So, ich dachte mir, es wäre wichtig, was für Regeländerungen es dieses Jahr geben wird. Das sind nämlich mehr, als man denkt. Das neue Regelwerk kommt noch nicht zum Einsatz, dass dies ja auf 2022 wegen Corona verschoben wurde. Dennoch hier die Änderungen für 2021:
Neuer Unterboden
Diese Veränderung wird aufgrund des immer weiter steigenden Abtriebs eingeführt, den die Teams generieren und der die Reifen von Pirelli zu hart rannimmt. Da Pirelli seit zwei Jahren im Grunde die gleichen Reifen bringt, wurde beschlossen, die Autos etwas einzubremsen. Die FIA und die Teams haben sich darauf geeinigt, dass Veränderungen am Auto den Abtrieb um rund zehn Prozent reduzieren sollen, um die Zugewinne in dieser Zeit auszugleichen. Der ursprüngliche Plan sah vor, einen diagonalen Cut im Unterboden direkt vor den Hinterreifen zu haben. Das sollte die Teams daran hindern, den Luftstrom mittels Schlitzen, Löchern und Strukturen in diesem Bereich zu verändern. Gesammelte Daten aus den ersten Saisonrennen überzeugten die Regelhüter jedoch davon, dass dies nicht ausreichen würde, um die anvisierten zehn Prozent zu erreichen. Denn die Teams hatten bereits mehr Performance gewonnen als erwartet. Daher mussten die Regeln noch einmal weiter gehen und hindern die Designer jetzt im gesamten Bereich daran, voll eingeschlossene Löcher im Unterboden zu haben. Auch der Belastungstest am Unterboden wurde noch einmal verschärft. Der Messpunkt musste angepasst werden, genau wie das erlaubte Maß an Flexibilität. Statt zehn Millimeter Toleranz darf sich der Unterboden vertikal nur um acht Millimeter verbiegen, wenn eine Belastung von 500 Newtonmeter aufgewendet wird. Das schränkt die Möglichkeiten ein, Zugewinne durch eine flexible Oberfläche zu finden. Auch der Diffusor wurde angepasst, damit er weniger Abtrieb generieren kann. Die Höhe der teilenden vertikalen Streben muss in der kommenden Saison 50 Millimeter kürzer sein. Um den aerodynamischen Einfluss zu verringern, dürfen die Designer in der unteren Hälfte der Bremsbelüftung keine Winglets mehr haben, die breiter als 80 Millimeter sind. In der oberen Hälfte gilt weiter das Limit von 120 Millimeter. Mit Eifer haben die Teams bereits untersucht, wie diese Veränderungen ihre Designs für die kommende Saison beeinflussen werden. Einige von ihnen haben bereits Pakete in Originalgröße ausprobiert, um echte Daten sammeln zu können. Schon in Belgien probierte McLaren einen Unterboden mit der diagonalen Aussparung, während Ferrari und Red Bull erst kürzlich mit Teilen für 2021 gesehen wurden.
Autos werden schwerer
Für 2021 wurde das Mindestgewicht der Fahrzeuge erneut um drei Kilogramm erhöht. Es liegt dann bei 749 Kilogramm. Gleichzeitig wurde auch das Mindestgewicht der Power-Units auf 150 Kilogramm erhöht. Das sollte auch die Bedenken der Hersteller verringern, dass sie exotische und teure Materialien verfolgen müssen, um Gewicht zu sparen. Unverändert von den vorherigen Regeln, aber aufgrund des Verbots der Qualifying-Modi wichtig ist die Tatsache, dass Teams nur noch eine bestimmte Anzahl an Motorenmodi pro Saison zur Verfügung haben .Eine Tabelle im Regelwerk zeigt eine stufenweise Herabsetzung der erlaubten Anwendungen im Motorenbereich in Richtung 2025. Zudem wurde das Wording im Hinblick auf das Wastegaste und die Auspuff-Endrohre verändert. Aktuell müssen die Autos mindestens ein Wastegate-Endrohr aufweisen, aber ab jetzt müssen sie keine zusätzlichen Rohre mehr fahren, sollte der Hersteller ein System designen, das kein Wastegate mehr benötigt. Angesichts der Rolle der MGU-H ist das ein sehr interessanter Ansatz.
Kein DAS mehr
Schon seit Saisonbeginn ist klar, dass das Lenksystem von Mercedes in der kommenden Saison nicht erlaubt sein wird. Die Veränderungen wurden schon früh im Reglement festgehalten, um eine Nutzung des Systems für 2021 zu unterbinden.
Grüne Materialien
Eine interessante Aufnahme erfolgt im Bereich der erlaubten Materialien. Naturfasern wie Hanf, Leinen, Baumwolle und Bambus können nun verwendet werden. Kohlefaser-Verbundstoffe haben die Formel 1 jahrzehntelang dominiert. John Barnards McLaren MP4/1 legte den Grundstein dafür, dass das leichtere und stärkere Material allgegenwärtig wurde. Ein Nachteil davon ist jedoch, dass es im Schadensfall die Chance gibt, dass scharfkantige Trümmerteile zurückbleiben. Naturfasern verringern dieses Risiko signifikant und könnten als Material der Zukunft für Komponenten gelten, die Risiken verursachen. Die Unternehmen Ycom und Bcomp haben kürzlich eine Struktur designt, optimiert und getestet, die frontale Einschläge absorbiert. Die Ergebnisse waren dabei ähnlich wie die einer traditionellen Carbonfaser-Struktur. Die getestete Crashstruktur war rund 40 Prozent schwerer als ein ähnliches Design aus Carbonfaser, doch wir wissen ja, dass es in der Formel 1 immer um Fortschritte geht. Zwar mag der Ausgangspunkt nicht so attraktiv sein, aber wer weiß, wie stark das Gewicht in Zukunft zurückgeschraubt werden könnte? Verbundstoffe aus Naturfaser hätten auch einen dramatisch geringeren Umwelteinfluss - ein interessanter Nebenaspekt bedenkt man, wie die Formel 1 und der Motorsport generell in den Augen der Öffentlichkeit wahrgenommen werden möchten.
Die Sache mit dem Benzin
In den vergangenen Jahren hatte die FIA mit einigen Regeln verhindert, dass Öl und andere Schmierstoffe als Mittel für eine bessere Verbrennung genutzt werden. Auch die Einführung von zwei Durchflussmessern mit unterschiedlichen Merkmalen gegen Tricksereien sollte schändliche Taktiken unterbinden, die mit nur einem Sensor möglich gewesen waren. Bei den Benzin und Schmierstoffen wurde die Anzahl unterschiedlicher Spezifikationen während einer Saison zurückgeschraubt. Es dürfen nur noch die Rezepturen der vorangegangenen Saison und eine neue für 2021 verwendet werden.
Verhinderung eines weiteren rosa Mercedes
Die Aufregung um das Design des Racing Point RP20 ist mittlerweile abgeebbt. Trotzdem will das neue Reglement sicherstellen, dass es keine Wiederholung des Falls geben wird. Ein neuer Abschnitt am Ende der Regeln covert das Thema gelistete Teile ausführlicher als je zuvor. Er stellt heraus, wie ein Team das Designkonzept eines Konkurrenten aufgreifen könnte, ohne es direkt zu kopieren. Die Teams werden daran erinnert, dass sie nur bei Events oder Tests Informationen über das Design der Konkurrenz sammeln können und dass es Informationen sein müssen, die allen Teilnehmern zur Verfügung stehen. Im Grunde schränkt das die Teams ein, nur reguläre Foto- oder Videoaufnahmen zu verwenden. Die Benutzung von Reverse-Engineering-Techniken wie Stereofotogrammetrie oder 3D-Scans wurde nun verboten. In Fällen, in denen ein Teilnehmer ein gelistetes Teil zu haben scheint, das einem anderen ähnlich sieht, kann die FIA verlangen, dass das Team seinen gesamten Designprozess offenlegt - inklusive jeglicher Arbeit, bevor die Regeln in Kraft getreten sind.
Kürzere Freitagstrainings
Die Freitagstrainings werden von 90 auf 60 Minuten verkürzt. Hintergrund: Schon 2021 wird es eine Rekordanzahl von 23 Rennen geben. Die Wochenenden sollen deshalb kompakter werden. Und: Weil die Frauen-Formel “W-Series” neben Formel 2, Formel 3 und Porsche Supercup im Rahmenprogramm fährt, brauchen die Formel-1-Macher mehr freie Streckenzeit. Für die Routiniers der Szene macht das kaum einen Unterschied. Neulingen wie Mick Schumacher wird die zusätzliche Stunde Trainingszeit aber fehlen.
Budgetobergrenze
2021 dürfen die Formel-1-Teams maximal 145 Millionen Euro ausgeben, 2022 sinkt dies auf 140 Millionen und von 2023 bis 2025 auf 135 Millionen Euro. Das gilt für 21 WM-Rennen: Pro Lauf mehr oder weniger wird eine Million Euro drauf gerechnet beziehungsweise abgezogen. Ausgeklammert sind Sonderposten wie Fahrergehälter (sollen ab 2023 gedeckelt werden), drei weitere Gehälter (etwa für Technikgurus), Marketingaktivitäten (etwa auch der Betrieb alter F1-Autos), Anmeldegebühren, Initiativen zur Förderung des Umweltschutzes und einige mehr. Die Budgetobergrenze gilt nur für Formel-1-Teams, die ihr Auto komplett selbst konstruieren. Wer Teile einkauft, darf weniger ausgeben. Dafür wurden Nominalwerte definiert. Je nachdem, wie viele Teile ein Team bei anderen Rennställen einkauft, sinkt ihre Ausgabengrenze um diese Nominalwerte um bis zu 30 Millionen Euro. Sie sparen sich dafür aber auch Entwicklungskosten.
Weniger Entwicklungszeit
Apropos Entwicklung: Ab 2021 wird die Entwicklungszeit im Windkanal, Simulator und an CFD-Rechnern weiter reduziert. Der Weltmeister bekommt nur 90 Prozent der Entwicklungszeit, der WM-Zweite 92,5 Prozent, der Dritte 95 Prozent und so weiter – bis zum WM-Letzten, der 112,5 Prozent der normalen Entwicklungszeit zugestanden bekommt. So soll das Feld enger zusammenrücken.
So, das sollte es gewesen sein. War ziemlich viel!
Aber jetzt wisst ihr, was ab diesem Jahr anders ist.