg (AFAIK deutsch: 1. Golfkrieg?) in die Länge gezogen, um politische Macht zu festigen.
Außenpolitische Bedrohungen erzeugen Solidarität mit dem eigenen Regime. Maßnahmen werden hingenommen.

Zitat:Ok, da kommen wir allmählich sehr weit in den Bereich der Psychologie einer ganzen Gesellschaft, aber um es kurz zu machen, was du als "Selbstgefälligkeit bezeichnest ist wirklich nichts ungewöhnliches.
Nun, schwer zu sagen, wenn man bedenkt, dass Deutschland militärisch ja nicht wirklich tätig ist.

Aber die Amerikaner mischen sich überall ein, "intervenieren", hinterlassen Chaos und verschwinden (zumindest meist) danach wieder.
"Euer Land ist kaputt, ist nicht schön, aber ist ja euer Land. Wir sind dann mal weg."

Abgesehen davon, dass ich es moralisch verabscheuungswürdig finde: Es ist auch einfach nicht klug und kurzzeitig gedacht, wenn man Airstrikes fliegt, die Terroristen auslöschen sollen, aber dabei Zivilisten und ihre Kinder umbringt, und selbst Nährboden für Anwerbungsversuche der Taliban/Al Quaida schafft und Rachewünsche weckt.

Zitieren
#4
07.01.2021
Mc Timsy Offline
Wonderbolt
*


Beiträge: 2.316
Registriert seit: 01. Jul 2013

RE: Nahost-Politik, Interventionen (inb. US)
Basinator schrieb:Die Führungsriege ist religiöser als die Bevölkerung. Ich glaube, es waren etwa 80% der Gebetszeiten, staatlich vorgeschrieben, die nicht eingehalten werden.

Ja, diese Differenz ist mir sehr bewusst. Wobei der wichtige Teil eigentlich ist, dass nicht alle Iraner einen hass auf die USA empfinden und diejenigen die es tun empfinden nicht alle Hass wegen der Einmischung in vergangene Regierungen. Außerdem ist die Propaganda nicht nur religiöser Natur. Ich denke aber wir sind uns einig, dass man Volk und Regierung trennen muss und es unterschiedliche Gründe, nicht nur für Iraner, gibt, die USA zu hassen, oder auch zu bewundern. Diese Vielfalt an Standpunkten zu betonen war mir wichtig, weil meiner Erfahrung nach jede Erklärung die eine einfache Kausalkette zwischen einem Ereignis und heute präsentiert, falsch, weil unvollständig ist.

Basinator schrieb:Wenn man sich die britische, russische und eben später amerikanische Einmischung am Beispiel Iran anschaut ist das aber auch besonders bitter. Denn die Geschichte zeugt eher von dem Gegenteil, dass der Iran sogar durchaus etwa 1908 der westlichen Welt ebenbürtig war mit einer Verfassung sehr freier Bürger-, afaik Frauen-, Religionsrechte, säkulärer Staat.

Die Einmischungen geschahen aber auch nicht einfach zum Spaß. Es gibt logisch nachvollziehbare Gründe, die man beim besten Willen nicht teilen muss, aber zumindest anerkennen sollte. Abseits davon finde ich es natürlich fürchterlich, dass die Iraner heute nicht in der freien Gesellschaft leben können die ihnen zusteht und hoffe, dass sich die Sache in absehbarer Zukunft irgendwie korrigieren wird.


Basinator schrieb:Nun, schwer zu sagen, wenn man bedenkt, dass Deutschland militärisch ja nicht wirklich tätig ist.

Ich weis leider nicht worauf du mit diesem Teil deiner Antwort hinaus willst. Könntest du etwas mehr dazu schreiben?

Aber die Amerikaner mischen sich überall ein, "intervenieren", hinterlassen Chaos und verschwinden (zumindest meist) danach wieder.
"Euer Land ist kaputt, ist nicht schön, aber ist ja euer Land. Wir sind dann mal weg."

Ich finde diese Darstellung ist zu kurz gegriffen. Jede Intervention hatte bestimmte Rahmenbedingungen, es wurden unterschiedliche Fehler gemacht und am Ende standen eine Vielzahl an Ergebnissen. Das Chaos ging mitnichten nur von den Amerikanern aus, obwohl ich definitiv unterschreiben würde, dass die USA in den letzten zwanzig Jahren sich insbesondere nicht sehr sinnvoll angestellt haben.


Zitat:Abgesehen davon, dass ich es moralisch verabscheuungswürdig finde: Es ist auch einfach nicht klug und kurzzeitig gedacht, wenn man Airstrikes fliegt, die Terroristen auslöschen sollen, aber dabei Zivilisten und ihre Kinder umbringt, und selbst Nährboden für Anwerbungsversuche der Taliban/Al Quaida schafft und Rachewünsche weckt.

Ich versuche es mal kurz zusammenzufassen. Es gibt ein idealisiertes, verzerrtes Bild von asymmetrischen Konflikten. Im Volksmund heißt es, ein Guerillakämpfer sei durch einen Nationalstaat im Endeffekt nicht zu besiegen, weil er keinen Angriffspunkt biete. In der Realität haben sich im Laufe der Geschichte meistens die Regierungen durchgesetzt, weil sie mehr Ressourcen und den längeren Atem hatten. Der Drohnenkrieg der Amerikaner ist die moderne Antwort auf den Angriff durch Terroristen. Letztlich können Selbstmordattentäter kaum aufgehalten werden. Eine Drohne aber auch nicht.
Dazu kann man jetzt moralisch ablehnend stehen, ich bin auf jeden Fall kein Freund von dem Mist. Aber auch hier hilft es das Verständnis nicht nur auf die Seite der Opfer von Drohnenangriffen zu begrenzen, sondern auch den Sinn hinter den Angriffen zu erfassen. Der Feind gegen den Amerika kämpft ist internationaler Terrorismus. Global vernetzte Gruppierungen an Kämpfern mit Trainingslagern, Geldgebern und Verbündeten. Wenn dir ein Geheimdienst Informationen liefert, dass sich ein Feind in einem bestimmten Gebiet versteckt, dann hast du mehrere Möglichkeiten. Von diesen Möglichkeiten ist der Drohnenangriff die Variante, die für deine eigenen Leute mit dem geringsten Risiko verbunden ist, eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit hat und die benötigten Ressourcen für den Angriff auf ein Minimum reduziert. Damit nebenbei auch die Möglichkeiten von Kollateralschäden. Um es ganz plakativ auszudrücken, wäre es dir lieber wenn die USA jedes Mal wenn sie einen Anführer des IS ausschalten wollen mit hunderten Soldaten mit Panzern, Hubschraubern und Bomberstaffeln anrücken und sich tagelang Feuergefechte in irgendwelchen Innenstädten liefern?

Der Drohnenkrieg ist eine Möglichkeit, nicht nur die Dimensionen des Konflikts zu begrenzen, sondern den Druck auf den Feind permanent aufrecht zu erhalten und dieser Druck hat Auswirkungen. Al Quaeda ist nicht mehr die umfassende Organisation die es vor zwanzig Jahren war. Der IS steht auch wieder am Anfang seiner Welteroberungsphantasien. Klar, die existieren noch, aber keiner hat behauptet, dass diese Art der Kriegsführung den internationalen Terrorismus in wenigen Tagen auslöschen könnte und so manche Staaten sind für die Hilfe sogar zu einem gewissen grad dankbar. Pakistan beispielsweise kämpft immer wieder gegen Taliban und IS Ableger im eigenen Land, die zeitweise ganze Landstriche besetzen. In solchen Fällen ist der Eingriff der Amerikaner den dortigen Regierungen oftmals sehr willkommen. Gibt in solchen Konflikten immer eine Vielzahl an Akteuren und mein persönliches Lieblingsbeispiel warum die Interventionen nicht nur als schlecht aufgefasst werden ist da immer das ehemalige Jugoslawien. manch einer wird dir sagen, dass die Amerikaner einen Staat kaputt gebombt und Zivilisten getötet haben, andere werden dir sagen, dass die Amerikaner einen Völkermord verhinderten und Menschenleben dadurch retteten. Wahr ist beides.

Den Wind können wir nicht bestimmen, aber die Segel richtig setzen.
- Lucius Annaeus Seneca -
Zitieren
#5
08.01.2021
Basinator Offline
Wonderbolt
*


Beiträge: 1.294
Registriert seit: 24. Mai 2013

RE: Nahost-Politik, Interventionen (inb. US)
Fürwahr, so liegt die Wahrheit doch meist in der Mitte.
Zitat:er auch hier hilft es das Verständnis nicht nur auf die Seite der Opfer von Drohnenangriffen zu begrenzen, sondern auch den Sinn hinter den Angriffen zu erfassen. Der Feind gegen den Amerika kämpft ist internationaler Terrorismus.
Es geht mir primär um die zivilen Opfer.

Die Heuchelei ist meiner Meinung doch: Würden solche Angriffe in den USA selbst, mit derselben Begründung, von den USA oder einem anderen Staat ausgeführt werden: Was wäre der Aufschrei groß.

Aber solange es weit weg ist und es nicht um Amerikaner geht - kein Problem?

Es werden doch Rhetoriken verwendet, die bekräftigen, dass es darum gehe,*amerikanische* Leben zu schützen und Terroristen auszumerzen.

Unschuldige amerikanische Leben? So unschuldig, wie die Zivilisten in den Gebieten?
Die CIA, 01 und 02 sehen die ganze Wardakregion und ihre Bewohner als Terroristen. Weil Zivilisten mit Taliban verkehrt.

und Unterschlupf bieten? Ja klar, wenn vor mir 20 Taliban stehen und ich ein Hotel leite, werde ich denen sicher vermitteln können, dass sie doch bitte friedlich abziehen mögen.

Es werden alle Bewohner des Gebietes als Terroristen angesehen und so behandelt. Und ja, auch Kinder. Krankenhäuser. Schulen.

Nun stellt sich natürlich die Frage, wer für die Bewohner solcher Gebiete denn nun wer die eigentlichen Terroristen sind.

Es ist nun einfach so, dass die Amerikaner dort Existenzen als auch Leben ausmerzen - ohne sich wirklich rechtfertigen und verantworten zu müssen.

Zitieren
#6
08.01.2021
Mc Timsy Offline
Wonderbolt
*


Beiträge: 2.316
Registriert seit: 01. Jul 2013

RE: Nahost-Politik, Interventionen (inb. US)
Basinator schrieb:Es ist nun einfach so, dass die Amerikaner dort Existenzen als auch Leben ausmerzen - ohne sich wirklich rechtfertigen und verantworten zu müssen.

Ja, Krieg ist scheiße, war er immer schon. Und die Welt ist ein ungerechter Ort voller Despotie.

Zitat:Die Heuchelei ist meiner Meinung doch: Würden solche Angriffe in den USA selbst, mit derselben Begründung, von den USA oder einem anderen Staat ausgeführt werden: Was wäre der Aufschrei groß.

Aber solange es weit weg ist und es nicht um Amerikaner geht - kein Problem?

Das ist ja nun aber auch nicht spezifisch amerikanisch, sondern, wie gesagt, ein typisches Verhalten bei jenen, die sich im Krieg befinden, beziehungsweise diesen Zustand empfinden. Dem normalen Russen sind die getöteten Zivilisten in Georgien, der Ukraine und Syrien genau so schnuppe. Kuba hat Jahrzehnte lang einen Stellvertreterkrieg gegen Südafrika in Angola geführt. Glaubst du der durchschnittliche Kubaner hat sich darum geschert, wie viele Angolaner dabei umkamen?


Zitat:Unschuldige amerikanische Leben? So unschuldig, wie die Zivilisten in den Gebieten?
Die CIA, 01 und 02 sehen die ganze Wardakregion und ihre Bewohner als Terroristen. Weil Zivilisten mit Taliban verkehrt.

Erstens: Weise mir bitte nach, dass die CIA die ganze Region für Terroristen hält.

Zweitens: Was genau erwartest du? Natürlich schützt ein Staat nur seine eigenen Bürger und Interessen. In der Demokratischen Republik Kongo hat der belgische Geheimdienst seinerzeit Patrice Lumumba nach dessen Ermordung in Säure aufgelöst und China hat vor einigen Jahren einfach ein paar Pazifikinseln der Philippinen besetzt, obwohl die international als Teil der Philippinen anerkannt sind. Keiner dieser Staaten wäre besonders erpicht darauf, wenn andere sowas auf ihrem eigenen Territorium durchführen würden. Das ist aber eine Eigenschaft von Nationalstaaten, nicht grundsätzlich von Amerikanern. Traurige Realität, dass deine Staatszugehörigkeit im Zweifel deinen Wert bestimmt, aber das wird nicht besser wenn man den Amerikanern dann vorwirft besonders heuchlerisch zu sein. Kann man denken, bringt aber nichts außer sich selbst den Tag zu versauen und die eigene Weltwahrnehmung zu verzerren weil man dann irgendwann den ganzen Mist der sonst noch so läuft vor lauter USA nicht mehr sieht.

Basinator schrieb:Nun stellt sich natürlich die Frage, wer für die Bewohner solcher Gebiete denn nun wer die eigentlichen Terroristen sind.

Ok. Dann mal mit einem kleinen Einblick von einer guten Freundin, die selbst aus Pakistan kommt. Amerikaner und ihre Bomben sind scheiße, schon alleine weil sie die Tante auf dem gewissen haben. Sie helfen allerdings verdammt gut gegen die Taliban, die in dem Gebiet unterwegs sind und diverse Bekannte und Freunde umgebracht oder verstümmelt haben.

Ergibt es wirklich für dich Sinn die Frage zu stellen, ob Taliban oder die USA hier die Terroristen, ergo die Bösen sind? Ich für meinen Teil kann nämlich auch sehr gut mit der Interpretation leben, dass da eine Menge Menschen unverschuldet zwischen die Räder eines Konflikts gekommen sind, mit dem sie am liebsten nichts zu tun hätten. Würde es im Einzelfall überhaupt helfen wenn du die Amerikaner aus einem Konflikt heraus nimmst, wenn dann nur irgendeine politisch radikale Miliz wieder übernimmt? Ist ja nicht so, als würden die USA zum Spaß Bomben auf unschuldige Vorzeigedemokraten werfen. Gerade mit sowas wie den Taliban steht nun wirklich nichts im Fadenkreuz, was besonders erhaltenswürdig wäre.
Kleiner Nachtrag. Natürlich kommen Gruppierungen wie die Taliban nicht aus dem Nichts. Es gibt genug Unschuldige die tragischerweise Opfer in diesem Konflikt werden, aber die Taliban sind in der Region auch deshalb verankert, weil sie über zahlreiche Verbündete verfügen. Es kann also den Fall geben, dass der Hotelbesitzer in deinem Beispiel nur unter Waffengewalt gezwungen wurde sie rein zu lassen. Es kommt auch vor, dass Leute die Taliban aus Überzeugung unterstützen. Ich hoffe es ist klar, dass ich jeden Verlust von Menschenleben in diesem Zusammenhang bedauere, es sollte aber hinzugefügt werden, dass die USA nicht nur wild um sich schießen, sondern versuchten die Angriffe durch lokale Aufklärung möglichst präzise zu halten. Wer den Drohnenkrieg befürwortet, ich tue es nicht, sollte also immerhin an diesem Standard gemessen werden. Nicht so wie ein Trump, der die Zählung ziviler Opfer und die Auswertung entsprechender Einsätze durch das Pentagon schlicht gestoppt hat, weil ihm das wirklich egal ist.

Den Wind können wir nicht bestimmen, aber die Segel richtig setzen.
- Lucius Annaeus Seneca -
Zitieren
#7
09.01.2021
Basinator Offline
Wonderbolt
*


Beiträge: 1.294
Registriert seit: 24. Mai 2013

RE: Nahost-Politik, Interventionen (inb. US)
Selbsterkenntnis: Warum stehen die USA bei mir so im Fokus in dieser Angelegenheit?

Ich denke, zum Einen mediale Aufmerksamkeit. Auch die wahrgenommene Summe der Aktionen.
Das ich mich primär mit Amerikanern über Politik unterhalte.

Vielleicht aber auch, weil die USA sich ja durchaus immer gerne zuschreiben, moralisch überlegen zu sein. Wen wundern solche Aktionen bei Russland oder China?

Weniger Diskussionsanlass, eher Selbstkommentare.

Zitat:Erstens: Weise mir bitte nach, dass die CIA die ganze Region für Terroristen hält.
Mindestens angedeutet in den beiden Intercept-Artikeln.

Zitat:Kleiner Nachtrag. Natürlich kommen Gruppierungen wie die Taliban nicht aus dem Nichts.
Laut einigen Sprechern der Taliban sind die Angriffe der Amerikaner einer der größten Zulaufgründe.

Zitat:Es kann also den Fall geben, dass der Hotelbesitzer in deinem Beispiel nur unter Waffengewalt gezwungen wurde sie rein zu lassen.
Das wollte ich eigentlich aussagen. Nicht unbedingt mit Gewaltandrohung. Aber würde ich dort wohnen, hätte ich verdammt großen Bammel, was mit mir passieren mag, wenn ich diesen Zutritt oder Geschäfte verwehre.
Mir mag auch durchaus sogar bewusst sein, dass ich mich zum Ziel von Amerikanern mache, da ich mit Terroristen zu tun habe.

Aber die traurige Wahrheit? Ich habe nicht wirklich irgendeine Art von Wahl.

Zitat:ürde es im Einzelfall überhaupt helfen wenn du die Amerikaner aus einem Konflikt heraus nimmst, wenn dann nur irgendeine politisch radikale Miliz wieder übernimmt?
Meinst du mit Miliz die Taliban?

Ich hasse diese Wahrheit, aber eine Herrschaft und Ordnung der Taliban ist besser als eine des Chaos.
Taliban kommen immerhin meist mit Regeln daher.
Zumindest laut The Intercept scheinen sie sich bis auf paranoide Kontrollen sogar vergleichbar wenig einzumischen. (Ich habe deine Textpassage gelesen)
Doch schlimmer sind marodierende Banden oder Warlords, die Dörfer überfallen und morden - nicht, weil jemand Regeln gebrochen hat, sondern weil sie es können.
Ich kann mich aber tatsächlich noch an Aussagen von Bewohnern erinnern: Sie wünschen sich die Demokratie, aber mit der Sicherheit, die die Taliban bieten.

Auch so ausgedrückt: Ein Staat in der Hand von Despoten oder Extremisten ist besser als gescheiterter Staat (man mag sich darüber Streiten, ob Afghanistan ein solcher ist).

Zitieren
#8
09.01.2021
Mc Timsy Offline
Wonderbolt
*


Beiträge: 2.316
Registriert seit: 01. Jul 2013

RE: Nahost-Politik, Interventionen (inb. US)
Basinator schrieb:Vielleicht aber auch, weil die USA sich ja durchaus immer gerne zuschreiben, moralisch überlegen zu sein. Wen wundern solche Aktionen bei Russland oder China?

Weniger Diskussionsanlass, eher Selbstkommentare.

Wenn ich aber trotzdem kurz darauf eingehen dürfte. Der Exzeptionalismus der Amerikaner geht mir gehörig auf die Nerven, aber man sollte nicht den Fehler machen die Propaganda von Russen und Chinesen stattdessen zu schlucken, dass die "immerhin ehrlich" wären. Diese Ehrlichkeit ist zum einen auch oftmals gelogen und zum anderen wollen diese Staaten aus gutem Grund, dass einfach niemand mehr an irgendwelchen Normen gemessen wird.

Zitat:Mindestens angedeutet in den beiden Intercept-Artikeln.

Interpretationssache. Das meine ich nicht böse. Aber falls dir der Punkt nicht super wichtig ist, bitte ich darum ihn fallen lassen zu dürfen, damit wir uns nicht ewig über Interpretationen der CIA unterhalten.

Zitat:Laut einigen Sprechern der Taliban sind die Angriffe der Amerikaner einer der größten Zulaufgründe.

Natürlich sagen die Taliban das. Die würden doch nicht erzählen, dass die Schläge der Amerikaner ihnen die Kommandostruktur zerschießen. In asymmetrischen Kriegen ist es wichtig den Anschein zu erwecken, man könnte nicht aufgehalten werden.
Wobei ich nicht leugnen will, dass genug Leute zu den Taliban kommen, weil sie wütend auf die Amerikaner sind. Der Quelle würde ich aber keine so große Bedeutung beimessen.


Zitat:Meinst du mit Miliz die Taliban?

Nicht nur, aber auch. Afghanistan war schließlich nicht der einzige Konflikt, wobei auch gerne vergessen wird, dass der Einsatz sogar mehrere Mandate der Vereinten Nationen hinter sich hatte. Die Taliban waren ja nicht die einzige Gruppe in Afghanistan und werden oftmals als diejenigen Missverstanden, die sich als afghanische Widerstandskämpfer gegen die Sowjets gestellt hätten. Die Russen haben das Land 1989 verlassen. Der Kampf gegen die sozialistische Regierung dauerte bis 1992 und erst 1993 haben die Taliban ihren Vorstoß gestartet, was seinerseits die Bildung der so genannten "Nordallianz" auslöste. Ganz grob zusammengefasst. Da kannst du viele als Milizen bezeichnen. Und bereits 1999 hat der UN Sicherheitsrat in Resolution 1267 Sanktionen gegen die Taliban zur Verteidigung der afghanischen Regierung verhängt. Soweit es die Weltgemeinschaft betrifft ist Afghanistan von einer gewalttätigen Sekte/Miliz mit Verbindungen zum internationalen Terrorismus besetzt worden und die Staaten der Weltgemeinschaft sollten eine Reihe von Maßnahmen ergreifen um den Machtzuwachs der Taliban zu verhindern. Ich möchte nochmal betonen. Das war zwei Jahre vor dem elften September. Allgemein, die Darstellung der Taliban ist oftmals sehr verzerrt. Nicht nur wird gerne ausgeblendet welchen Schaden die Taliban mit ihrer Willkürherrschaft angerichtet haben, es wird auch einfach gerne ignoriert, dass die Taliban bis 2001 Krieg gegen die afghanische Regierung und die Nordallianz geführt und dabei jedes Jahr auch viele Unschuldige umgebracht haben. Deshalb haben die USA auch 2001 relativ zügig lokale Verbündete unter Milizen, Warlords und Stämmen finden können, weil die Niederlage der afghanischen Regierung gar nicht so lange zurück lag und die Taliban das Land niemals komplett unter Kontrolle hatten. Selbst wenn wir uns bereit erklären ein System, in welchem eine religiöse Willkürherrschaft durchgesetzt wird, als Frieden zu bezeichnen. Zusätzlich führen die Taliban von heute auch regelmäßig Krieg mit Pakistan. An der Stelle sei noch kurz darauf verwiesen, dass ich es immer wieder faszinierend finde, dass die Kooperation zwischen den Taliban und der Volksrepublik China so gerne vergessen wird, obwohl die seit 1998 besteht. Ist ja nicht so, als wären die Taliban in der Lage gewesen ihren Krieg komplett aus eigener Kraft zu führen. Internationale Verbündete, einschließlich chinesischer Lieferungen waren da auch ganz normal.


Basinator schrieb:Ich hasse diese Wahrheit, aber eine Herrschaft und Ordnung der Taliban ist besser als eine des Chaos.

Das lasse ich mal als "Geschmackssache" durchgehen. Als Wahrheit würde ich es aber auf jeden Fall nicht bezeichnen.

Zitat:Doch schlimmer sind marodierende Banden oder Warlords, die Dörfer überfallen und morden - nicht, weil jemand Regeln gebrochen hat, sondern weil sie es können.

Wozu auch die Taliban gehören. Deren Schandtaten in Afghanistan und Pakistan sind eigentlich auch kein Geheimnis.


Zitat:Ich kann mich aber tatsächlich noch an Aussagen von Bewohnern erinnern: Sie wünschen sich die Demokratie, aber mit der Sicherheit, die die Taliban bieten.

Ja, solche Aussagen gibt es. Im Einzelfall könnte ich sowas gerne näher von den Betroffenen selber erfragen. Aber im Endeffekt gebe ich darauf auch nicht allzu viel. Hier in Deutschland gab es auch lange genug den Satz: "Das hätte es unter dem Führer nicht gegeben." Etwas näher zurückliegend wird auch gerne die DDR verharmlost. Viele Menschen können sich mit schlechten Situationen arrangieren, der Wert eines Systems zeigt sich aber mehr darin, wie es mit jenen umgeht, die es nicht gut finden und da hinterlassen die Taliban seit Jahrzehnten eine Blutspur in dem Land. bin mir unsicher ob das im Einzelfall noch als Regelwerk durchgeht, wenn man es ohnehin nicht mit einer Gerichtsbarkeit zu tun hat, sondern mit einer bewaffneten Sekte, die ihre eigenen Regeln nach Gutdünken durchsetzt.


Zitat:Ein Staat in der Hand von Despoten oder Extremisten ist besser als gescheiterter Staat

Das halte ich für wesentlich zu allgemein. Auch weil es unterstellt, dass beide Zustände unabhängig voneinander existieren. Auch muss ein Staat nicht voll scheitern um unter Milizen oder anderen Formen gewalttätiger Gruppen zu leiden.

Ich meine, kurz mal zurück auf einen bereits von mir genannten Konflikt. Den Fall von Jugoslawien. Der dortige Separationskrieg hat sich schnell zu einer Vernichtungsorgie eigentlich aller Beteiligter gewandelt. Ich denke es ist fair dabei festzuhalten, dass dies maßgeblich auf die Kontrolle des Staates durch Despoten und politische Extremisten zurückging, die keine Möglichkeit für eine friedliche Klärung der dortigen Unzufriedenheit geschaffen hatten. Der Bürgerkrieg in Libyen ist auch nicht ohne Gaddafis Willkürherrschaft zustande gekommen und und und. Wenn wir die Konflikte unserer Zeit nur versuchen als Ordnung gegen Chaos zu interpretieren, dann kommen wir einem Verständnis der Lage doch auch nicht näher.

Den Wind können wir nicht bestimmen, aber die Segel richtig setzen.
- Lucius Annaeus Seneca -
Zitieren
#9
10.01.2021
Basinator Offline
Wonderbolt
*


Beiträge: 1.294
Registriert seit: 24. Mai 2013

RE: Nahost-Politik, Interventionen (inb. US)
Zitat:Der Bürgerkrieg in Libyen ist auch nicht ohne Gaddafis Willkürherrschaft zustande gekommen und und und.
Es ist natürlich auch ziemliches Wunschdenken gewesen, dass wir durch Sturz von Diktatoren einfach so richtige Demokratien errichten könnten.

Zitat:Allgemein, die Darstellung der Taliban ist oftmals sehr verzerrt. Nicht nur wird gerne ausgeblendet welchen Schaden die Taliban mit ihrer Willkürherrschaft angerichtet haben, es wird auch einfach gerne ignoriert, dass die Taliban bis 2001 Krieg gegen die afghanische Regierung und die Nordallianz geführt und dabei jedes Jahr auch viele Unschuldige umgebracht haben.
Im Allgemeinen bin ich mir aber auch nicht sicher, inwieweit Staatliche Kräfte und Armeen insbesondere im Nahen Osten wirklich...humaner Vorgehen als ihre Feinde.
Halbwegs bekanntes Beispiel sind da irakische Armee gegen den IS. Die waren auch nicht gerade zimperlich und viel humaner als ihre Feinde. Vermutlich nur...etwas.

Zitieren
#10
10.01.2021
Mc Timsy Offline
Wonderbolt
*


Beiträge: 2.316
Registriert seit: 01. Jul 2013

RE: Nahost-Politik, Interventionen (inb. US)
Basinator schrieb:Es ist natürlich auch ziemliches Wunschdenken gewesen, dass wir durch Sturz von Diktatoren einfach so richtige Demokratien errichten könnten.

Ich wüsste allerdings auch niemanden unter den Verantwortlichen, der ein solches Wunschdenken gehabt hätte. Vielleicht nach am ehesten Bush im Irak, wobei das weniger mit Wunschdenken zu tun gehabt haben dürfte. Vielmehr damit, dass Bush und seine Administration keinerlei Pläne für die Zeit nach dem Sturz Husseins hatten.
Wenn wir später auf den arabischen Frühling blicken, dann wird die Sache aber sogar noch etwas komplizierter, weil in einigen Fällen ein Nicht-Eingreifen effektiv eine Unterstützung für Diktatoren war. Gaddafi hat seinen Bürgerkrieg mit Angriffen auf Demonstranten angefangen, ihn einfach gewähren zu lassen hätte dann auch bedeutet, den Einsatz von Luftwaffe gegen das eigene Volk als etwas anzuerkennen, was "Staaten mal machen können". Wobei in den letzten zwanzig Jahren ohnehin auffällt, dass der Westen seine Interventionen immer auf Sparflamme führen wollte. Die Europäer, weil mehr als Sparflamme nach der Friedensdividende nicht mehr drin ist und die Amerikaner waren unter Bush vor allem desinteressiert an Langzeitentwicklungen, später unter Obama dann endgültig auf dem Weg sich isolationistischer zu positionieren.



Zitat:Im Allgemeinen bin ich mir aber auch nicht sicher, inwieweit Staatliche Kräfte und Armeen insbesondere im Nahen Osten wirklich...humaner Vorgehen als ihre Feinde.
Halbwegs bekanntes Beispiel sind da irakische Armee gegen den IS. Die waren auch nicht gerade zimperlich und viel humaner als ihre Feinde. Vermutlich nur...etwas.

Wichtig ist die Anerkennung, dass die Herrschaft der Taliban keine ruhige Friedensphase mit Regeln war, die uns Westlern archaisch erscheinen mögen, sondern eine brutale Willkürherrschaft in weiten Teilen eines Bürgerkriegslandes. Das bedeutet nicht, dass man sofort begeistert sein muss, wenn es um Auslandseinsätze geht, aber wir sollten die Alternativen schon klar benennen und uns nicht der Propaganda vom Kampf der Ordnung gegen das Chaos hingeben.
Ach und es ist nicht ganz unwichtig zu bedenken, dass vor allem die USA nicht die einzigen sind, die Militärinterventionen durchführen. Der jüngste Konflikt um Berg Karabach hätte ohne Militärintervention der Türkei wahrscheinlich überhaupt nicht stattgefunden und auch wenn Russland dann den Konflikt damit einfrieren konnte, dass es seinen eigenen Einfluss durch Militärpräsenz und Androhung von Sanktionen eingesetzt hat, der Konflikt ist noch nicht vorbei. Dank türkischer Militärdrohnen war er jüngst nur sehr einseitig.

Den Wind können wir nicht bestimmen, aber die Segel richtig setzen.
- Lucius Annaeus Seneca -
Zitieren
#11
10.01.2021
Basinator Offline
Wonderbolt
*


Beiträge: 1.294
Registriert seit: 24. Mai 2013

RE: Nahost-Politik, Interventionen (inb. US)
Wobei natürlich gesagt werden muss, dass Bodentruppen im Allgemeinen nicht nur bedeuten, eigene Soldaten zu opfern, sondern auch maßgeblich dazu beitragen, dass eine Wahrnehmung erzeugt wird, dass es einen Feind von außen gibt, gegen den man sich verteidigen müsse.
Mehr noch je ferner diese von der eigenen Kultur distanziert sind oder Verbrechen begehen.

Die Türkei? Ja, die mischt auch gerne mit, insbesondere gegen die Kurden.
Die syrischen Widerständler haben sich ja sogar an die eigene Regierung gewandt und Demokratiebestrebungen fallen gelassen, weil sie Angst hatten, die Türkei würde an ihnen einen Völkermord ausführen.

Zitieren
#12
24.01.2021
Basinator Offline
Wonderbolt
*


Beiträge: 1.294
Registriert seit: 24. Mai 2013

RE: Nahost-Politik, Interventionen (inb. US)
Nur weil es mir über den Weg lief:
https://www.aljazeera.com/opinions/2021/...terrorists

Ich denke persönlich, man kann sie als Terroristen bezeichnen. Dann aber bitte auch die anderen Seiten - ach, nein, passiert nicht, aber nicht aufgrund von Fakten und Verbrechen, sondern aufgrund von Politik.
Es geht nicht um Moral, es geht um Allianzen.

Zitieren
#13
01.02.2021
Ayu Offline
Faust
*


Beiträge: 11.952
Registriert seit: 29. Nov 2013

RE: Nahost-Politik, Interventionen (inb. US)
Ich frage mich ob die USA in Myanmar eingreifen wird, da gab es gerade einen gewalttättigen Militärputsch was wohl einen Rückkehr zum diktatorischen Militärsstaat resultieren wird da grad auch alle Demokraten festgenommen werden. Lyra eww

Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: