So, ich habe mir mal die ersten Seiten dieses Threads angeschaut und mir einige Argumente der
Legalisierungsgegner aufgeschrieben. Diese kommen ja ziemlich häufig in solchen Diskussionen, darum dachte ich ich schreibe eine gebündelte Gegenrede.
Die Argumente kommen von einer Seite die für die
Legalisierung eintritt, jedoch berufen sie sich auf Quellen und Studien die jeder nachlesen kann wenn er möchte.
Gut, fangen wir an:
Zitat:Wir brauchen nicht noch eine legale Droge, gibt schon viel zu viele.
Zitat:"Süchtig kann man nach allem werden" - Was nun wirklich kein Grund ist den Status als selbständiges Wesen durch noch mehr Bedrohungen herauszufordern."
Zitat:Ich sehe, wie einige andere hier, keinen entscheidenden Grund Cannabis zu legalisieren. Es mag in der Medizin Anwendung finden, aber sonst, bleibt es ein weiteres, unnötiges Suchtmittel.
Dieses Argument nimmt stillschweigend an, dass das Verbot den Konsum minimiert und dass es dabei weniger Probleme verursacht als der Konsum selbst. Es nimmt weiterhin an, dass Cannabis nur zusätzlich und nicht anstelle von anderen Drogen wie z.B. Alkohol konsumiert wird. Alle drei Annahmen sind falsch.
Cannabis
legalisierung bedeutet keine Einführung einer neuen Droge, wie das immer dargestellt wird, sondern eine Entkriminalisierung einer alten Droge. 45 Millionen EU-Bürger haben Cannabiserfahrung. 3 Millionen Deutsche (nach offiziellen Schätzungen) kiffen hier und heute, Gesetz hin oder her, seit Jahrzehnten. Sie ignorieren das Gesetz weil niemand ihnen seinen Sinn verständlich machen kann. Das ist die Realität.
Legalisierung würde viele Gefahren verringern. Man erinnere sich nur an die amerikanische Alkoholprohibition. Vor der
Legalisierung von Alkohol 1933 bereicherte der Schwarzmarkt die Mafia mit ihren Maschinenpistolen, nachher den Finanzminister. Vorher gab es nur schlechten Schnaps, nachher auch Bier und Wein von vernünftiger Qualität. Vorher betranken sich auch Kinder und Jugendliche, weil in il
legalen Kneipen niemand an Altersgrenzen dachte. Nachher hielt man sich wieder an Jugendschutzgesetze beim Alkoholverkauf.
Nicht die
Legalisierung führt zum steigenden Konsum sondern der gestiegene Konsum zur
Legalisierung. Die Alkoholprohibition wurde abgeschafft nachdem der il
legale Alkoholkonsum 12 Jahre lang kontinuierlich gestiegen war. Irgendwann kann man sich einfach nicht mehr vor der Realität verstecken: Die Alkoholprohibition und die Cannabisprohibition waren zwar gut gemeint aber trotzdem ein Fehler.
Der Gesetzgeber versucht mit dem Cannabisverbot, der Bevökerung eine weniger riskante Alternative zu Alkohol vorzuenthalten. Viele Probleme die in Verbindung mit Alkohol auftreten sind nämlich im Zusammenhang mit Cannabis praktisch unbekannt. So gibt es z.B. einen deutlichen Bezug zwischen gewalttätigem Verhalten und Alkoholkonsum, während Cannabis eine eher entspannende Wirkung hat.
Zitat:Es gjbt genug andere möglichkeiten spaß und glückshormone zu erleben....
Zitat:Halte dich doch einfach an das Verbot.
Diese Argumente sind in der Debatte irrelevant. In einem freien Rechtsstaat kann der Staat Freiheiten von einzelnen nur einschränken um die Rechte anderer zu schützen. Willkürliche Verbote sind also nicht verfassungskonform.
Verbote nur mit dem "nicht brauchen" von Genussmöglichkeiten zu begründen könnte zu Zuständen wie in Afghanistan unter den Taliban führen, wo selbst Musik, Tanz und Fernsehen verboten waren.
Es braucht auch niemand Sex, außer zur Fortpflanzung. Dennoch wäre es ein unangemessener Eingriff in die Privatsphäre von Millionen Menschen wenn man hier ein Verbot erlassen und durchsetzen wollte.
Zitat:Die verharmloser von sämtlichen rauschmitteln nehmen sie meist selbst.
Dieses Argument ist unsachlich und soll nur vom eigenen Mangel an Argumenten ablenken.
Nicht jeder der die Schwulenehe befürwortet ist schwul. Nicht jeder der für Gleichberechtigung ist, ist eine Frau. Nicht jeder der Gewalt gegen Ausländer verurteilt ist ein Ausländer. Nicht jeder der gegen Kriminalisierung von Cannabiskonsumenten ist konsumiert selber, oder befürwortet auch nur den Konsum.
Wer so ein Pseudoargument verwendet muss sich fragen lassen ob er sonst etwa keine Argumente habe.
Zitat:Zwar hört man oft, dass Cannabis ja ach so toll sei und alles mögliche vollbringt, aber letztlich ist es immer noch ein Rauschgif
Zitat:Jedes Rauschgift hat schlechte Auswirkungen.
Der Ausdruck "Rauschgift" besagt eigentlich nur, dass eine Substanz il
legal ist. Tatsächlich sind Alkohol und Nikotin eher suchtbildend und giftiger als Cannabis.
Zwischen 0,04 und 0,06 Gramm Nikotin wirken geschluckt tödlich, wähend bei THC die tödliche Dosis mindestens 47 Gramm beträgt, entsprechend mehr als einem halben Kilo Haschisch guter Qualität.
Reines Koffein ist etwa 6 mal giftiger als THC.
Bei Alkohol ist bereits die 5-fache Rauschdosis tödlich (0,8 bzw. 4,0-5,0 Promille) während bei THC die 450- bis 1800-fache Rauschdosis nötig wäre.
Es gibt keinen einzigen dokumentierten Fall einer tödlichen Cannabisüberdosis.
Zitat:Dass Cannabis körperlich abhängig macht, hab ich übrigens hier her. Und psychisch macht es noch mehr abhängig. Su-per.
Im Gegensatz zu Suchtmitteln wie Heroin und Alkohol ist eine körperliche Abhängigkeit bei Cannabis unbekannt. Das heisst zum Beispiel, dass beim Absetzen von Cannabis keine Entzugserscheinungen auftreten. Bei Alkoholsucht können die Entzugserscheinungen sogar tödlich enden.
Das Bundesverfassungsgericht stellte am 09.03.1994 fest, dass "das Suchtpotential der Cannabisprodukte als sehr gering eingestuft" wird.(BVerfG 1994)
Bei einem geringen Teil der Cannabiskonsumenten kommt es zwar zu psychischer Abhängigkeit, aber laut einer Studie für den früheren Gesundheitsminister Seehofer (CSU) ist das bei 92 Prozent (d.h. etwa 11 von 12 Konsumenten) nicht der Fall. Laut Sucht und Drogenbericht 1999 der Bundesregierung gab es 1998 nur 117 Fälle von stationärer Drogentherapie unter 2,4 Millionen Konsumenten, etwa 1 von 20.000. Bei Alkohol war der Anteil zwölfmal so hoch. (Suchtbericht 1999)
Die im März 1999 veröffentlichte Studie des renommierten "Institute of Medicine" der amerikanischen Akademie der Wissenschaften untersuchte im Auftrag der US-Regierung u.a. auch das Abhängigkeitspotenzial von Cannabis. Laut dieser offizielle Studie entwickelt folgender Anteil unter den Probierern folgender Drogen später irgendwann eine Abhängigkeit:
Nikotin: 32%, Heroin: 23%, Kokain: 17%, Alkohol: 15%, Cannabis: 9% (IOM-Studie, Kap. 3, Tabelle 4)
Die wissenschaftliche Expertise für Bundesgesundheitsminister Seehofer (CSU) stellte 1997 fest:
"Der Konsum von Cannabis führt keineswegs zwangsläufig zu einer psychischen Abhängigkeit, es kann jedoch zu einer Abhängigkeitsentswicklung kommen. Eine solche Abhängigkeit vom Cannabistyp kann jedoch nicht primär aus den pharmakologischen Wirkungen der Droge, sondern vielmehr aus vorab bestehenden psychischen Stimmungen und Problemen erklärt werden. Die Abhängigkeit von Cannabis sollte als Symptom solcher Probleme gesehen werden." (Kleiber/Kovar 1997)
Psychische Abhängigkeit ist keine spezifische Eigenschaft von Drogen. Ihre Ausbildung hängt vorwiegend mit bereits vorher existierenden psychischen Problemen bestimmter Konsumenten zusammen. Problemkonsumenten brauchen psychotherapeutische Hilfe statt Strafverfolgung.
Zitat:Eine Legalisierung bedroht also letztlich die Freiheit jener Menschen, die aus Charakterschwäche oder aus der Lebenssituation heraus nicht in der Lage sind verantwortungsvoll damit umzugehen.
Die Erfahrung der Niederlande zeigt, dass Strafbefreiung zu keinem markanten Anstieg des Konsums führt. Das Verbot hat keine präventive Wirkung. Die meisten Cannabiskonsumenten verwenden Cannabis nicht übermässig, genauso wie die meisten Alkoholkonsumenten keine Alkoholiker sind. Sicher gibt es ein einige Leute die nicht damit klarkommen, aber die gibt es auch heute schon, bei Alkohol nicht anders als bei Cannabis. Strafandrohung hält Problemkonsumenten nur davon ab, Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Zitat:(sinngemäß) Cannabis kann man nicht verharmlosen.
Niemand behauptet, dass Cannabis harmlos sei. Wie Alkohol und viele Lebensmittel kann Cannabis missbraucht werden. Daraus folgt nicht automatisch, dass ein Komplettverbot diejenige Regelung ist, die insgesamt zu den wenigsten Schäden führt.
Cannabis ist nicht völlig harmlos, aber es ist weniger schädlich als Alkohol und Nikotin die weiterhin
legal sind. Das macht das Verbot und die Drogenpolitik allgemein unglaubwürdig und damit unwirksam und untergräbt die Autorität des Staates.
Die Cannabisexpertise von Professor Kleiber und Professor Kovar für Bundesgesundheitsminister Seehofer (CSU) stellte fest: "Zusammenfassend ist festzuhalten daß die pharmakologischen Wirkungen und psychosozialen Konsequenzen des Cannabiskonsums sich als weniger dramatisch und gefährlich erweisen, als dies überwiegend noch angenommen wird." (Kleiber/Kovar)
Entscheidend ist für die Frage des Verbots ist die Gesamtbilanz. Viele Punkte die dort einfliessen werden gemeinhin völlig ignoriert. Ein Verbot kann den Cannabiskonsum nicht verhindern, wie die Erfahrung der letzten drei Jahrzehnte gezeigt hat. Es verursacht aber zusätzliche Probleme, von den enormen Kosten für Polizei und Justiz über die Schaffung einer Einkommensquelle für kriminelle Händler und den mangelnden Jugendschutz im Schwarzmarkt bis zur Verhinderung einer Cannabisbesteuerung.
Auch Cholesterin ist nicht harmlos, aber dennoch ist der Verkauf von cholesterinhaltigen Lebensmitteln
legal. Aus gutem Grund setzten wir hier auf gesundheitliche Information und Selbstverantwortung der Verbraucher. Aufklärung ist wesentlich kosteneffektiver als Verbote. Jeder Euro den wir in die versuchte Durchsetzung von Verboten stecken fehlt uns zur Aufklärung.
Das Deutsche Ärzteblatt vom 27.10.2000 nannte das Cannabisverbot einen "kollektiven Irrweg" und schrieb:
"Aus medizinischer Sicht wird kein Schaden angerichtet, wenn Cannabis vom Verbot befreit wird. Das Cannabis-Verbot kann durch medizinische Argumente nicht gestützt werden."
Zitat:Nebenwirkungen und Risiken von Cannabis:
-starke Paranoia
-Psychosen
Nach derzeitigen Erkenntnissen kann Cannabis möglichweise bei besonders dafür veranlagten Menschen eine bereits latent vorhandene Schizophrenie zum Ausbruch bringen (sehen Sie dazu Studien zu Cannabis und Schizophrenie). Etwa ein Prozent der Bevölkerung ist davon gefährdet. Die Krankheit bricht vorwiegend in der Altersgruppe zwischen 18 und 30 aus. Über die Ursachen ist wenig bekannt.
Dieses wissenschaftlich umstrittene Risiko wäre vielleicht ein Argument für den einzelnen, Cannabis nicht zu konsumieren, insbesondere, wenn bereits Symptome von Schizophrenie oder Psychosen vorliegen. Cannabiskonsum kann die Symptome der Krankheit verstärken und den Heilungsprozess ungünstig beeinflussen. Aufgrund der beobachteten Problematik empfehlen Experten Personen mit schizophrenen Psychosen oder mit Fällen von Schizophrenie in der engeren Familie, Cannabis generell zu meiden, bzw. beim Auftreten von Problemen den Konsum dauerhaft einzustellen.
Ein derartiges Risiko ist jedoch kein vernünftiger Grund, Menschen zu bestrafen, die Cannabis zu konsumieren, ohne dadurch zu Schaden kommen. Umsomehr gilt das für psychisch Kranke, die Therapie und nicht Strafe brauchen. Drohung mit Bestrafung und sozialer Ausgrenzung dürfte bei einer Krankheit, die ohnehin durch extreme Angstzustände und Verarmung von sozialen Kontakten gekennzeichnet ist, wenig produktiv sein.
Der Zusammenhang zwischen Cannabis und Schizophrenie ist weitgehend unklar. Eine Langzeitstudie an 50.465 schwedischen Wehrpflichtigen fand, dass von den 5391 Cannabiskonsumenten darunter 5318 (98,6%) nie an Schizophrenie erkrankten. Wäre Cannabiskonsum allein die Ursache für die Krankheit (wie in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts noch behauptet) und nicht nur ihr vorzeitiger Auslöser, dann wäre zu erwarten, dass der Anteil der Betroffenen deutlich höher liegt als die ermittelten 1,4 Prozent, ein Wert der nur gerinfügig über dem Bevölkerungsdurchschnitt liegen.
Würde Cannabiskonsum schizophrene Psychosen nicht nur verfrüht auslösen sondern sie verursachen, dann wäre mit der steten Verbreitung des Cannabiskonsums seit Anfang der 60er Jahre eine Zunahme von Schizophrenie zu vermuten gewesen. Das Gegenteil war jedoch der Fall. Dr Wayne Hall, National Drug and Alcohol Research Centre, University of New South Wales, Sydney, Australien:
"Die abnehmende Häufigkeit von behandelten [Schizophrenie]Fällen macht es unwahrscheinlich, dass Cannabisgebrauch Schizophrenie verursacht hat, die nicht ohnehin aufgetreten wäre."
So, hoffe ich bin jetzt auf möglichst viele Argumente eingegangen. Es ist aus meiner Sicht einfach wissenschaftlich und moralisch nicht vertretbar dass man das Verbot aufrecht erhält. Es ist unsinnig und unsinnige Verbote haben in einem freiheitlich-demokratischen Land nichts verloren.