Erst einmal muss ich sagen - eine interessante Geschichte im Gesamteindruck!
Der Wechsel von Tagebucheinträgen und beschriebenen Situationen ist ein Erzählstil, der mir gefällt.
Mich hat die Story ziemlich gefesselt; als sie vorbei war, kam es mir so vor, als hätte ich gerade erst mit Lesen angefangen.
Dein Schreibstil sticht an vielen Stellen positiv hervor. Zum Beispiel fand ich die Passage mit dem Mondaufgang gerade durch die stilistische Aufmachung eindrucksvoll.
Dir gelingt es auch, genau im richtigen Maße dramatisch zu schreiben. Das habe ich besonders bei der Szene gemerkt, in der Pinkie sich alleine im Wald zurückzieht - und später bei der Szene, in der sie ritzt. Gerade das kommt überraschend; den "Schockeffekt" hast du hier bestens erreicht.
Dass gerade ein Charakter wie Pinkie anfängt, Stimmen zu hören, finde ich auch glaubwürdig - in '
Party of One' hat man ja schizophrene Züge bei ihr gesehen, als es ihr schlecht ging.
Schade ist nur, dass durch die Wortbegrenzung nicht viel Raum blieb, die psychische Entwicklung (bzw. den psychischen Verfall) von Pinkie Schritt für Schritt darzustellen.
Aber die Wortbegrenzung ist ja nicht deine Schuld.
Was mir am besten an der Geschichte gefiel ... die Stimme der Mutter. Die Wortwahl ist da wirklich perfekt und hat einen ziemlichen Effekt.
Wie diese Stimme mit Pinkie redet und sie durch ihre verletzenden Beleidigungen nach und nach manipuliert und in den Wahnsinn treibt - das lässt schon ein ungutes Gefühl zurück. Vor allem, da ich mir diesen nicht nur strengen, sondern auch sehr vorwurfsvollen Ton gut für Sue Pie vorstellen kann. In der Rückblende in 'Cutie Mark Chronicles' erscheint es mir sowieso so, als würde ihre Familie Pinkie im Grunde stetig kritisch betrachten und verurteilen. Weil sie so ist, wie ist ist - und nicht so, wie sie es sich für eine "perfekte Tochter" wünschen.
Die Darstellung vom Rest der Familie kommt mir dagegen etwas zu pauschal-freundlich vor.
Ich würde sie in dieser Situation ja eher so einschätzen, dass sie sich mehr mit ihrer eigenen Trauer beschäftigen, als wirklich für Pinkie da zu sein - nach dem Motto, jeder hat den Verlust erlebt und jeder muss da durch. Schließlich haben sie damals auch nicht im Geringsten gesehen, dass Pinkie mit dem harten Leben auf einer Steinfarm weniger gut umgehen kann als sie.
Aber das ist nur meine eigene Interpretation einer zweiminütigen Serienszene. Deshalb seh das mal nicht als allgemeingültige Kritik an.
Kommen wir zu Pinkies Darstellung. Das ist mein einziger wirklicher Kritikpunkt an der Geschichte - aber auch ein ziemlich großer.
Denn Pinkie ist mir einfach ... zu wenig Pinkie hier. Natürlich ist sie in dieser Situation nicht ganz sie selbst - untertrieben ausgedrückt. Aber dennoch - ich bin mir sicher, du hättest ein paar Dinge einbauen können, die typisch für ihren Charakter sind. Auch in dieser Extremsituation. Die Ausdrucksweise in ihren Briefen zum Beispiel war zwar nett, aber wirkte out of character - egal, ob Pinkie in einer psychisch sehr labilen Phase war. Ich meine, sie würde viel einfacher, prägnanter und, nun ja, individueller schreiben. Schau dir da mal ihre Briefe an Celestia an.
Auch Pinkie wirkte mir hier nämlich zu pauschal. Es könnte ... die Geschichte einer beliebigen schizophrenen Steinfarmerin sein.
Wenn du noch ein wenig an Pinkies Darstellung arbeiten würdest, würde ich die Geschichte sofort nochmal lesen. Dann wäre sie auch bestimmt noch viel emotional mitreißender. Das war zwar schon so gegeben, aber längst nicht so sehr, wie es möglich wäre. Denn diese Story hat ziemliches Potenzial!
Das ist halt der Vorschlag meinerseits. Vielleicht hast du ja irgendwann mal Lust darauf, dich nochmal an diesem Aspekt zu versuchen. Sonst ignorier es einfach.
Dass mir deine Geschichte insgesamt gefiel, dürfte klar sein.
Und ... oh. Mein Unterricht hat wieder begonnen.