(01.01.2016)Cricozery schrieb: Von einigen Serien die hier gepostet wurden war ich jahrelang der Überzeugung,
dass es gar nicht möglich ist, die zu hassen (Disney's große Pause, Rugrats, Winx Club, Ren und Stimpy, Simsalabim Sabrina, Doug, was zum fick ist nur los mit euch)
Darunter ist natürlich viel Zeug, mit dem jemand, der bombenfest auf Anime geeicht ist, nichts anfangen kann. Allen voran der subversive Stil eines in den USA angebeteten John Kricfalusi (
Ren & Stimpy), aber gut, das ist wirklich nichts für jedermann. Trotzdem ist er derart Kult, daß zwei Disney-Fritzen, als Disney ihnen für eine Serie freie Hand ließ, ihn von A bis Z zitiert und
Schnookums & Meat draus gemacht haben.
Mit
Doug hat Jim Jinkins im Grunde genommen Slice of Life in westlicher Animation erst eingeführt. Aber zum einen mag nicht jeder Slice of Life – der Actionfan möchte lieber etwas Monster-of-the-Week-Mäßiges (quasi, Jim Jinkins hätte von vornherein gleich die Disney-Inkarnation von
Quailman draus machen sollen), der Otaku braucht den beständigen Story Arc mit einem über allem dräuenden, unbezwingbaren Bösen. Und ja, die Animation ist sehr simpel, zumindest von den Zeichnungen her, Action gibt's im Grunde genommen gar keine, und die wenigsten werden es bei Menschen durchgehen lassen, daß sie bunt sind. Zumindest die Nick-Serie trieft außerdem nur so vor Moralin (das mit der Moral von der Geschicht' hat
MLP:FiM wesentlich besser hinbekommen).
Dazu kommen noch Charaktere, die einem durchaus auf den Zeiger gehen können, etwa der langweilig durchschnittliche Doug (der im Gegensatz zu Charlie Brown nicht mal als tragischer Antiheld taugt), die überdrehte Nervensäge Skeeter (der übrigens eine Self-Insertion des
Doug-Schöpfers Jim Jinkins ist, der ihn auch spricht), der Proll Roger, die Rich Bitch Beebe... Und viele Charaktere wirken auch ziemlich eindimensional. Roger bekommt beispielsweise erst in der chronologisch vorletzten Halbfolge auf Nick ein bißchen charakterliche Tiefe, als er zugibt, absichtlich drei Ehrenunden gedreht zu haben, um nicht seinen Status als Chefbully der Schule aufgeben und als Siebtklässler auf der Middle School von unten neu anfangen zu müssen. Patti definiert sich eigentlich nur dadurch, daß sie Dougs Love Interest ist und ihrerseits "ein bißchen mehr" Interesse an Doug durchschimmern läßt – zum ausgearbeiteten Charakter wird sie erst bei Disney (engagiert, Sportskanone, trauert immer noch ihrer Mutter nach und läßt keine andere Frau im Leben ihres Vaters zu). Chalky ist eigentlich immer nur der Supersportler (und existiert nur, damit es noch einen Charakter mehr gibt, der Dialoge absondert, und damit Doug Angst hat, Patti wirft sich ihm an den Hals), und zumindest bei Nick ist Connie "einfach nur da" (bei Disney wird sie zum Rockstar-Wannabe). Und was ist mit Fentruck (Disney)? Hey, wir bauen einfach mal einen Austauschschüler aus einem klischeehaften osteuropäischen Fantasieland mit schrägen Traditionen ein. Das ist tatsächlich ein Punkt, den
Pepper Ann besser hinbekommen hat, in Form des Immigrantensohns (und der offensichtlichen Uter-Kopie, nur nicht ganz so
Chocolate Factory-mäßig beschränkt) Dieter Lederhosen.
Insgesamt haben beide Serien (Nick, Disney – das kann man eigentlich als ein Kontinuum sehen) ihren Charme, aber es ist auch verständlich, warum der sich nicht jedem erschließt. Ich frage mich gerade, was wohl wäre, wenn jemand
Doug als Anime mit normalen Hautfarben remaken würde.
An der Stelle ließen sich jetzt Vergleiche mit
Pepper Ann anstellen. Was ist das eigentlich? Das ist der Versuch von Disney und Joe Ansolabehere, einen
Doug für Mädchen zu machen, aber doch anders. Die Hauptfigur ist kein Durchschnittstyp, der sich als solcher gefällt, sondern eine 12jährige Göre, die alles tut, um irgendwie cool zu wirken, egal, wie oft sie damit auf die Schnauze fliegt. Der Tomboy der Serie ist ihre kleine Skater-Schwester Moose, deren wahrer Name Margaret Rose meines Wissens nur in einer einzigen Folge genannt wird. Ihre Freunde sind die blitzsaubere Streberin und Beinahe-Mary Sue Nikki Little und der Überfreak Milo Camalani, der die Annahme nähren soll, daß Jungs doof oder zumindest komisch sind. (Sind Achtkläßler nicht, Peppie ist total verschossen in einen
und kriegt den sogar, während Doug und Patti sagenhafte neun Staffeln fürs erste "Date-Date" brauchen.) Die Rich Bitch vom Dienst Trinket ist so Diamond Tiara, wie Beebe es eigentlich sein müßte, was Jim Jinkins sich aber nicht getraut hat, und obendrein hängt an ihr die passende Silver Spoon namens Sissy dran. Dieter Lederhosen hatte ich ja schon erwähnt, den in den USA geborenen Sohn deutscher Einwanderer, der in der deutschen Synchro so redet, wie er aussieht (und von dem Moose ihren Spitznamen hat – sie ist eigentlich benannt nach Mousse au chocolat).
Spätestens wenn man Peppies übrige Familie sieht, merkt man, daß die Serie a) von Disney und b) für Mädchen ist. NIcht nur gibt's in Peppies Altersstufe praktisch nur zwei männliche Charaktere, die beide "komisch" sind, sondern auch Peppies Familie ist weit überwiegend weiblich. Typisch Disney ist, daß sie kein intaktes Elternhaus hat. Ihre Eltern sind geschieden, weil ihr Vater berufsbedingt (Fahrer eines Luftschiffs) eh kaum Zeit für die Familie hat, so daß sie zu Hause nur ihre nie den 70ern entwachsene Mutter und ihre Schwester hat. Dann gibt's noch eine Großmutter, eine alternativ-hippieske und zutiefst feministische Tante...
Insgesamt ist das schon ein komisches Gemisch. Zunächst mal ist es, wie gesagt, ein sehr offensichtlicher Versuch,
Doug auf Mädchen umzumünzen. Gleichzeitig hat man aber das, was an
Doug sauer aufstieß, beseitigt und korrigiert (keine bunten Menschen mehr, Zeichenstil noch etwas "weicher", aber nicht so naiv, mehr Hirnschmalz bei den Charakteren). Komisch, aber passend: eine Trickserie für Mädchen mit einer punkrockartigen Titelmelodie. Klar, einer männlichen Zuschauerschaft dürften einige der Themen so auf den Zeiger gehen wie das krasse Geschlechter-Mißverhältnis (das hat
Doug auch, aber umgekehrt, trotz weiblicher Überzahl in der Familie). Und die Anhänger düsterer Anime dürfte stören, wie überdreht die Serie wirkt.
A propos Disney, ganz oben auf meiner persönlichen "Mußte das jetzt unbedingt sein"-Liste steht
Mighty Ducks. Es ist ja allgemein bekannt, daß Disney eine eigene Eishockey-Mannschaft hat, die Anaheim Mighty Ducks aus der Stadt, in der Disneyland steht. Von denen ist diese Serie inspiriert. Jetzt geht's los: Die spielt schon in der normalen Menschenwelt. Und die Mighty Ducks sind eine Eishockey-Mannschaft. Aber die Mighty Ducks sind Enten. Noch einmal, im Gegensatz zu
DuckTales,
Darkwing Duck und
Quack Pack ist das hier noch weiter von einem Anthro-Setting entfernt als
Bonkers, und der war schon so out of place, daß das in
Last Action Hero verballhornt werden konnte. Wie können also die Mighty Ducks Enten in der Menschenwelt sein? Ganz einfach: Sie sind Aliens.
Howard The Duck, anyone? Aber sie sind freiwillig auf der Erde. Denn das mit dem Eishockey ist nur Tarnung für eine Art A-Team mit Schnäbeln. Sie bekämpfen nämlich das Verbrechen. Klingt nicht nur ein bißchen nach den
Turtles, die wenigstens noch mit Mutationen erklärt werden. Last but not least ist das die erste Disney-Serie mit CGI. Und wie fällt die aus? Es gibt ein paar Sekunden 3D-CGI-Animation (mit Cel Shading, aber sehr offensichtlich), die in so ziemlich jede Folge reinkopiert sind. Und dafür macht man sich den CGI-Aufwand? Mein Ding ist die Serie ziemlich eindeutig nicht.
Oder kennt jemand die Disney-Verwurstung von
Marsupilami? Die läßt sich ganz einfach erklären:
Spirou & Fantasio trifft
Timon & Pumbaa. Disney hat sich den hochgradig populären tierischen Sidekick aus der hochgradig populären (und meines Wissens selbst leider nie animierten) frankobelgischen Comicreihe gepumpt und in eine eigene Trickserie geschmissen, die wirkt wie ein Neuaufguß der Serie um die beiden Sidekicks aus
Lion King. Marsupilami kriegt es in jeder Folge mit demselben Schurken zu tun, nur immer wieder in einem neuen Deckmäntelchen. Und weil die Serie sonst nicht funktionieren würde, hat Disney die Marsupilami-Regel Nr. 1 gebrochen: MARSUPILAMI. KANN. NICHT. SPRECHEN! Warum hat er hier also Dialoge? Weil es dämlich wäre, wenn er nicht reden würde. (Komisch, es gibt noch eine andere Serie um ihn, im der er
nicht spricht.) Diese Vermurksung eines Kultcharakters, den die Amis nie gepeilt haben, geriet dann so katastrophal, daß die wenigen gedrehten Episoden in
Raw Toonage geparkt werden mußten.
Bei dem hanebüchenen Unsinn, den Disney nach dem endgültigen Abklingen des
Disney Afternoon-Höhenflugs in den späten 90ern gemacht hat, grenzt es an en Wunder, daß sie mit
Kim Possible eine derartige Kultserie vom Stapel gelassen haben, daß die Fans die Einstellung der Serie rückgängig gemacht haben.
(01.01.2016)Cricozery schrieb: Aber bei manchen kann ich mich einfach nur anschließen, ganz oben steht Angela Anaconda
Hab ich selbst nie gesehen. Aber mal ehrlich, das sieht aus wie mit dem Fotokopierer animiert. Im Gegensatz zu
Ren & Stimpy,
South Park (ich erinnere an den kanadisierten Saddam im Film) oder
Panty & Stocking with Garterbelt kann man das noch nicht mal als gezielt subversiv verkaufen.