Wann muss man etwas tolerieren?

[Intolerance]

Ja ja, knuepft euch jetzt nicht an meinen Nicknamen auf - das eine hat nichts mit dem anderen zu tun. Viel eher plagt mich die Frage seit gestern, als ich durch den "glauben wir an Gott" Thread gelesen habe, in dem die Debatte entbrannt ist, ob man Intoleranz tolerieren sollte und weiteren Unsinn.

Scheinbar leben wir in einer Welt, in der man alles zu tolerieren hat ...was ich irgendwie verwunderlich finde, da dies nichts mit Akzeptanz zu tun hat. Was in der Praxis fuer mich so ausfaellt, das obwohl man alles scheiße findet, man sich zu nichts mehr negativ davon aeußern darf. Sollte man es doch tun, wird man sofort angeprangert. Insbesondere scheint man keine Meinung mehr haben zu duerfen, sofern diese nicht irgendwie positiv oder entgegen kommend ausfaellt. Ganz gleich ob es dabei um die Diskriminierung von Minderheiten, oder alternativer Lebensstile mit besonderen Beduerfnissen geht, oder was weiß ich noch alles, was mir gerade nicht einfaellt.

Wir muessen alles gut finden, oder wir sind intolerant.

[Atomicorn]

also das hab ich jetzt nicht so empfunden...
es gibt halt menschen, die hören nicht gern dinge, die ihre eigenen ideale angreifen (also die meinung anderer). Jeder hat, finde ich sein recht auf meinungsäusserung. aber man sollte auch anderer meinungen entgegennehmn und niemand sollte versuchen, seine Meinung irgendwem aufzudrücken.
deswegen sollte man am ehesten darauf achten, wie man seine meinung präsentiert...

[PremiumGismo]

Whitey hat da so ein schönes Zitat, das die Sache auf den Punkt bringt.

Toleranz (Definition): Verstehe ich. Akzeptiere ich. Finde ich trotzdem scheiße.

Sobald du etwas scheiße findest, du aber darüberstehen kannst, tolerierst du es.

[Herr Dufte]

1. Das ist nicht die Definition von Toleranz.
Ich kann Dinge tolerieren und trotzdem meine Meinung dazu haben. Ich kann Glauben an Gott für lächerlich und dumm halten, das bedeutet nicht, dass ich Intolerant sei. Ich akzeptiere es schlicht nicht.
Intolerant wäre es erst, wenn ich den Leuten verbieten würde an Gott zu Glauben bzw unter allen Mitteln versuchen würde sie davon abzubringen. Ich find mich damit ab, trotzdem bilde ich mir eine Meinung dazu und kann sie ruhig äußern.

2. Alles tolerieren ist überhaupt nicht möglich, da es zu Widersprüchen führen würde. Wie kann ich Homosexualität tolerieren aber gleichzeitig dulden, dass andere Leute Homosexuelle lynchen? Nur mit einer "Ist mir doch alles egal Einstellung". Alles zu tolerieren halte ich für Schwachsinn und gefährlich. Ich toleriere keine Verbrechen, Ende.


Toleranz ist eigentlich gar nicht so schwer. Stammtischgerede und Vorurteile zeugen nicht unmittelbar von Intoleranz, zeigen aber die ersten Schritte dahin. Nur tolerieren reicht oftmals auch nicht, ist aber das mindeste was man entgegenbringen sollte. Denn Intoleranz bedeutet, dass es nicht mehr weit vom gewaltätigen Vorgehen dagegen ist. Man kann gleichzeitig aber niemanden zwingen etwas zu mögen, nur die Gesetze einzuhalten. Persönlich wünsche ich mir nicht nur Toleranz, sondern viel mehr Akzeptanz für einige Sachen. Ich finds ehrlich gesagt schade, wenn man Homosexuelle und Ausländer nur toleriert, weil man damit eigentlich aussagt, dass man sie trotzdem als minderwertig sieht.

[Atomicorn]

das ist ein sehr philosophisches thema , find ich.

ich betrachte jemanden als "tolerant" wenn er offen und unvoreingenommen gegenüber anderen ist und auch Dinge akzeptieren kann, die er vielleicht selbst aus bestimmten Gründen nicht nachvollziehen kann.

[Hathagat]

Ich denke, dass jedem eine gewisse Freiheit gegeben sein sollte (er/seine Ansichten toleriert werden sollten) - das Problem dabei ist; dass der Mensch nicht mit Freiheit umgehen kann.

Irgendwann wird Freiheit zur Narrenfreiheit.

[Whitey]

Ich denke einfach dass Toleranz für viele Leute eine Sache ist die eine gewisse positive Konnotation hat, was aber natürlich nicht richtig ist. Toleranz ist ja per Definition eher was neutrales bis negatives. Man findet etwas nicht gut, tut aber nichts dagegen. Wenn man also religiöse Menschen verbal angreift macht einen das nicht intolerant, solange man nicht losgeht und Kirchen anzündet. Das macht einen erst tolerant. Man kann nichts tolerieren das man gut findet, man muss erstmal eine Sache schlecht finden um sie überhaupt tolerieren zu können. Denn wenn man etwas sowieso schon befürwortet, dann geht das schon weit über Toleranz hinaus.

Und nein, Intoleranz gehört zu den wenigen Dingen die man nicht tolerieren sollte. Sobald man Intoleranz toleriert wird man damit selbst intolerant. Wobei das aber natürlich wieder vom Thema abhängt. Man kann nicht alles tolerieren, es kommt nur darauf an was man nicht toleriert. Ich argumentiere zwar immer ziemlich scharf gegen Theisten, ich toleriere die aber, weil die einzige andere Möglichkeit wäre aktiv deren Freiheit einzuschränken, was wiederum doch ziemlich radikal und nicht sehr schön wäre.

Das einzige was ich wirklich mit leidenschaft nicht toleriere sind zum Beispiel Nazis, weil die einfach so intolerant gegen so viele Personengruppen sind, dass man das imo nicht guten Gewissens tolerieren kann.

[Simaris]

Ich toleriere Menschen wie sie sind, aber hasse sie für ihre Taten ...

[Herr Dufte]

Eine kleine Ergänzung zu Whitey:
Nicht nur das "Kirchen abbrennen" ist intolerant, es wird intolerant sobald ich etwas nicht dulde, nicht sobald ich dagegen vorgehe. Jemand unter Druck setzen, unter allen Mitteln von seiner Meinung abbringen wollen, öffentlich darüber auslassen etc ist demnach auch intolerant, da man hier nicht mehr von "dulden" reden kann. Wenn ich Probleme mit Ausländern habe und diese gerne raushaben will, zwar nichts dagegen unternehme, aber Gesetze die das tun befürworte, bin ich ebenfalls intolerant, da ich sie ja nicht dulde.
Ansonsten stimme ich zu, aber das lässt sich wohl aus meinen vorherigen Beitrag ableiten.

[Hathagat]

Heißt das quasi, dass Toleranz = etwas schlecht finden aber nix dagegen tun ist, Intoleranz = etwas schlecht finden und etwas dagegen tun ist und Akzeptanz = etwas gut finden und etwas dafür tun ist?

[Whitey]

@Sir Knorke: Ich denke man kann schon versuchen Leute von ihrer Meinung abzubringen, von mir aus auch etwas aggressiver, das gehört zu ner Diskussion manchmal dazu, problematisch wirds imo eher wenn man dafür sorgt dass Leute gar nicht erst ihre Meinung sagen können.

Und ja, ich weiß dass ich mal nen Religionsthread kaputtgetrollt hab. Aber hey, die Verwarnung war auch verdient.

[Herr Dufte]

Nein, habe ich ja gerade geschrieben ;D

Toleranz = Etwas dulden, unabhängig der Wertung.
Intoleranz = Etwas nicht dulden, unabhängig davon ob ich aktiv dagegen vorgehe. Ich kann etwas nicht dulden und trotzdem nichts dagegen unternehmen.
Akzeptanz = Etwas akzeptieren, keine negative Wertung dazu haben, gerne positive. Nicht unbedingt unterstützen, wenn auch sehr wahrscheinlich (Wenn ich etwas akzeptiere setze ich mich im Normalfall auch dafür ein). Ich akzeptiere z.b. Homosexuelle, das heißt nicht, dass ich es besonders toll finde, dass sie das sind, sondern nur dass ich sie für mich gleichwertig sind. Ich gehe jetzt aber nicht auf Demos oder setze mich furchtbar aktiv für sie ein, unterstütze sie aber schon wenn das Thema fällt (in Diskussionen z.b.).


@Whitey
Leute von der Meinung abzubringen ist so eine Sache. Man will natürlich immer überzeugen, das ist selbstverständlich, ansonsten wäre die Diskussion hinfällig. Doch mach ich das der Diskussion wegen (Seine Meinung behaupten, Spaß am diskutieren, sich über Leute lustig machen ;DD) oder weil ich die Meinung des anderen für unvertretbar (=! lächerlich, falsch, dumm) halte? Im zweiteren Fall kann man nicht mehr von dulden und damit Toleranz sprechen.

[Hathagat]

Sir Knorke schrieb:Toleranz = Etwas dulden, unabhängig der Wertung.

Ist das Wort "dulden" nicht schon selbst wertend?

[Herr Dufte]

Es hat einen wertenden Touch, ja. Wenn ich etwas als gleichwertig erarchte dulde ich es aber per Definition immer noch. Deswegen spricht man aber im 2. Fall von Akzeptanz.Toleranz ist daher geläufig, wenn man diese Meinung nicht gut heißt, sondern nur "duldet".

[Whitey]

(21.03.2013)Sir Knorke schrieb:  @Whitey
Leute von der Meinung abzubringen ist so eine Sache. Man will natürlich immer überzeugen, das ist selbstverständlich, ansonsten wäre die Diskussion hinfällig. Doch mach ich das der Diskussion wegen (Seine Meinung behaupten, Spaß am diskutieren, sich über Leute lustig machen ;DD) oder weil ich die Meinung des anderen für unvertretbar (=! lächerlich, falsch, dumm) halte? Im zweiteren Fall kann man nicht mehr von dulden und damit Toleranz sprechen.

Fair enough, ja.

Ich würde sagen, ne ordentliche Diskussion hat man, wenn man sagt: "Du kannst deine Meinung gerne haben, aber ich fänds besser wenn du meiner Meinung wärst." ^^

(21.03.2013)Hathagat schrieb:  

Sir Knorke schrieb:Toleranz = Etwas dulden, unabhängig der Wertung.

Ist das Wort "dulden" nicht schon selbst wertend?

Du hast einen Punkt hier. ^^

Aber was Knorke mit "Unabhängig der Wertung" sagen wollte ist, dass es egal ist wie man zu der Sache steht, nicht dass man nicht wertet. Etwas nicht zu bewerten ist generell sehr sehr schwierig. Das geht eigentlich nur wenn man gar keine Meinung hat. Und das wiederum geht eigentlich nur mit völligem Desinteresse oder wenn man vom Mars kommt. Man wertet ja zumindest immer unterbewusst.

[Thunderhasi]

Auch wenns schon gesagt wurde, Intolerant ist man erst, wenn man dem anderen seine Meinung aufzwingen will. Und nein, man muss sich nicht alles gefallen lassen/tolerieren. Nur einige gehen viel zu leichtfertig mit dem Wort um, weil sie es selbst nicht wissen.
Interessant wirds bei folgendem Beispiel:
Person A findet es toll Person B am Tag exakt 10 mal ins Gesicht zu schlagen.
Person B mag das nicht, aber hält Person A nicht davon ab. D.h. Person B toleriert das.
Person B erläutert A, dass es sie stört ins Gesicht geschlagen zu werden. Person A interessiert das aber nicht und macht weiter. Hier ist Person A jetzt intolerant.
Bricht B nun A beide Arme, damit A nicht mehr zuschlagen kann, würde B dann als intolerant gelten?
Und ja ich weiß, überspitzes Beispiel :>

[Herr Dufte]

Das Beispiel passt nicht ganz. Nur weil dich jemand um etwas bittet, musst du dieser Bitte nicht nachkommen um tolerant zu sein :3
A war also nie intolerant. :33

Oder um es zu konkretisieren:
Person X macht sich über Religion lustig.
Person Y sagt, er soll das lassen.
Person X macht weiter.
Ist Person X intolerant? Er macht sich ja nur drüber lustig, aber er lässt anderen ja ihre Religion.

[Atomicorn]

(21.03.2013)Sir Knorke schrieb:  Das Beispiel passt nicht ganz. Nur weil dich jemand um etwas bittet, musst du dieser Bitte nicht nachkommen um tolerant zu sein :3
A war also nie intolerant. :33

Oder um es zu konkretisieren:
Person X macht sich über Religion lustig.
Person Y sagt, er soll das lassen.
Person X macht weiter.
Ist Person X intolerant? Er macht sich ja nur drüber lustig, aber er lässt anderen ja ihre Religion.

das ist für mich intolerant, da er die meinung bzw einstellung von Y in den dreck zieht. also lässt er ja y nicht mit seiner meinung in ruhe.

[Herr Dufte]

Jain, ich meinte jetzt nicht, dass Person X Person Y damit aufzieht.
Angenommen Person X ist Karikaturist und zeichnet Karikaturen zu diesem Thema, wäre das wirklich intolerant?

[Thunderhasi]

Nun, wenn man es jetzt ganz genau nimmt, ist X intolerant. Allerdings nicht bezüglich des Glaubens, sondern bezüglich der Tatsache, dass es Y ärgert!
Y möchte nämlich nicht geärgert werden, X möchte aber Y ärgern. Also sobald X anfängt Y aufzuziehen, ist das intolerant gegenüber dem Wunsch, nicht geärgert zu werden.