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Mir fiel auf, daß ich im Web schon einige male über diese Ponies gestolpert bin, allerdings erinnerte ich mich nicht mehr an Details, weil ich sie nie bewusst wahrgenommen hatte, zu der Zeit hielt ich sie nur für ein neues Meme und achtete nicht weiter darauf.
Später an dem Tag erhielt ich von diesem Freund relativ beiläufig eine Einladung zum Grillen am nächsten Tag bei ihm und einem gemeinsamen Freund von uns, die ich natürlich gern annahm.
Aufgrund gemischten Wetters entschieden wir, drinnen zu grillen (mit Elektrogrill). Es war der 23.te April, ich weiss das so genau, weil die damals neue Staffel von Doctor Who begonnen hatte und wir uns wärend dem Essen die neue Episode anschauten. Bis dahin war es ein wirklich schöner Tag und ich hätte nicht gewusst, wie der noch zu steigern gewesen wäre. Dann stellte unser gemeinsamer Freund, von dem ich wusste, daß er meistens die neusten Serien und Webtrends findet, die irgendwo auftauchen, die Frage, auf die ich im Prinzip am Tag zuvor schon vorbereitet wurde. Die Frage lautete, was ich über MLP wüsste. Ich ignorierte die fragmentierten Informationen vom Tag zuvor, denn ich konnte mir denken, daß es darum gehen würde, mir die neue Serie näher zu bringen und versuchte erst einmal ein Grundbild meines bisherigen Kenntnisstandes darzulegen.
"MLP? Hm... My little Pony? Das war doch so eine Serie um Spielzeugpferde für kleine Mädchen zu promoten, in den 80ern, nicht?" Tatsächlich hätte ich genau das angenommen, wäre ich am Vortag nicht bereits ansatzweise darüber informiert worden.
Man informierte mich nun über alles, was ich über die neuste Serie wissen müsste, über die verschiedenen Generationen im Laufe der Jahre, Lauren Faust und wie sie die Serie rebootet hatte und und und. Man befürchtete zu dem Zeitpunkt wohl, mich mühsam überzeugen zu müssen, einer neuen Serie eine Chance zu geben. Dies war jedoch nicht nötig, ich war satt, hatte die neue Episode Doctor Who gesehen und rundum glücklich, insofern war ich für alles offen, was man nun hätte auf mich abfeuern können. MLP:FIM sollte es dann sein.
Wir schauten gemeinsam die ersten beiden Episoden, also die Pilot-Doppelfolge der Serie und hätten vermutlich noch mehr gesehen, wenn der Freund, von dem ich die Einladung erhalten hatte, nicht aufgrund anderer Pläne abgelehnt hatte. Wir schauten statt dessen noch ein paar Filme und unterhielten uns zwischenzeitlich, unter anderem aber immernoch über MLP...
Es vergingen 2 Wochen, in denen ich gelegentlich darüber nachdachte, jedesmal, wenn mir im Web wieder ein Pony begegnete. Ich merkte, daß sich die Serie im Web wie ein Lauffeuer verbreitete und vermutlich die nächste, größere Sache in meinem Bekanntenkreis werden würde. Ich entschied also schliesslich, mehr von der Serie sehen zu wollen. Nur um zu schauen, warum die Leute so begeistert sind. Ich gebe zu, die Doppelfolge war zwar unterhaltsam gewesen, hatte mich aber noch nicht ganz überzeugt. Ich war neugierig, ob ich auf youtube weitere Szenen der Serie finde, die mein Interesse wecken könnten, fand statt dessen aber komplette Episoden vor...
Die nächsten 2 Wochen schaute ich mir dann immer 2 - 3 Folgen wärend dem Essen an. Nach ein paar Folgen wusste ich noch nicht, ob die Serie mein Interesse halten kann, aber je mehr ich sah, umso mehr wollte ich sehen. Als ich schliesslich die halbe Staffel durch hatte, ohne daß die Serie mir mental weh getan hätte, im Gegenteil, es blieb immer ein kleines Glücksgefühl zurück, dachte ich mir "Die Hälfte hast du geschafft. Dann schaffst du die andere Hälfte auch noch." Nachdem ich die Serie gesehen hatte, merkte ich, daß sie tatsächlich etwas fesselndes hatte, aber ich begriff noch immer nicht, was das gewesen sein könnte (nein Applejack mit ihrem Lasso war es nicht, hätte es aber durchaus sein können). Die vorerst letzte Folge, die ich sah, war "owl's well that ends well". Ich erzählte dem Freund, der mir den Tag vor dem Grillen die Serie das erste mal näher brachte, daß ich glaube, die Serie sei echt gut und meinte, da die Folgen alle auf youtube lägen, hätte ich mir nun die ganze Serie angeschaut und müsse sagen, ich wäre echt überrascht, wie unterhaltsam sie doch ist. Offenbar hatte er bisher eher Fancomics angeschaut und die Serie dahinter noch nicht wirklich weitergeguckt, aber mein neues Interesse bewegte ihn nun doch dazu, weiter zu schauen. Ich selbst war überglücklich, als ich feststellte, daß ich noch ein paar Episoden verpasst hatte und noch weiter schauen konnte.
Nachdem ich dann die erste Staffel durch hatte und mich noch immer fragte, was die Serie so reizvoll machte, denn ich konnte noch immer nicht den Finger darauf legen, durchstöberte ich das Netz nach mehr Infos. Ich war direkt über die enorme Quantität an Fanart und Fanfics überrascht. Im Laufe von Wochen las ich diverse Fancomis, schaute mir Fanart an, lauschte Remixes und las nach einer ganzen Weile sogar Fanfics, um die ich zuvor bei anderen Serien und Filmen immer einen Bogen machte, denn Fanfics haben ja nun einmal nicht den besten Ruf. Ich las sowohl harmlose, als auch die berüchtigteren, wie "Cupcakes". Einfach nur um zu wissen, warum solche Fanfics solche Wellen machten. Als ich schliesslich Fanart und Fancomics fand, die teilweise sogar Fanfics wie "Cupcakes" parodierten oder als ein in-universe-Textmaterial verwendeten, nahm ich schliesslich das erste mal bewusst von der Webkultur notiz. Zuvor lief die immer in entfernten Teilen des Netzes ab, in denen ich mich nicht herumtrieb, aber hier erlebte ich sie direkt vor meinen Augen. Egal, wie klein der Beitrag einer einzelnen Person war, er konnte große Wellen auslösen, die wiederum gegen neue Personen stiessen, die ihrerseits daraufhin neue Wellen auslösten. Das Fandom stützte sich also nicht nur auf die Serie sondern honorierte auch die Kreativität ihrer Mitglieder und entwickelte eine ganz eigene Identität, ebenso direkt vor meinen Augen. Ich erlebte hier zum ersten mal bewusst das entstehen eines neuen Fandoms und war so begeistert davon, daß ich ein Teil davon sein wollte. Das war der Zeitpunkt als mir bewusst wurde, daß ich ein Fan war, nicht nur ein Fan der Serie sondern auch ein Fan der kreativen Ergüsse anderer Fans, ein Fan der Fans. Dies war der Zeitpunkt, zu dem ich akzeptierte, ein Brony zu sein. Und ich habe es nicht bereut. Tatsächlich hatte mich das Fandom so sehr berührt, daß ich ihm etwas zurückgeben wollte und etwas Fanart produzierte. Das erste mal seit langer Zeit, daß ich überhaupt wieder etwas gezeichnet habe.
So bin ich also ein Brony geworden.