(09.07.2012)Twilight_Shy schrieb: Ich habe mir auch überlegt, ob ich Mathe studieren soll, vielleicht hat hier jemand Erfahrung, was mich da so erwarten würde.
Zunächst mal jede Menge Grundlagen: Schulmathematik, nur diesmal richtig, keine halben Sachen mehr. Uni-Mathematik geht jedem Problem auf den Grund, lässt keine Zweifel mehr offen. Wenn du bei Schulmathematik oft ein "Wieso eigentlich?" übrig hattest, das sind die Lücken, die die Uni-Mathematik schließt. Dazu gehört auch jede Menge Fleiß, denn ohne Übung kommt man da nicht durch, denn auch das Tempo ist hoch.
Nach den Grundlagen-Vorlesungen verteilt sich die Mathematik in viele Teildisziplinen, siehe Anfagstopic. Zusätzlich wird die Mathematik in der Regel mit einem Nebenfach wie Informatik, Wirtschaft, Physik oder ähnlichen kombiniert. Jede Teildisziplin setzt wieder auf ihren eigenen mathematischen Modellen und Definitionen auf, und entwickelt daraus diese spezielle Teildisziplin. Beim üblichen Tempo erschöpft sich jede Teildisziplin aber nach spätestens 2-3 Semestern, deswegen lernt man viele verschiedene Teilgebiete kennen.
Und das ist meiner Meinung nach auch das, was man in einem Mathematik-Studium wirklich lernt: Sich in komplexen Modellen zurecht zu finden. Dessen Natur verstehen, sie auf das Grundgerüst reduzieren und dieses zu erforschen, so allgemein es nur geht. Warum 10x das gleiche Problem lösen, wenn man bei genauem Hinsehen in allen das gleiche Grundprinzip erkennen kann? Mathematiker sind universell, denn sie können sich in jede Problemstellung schnellstmöglich und systematischer als andere hinein denken.
Für ein Mathestudium ist man geboren, wenn man ein Gefühl für abstrakte Aufgabenstellungen entwickeln kann. Wenn man selbst bei komplizierten Rechenwegen schon eine Ahnung hat, wie der Lösungsweg nur aussehen kann, oder dass eine Lösung 'nicht richtig' sein kann, einfach weil sie vom Gefühl her nicht zur Aufgabe passt. Schließlich muss man sich in Welten zurecht finden, die sich mit den Augen nur schwer erschließen lassen.
Braucht man das, was man im Mathe lernt, überhaupt? Ehrliche Antwort: Nein. In der Regel nie wieder. Was man aber gelernt hat, und behält, ist die Art, die Welt mathematisch zu sehen. In allem die Wirkmechanismen zu erkennen. Im Durcheinander die Struktur sehen, und sie sich zu Nutze zu machen.