24.03.2022 |
Myreal
Great and Powerful
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RE: Russland wirklich so "böse"?
(15.03.2022)Mc Timsy schrieb: Eldur schrieb:RF: СпеZопераZия.
EU: $п€цоп€₽ация!
I don't get it!
Bitte um Erklärung!
Russische Föderation: SpeZialoperaZion.
Europäische Union: $p€zialop€₽ation.
(pronounced: mi-re-al)
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 07.07.1777 19:77 von Myreal.)
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28.03.2022 |
Meganium
Busfahrerpony
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RE: Russland wirklich so "böse"?
I still don't get it. Besonders warum die russische Armee lateinische Buchstaben "Z" oder "V" für ihre Spezialoperationen verwendet, obwohl kyrillisch vorherrschend ist. Ц oder В wäre glaubwürdiger.
...
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29.03.2022 |
Eldur
Wonderbolt
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RE: Russland wirklich so "böse"?
(28.03.2022)Meganium schrieb: I still don't get it. Besonders warum die russische Armee lateinische Buchstaben "Z" oder "V" für ihre Spezialoperationen verwendet, obwohl kyrillisch vorherrschend ist. Ц oder В wäre glaubwürdiger.
Naja, der Gedanke dahinter war: Die Russische Regierung nennt den Krieg "Spezialoperation", also könnten wir im Westen die Sanktionen auch einfach als Spezialoperation als Antwort darauf bezeichnen.
Was das Z und V angeht, worüber ich neulich gestolpert bin:
Запад - Zapad - Sapad = Westen
Восток - Vostok - Wostok (Aussprache eigentlich Wastok) = Osten
Was mir dabei aufgefallen ist, die Truppen mit dem V waren glaub die, die über Belarus kamen, ich erinner mich jedenfalls an einen Bericht aus den ersten Kriegstagen, laut dem welche mit der V-Markierung in Brest, nahe der polnischen Grenze gesichtet wurden. Könnte wohl die "Marschrichtung" beschreiben, um Richtung Kyiv zu kommen, und die lateinischen Buchstaben sind einfacher mit geraden Linien aufzumalen.
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29.03.2022 |
Valgand Sparkle
Wonderbolt
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Z kommt ausm osten (von der ukraine aus gesehen)
[Z] von der krim
O is belarus
A special forces
V Vostok
X chechenen
Soweit ich das richtig verstanden habe und mir auch korrekt gemerkt habe
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31.03.2022 |
Mc Timsy
Wonderbolt
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Meganium schrieb:Besonders warum die russische Armee lateinische Buchstaben "Z" oder "V" für ihre Spezialoperationen verwendet, obwohl kyrillisch vorherrschend ist.
Ich denke, wir sehen hier eine geplante Propgandaaktion, weniger ein reines logistisches Hilfsmittel, wie Herkunfts, oder Einsatzmarker. Allerdings will ich betonen, dass ich da nicht auf wissenschaftlich erhobenen Fakten argumentiere, sondern auf einer rein persönlichen Erfahrungsebene.
Ich erinnere mich, dass ich dem Z in pro-russischen Propagandabeiträgen und Kommentaren bereits einige Tage vor aAusbruch des Krieges begegnet bin. Damals fiel mir bereits auf, dass dem Z von entsprechenden Kommentatoren ein tieferer Sinn mitgegeben wurde. Unter anderem las ich, dass es im Bezug auf Q stünde und nun quasi der Abschluss des Plans sei. Putin werden jetzt die Pädophilen Satanisten fortjagen. Blablablub.
Wie gesagt, daran erinnere ich mich von vor der Invasion. Da es sich auch um westliche Buchstaben handelt, gehe ich davon aus, dass das Zeichen von Beginn an als Propagandasymbol für eine prorussische, westliche Zielgruppe in die Planung eingefügt wurde. Ein einfacher Zeichen, welches schnell zur Verstärkung von Gruppenidentität genutzt werden könnte und den ganzen ohnehin halb hirnverbrannten Verschwörungstheoretikern wieder Futter gäbe, vielleicht sogar genug um in einigen westlichen Staaten erneute Putschversuche auszulösen. Das Symbol ist auch in russischen Medien so schnell aufgegriffen worden, dass ich mir das nur mit entweder vorausgehender Planung, oder der erprobten Rückkopplung zwischen Rechtsextremen und Kremlmedien der letzten Jahre erklären kann. Planung halte ich aber für wahrscheinlicher, weil die Verwendung des lateinischen Alphabets sich mir so am einfachsten erklärt.
Wobei. Nach der bisherigen militärischen Leistung zu urteilen, kann es fairerweise vermutlich nicht ausgeschlossen werden, dass irgendein Megahirn in Russland sich dachte: "Hey, lasst uns für die schnelle Identifizierung von Kampfverbänden Schriftzeichen verwenden, mit denen unsere Soldaten nicht von frühster Kindheit an intuitiv vertraut sind!"
Den Wind können wir nicht bestimmen, aber die Segel richtig setzen.
- Lucius Annaeus Seneca -
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31.03.2022 |
Quantum Flux
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RE: Russland wirklich so "böse"?
(31.03.2022)Mc Timsy schrieb: Ich denke, wir sehen hier eine geplante Propgandaaktion, weniger ein reines logistisches Hilfsmittel, wie Herkunfts, oder Einsatzmarker.
Wobei. Nach der bisherigen militärischen Leistung zu urteilen, kann es fairerweise vermutlich nicht ausgeschlossen werden, dass irgendein Megahirn in Russland sich dachte: "Hey, lasst uns für die schnelle Identifizierung von Kampfverbänden Schriftzeichen verwenden, mit denen unsere Soldaten nicht von frühster Kindheit an intuitiv vertraut sind!"
Dem schließe ich mich an. Sehen wir doch, welche Resourcen gleich welcher Art aufgebracht wurden, nur um die Bedeutung dieser zwei Buchstaben zu interpretieren. Für Putin ist alles nur Mittel zum Zweck.
Und er weiß als KGB-Agent auf diesem Terrain gut zu spielen.
Und nebenbei dient es sogar als Erkennungsmerkmal für seine beiden "Heeresgruppen".
Nebenbei gesagt, seine Verbände aus Rekruten sind inzwischen so demoralisiert, das sie offen Befehle zum Angriff verweigern oder ihre eigene Ausrüstung sabotieren.
Als Reaktion sollen dafür jetzt mehr und mehr Söldnereinheiten der Tschetschenen und Wagner-Gruppe an die Front geworfen werden. Wenn die fallen merkt das schließlich keiner.
Sind ja nur Mittel zum Zweck.
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07.04.2022 |
Meganium
Busfahrerpony
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Mir gefällt der Rückzug der Russen gerade nicht.
Ich meine.... ich finde derzeit nicht die richtigen Worte dafür. Aber mir liegt etwas im Magen, dass dieser Rückzug strategisch ist, damit eigene Soldaten für zukünftige Fälle nicht getroffen werden. Putin könnte eine Eventualität in der Hinterhand halten, im Falle dass die NATO doch eingreifen wird, obwohl die Chancen derzeit sehr niedrig sind. Und Massenvernichtungswaffen über Kiev einsetzen als "Warnung" weil die Präsenz der NATO in der Ukraine als Verteidigungsfall Russlands interpretiert wird. Und wenn Kiev zerstört ist, wird es einfacher, die Ukraine vollends zu russischem Territorium zu machen.
Zuzutrauen ist diesem Idioten alles. Er will die Ukraine vernichten. Und er wird alles tun, dass dies auch passieren wird. Sogar wenn das das Ende seines eigenen Reiches bedeuten würde.
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07.04.2022 |
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Registriert seit: 23. Okt 2011
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Na ja, die Experten gehen davon aus, dass die Truppen jetzt im Norden und rund um Kiev jetzt zurück gezogen werden, neu ausgestattet werden, und dann so in 3-4 Wochen im Osten und Süden als Verstärkung rein gehen. Vorläufiges Ziel: Die östlichen Teile komplett für Russland sichern, und im Süden die Landbrücke bis zur Krim besetzten. Vielleicht ist das dann die Grenzlinie, mit der sie in ernsthafte Verhandlungen gehen wollen.
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07.04.2022 |
Mc Timsy
Wonderbolt
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Meganium schrieb:Mir gefällt der Rückzug der Russen gerade nicht.
Ich meine.... ich finde derzeit nicht die richtigen Worte dafür. Aber mir liegt etwas im Magen, dass dieser Rückzug strategisch ist, damit eigene Soldaten für zukünftige Fälle nicht getroffen werden.
Die russische Armee hat allerdings auch eine historische Niederlage erlitten. Was militärisch unentschuldbar ist, weil Russland sich diesen Krieg aussuchen und beginnen konnte als es sich bereit fühlte. Die Verluste an Menschen und Material alleine reichen aus um den Rückzug zu erklären. Die russische Armee konnte die bisherige Front nicht aufrecht erhalten. Unausgebildete Soldaten werden mit uralten Waffen unter der Führung von Offiziersanwärtern in den Kampf geschickt, in einem verzweifelten Versuch mit brutaler Missachtung von Verlusten auf beiden Seiten noch so etwas ähnliches wie einen Propagandasieg zu erringen. Der Fokus auf den Osten der Ukraine ist deshalb in jedem Fall folgerichtig.
Meganium schrieb:Und Massenvernichtungswaffen über Kiev einsetzen als "Warnung" weil die Präsenz der NATO in der Ukraine als Verteidigungsfall Russlands interpretiert wird. Und wenn Kiev zerstört ist, wird es einfacher, die Ukraine vollends zu russischem Territorium zu machen.
Ich würde dir gerne diese Angst nehmen. Aber das wäre meinerseits gelogen. An Putin wird ein Einsatz von Massenvernichtungswaffen, inklusive Atombomben nun wirklich nicht scheitern. Russland ist in den letzten Wochen von einem eingebildeten "Befreiungskrieg" ohne nennenswerte Reibungsverluste in einen Vernichtungskrieg gegen seinen Nachbarstaat übergegangen. Und ich weis auch nicht wie Putin und Co. da jetzt wieder raus wollen. Nur bei einer Sache bin ich mir ziemlich sicher: Egal wo am Ende die russische Grenze verläuft, kann die Sicherheit Europas nur durch erhebliche Militarisierung gegen Russland sichergestellt werden. Einschließlich der Aufnahme von Staaten rund um Russland in die westliche Sicherheits- und Wirtschaftsarchitektur. Ich ... hoffe ..., dass Russland wenigstens von einem zu schweren Einsatz von Massenvernichtungswaffen absieht. Das Putin erneut seine Mörderbande von Armee überschätzt, oder die Massenvernichtungswaffen in etwa so gut in Schuss gehalten wurden wie ihre konventionellen Gegenstücke. Aber gleichzeitig ist da die Erkenntnis, dass die russische Regierung sie einsetzen, die Soldaten sie benutzen und die russische Zivilgesellschaft den Einsatz akzeptieren würde. Und der Westen letztlich auch nichts anderes machen kann, als der Ukraine so weit zu helfen, dass selbst der Einsatz von Massenvernichtungswaffen die militärische Niederlage Russlands nicht abwenden könnte. Eine Fortführung der Appeasementpolitik mag zwar manchem noch immer attraktiv erscheinen, wird aber letztlich nur zu weiteren toten Unschuldigen führen und die Blaupause für den nächsten russischen Eroberungsfeldzug legen. Dank der zynisch benannten Idee der "nuklearen Deeskalation", ist es sogar nicht einmal unwahrscheinlich, dass der Konflikt nuklear wird, eben weil man Russland nachgibt.
Für alle die es nicht wissen: "Nukleare Deeskalation" beschreibt ein Konzept, mit dem eine Nuklearmacht ihre konventionellen Eroberungen durch taktische Nuklearschläge absichert. Im Falle von Russland wäre die Idee, dass die Armee einmarschiert, Gebiete erobert und dann einen Schlag mit schwächeren Nuklearwaffen gegen einen nicht selbst nuklear bewaffneten Staat der Nato oder einen Nato-Partner angreift, aber zeitgleich "Friedensverhandlungen" anbietet. Der Nuklearschlag wird damit zu einer drastischen Warnung und das "Gleichgewicht des Schreckens" ad absurdum geführt.
Da Putin den Einsatz von Nuklearwaffen in der russischen Militärdoktrin schon vor Jahren einfacher gemacht, hat er einen Zustand geschaffen, in dem ein Nuklearschlag in jedem Konfliktszenario möglich ist. Russland wird angegriffen? Nuklearschlag! Russland greift an? Möglicherweise Nuklearschlag! Russland verliert? Nuklearschlag!" Russland gewinnt? Möglicherweise Nuklearschlag!
Diese omnipräsente faktische Drohung mit Nuklearwaffen hat bisher im Westen viele gelähmt und zu einem gefährlichen Entgegenkommen mit einem menschenverachtenden Regime getrieben. Konfrontiert mit dem Völkermord in der Ukraine ist allerdings meine Meinung, dass man sich nicht mehr auf dieses Spiel einlassen darf. Wenn Russland im Endeffekt keine Rationalität in der Nuklearfrage mehr zulassen will und sich gleichzeitig aufführt wie die barbarischen Horden von Anno Dazumal, dann gibt es keine Möglichkeit zu unbewaffnetem Frieden.
Den Wind können wir nicht bestimmen, aber die Segel richtig setzen.
- Lucius Annaeus Seneca -
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07.04.2022 |
Railway Dash
~Chief Plush~
Lokführerpony
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Begreift diesser Durchgeknallte nicht, daß ein Nuklearschlag gegen einen NATO-Staat auch SEINEN Untergang bedeutet?! V-Fall... da gäbe es für mich nur eines: Gegenschlag gegen sämtliche russischen Großstädte, und da hätten wir ihn, den 3. und atomaren Weltkrieg. Wer gewinnt den? Richtig, keiner, es bleibt keiner mehr übrig. Aber eben auch der nicht! Klar, der kann sich eine Zeitlang in irgendwelchen Bunkern verstecken - aber irgendwann MUSS er raus, in die atomare Einöde. Das muß doch auch dem dümmsten oder drogenzerfressensten oder sonstwie geschädigten Gehirn klar sein...!
Ich würde es so drastisch ausdrücken, wenn dieser Idiot "den Knopf drückt": "Okay... wir sehen uns in der Hölle, du Bastard!"
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07.04.2022 |
Crash Override
Faust
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Registriert seit: 10. Feb 2013
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Tja, dann kann nur der eine oder andere Hoffen, er hat nen Atombunker im Stil einer Fallout-Vault mit Wasseraufbereiter, einer art "plantage" für Lebensmittel und ner Autarken Energiequelle.
davon sind wir aber noch weit entfernt - und, ironie: Fallout spielt in 2077; theoretisch also in etwa 55 Jahren... dennoch bezweifle ich es, das man bis dahin irgendwelche anlagen gebaut bekommt, mit der man 200Jahre + überstehen kann. Selbst eine Kryokammer kann irgendwann mal ausfallen - und bislang weiß man nicht wirklich, wie man "eingefrorene Personen" Lebend wieder aus jener herausholt... Weswegen das atm auch eher nach einem Schnellen, qualvollem (erfrierungs-) Tod aussieht gegenüber der Höheren Radioaktivität bei einem Nuklearschlag.
und wir Deutschen sind da natürlich Mitten drin.
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08.04.2022 |
Quantum Flux
Great and Powerful
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Registriert seit: 21. Dez 2018
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Die Änderung der russischen Strategie ist nachvollziehbar.
Der Blitzkrieg hat nicht geklappt, nun gehen sie zum Abnutzungskrieg über.
Die Neuausrüstung und Truppenverlegung wird noch ein paar Wochen dauern, aber dann wird Rusland strategisch siegen in einem konventionellen Krieg.
Die Ukraine muß jetzt diese Zwischenphase nutzen und auf taktischer Ebene soviel Boden gutmachen wie nur möglich.
Vor allem die russischen Brückenköpfe am Dnepr müssen eingedrückt werden.
Russlands Armee war schon immer eine Einweg- oder Wegwerfarmee, taktisch naiv und nicht entsprechend ausgebildet.
Daher darf man nicht auf Abnutzung gegen einen Feind setzen, der diese Art der Auseinandersetzung geradezu sucht.
Putin denkt in einem wirklich kruden Mix aus Napoleonischer, 2.WK und kalter Krieg Mentalität.
Daher ist ein taktischer Atomschlag gegen Truppenkonzentrationen, Festungsstädte und Nachschubdepots durchaus teil seiner Denkweise als Legitimes Einsatzkriterium.
Ich persönlich denke daher, er wird den Krieg nun als totalen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine führen.
Verbrannte Erde, wo es nur geht. Dies bis zum Sommer hinziehen, bis die Ukrainischen Kräfte regelrecht ausgeblutet sind und dann eine Großoffensive nach Blitzkriegschema. Falls nötig taktischer Atomwaffeneinsatz und vollständige Auslöschung der Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten durch FSB und Söldnertruppen.
Jemanden wie ihn kümmert es nicht ob 10.000, 100.000 oder 1.000.000 eigene Soldaten fallen, solange sie nur ihren Zweck erfüllen, den Feind zum Verbrauch seiner Munition zu veranlassen.
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08.04.2022 |
Malte279
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Registriert seit: 16. Dez 2014
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Was dabei besonders bitter ist, ist die Bereitschaft des zu großen Teils der russischen Bevölkerung das alles mitzutragen. Ein Hoffnungsszenario war ja, dass mit zunehmenden russischen Verlusten und der unvermeidlichen Erkenntnis, dass die Mär von der "Befreiung des Brudervolkes von Nazis" eine Lüge ist, große Teile der Bevölkerung dagegen aufbegehren würden.
Um da was zu bewirken wären aber vermutlich Proteste mit Teilnehmerzahlen im fünf bis sechsstelligen Bereich nötig (zu viele eben als, dass man sie einfach verhaften und ignorieren könnte). Stattdessen verlässt ein Teil der kritischen russischen Intelligenzia das Land (ein brain drain der Russland schweren Schaden zufügt) und die anfänglichen Proteste scheinen verstummt zu sein. Zumindest hört man davon nichts mehr in den Medien.
Es ist natürlich sehr bequem aus der eigenen sicheren Warte der russischen Bevölkerung den Vorwurf zu machen und wahrscheinlich kann niemand von uns sich sicher sein wie er oder sie handeln oder eben nicht handeln würde wenn wir in der gleichen Situation wären. Was aber niemand in Russland hinterher behaupten kann ist "von nichts gewusst zu haben". Selbst ohne Internetnutzung und der russischen Propaganda ausgesetzt kann niemand der noch einen Funken Verstand hat behaupten nichts von einem Angriffskrieg gewusst zu haben, selbst wenn man ihn unter Androhung von Haftstrafe nicht so nennen darf.
Ich fürchte durch die mittlerweile begangenen Massaker und Verbrechen in der Ukraine sind aber auch mittlerweile so viele der anfangs vielfach bemitleideten russischen Soldaten die "dachten es geht nur zur Übung" zu Tätern geworden. Diese werden schon aus Sorge davor zur Verantwortung gezogen zu werden sehr zurückhaltend mit irgendwelcher Kritik (auch gegenüber den Angehörigen) sein. Da sind tatsächlich die gleichen Mechanismen am Werk die auch schon im 2. Weltkrieg die Kontrolle der Mittäter möglich gemacht haben.
Eine zweite Hoffnung war, dass einflussreiche Oligarchen sich so sehr darüber ärgern das ihre Yacht weg ist oder sie etwas länger auf die von ihnen gewünschten Produkte warten müssen, dass sie deswegen gegen Putin aufmucken würden. Auch von dieser Hoffnung sehe ich allerdings nicht mehr viel und habe auch nur wenig Zweifel daran, dass es im Rest der Welt (einschließlich des Westens) genügend Individuen gibt die von der Situation profitieren wollen und den besagten Oligarchen alles zukommen lassen wofür sie auf entsprechend schwer einsichtigen Kanälen (hurra Kryptowährung!) zu Zahlen bereit sind.
Da bleibt nur die Hoffnung mich in der Aufgabe der obigen Hoffnungen zu täuschen, aber viel Hoffnung ist da wirklich nicht übrig. Und ohne Handlungen aus Russland selbst heraus kann es keine echte Entspannung geben die den Namen verdient, ganz unabhängig davon wie dieser Krieg ausgeht.
Bis April 2020 war mein Name hier Mike84.
Ich freue mich sehr über Feedback und konstruktive Kritik zu meinen Projekten und meiner Fanfiction.
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08.04.2022 |
Mc Timsy
Wonderbolt
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Railway Dash schrieb:Begreift diesser Durchgeknallte nicht, daß ein Nuklearschlag gegen einen NATO-Staat auch SEINEN Untergang bedeutet?!
Russland ist schon vor Jahren in einem Artikel beschrieben worden, als der erste Mensch der Geschichte, der keine Angst vor Nuklearwaffen hat.
Wobei ich dem Mann wirklich nicht in den Kopf gucken kann und will. Aber die Logik war recht offensichtlich. Ein Angriff auf eine Atommacht triggert einen entsprechenden Gegenschlag. Soweit kann man ziemlich sicher sein. Aber ein Angriff auf einen Nicht-Nuklearen Bündnisspartner kann man nicht automatisch so annehmen. Wird eine Atombombe auf Berlin geworfen, müssen London, Paris oder Washington noch immer den Pfad der Eskalation wählen. Riskiert einer dieser Akteure wirklich den Verlust eigener Städte für Vergeltung die ihn selber nicht betrifft? Und selbst wenn? Ein "proportionaler" Gegenschlag wäre ein Angriff auf Weißrussland, als Nicht-Nuklearem Bündnisspartner Putins. Das ist Putin aber ohnehin schnuppe. Er geht davon aus, dass vor allem die USA es ebenso sehen.
Ehrlich gesagt, zumindest aus deutscher Position heraus, wäre ich nicht einmal sicher gewesen, dass wir selbst bei einem rein konventionellen Konflikt nicht lieber politisch unser Bündnis aufgelöst hätten, als einen Krieg gegen Russland zu führen. Nicht jeder denkt wie du oder ich, dass ein Angriff auf einen Bündnisspartner einem Angriff gegen einen selbst gleich kommt. Wenn die Ukraine nicht alle Erwartungen übertroffen hätte, würden wir jetzt vermutlich schon darüber diskutieren, wie wir die Sanktionen gegen Putin baldmöglichst wieder zurücknehmen können und Sarah Wagenknecht würde uns erklären, dass die Ukraine ja doch schon immer ein Teil Russlands war und das gesamte Problem die Osterweiterung der Nato.
Quantum Flux schrieb:Die Neuausrüstung und Truppenverlegung wird noch ein paar Wochen dauern, aber dann wird Rusland strategisch siegen in einem konventionellen Krieg.
Was ich jetzt schreibe, schreibe ich vor dem Hintergrund, dass ich nicht weis, wie in den nächsten Wochen die Kämpfe verlaufen werden. Reale Kriege sind leider nicht derart berechenbar und deshalb kann es sein, dass die Russen ihre Offensive in der Ostukraine unerwartbar schnell zum Erfolg führen.
Diesen Disclaimer vorweg, Russland hat mit dem Versuch einen "strategischen" Sieg zu erringen bereits eine Mamutaufgabe vor sich. Die erfahrensten und professionellsten Soldaten sind bereits größtenteils dezimiert. Alleine der Verlust an Luftlandetruppen war enorm und die gehören mit zu dem Besten, was die Infanterie zu bieten hat. Hinzu kommen hohe Zahlen an Offizieren mit Kampferfahrung. Russland versucht gerade wohl Einheiten wieder auf Kampfstärke zu bringen, indem Kampfgruppen mit Wehrpflichtigen und unterschiedlich spezialisierten Einheiten aufgefüllt werden. Was bereits kein gutes Zeichen ist, da eine Gruppe bestehnd aus Quasi-Rekruten, ein paar Luftlandetruppen, ein paar Pionieren und ein paar Marineinfanteristen zwar Einsatzstärke aufweist, aber letztlich bei keinem Einsatz mehr so richtig an Kampfkraft gewinnen kann. Nehmt die Moralprobleme dazu, die auch nicht dadurch besser werden, dass Russland Teile seiner Armee bereits nicht mehr mit Sold bezahlt, sondern stattdessen zusätzliche Urlaubstage für die Zukunft anbietet und es erklärt sich durchaus, warum die Ukraine schon vor dem russischen Rückzug um Kiew in der Lage war Gegenangriffe durchzuführen. Dazu werden verlorene Offiziere wohl zu Teilen durch unfertig ausgebildete Offiziersanwärter und deren Lehrer ersetzt, was die Ausbildung zukünftiger militärischer Anführer für Jahrzehnte behindern dürfte. Versorgungsaufgaben werden ebenfalls bereits an Mitglieder der militärischen Jugendorganisation ausgelagert.
Der hohe Verlust an Fahrzeugen hat auch zu einem Mangel an Transportfahrzeugen geführt, die unter anderem durch den Einsatz eingezogener Ziviltransporter ausgeglichen wird. Jeder zivile LKW, der an die Front geschickt wird, ist allerdings ein LKW weniger für den inneren wirtschaftlichen Transport.
Alle diese inoffiziellen Mobilisierungsmaßnahmen zeigen, dass Russland diesen Krieg bereits seit Wochen mit seiner Substanz führt.
Der Wille zur Fortführung dieses Feldzugs besteht im Kreml ohne Zweifel weiter. Aber wir reden hier von einer Armee, die bereits zu Beginn des Krieges gezeigt hat, dass sie mehr Show als Substanz hatte. Jetzt wird der Eroberungskrieg bereits jenseits aller logischer Erwägungen geführt, womit es genau so möglich wird, dass die russische Armee in absehbarer Zeit einfach bei dem Versuch anzugreifen kollabiert.
Ich wiederhole, ich kann mir nicht erlauben mit einem solchen Zusammenbruch zu rechnen, aber jeder der sich auch nur oberflächlich mit Kriegen der Geschichte beschäftigt hat weis, dass es für eine Kriegspartei die überproportional in den Krieg investiert, manchmal auch sehr schlagartig, sehr schnell gehen kann.
Das trifft leider auch auf die Ukrainer zu, deren Armee zwar bislang ihre Kohäsion wahren konnte und definitiv die höhere Kampfmoral hat, aber die als Verteidiger auch die gesamte Wucht des russischen Angriffs ertragen muss.
Lange Rede kurzer Sinn, die Russen können sich einen langfristigen Konflikt eigentlich nicht erlauben. Besonders wenn die Bereitschaft im Westen wächst der Ukraine wirtschaftlich und mit Militärgütern zu helfen.
Und über all dem bleibt für Russland auch die demographische Keule, mit der Putin seiner Nation die Beine bricht. Russland steht in demographischen Belangen nicht substantiell besser da, als der Westen. Die Zeit, in der Russland sich erlauben konnte einfach beliebige Mengen an Menschen ins feindliche Feuer rennen zu lassen sind vorbei. Jeder russische Soldat, der auf dem Schlachtfeld stirbt oder ernstlich verwundet wird fällt als Produktivkraft und Reproduktionsfaktor aus. Das gilt leider auch für die Ukraine, aber die haben keine Wahl, Russland lässt sich gerade ohne Not in die demographische Katastrophe schießen.
Malte279 schrieb:Und ohne Handlungen aus Russland selbst heraus kann es keine echte Entspannung geben die den Namen verdient, ganz unabhängig davon wie dieser Krieg ausgeht.
Ich fürchte auch, da wird leider nicht viel anderes möglich sein. Russland unter Putin definiert sich als expansionistisches Imperium und wenn das nicht klappt, als rein destruktive Macht. Auch ich glaube nicht, dass es eine sinnvolle Annäherung geben kann,, so lange Russland selbst nicht die Kraft dazu findet seine erneute totalitäre Gesellschaft aufzuarbeiten.
Die Chinesen scheinen sich schon in Stellung zu bringen um Russland als Juniorpartner einzubinden, aber der Weg war ohnehin schon seit langer Zeit vorgegeben. Man kann kein freundschaftliches Verhältnis mit jemandem pflegen, der einen als Faind sieht. Und es zeigt sich erneut, dass Appeasementpolitik nicht funktioniert, wenn die Gegenseite eben kein rationales Bedürfnis, sondern Expansionspläne hat, getrieben von einer Mischung aus Hass und Überlegenheitsgefühl.
Den Wind können wir nicht bestimmen, aber die Segel richtig setzen.
- Lucius Annaeus Seneca -
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08.04.2022 |
Quantum Flux
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RE: Russland wirklich so "böse"?
(08.04.2022)Mc Timsy schrieb: Quantum Flux schrieb:Die Neuausrüstung und Truppenverlegung wird noch ein paar Wochen dauern, aber dann wird Rusland strategisch siegen in einem konventionellen Krieg.
Was ich jetzt schreibe, schreibe ich vor dem Hintergrund, dass ich nicht weis, wie in den nächsten Wochen die Kämpfe verlaufen werden. Reale Kriege sind leider nicht derart berechenbar und deshalb kann es sein, dass die Russen ihre Offensive in der Ostukraine unerwartbar schnell zum Erfolg führen.
Diesen Disclaimer vorweg, Russland hat mit dem Versuch einen "strategischen" Sieg zu erringen bereits eine Mamutaufgabe vor sich. Die erfahrensten und professionellsten Soldaten sind bereits größtenteils dezimiert. Alleine der Verlust an Luftlandetruppen war enorm und die gehören mit zu dem Besten, was die Infanterie zu bieten hat. Hinzu kommen hohe Zahlen an Offizieren mit Kampferfahrung. Russland versucht gerade wohl Einheiten wieder auf Kampfstärke zu bringen, indem Kampfgruppen mit Wehrpflichtigen und unterschiedlich spezialisierten Einheiten aufgefüllt werden. Was bereits kein gutes Zeichen ist, da eine Gruppe bestehnd aus Quasi-Rekruten, ein paar Luftlandetruppen, ein paar Pionieren und ein paar Marineinfanteristen zwar Einsatzstärke aufweist, aber letztlich bei keinem Einsatz mehr so richtig an Kampfkraft gewinnen kann. Nehmt die Moralprobleme dazu, die auch nicht dadurch besser werden, dass Russland Teile seiner Armee bereits nicht mehr mit Sold bezahlt, sondern stattdessen zusätzliche Urlaubstage für die Zukunft anbietet und es erklärt sich durchaus, warum die Ukraine schon vor dem russischen Rückzug um Kiew in der Lage war Gegenangriffe durchzuführen. Dazu werden verlorene Offiziere wohl zu Teilen durch unfertig ausgebildete Offiziersanwärter und deren Lehrer ersetzt, was die Ausbildung zukünftiger militärischer Anführer für Jahrzehnte behindern dürfte. Versorgungsaufgaben werden ebenfalls bereits an Mitglieder der militärischen Jugendorganisation ausgelagert.
Der hohe Verlust an Fahrzeugen hat auch zu einem Mangel an Transportfahrzeugen geführt, die unter anderem durch den Einsatz eingezogener Ziviltransporter ausgeglichen wird. Jeder zivile LKW, der an die Front geschickt wird, ist allerdings ein LKW weniger für den inneren wirtschaftlichen Transport.
Alle diese inoffiziellen Mobilisierungsmaßnahmen zeigen, dass Russland diesen Krieg bereits seit Wochen mit seiner Substanz führt.
Der Wille zur Fortführung dieses Feldzugs besteht im Kreml ohne Zweifel weiter. Aber wir reden hier von einer Armee, die bereits zu Beginn des Krieges gezeigt hat, dass sie mehr Show als Substanz hatte. Jetzt wird der Eroberungskrieg bereits jenseits aller logischer Erwägungen geführt, womit es genau so möglich wird, dass die russische Armee in absehbarer Zeit einfach bei dem Versuch anzugreifen kollabiert.
Ich wiederhole, ich kann mir nicht erlauben mit einem solchen Zusammenbruch zu rechnen, aber jeder der sich auch nur oberflächlich mit Kriegen der Geschichte beschäftigt hat weis, dass es für eine Kriegspartei die überproportional in den Krieg investiert, manchmal auch sehr schlagartig, sehr schnell gehen kann.
Das trifft leider auch auf die Ukrainer zu, deren Armee zwar bislang ihre Kohäsion wahren konnte und definitiv die höhere Kampfmoral hat, aber die als Verteidiger auch die gesamte Wucht des russischen Angriffs ertragen muss.
Lange Rede kurzer Sinn, die Russen können sich einen langfristigen Konflikt eigentlich nicht erlauben. Besonders wenn die Bereitschaft im Westen wächst der Ukraine wirtschaftlich und mit Militärgütern zu helfen.
Und über all dem bleibt für Russland auch die demographische Keule, mit der Putin seiner Nation die Beine bricht. Russland steht in demographischen Belangen nicht substantiell besser da, als der Westen. Die Zeit, in der Russland sich erlauben konnte einfach beliebige Mengen an Menschen ins feindliche Feuer rennen zu lassen sind vorbei. Jeder russische Soldat, der auf dem Schlachtfeld stirbt oder ernstlich verwundet wird fällt als Produktivkraft und Reproduktionsfaktor aus. Das gilt leider auch für die Ukraine, aber die haben keine Wahl, Russland lässt sich gerade ohne Not in die demographische Katastrophe schießen.
Du hast natürlich vollkommen recht, aber Wladimir der Unwürdige denkt einfach nicht rational.
Würde er rational denken und handeln hätte er gar keinen Krieg begonnen sondern seinen Weg der Destabilisierung fortgeführt.
Genau so wie er sich aus der Geschichte die Häppchen rauspickt, welche seinen Thesen gerecht werden.
Er akzeptiert nur das was er für die Wahrheit hält.
In dieser Hinsicht ist er in bester Tradition mit der Sowjetführung seit Stalin.
Der Winterkrieg mit Finnland 1939 ist quasi ein exaktes Duplikat des Ukraine Krieges.
Schlecht ausgerüstete Soldaten werden einfach verheizt und ganze Divisionen kollabieren, und nach oben hin werden die Berichte immer positiver, bis es auf Putin's Schreibtisch heißt "Alles läuft planmäßig".
Aber selbst wenn er genau über die Lage Bescheid wüßte, so weiß er auch das er keine andere Wahl hat als diesen Krieg bis zum Ende durchzuziehen. Selbst ein Teilsieg würde seine Position innenpolitisch schwächen.
Und ein Sowjetischer Anführer fürchtet nichts mehr als schwach oder unfähig zu wirken.
Das war schon immer ein Todesurteil. Und auch wenn er bei sich mit Säuberungen in der Führung aufräumt, so wird immer unsicher bleiben, wer noch gegen ihn intrigieren könnte.
Seine Furcht mit einer Kugel im Kopf im Wald verscharrt zu werden, rührt wohl daher, das er das früher selber oft genug gemacht hat.
Und wie ich bereits sagte, ihn kümmert ein entvölkertes Russland nicht, in seinen Denkkategorien zählt nur der Staat. Der einzelne ist vollkommen belanglos. Was kümmern ihn eine Million Tote, er hat 144 Millionen die noch an die Front geworfen werden können. Kinder, Alte, egal. Für Mütterchen Russland ist kein Preis zu hoch.
Und ich rechne damit, das er in den nächsten zwei oder drei Wochen den "großen Vaterländischen Krieg" ausruft, den totalen Krieg, wo alles an Industrie und Bevölkerung nur noch der Sache untergeordnet wird.
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09.04.2022 |
Mc Timsy
Wonderbolt
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Quantum Flux schrieb:Schlecht ausgerüstete Soldaten werden einfach verheizt und ganze Divisionen kollabieren, und nach oben hin werden die Berichte immer positiver, bis es auf Putin's Schreibtisch heißt "Alles läuft planmäßig".
In einer gewissen Weise wäre der Zustand aber tatsächlich nicht einmal schlecht für die Ukraine und die Welt. So brutal die russische Armee konventionell auch vorgeht, so lange Putin denkt, er kann mit seiner Plünderhorde noch Teilsiege erringen, kann die Ukraine die Horde auch weiter ausdünnen. So brutal es auch ist, mir ist die Aussicht auf mehr schlecht ausgebildete und ausgestattete Russen tatsächlich vorerst lieber als diverse vielleicht bald real werdende Szenarien mit Massenvernichtungswaffen. Russland blutet an diesem Krieg bereits aus, so brutal es auch ist, es könnte für die Welt nachher vielleicht besser sein, wenn der Schaden den das Land an der Ukraine genommen hat es wirtschaftlich und militärisch über Jahrzehnte oder sogar Generationen verkrüppelt hält.
Ich wünschte ich könnte da andere Wege heraus sehen, aber da Russland sich die Vernichtung der Ukraine zum Ziel gesetzt hat, einschließlich der Jagd auf Ukrainer durch den russischen Geheimdienst, gibt es leider keine Wahl zu diesem Konflikt. Ganz davon abgesehen, dass Russland unter Putin jetzt ohnehin klar gestellt hat, dass es den Eroberungszug in der Ukraine nur als Teil des Krieges mit Europa und den USA begreift.
Es gibt viele Katastrophen in denen dieser Feldzug enden kann. Positiv wird es unter dem Strich für keinen Beteiligten. Aber die einzigen Szenarien die ich sehen kann, bei denen das Leid irgendwann auch längerfristig enden kann, sind diejenigen, bei denen Russland den Krieg militärisch klar verliert. Also sollten wir im Westen hier auch auf Sieg hinarbeiten. Massenvernichtungswaffen hin oder her, selbst wenn Russland komplett in die Kriegswirtschaft wechselt steht ihm nicht ansatzweise die Industriekapazität zur Verfügung die es braucht um den Krieg weiter zu führen und seine Leute alle am Leben zu erhalten. In meinen Augen sollten wir dafür sorgen, dass der Kreml diese Entscheidung auch konsequent treffen muss.
Den Wind können wir nicht bestimmen, aber die Segel richtig setzen.
- Lucius Annaeus Seneca -
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09.04.2022 |
404compliant
GalaCon Volunteer-Stratege
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RE: Russland wirklich so "böse"?
(08.04.2022)Mc Timsy schrieb: Wird eine Atombombe auf Berlin geworfen, müssen London, Paris oder Washington noch immer den Pfad der Eskalation wählen. Riskiert einer dieser Akteure wirklich den Verlust eigener Städte für Vergeltung die ihn selber nicht betrifft?
Exakt das ist doch der Nato-Bündnisfall, letztlich der einzig relevante Existenzgrund der Nato. Wird ein Nato-Staat angegriffen, sind automatisch alle Nato-Staaten im Krieg und zu militärischer Unterstützung verpflichtet.
Aktuell stehen sich Russland und Nato lauernd gegenüber, darauf wartend, ob der andere den ersten Schritt macht. Denn das entscheidet, wer wem den Krieg zu erst erklärt, ein feiner aber wichtiger Unterschied. Würde Russland einen Nato-Staat (bzw. abgeschwächt auch einen EU-Staat) angreifen, wäre das das Pearl Harbour des Ukraine-Kriegs, und würde einen Eintritt der Nato ins Kampfgeschehen rechtfertigen. So lange das nicht passiert, ist die Nato zum Zuschauen verdonnert.
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09.04.2022 |
Mc Timsy
Wonderbolt
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RE: Russland wirklich so "böse"?
404compliant schrieb:Exakt das ist doch der Nato-Bündnisfall, letztlich der einzig relevante Existenzgrund der Nato. Wird ein Nato-Staat angegriffen, sind automatisch alle Nato-Staaten im Krieg und zu militärischer Unterstützung verpflichtet.
Ja und nein. Der Bündnisfall tritt bei einem Angriff auf einen Partnerstaat ein. Das stimmt. Ebenso wäre ein Angriff mit Nuklearwaffen definitiv etwas, was den Bündnisfall auslösen muss. Trotzdem verbleibt es bei den beteiligten Regierungen den Bündnisfall dann auch mit Leben zu füllen. Wir wissen aus der Vergangenheit, zum Beispiel beim "In sieben Tagen am Rhein"-Plan der Sowiets, dass durchaus mit Szenarien gerechnet wurde, in denen man quasi ungestraft Nato-Partner angreifen könnte, ohne eine proportionale Gegenreaktion zu provozieren. Klar würde das die Nato umgehend ad absurdum führen, wenn sie ihr ultimatives Schutzversprechen nicht einhalten würde. Aber umso dankbarer war man ja auch für alle Trumps, die die Nato ablehnten, für alle Macrons und die Aussagen von der hirntoten Nato und für jede Umfrage in Deutschland, dass ein großer Teil der Deutschen nicht für ihre Nato-Partner in den Krieg ziehen wollen würde. Bündnisse haben von Natur aus einen Bruchpunkt, an dem die Mitglieder nicht nah genug beieinander stehen um weitere Risiken füreinander einzugehen.
Mittlerweile steht die Nato wieder so eng wie seit Jahrzehnten nicht mehr, aber Putin hat die letzten Jahre gezielt gegen die Kohäsion des Bündnisses gearbeitet und ich persönlich hätte selbst nicht unbedingt Geld darauf gesetzt, dass das Bündniss bei einer weiteren Expansion Russlands nicht doch einfach zerbrochen wäre. Die Ukraine schnell gefallen, Vielleicht noch weitere Vormärsche gegen andere Gegner, in Putins Wahrnehmung seiner Streitkräfte vermutlich leichte Beute und Wackelkandidaten wie Deutschland hätten sich vermutlich sogar erleichtert aus dem Baltikum zurückgezogen. Vielleicht sogar die Amerikaner um nicht in einen Konflikt um Europa hinein gezogen zu werden.
Es ist nicht dazu gekommen. Dank seiner phänomenalen Fehlkalkulation hat Putin sogar das genaue Gegenteil erreicht. Aber ich könnte ihm nicht vorwerfen, wenn er auf die offensichtliche Unentschlossenheit der Nato nicht vielleicht geschlussfolgert hätte, dass er freie Hand hat. Denn letztlich: Wollen wir wirklich die Menschheit auslöschen nur um die russische Eroberung der baltischen Staaten rückgängig zu machen?
Die Idee baute fälschlich, aber erwartbar, auf dem Gedanken auf, dass die russische Armee nicht nur nuklear bewaffnet, sondern auch konventionell für jeden europäischen Staat unbesiegbar wäre.
Den Wind können wir nicht bestimmen, aber die Segel richtig setzen.
- Lucius Annaeus Seneca -
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