Also die Tattoonadeln sind zwar Nadeln - aber sie sind anders, als man sich das z.B. durch Spritzen bzw. die gewöhnlichen medizinischen Kanülen oder auch Näh- und Sticknadeln vorstellt.
Die Nadeln beim Tätowieren sind so klein und kurz - und außerdem sind es eigentlich immer mehrere gleichzeitig. Diese befinden sich am vorderen Ende der Maschine und es können zwischen 3 und...ach ich weiß nicht, 15 oder so, gleichzeitig eingesetzt werden. Man sieht die Nadeln beim Stechen nicht und man muss auch beim Stillstand dicht an das Gerät herangehen, um sie überhaupt sehen zu können.
Es sind mehrere Nadeln zum Stechen notwendig, damit eine Stabilität zum Stechen gegeben ist. Eine einzelne Nadel würde unsaubere Linien verursachen, da sie labil säße. Davon abgesehen würde das Stechen sonst ewig dauern und die Haut nicht weniger reizen. Meine persönliche Empfindung ist übrigens, dass der Tätowierschmerz geringer ist, je mehr Nadeln gleichzeitig verwendet werden. 15 Nadeln verwendet man zum Ausmalen von Flächen, 3 zum Stechen von Konturen. Es können natürlich auch 7, 11 etc. verwendet werden, das kommt immer darauf an, was genau gerade gestochen wird. Der Wechsel geht schnell.
Das vordere Ende des Geräts sieht mehr aus wie ein Kugelschreiber und man könnte meinen, dass der Tätowierer einem mit einer Art surrendem Kugelschreiber etwas auf die Haut malt. Nur dass es eben etwas wehtut. Den Schmerz muss man sich vorstellen wie ein Kratzen - aber durchgehend, man spürt garantiert keine einzelnen Stiche - und auch keine einzelnen Nadeln - das liegt daran, dass das Gerät etwa 50 - 200 mal pro Sekunde zusticht und die Nadeln so winzig sind, dass man gar keine einzelnen Stiche merken kann. Dafür ist das Nervensystem des Menschen viel zu unsensibel.
Dazu kommt, dass die Nadeln nicht tief stechen. Es wird nur etwa anderthalb bis 2 Millimeter (!) unter die Haut gestochen - die Farbe wird in die Lederhaut gestochen, damit sie permanent ist, denn würde die Farbe in die sich ständig regenerierende Oberhaut gestochen, würde es innerhalb von wenigen Monaten verschwinden.
Das bedeutet also, dass ein Tattoo eigentlich nur eine sehr oberflächliche Hautverletzung ist - zwar so tief, dass es Narben gibt (das Tattoo ist in gewisser Weise eine Narbe), aber nicht tief genug für ernsthafte Verletzungen oder den Vergleich mit einer Schnittwunde.
Wie gesagt, es fühlt sich an wie ein durchgehendes Kratzen oder Schneiden, wobei Schneiden dem Schmerz nicht gerecht wird, ein Schnitt tut unvergleichbar mehr weh und ist sehr unangenehm. Der Tattoo-Schmerz kann sogar euphorisierend wirken - und er kann sehr zermürbende Leiden wie Dauerkopfschmerz beheben. Bei naturvölkern wurden Tätowierungen aus diesem Grund gegen leiden wie Kopfschmerz und Rheuma eingesetzt. Ich habe das an mir selbst schon festgestellt. Vor meinem letzten Tattoo hatte ich wochenlang starke Kopfschmerzen, niemand wusste, wieso und geholfen hat nichts. Die Schmerzen waren unerträglich und traten auf sobald ich den Kopf senkte oder man sich nach unten beugte. Dann kam mein Tattootermin und nach der Sitzung war der Schmerz weg, tauchte bis heute nicht wieder auf - und das ist Jahre her. (Das soll nicht heißen, dass das eine Therapiemöglichkeit ist, die ich als solche in Erwägung ziehe, aber ich fand es erstaunlich und daher erwähnenswert.
Zum Abschluss noch Bilder zur besseren Vorstellung von Tätowiermaschinen und den Nadeln:
die Maschine
die Nadeln in der Maschine
die Nadeln im Detail
Gestochen wird nur mit dem kurzen Stück vorn.
PS: Viele Menschen empfinden den Tätowierschmerz sogar als angenehm bis hin zu - wie schon gesagt - euphorisierend. Es ist so, dass man ihn zuerst als etwas unangenehm empfindet - aber durchaus aushaltbar. Wirklich, das ist ein Schei* gegen Schmerzen wie Zeh anstoßen, Zahnschmerzen, Ohrenentzündungen - ganz zu Schweigen von frischen OP-Wunden oder Knochenbrüchen.
Und naja, wie gesagt, angenehm finden das sogar viele, ich schließe mich da nicht aus und das obwohl ich, was andere Schmerzen angeht, wirklich nicht sehr tolerant bin.