@Bronyhead
Zitat:Die Kirche hat Forschung generell unterbunden und nur die Forschung erlaubt, die nicht konträr zum Glauben standen.
Hier widersprichst du dir selbst.
Zitat:Deshalb gab es diese Forschung auch fast nur in Klostern.
Unfug, die Forschung fand desshalb in Klöstern statt, weil sonst niemand in der Welt Gelegenheit und Lust hatte sich mit derlei Angelegenheiten zu befassen.
Der gemeine Mann hatte genug damit zu tun, für sein tägich Brot zu sorgen und der Adel übte sich vor allem im Kriegshandwerk und hin und wieder auch der Politik.
Es blieb nur der Klerus übrig, doch auch hier waren die Bischöfe, welche ja auch gerne Landesfürsten waren, zu sehr damit beschäftigt reelle Macht auszuüben. Das ging damals nur mit dem Schwert.
Die Klöster aber, waren abgeschieden von der Welt, mit dem Ziel das Leben der Mönche, soweit als möglich fern von der sündigen Welt, der Verehrung Gottes zu widmen. Sein Erbarmen für diese schuldige Welt zu erflehen, denn man rechnete damit, dass die Apokalypse recht bald eintreten konnte. Nur hier gab es überhaupt Gelegenheit sich mit Gott und der Welt zu befassen. Und darum fand auch nur hier Forschung und Bildung statt.
Freilich gab es auch mächtige Äbte und Priöre, welche große Ländereien verwalteten, aber auch die haben mal klein angefangen. Nämlich als kleine Gemeinschafft, welche abgeschieden von der Welt sich der Gottesverehrung sowie der Ergründung von Gott und der Welt widmeten. Viele Orden haben viele Klöster gegründet, doch wer sich der Erforschung Gottes widmen möchte, der muss auch über die Welt bescheid wissen.
Zumal dies garnicht so streng getrennt werden konnte, wie es heutzutage allgemein üblich ist. Um Gott zu ergründen kam man nicht umhin die Welt zu überdenken und um die Welt zu begreifen kam man nicht umhin Gott miteinzubeziehen.
Ist Gott die Welt? Wie kann Gott die Welt sein, wenn die Welt doch so grausam ist? Ist Gott etwa grausam? Die Bibel sagt nein. Doch die Bibel spricht auch von grausamen Taten Gottes. Wenn Gott die Welt ist, dann muss alles, was in der Bibel über die Gott gesagt wurde, auch auf die Welt zutreffen. Wenn in der Bibel steht, dass Gott gütig ist, dann muss es auch die Welt sein. Wenn die Welt gütig ist, was sie ja unstrittig sein kann, wie kann dann Tod und Verderben über die Menschen kommen ? Was macht die Menschen so anders, dass nur Sie so leiden, wie Sie leiden?
Verstehst du, wie Gott, Welt und Mensch ineinander übergreifen im Denken der Menschen jener Zeit?
Wissenschaftlicher Fortschritt war in jenen Tagen das Meditieren über ein bestimmtes Thema in der Hoffnung eine Göttliche Erleuchtung zu erhalten, in welcher der Herr dem Gelehrten einen kleinen Teil der göttlichen Wahrheit mitteilte.
So wurde wissenschaftlicher Fortschritt im frühen Mittelalter deffiniert und von den Zeitgenossen wahrgenommen. Du darfst, bei der Betrachtung der Geschichte, niemals den Fehler begehen das Wertsystem deiner Epoche in ganz andere Zeiten hineinzutragen. Das funktioniert nicht. Die Menschen in anderen Zeiten dachten ganz anders.
Zitat:Wäre ich nicht am Handy, könnte ich entsprechende Epochen benennen, auch wenn es kaum Unterschiede macht.
Ich hatte das Frühmittelalter ja bereits genannt und schon im Hochmittelalter verloren die Klöster ihren Einfluss an die städtischen Domschulen.
Dies sind die Epochen, auf welche ich mich oben bezog, denn meine ursprünglichen Fragen meinen ja auch diese Zeit.
Zitat:Die letzten 300 Jahre mit der Aufklärung haben mehr nachhaltige Erkenntnisse erbracht als die gesamte Zeit nach "Christi Geburt". Selbst ohne die inustrielle Revolution und deren Folgeentwicklungen zu berücksichtigen.
Natürlich haben sie das. Schau dir doch die Entwicklung im Abendland nach dem frühen Mittelalters an. Der relative Wohlstand stieg über die Jahrhunderte stetig an.
Damit konnten sich auch immer mehr Mensche leisten in den Genuß einer guten Bildung zu gelangen.
Die Städte gewannen an Macht, die Klöster verloren Sie, und auf einmal war es nicht nur der Adel, der ungeliebte siebte Söhne dem Kloster überließ, wo ihnen eine anständige Bildung zu Teil werden konnte. Nein! Sogar Kaufleute und erfolgreiche Handwerksmeister hatten die Möglichkeit ihre Söhne in die Domschule zu schicken.
Es beschäftigten sich also immer mehr Leute mit den Wisenschaften, welche sich dadurch, logischerweise, auch schneller entwickelten.
Zudem kamen die großen Schätze aus den Bibliotheken al Andalusiens wieder in die christliche Welt. Denn die iberischen Kalifate hatten den größeren Teil der weströmischen Biblitheken erhalten, was ihnen auch, zeitweise, einen ordentlichen kulturellen Vorsprung vor der christlichen Welt einbrachte. Diese antiken Werke wurden erneut übersetzt und standen den westeuropäischen Gelehrten wieder zur Verfügung.
Auch veränderte sich der Blick auf den Vorgang des Wissens erwerben selbst. Als der Fokus von den Klöstern zu Domschulen, Universitäten und später auch Privatgelehrten verlegte, gelang man auch nicht mehr zu wissen, indem man von Gott erleuchtet wurde. (Wobei dies noch hin und wieder vorkam, es ist stets ein schleichender Vorgang) Man fand es durch das Studium und nachdenken, sowie ausprobieren heraus.
Da die Forschung auch aus den Klöstern in die Städte verlagert wurde, fanden sich auch ganz andere Verwedungszwecke. Gerade wirtschaftliche und technologische Forschung gewann durch diese Verlagerung sehr an Bedeutung.
Zitat:Aber wenn du heute die Kirche fragst, dann hat sie nie Forschung unterdrückt, sondern sie hat die Forschung natürlich angetrieben, da es ja sonst Niemand tat.
Bis zur Renaissance stimmte dies ja auch. Denn dies war ein bedeutender Machtfaktor der Institution Kirche im Mittelalter. Aber da es eben ein Faktor reeller Macht gewesen ist, musste die Forschung auch für dieses Ziel verwendbar sein, der präziser, durfte diesen Einfluss nicht gefährden. Man musste den Fortschritt, der nötig war um die eigene Macht zu erhalten, kontrollieren.
Freilich gab es Reibereien zwischen dem Vatikan und einzellnen Gelehrten. Denn dessen politische Macht beruhte auf der augustinischen Glaubenslehre. Würde diese von einem Berengar von Tours, Johannes Wenck oder Martin Luther widerlegt werden, dann würde dies die Macht des heiligen Stuhls in Frage stellen.
Doch dies waren stets Konflikte innerhalb der Kirche (denn nur in der Kirche konnte man die nötige Bildung erwerben) und die Inquisitoren konnten es sich hierbei gar nicht erlauben allzu gewaltätig vorzugehen.
Schließlich musste jedem Unruhestifter die Unrichtigkeit seiner Thesen eingebläut werden, damit wirklich Ruhe ist. Ihn einfach nur abzumurksen kann keinen Erfolg bringen, dies hatte die Kirche klug erkannt. Der Häretiker musste seine Lehre widerufen, nur so war in die Gelehrtenlandschaft langfristig Ruhe reinzubringen.
Johannes Huß wollte nicht widerufen und wurde letzendlich hingerichtet. Die Hußitenausstände waren eine fürchterliche Folge für das heilige römische Reich und haben ihren Teil zum tscheschichen Nationalgedanken beigetrage.
Die Kirche hatte kein Interesse sowas zu widerholen, wesswegen Luther auch sein freies Geleit erhalten hatte.
Was die lutherischen Reformbewegung im theokratisch/feudalen Heiligen Römischen Reiche angestellt hatte ist ja bekannt.
Zitat:Alleine, dass wir ein Zeitalter der Aufklärung haben, spricht Bände. Die Kirche hat versucht "wissenschaftliche Erkenntnisse" zu liefern, da "Gott war es." nicht mehr ganz ausreichte. Das fast alle damaligen Erkenntnisse zufällig mit dem Glauben konform war (was heutzutage nicht ansatzweise so ist), ist natürlich auch reiner Zufall und keine Manipulation.
Nicht ganz. Im "Zeitalter der Aufklärung" hatten die Kirchen gerne weltliche Gelehrte beauftragt gewisse Lehren in ihrem Sinne zu betreiben. Ein gewisser Hegel ist dadurch reich und berühmt geworden.
Doch wieso kamen denn derlei Machwerke so gut an? Wieso wird denn ein Hegel bis heute verehrt und gelesen, der doch lehrte, dass der Mensch das höchste Ziel seiner irrdischen Existenz darin findet, sein Leben in den Dienste des Staates zu stellen ?
Ich sage es dir. Weil Bildung stets als Instrument der Machthaber genutzt wurde und wird. Hierbei haben sich die Kirchen sogar als außerordentlich modern gegeben, konnten sie doch neueste phillosophische Abhandlungen mit ihren Glaubenslehren in Einklang bringen.
Und das im Zeitalter der Aufklärung!
Zitat:Heutzutage verkriechen sich Gläubige in dem letzten Ausweg, dass alles Gottes Plan ist. Dann ist der Blitz halt eine elektrostatische Entladung nach dem Plan Gottes und nicht mehr der wütende Gott, der Blitze auf die Erde wirft um Ungläubige zu bestrafen.
Wenn man den Gedanken eines allmächtigen Gottes konsequent zu Ende denkt, dann kommt man nicht umhin, dass alles so sein muss, wie Gott es will. Sonst wäre es anders.
Im Gedanken eines allmächtigen Gottes ist sogar Platz für alle Naturwissenschaften, denn diese erforschen woraus die göttliche Schöpfung besteht. Diese erforschen die physische Welt als Teil der Schöpfung und können somit präzise über diesen Teil des göttlichen Planes Auskunft geben
Doch Warum die Welt so funktioniert, wie Sie funktioniert, dass kann keine Naturwissenschaft der Welt liefern. Sie sind allesamt auf das "Wie" limitiert.
Wodurch die Phillosophie ihren berechtigten Platz an den Universitäten erhält. Also ist im Gedanken des allmächtigen Gottes Platz für alle Naturwissenschaften und auch für die vernünftige Phillosophie. Schopenhauer beispielsweise war gar nicht gut auf die Kirchen zu sprechen, korrigierte Diese auch, wo immer er es nötig fand, bezeichnete seine Phillosopie aber dennoch als die einzige Christliche.
Zitat:Vielleicht sehen es irgendwann auch die Letzten ein, dass es auch ohne Gott erklärbar ist. Selbst der zufällige Urknall aus dem Nichts ist durch nachstellbare Quantenfluktuation erklärbar. Materie kann aus dem Nichts entstehen, auch wenn der Vorgang selbst halt zu komplex ist um ihn hier zu beschreiben.
Materie ensteht doch nicht. Genausowenig, wie sie vergeht. Materie existiert und wandelt sich.
Und für die Entstehung des Lebens beispielsweise, sind so viele Zufälle an genau der richtigen Stelle und genau im richtigen Moment notwendig gewesen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass das Leben zufällig entstanden ist, verschwindend gering ist.
Da ist die Existenz eines allmächtigen Gottes nun wirklich nicht weniger unwahrscheinlich.
Aber gut, bitte. Dann erkläre mir die Welt ohne Gott. Angefangen vom Urknall, über die Entstehung des Planeten Erde, zur Entstehung des Lebens, bis hin zur Evolotion zu
vernünftigen Lebewesen.
Nur zu, ich bin gespannt.
Zitat:Ich frag mich nur, an welchem Punkt Gläubige aufhören an alte Märchen zu glauben und akzeptieren, dass die Natur erklärbar ist und es keinen göttlichen Plan braucht.
Freilich ist die Natur erklärbar. In ihrer Funktion zumindest. Aber die Natur ist ja bei weitem nicht die ganze Welt. Und überhaupt, warum funktioniert die Natur, wie sie funktioniert und nicht anders?
Zitat:Die Meisten wollen vermutlich einfach nicht einsehen, dass sie im Großen und Ganzen nicht signifikant sind und indem sie sich als Teil von Gottes Plan sehen, fühlen sie sich besser. Ansonsten kann ich mir so manche theistische Ignoranz nicht erklären.
Tatsächlich?
Luthers Glaubenslehre beispielsweise, beeinhaltet, dass der Mensch ein unwürdiger Wurm ist, in allem von Gott abhängig. Der Mensch freut sich, wenn Gott will, dass er sich freut und der Mensch leidet, weil Gott es will. Der Mensch hat überhaupt nichts vorzuweisen, im Vergleich zu Gott, da er sosehr in Gottes Plan involviert ist, dass jeder einzelne Gedanke gedacht wird, weil Gott ihm befohlen hat, dass er diesen Gedanken in diesem Augenblick denken soll.
Und noch besser. Nach Luther kommen die Menschen nicht wegen Erbsünden oder eigenen Sünden in die Hölle, sondern, weil Gott sie schon vor ihrer Geburt dazu verdammt hat. Schuldlos, weil fremdgesteuert, dürfen Sie ihr kurzes, leiderfülltes Erdenleben leben um dannach eine unendiche Gegenwart in der Hölle zu schmoren.
Das ist Luthers Glaubenslehre. Und nur Gottes Erbarmen, sein Mitleid kann dich vor der Hölle und all dem ewigen Leid retten. Du bist also einer unvorstellbar größeren Wesenheit auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.
Du bist ein Zahn an einem Zahnrad in einer mechanischen Uhr! Wie sollte ich mich da besser fühlen, wenn Luthers Lehre die Meine wäre, wenn ich mir doch auch einreden könnte, mein Leben selbst in der Hand zu haben und selbstbestimmt mein Leben zu leben?
Freilich ist Luther hier sehr radikal und andere Religionen sehen viele Bereiche anders, aber der Gedanke an einen allmächtigen Gott führt, meiner Ansicht nach, sehr nahe an Luther vorbei.
Edit:
@Rapti
Wie ich oben schon zu Bronyhead sagte,(und ich hier nochmal vereinfacht niederschreibe) war im Christentum Wissen mit Macht gleichzusetzen. Die Kirche hatte lange Zeit sämtiche Forschung und Bildung in ihrer Hand. Sie hatte das Bildugsmonopol. Und auch in der Kirche arbeiten nur Menschen. Um diese Macht also zu erhalten und auszubauen musste man Bildung und Forschung kontrollieren. Aufhalten konnte man es nicht, das wusste man und das wollte man auch nicht. Denn mit mehr kontrolliertem Wissen wächst auch die Macht der kontrollierenden Kirche.
Die Kirche hatte also den Fortschritt nicht verhindert, sondern kontrolliert. Das ist ein gewaltiger Unterschied und ich denke, dass es in der islamischen Welt sehr ähnlich war.
Deine Aussage über den Buddhismus finde ich alerdings sehr erfreulich. Ja, gerade in China konnte diese Phillosophie über sehr lange Zeit die Stabilität im Land fördern.
Doch dort gab es auch keine Möglichkeiten diese Lehre politisch zu missbrauchen. Hatten christliche Bischöfe ihren Einfluss und Reichtum genutzt um sich große Länderreien anzueignen und somit auch zu weltlichen Herschern aufzuschwingen, gab es diese Möglichkeit für Buddhistische Mönche gar nicht erst. Der chinesische Kaiser saß sicher und unangefochten auf seinem Thron und sah zu, wie sein Reich in den konfutianischen Tradionen erstarrte.
Es waren nicht diese Möglichkeiten gegeben, dass die Buddhisten eine derartige Machtfülle erlangen konnten.
In Europa stieß die Kirche in ein Machtvakuum, welches die weltlichen Herrscher lange Zeit nicht füllen konnten. In buddhistischen Kulturen gab es dieses Machtvakuum nicht.
Man könnte auch sagen, dass der notwendige Eintritt in die Politik der Kirche sehr geschadet hat, da man sich in der Politik notwendigerweise die Finger schmutzig macht. Die Kirche besas macht und wollte von dieser nicht mehr lassen und in einer mittelalterlichen und aufgeklärten Zeit war Gewalt ein legitimes Mittel um die Macht eines etablierten Institution zu bewahren.
Die so oft von die beschworene Offenheit und Toleranz sind elementare Bestandteile der arg bescholtenen Religionen, doch waren Islam und Christentum so viele Jahrhunderte nicht nur eine Religionsgemeinschaft, sondern auch Terretorialtaaten, einflussreiche Institutionen, politische Machtzentren.
Und in diesen anderen Rollen kann man nunmal keine Nächstenliebe durchsetzen, auch wir Gläubige sind doch nur Menschen! Ein mittelalterlicher Staat, der schon allein Gewaltlosigkeit praktiziert, wie es Christus fordert, würde von allen anderen Staaten ausgeplündert, erobert und zerschmettert werden.