(05.05.2017)LightningGear schrieb: Nun ja, obwohl es im Laufe der Jahre immer wieder Artikel zu dem Bronyphänomen gegeben hat und es das Franchise in seiner derzeitigen Form seit nunmehr 6 1/2 Jahren existiert, scheint es weiterhin für einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung völlig neu und unerhört zu sein, dass mehr als kleine Mädchen sich für Friendship is Magic interessieren würden. Oder überhaupt sich männliche Personen sich für Inhalte interessieren, die "eigentlich für weibliche Personen gemacht wurden". Immer wieder wurde und wird auch behauptet, dass FiM "Geschlechterrollen aufbrechen" würde. Aber selbst dies scheint keinerlei tatsächlich messbaren Effekt auf Genderstereotypen gehabt zu haben. Im Gegenteil, wenn man in die Echokammern der sozialen Netzwerke schaut, denkt man eher, dass Geschlechterrollen heute noch regider verteidigt werden als im Jahre 2010, mit dem Wiedererstarken des rechten Randes und dem Backlash gegen "SJWs" während und seit GamerGate.
GamerGate hatte zumindest schon mal massive Medienpräsenz, und zwar bis hin in die Mainstreamgazetten zu Ungunsten der Gendernazis. Da war dann auf einmal auch das Bild der Gamingszene in den Medien ein ganz anderes: nicht mehr die müffelnden Forever-alone-Nerds, sondern regelrechte Aktivisten.
(05.05.2017)LightningGear schrieb: Diese Faktoren lassen für mich die Idee von Friendship is Magic als "Brecher der Geschlechterrollen" doch eher wie einen schlechten Witz dastehen. Wenn es eine Veränderung in dem Bereich gegeben hat, kann ich persönlich sie jedenfalls nicht auf FiM als ausschlaggebenden Punkt zurückführen. Eher wird hier ein langes Spiel gespielt, in dem FiM bestenfalls eine einzelne Spielfigur darstellt.
MLP:FiM hat in Deutschland deshalb einen sehr schweren Stand, weil es hier nie promotet wurde. Jedenfalls nie außerhalb des Kleinkinderfernsehens.
In Nordamerika sieht das ganz anders aus als hier. Da drüben wurde
MLP:FiM schon ganz anders beworben als hier. Beispiele:
- Werbespot "Equestria Girls" (Katy-Perry-Parodie von 2011; hat nix mit den Filmen zu tun). "Bronies". "DJ P0N-3" beim Namen genannt. Das ist keine Werbung für Mädchen im Kindergartenalter.
- Werbespot "There's a Pony For That" (Apple-Parodie von 2011). Das ist auch keine Werbung für Mädchen im Kindergartenalter. Beide Spots liefen noch vor Season 2. Ach ja, Equestria Daily wird beim Namen genannt.
- Print- und Plakatwerbung in Parodieform wie Bridlemaids (Juni 2011, siehe auch hier), Ponygeist (rechtzeitig zu Season 2) und Mad Ponies (Januar 2012).
Das ganze Brony-Phänomen ist in Nordamerika ein ganzes Stück bekannter und wird auch anders betrachtet. Wenn da mal jemand eine Freakshow machen will, dann nur, weil das das eigene Image unterstützt. Ich sage nur Howard Stern oder Stephen Colbert. In-den-Dreck-Ziehen bis hart an den Rand der Verleumdungsklage ist deren Konzept. Das geht da drüben aber auch ganz anders. Ich sage nur Rolling Stone Magazine. Das hat
alleine mehrfach wegen Andrew W.K. auf der Canterlot Gardens berichtet,
außerdem über die Musik der Serie – und die aus dem Fandom.
Das Fandom ist in Nordamerika auch viel aktiver, was sich auch medial zeigt. Wenn irgendwo in einer Internetpublikation
MLP:FiM und/oder die Bronies in ein falsches Licht gestellt werden, kommen aus dem Fandom die Kommentatoren zu Dutzenden, ja, zu hunderten und stellen erstmal alles richtig.
Hier passiert nichts dergleichen. Und das, obwohl die Medien noch viel mehr Müll verzapfen als in Nordamerika – und zwar aus einer Kombination aus Ahnungslosigkeit und Klischees im Kopf. Hier kommt keiner an und haut unfreiwilligen oder vorsätzlichen Schmierfinken auf die Finger für den Mist, den sie verzapfen.
Das bißchen Publicity, das
MLP:FiM und das Bronytum hier bekommen, das sind die unfreiwilligen und die vorsätzlichen medialen Freakshows, die 404 so schön zitiert hat. Häufig genug wird die Serie überhaupt nicht erwähnt, weil sich die Journaille nur darin ergeht, mit dem Finger auf konkrete Bronies (mit Klarnamen!) zu zeigen und allen schön vorzuführen, was das doch für Freaks sind. Was Besseres wissen die Reporter nämlich mit den Bronies nicht anzufangen.
In Folge dessen bleibt
MLP:FiM außerhalb des Bronytums mehr als obskur und hat hier genau null kulturellen Einfluß. Gegen die kulturellen Verhältnisse, die hierzulande zu Adenauers Zeiten in Stein gemeißelt wurden, kommt die Serie eh nicht an.
(05.05.2017)Meganium schrieb: MLP:FIM war in der Grundidee eigentlich kein Aufbrechen von Geschlechterrollen. Primär war die Serie erstmal dazu da, auch die Menschen, besonders Eltern, vor dem Fernseher zu behalten, die eigentlich keine Lust dazu hatten, während ihre kleinen Kinder die Serie anschauten.
Erst etwas später, und nicht nur mit dem Auftreten der Fanszene, wurde diese Serie zu einer Diskussionsmögichkeit von Mann bis Frau und von Hetero bis Homo. Sie wurde als Anker benutzt, um solche Themen durchdiskutieren und veröffentlichen zu können.
Mitnichten.
Das Aufbrechen der Geschlechterrollen war Teil von Lauren Fausts Plan, als sie die totale Kontrolle über das
MLP-Franchise an sich riß und gegen Hasbros Beeinflussungsversuche verteidigte.
Lauren ist ja bekanntlich Feministin. Inwiefern ist sie Feministin? Insofern, als ihr dieses ganze mediale Gendermarketing auf den Zeiger geht, vor allem die Geschlechterklischees bei der Kinderunterhaltung, die damit einhergehen.
Mal ein kleiner Blick zurück in die Geschichte:
Als Lauren selbst ein Kind war und zum Ponyfan wurde (was sie bis heute ist), war sie nämlich schon schwer genervt von den G1-Zeichentrickproduktionen. Damals wurde ihr klar, daß "die da oben" nicht nur Kinder als Zielgruppe nicht ernstnahmen, sondern Mädchen noch viel weniger. Action? Spannung? Nichts für kleine Mädchen. Charakterlicher Tiefgang oder gar charakterliche Weiterentwicklung? Kleine Mädchen sind doch doof, die verstehen das doch nicht. Ausnahmslos. Nein, Spannung und Action ist allenfalls was für Jungs, die ja zu badassen Machos aufgezogen werden sollen. Mädchen sollen dagegen im einstelligen Alter kleine Ballettprinzeßchen und im zweistelligen Alter Modepüppchen sein. Genauso sieht das doch aus. Und Lauren findet das seit mehr als 30 Jahren scheiße.
Als ihr 2007 angeboten wurde, eine neue
MLP-Serie zu drehen, hatte sie den Jackpot gezogen. Das war ihre Chance. Ihr Plan war nämlich ein G1-Remake, das so aussah, wie sie es als Mädchen gern gehabt hätte. Wie sie ganz genau wußte, daß auch viele andere Mädchen das gern hätten, denen die übliche Mädchenunterhaltung zu langweilig ist. Und wie "die da oben" bei Hasbro (und in vielen anderen Spielwaren- und Entertainment-Konzernen) sagten, daß das absolut nichts für kleine Mädchen sei.
Ich meine, woher kommt denn
My Little Pony? Wißt ihr das? Das hat Bonnie Zacherle 1981 entworfen. Damals hieß es noch
My Pretty Pony, trug realistische Ponyfarben – und war vorgesehen für Jungs und Mädchen. True story. Als Hasbro es übernahm, nannten sie es um in
My Little Pony, färbten die Ponys pastellbunt und vermarkteten sie ausschließlich an Mädchen.
Lauren konnte endlich gegen das vorgehen, was sie scheiße fand: das vehemente Gendermarketing in der Kinderunterhaltung. Wie gesagt, Hasbro wollte das verhindern. Nachdem Lauren den Hasbro-Obersten ihre Writer's Bible vorgelegt hatte, sagten die, Lauren möge gefälligst statt dessen eine Art G3,6 machen. Und Lauren hat gewissermaßen gesagt: "Wenn ihr G3,6 und so einen hirnlosen, süßlich-rosanen Kleinmädchenscheiß haben wollt, dann laßt euch das von jemand anders machen. Dann bin ich hier raus. Entweder so, wie ich das will, oder ohne mich. Und dann könnt ihr selber sehen, wie ihr die Serie mit einem neuen Produzenten bis Oktober 2010 fertig kriegt." "Neeiiiiin, um Gottes Willen, die Deadline, das schaffen wir doch nie, wenn wir wieder ganz von vorne anfangen müssen!" "Ja, dann machen wir so weiter, wie ich angefangen hab. Oder ich schmeiß hin, und winke-winke, Deadline." "Gut, Sie haben gewonnen."
Das war tatsächlich so. Deshalb durfte Lauren die Serie ziemlich genau so machen, wie sie wollte (bis auf die G1-Charaktere, die Hasbro nicht mehr gehörten). Die Serie mußte zum 10. Oktober 2010 fertig sein. Der Zeitplan stand fest. Das Budget stand auch fest, und das war wenig. Lauren hatte aber zum einen schon einiges an Budget eingefordert und zum anderen von den drei Jahren, die angesetzt waren, schon einige Monate aufgebraucht, um die Writer's Bible zu schreiben, sozusagen ihr Konzept. Lauren hat Hasbro vor die Wahl gestellt: Entweder sie macht so weiter, wie sie angefangen hat und wie sie das die ganze Zeit vorhatte – oder sie hört auf, nimmt ihre Entwürfe und alles mit, und Hasbro darf einen neuen Produzenten suchen, der muß sich dann ein neues Konzept ausdenken, dann muß die Serie gedreht werden, und das alles in noch kürzerer Zeit mit noch weniger Budget. Das war komplett unrealistisch. Das war nicht machbar, das wußte auch Hasbros Vorstand. Sie hatten also keine andere Wahl, als Lauren so weitermachen zu lassen, wie sie wollte – sonst hätten sie zum Start von The Hub die eigentlich geplante neue
MLP-Serie nicht gehabt.
Der beste Beweis dafür, daß das, was Lauren gemacht hat, funktioniert hat – das sind wir, die weltweit wohl über 10 Millionen Bronies. Die meisten von uns sind nämlich männlich.
Und daß wir auf
MLP:FiM stehen, liegt nicht daran, daß wir schwul sind. Oder transsexuell. Sondern daran, daß es da eine Trickserie gibt, die für kleine Mädchen gemacht sein soll, die aber nicht so gemacht ist, wie Kleinmädchenserien normalerweise gemacht sind oder gemacht sein sollen. Sondern die so gemacht ist, wie ein ehemaliges kleines Mädchen das aus eigener Erfahrung für richtig hielt: Lauren Faust.
(05.05.2017)Meganium schrieb: Dass sich hier natürlich die Bild einmischt, und daraus ein mediales Schlachtfest machen wird, ist nichts neues. Die Bild-Zeitung ist dafür bekannt, alles zu dramatisieren und das arme Opfer im Artikel möglichst lächerlich zu machen. Nicht direkt durch das Wort, aber durch den Eindruck des Lesers.
Denn obwohl es erlaubt ist, bunte Pferdchen zu mögen, ist die Gefahr immernoch gegeben, ungerechtfertigt ans andere soziale Ende zu wandern. Nicht zuletzt durch aufbauschende und gezielt lächerlich machende Medien, wie die Bild oder RTL, welche immernoch von sehr vielen Durchschnittmenschen konsumiert werden. Plötzlich wirst du doof angesehen, man verweigert dir Handschläge oder man spricht weniger mit dir.
Die BILD am Sonntag hat es schon einmal bei den Berlinern versucht. Angeblich Doppelseite übers Bronytum. Die Berliner haben den Springer-Verlag einen Vertrag hingelegt, in dem geregelt werden sollte, was die BILD-Leute dürfen und was nicht – zum eigenen Schutz. Springer hat sich geweigert, den Vertrag zu unterzeichnen. Damit war die Sache erledigt.
@Lightning: Entweder ihr schießt die Springer-Schmierfinken ohne groß Federlesens in den Wind. Oder ihr legt denen diesen Vertrag vor und sagt: Keine Unterschrift, kein Bericht. Es wird auf keine Unterschrift hinauslaufen.
(06.05.2017)HeavyMetalNeverDies! schrieb: Warum wird MLP:Fim eigentlich immer so mystifiziert? Es ist im Grunde genommen eine Serie wie Digimon, die primär dazu da ist, Kindern billigen Plastikschrott oder Sammelkarten anzudrehen. Schöner Weise hat es nebenbei auch einen Unterhaltungswert, nicht nur für kleine Mädchen sondern eben für jeden.
So salopp würde ich das sagen.
Noch einer, der die Geschichte nicht kennt. Siehe oben.
MLP:FiM ist keine von Hasbro entworfene hirnlose Dauerwerbesendung für Plastikponys, wie es G1, G3 und G3,5 waren.
MLP:FiM ist eine von Lauren Faust, Ponyfan und Feministin,
knallhart gegen Hasbros Willen entworfene Revolution in der Mädchenunterhaltung. Weil Lauren Faust etwas durchzog, was sich vor ihr niemand traute, und sich selbst die Erlaubnis für etwas holte, was vor ihr niemand durfte.
MLP:FiM ist keine kommerzielle Dauerwerbesendung – es ist professionell produzierte Fan-Animation, die sich mittlerweile verselbständigt hat.
Hasbro hat mit dem Konzept von
MLP:FiM genau überhaupt nichts zu tun. Im Gegenteil:
MLP:FiM ist etwas, was Hasbro auf gar keinen Fall haben wollte. Sie mußten es aber nehmen, weil entweder das oder gar kein
MLP.