Interessanter Ansatz, über den ich nie persönlich philosophierte. Nachdem ich mir jetzt aber ein paar Gedanken gemacht und in meinen eingestaubten Werken geblättert habe, werd ich mal etwas dazu sagen.
Während ich in meinen älteren Geschichten in der Regel mit deutschen Höflichkeitsformen (Herr/Frau) arbeitete, verwendete ich in meinen MlP-Fanfics die englischen Entsprechungen (Mr/Ms/Mrs/Sir). Aktiv getan habe ich das nicht vor dem Hintergrund, dass ich damit etwas ausdrücken oder bewirken möchte, sondern weil es jeweils in den Kontext, in das Setting passte. Wenn ich eine Geschichte aufbaue, die in unserer Zeit, unserem Land und unserem Universum stattfindet, greife ich auf gewöhnliche Anreden zurück, wie sie auch im allgemeinen Schriftverkehr üblich sind. Würde ich ein Bewerbungsschreiben mit "Sehr geehrte Mrs. Robinson ..." beginnen, müsste ich wohl mit entsprechender Resonanz rechnen. Es ist nicht üblich und findet (fast) nie Anwendung.
Bei einer MlP-Fanfic verhält es sich indes anders. Wir haben Charaktere, die speziell nur so genannt werden - zu denen wir darüber hinaus einen Bezug haben, weil wir sie in Aktion sehen und über sie urteilen - zu nennen wären da beispielsweise Mr. und Mrs. Cake, Madame Le Flour (ja, auch ein Sack Mehl ist ein Charakter, so hush!) und Ms. Hashwhinny.
Mit diesem Hintergrundwissen fällt es mir schwer, eine andere Bezeichung für genannte Personen zu finden, was sich natürlich auf andere übertragen und sogar erweitern lässt. Dass man aus "Princess Celestia" vielleicht "Prinzessin Celestia" macht, ist eigentlich geläufig, was auch an der ähnlichen Schreibweise beider Worte liegt, wobei man wohl nicht schief angeschaut wird, belässt man es beim Original.
Allgemein gibt es Charaktere, die nur mit ihrem Titel funktionieren, wie etwa Nurse Redheart oder Mayor Mare. Wir kennen ihre vollständigen Namen nicht (zumindest nicht meines Wissens nach) und verknüpfen mit ihnen stets die Titel. Wenn wir jetzt in einer deutschsprachigen Fanfic von "Mayor Mare" reden, dann funktioniert es, weil der Charakter anders nicht genannt wird. Wie bei Nurse Redheart muss man jetzt entscheiden, ob man beim Original bleibt oder zur Entsprechung übergeht - oder vielleicht sogar den einfachen Weg wählt und sie schlicht Redheart und Mare nennt, was in meinen Augen nicht gerade grazil gelöst ist. Es findet also eine Entscheidungsfindung statt, deren Ausgang vom Vorlieben des Autoren abhängig ist. Um mich zu outen: Für mich war es stets Schwester Redheart und Bürgermeisterin Mare. Für mich war das der beste Weg.
Ob man nun strikt die eine oder andere Linie fährt oder gar zu Mischformen übergeht, ist wie so vieles abhängig von der subjektiven Einschätzung. Ich lehne mich bewusst weit aus dem Fenster und sage einfach, dass wir Fanfic-Schreiber eher zur englischen Variation tendieren, weil wir es von der Serie vorgelebt bekommen. Sicher gibt es Ausnahmen, bestimmt auch bei denen unter uns, die die deutsche Synchronisation präferieren
Wenn ich mich nicht täusche, verwendet Noxi auch Termini wie "Schönheitsfleck", und ich weiß, dass er die Folgen auch gern auf Deutsch sieht und das dann wohl übernimmt - ist ja auch nicht so weit hergeholt, immerhin ist Deutsch hier Amtssprache.
Ich für meinen Teil orientiere mich an der englischen Weise. In meinem Vertilger heißt es ständig "Mrs. Cake", "Carousel Boutique", "Sugarcube Corner", "Cutie Mark" et cetera. Ich unterscheide da auch nicht zwischen den Geschlechtern.
Jedoch (!) muss ich sagen, nicht ganz befreit zu sein. Meinen Charakter Guy de Catt lasse ich gern von anderen als "Herr der Catt" oder "Herr Stadtrat" betiteln, er selbst verwendet hin und wieder die Bezeichnung "Fräulein". Dahinter steckt fast ausschließlich die Intention, den Rang seines Gegenübers anzuerkennen (Herr X) oder den anderen sogar herabzuwürdigen ("Fräulein" als Archaismus von geringerem Wert, als es früher der Fall war). In deskriptiven Abschnitten vermeide ich personengebundene Mischformen. Und ich denke, dass das auch wichtig ist: Solange man eine Richtung einschlägt und dieser treu bleibt, kann man als Autor alles machen, solange man seine Wahl für sich rechtfertigen kann. Manchmal können Abänderungen durchaus stilistischer Natur sein.
(Genauso sehe ich das bei Worten mit verschiedenen Schreibmöglichkeiten, zum Beispiel "sodass"/"so dass" - man sollte den einen Weg wählen und sich dann auch daran halten.)
Um abschließend auf die Umfrage einzugehen: Solange ich an Geschichten arbeiten werde, deren Ursprung ein englischsprachiger ist, wie es etwa das MlP-Universum ist, halte ich mich auch an entsprechende Anreden oder Titel.