Also nützen tut das Bundesheer jedenfalls nicht viel. Von meiner Zeit beim Heer entfielen gefühlte 90% auf Tätigkeiten, die nichts mit Militär zu tun haben. Und von den restlichen 10% ist wieder nur ein kleiner Teil tatsächlich Training für die "Landesverteidigung".
Während meiner 8 Monate beim Heer war ich ganze 2(!) Tage am Schießplatz und habe sage und schreibe 20(!) Schuss scharfe Munition abgefeuert (und eine Handgranate). Also nichtmal ein ganzes Magazin. Warum? "Munition ist teuer", hat man uns gesagt. Der Rest waren Platzpatronen, und davon auch nur 1-2 Magazine während der gesamten Zeit.
Dann noch 6 Wochen Grenzeinsatz, insgesamt über 1000 Soldaten stehen an der Grenze um gerademal 3 Dutzend "Grenzgänger" während dieser Zeit an der illegalen Einreise zu hindern. Na das hat sich aber rentiert. Schon klar, die Flüchtlinge sind halt nicht so blöd mitten im Winter durch die Pampa zu latschen, die fahren locker lässig mit dem Auto ein paar Kilometer weiter über die offenen(!) Grenzen.
Während dieser 6 Wochen gab es übrigens 3 Tote Soldaten, ich kannte glücklicherweise keinen davon persönlich. Ein Selbstmord, weil (so habe ich später gehört) seine Freundin ihn aufgrund seiner langen Abwesenheit verlassen und per SMS Schluss gemacht hat. Sojemand (fast) alleine ins burgenländische
Ödland äh Grenzgebiet zu schicken, mit einer scharfen Waffe (lustigerweise ist es eh komplett verboten, diese zu nutzen), und viel zuviel Zeit zum Nachdenken, das ist mMn. grob fahrlässig. Dann gab es einen Unfall, bei dem ein Soldat seinen Kameraden mit einem Warnschuss (der einem Wildschwein gelten sollte) tödlich verwundete und zu guter letzt ein Autounfall, weil einer der unerfahrenen Rekruten-Fahrer nachts auf völlig vereister Straße mit einem der völlig veralteten Bundesheerfahrzeuge (was ist ein Airbag? Teilweise gibt es nichtmal funktionierende Sicherheitsgurte ...) im Straßengraben landete. Wenn man es sich ausrechnen würde, dann sterben sicherlich beim Wehrdienst deutlich mehr Soldaten als in allen österreichischen Militäreinsätzen im Ausland zusammen.
Mir hat das Heer vieles beigebracht. Wie man ein Klo richtig gründlich reinigt, wie man Fensterscheiben mit Zeitungspapier (der Geheimtipp schlechthin!) streifenfrei bekommt und dass man zum Bodenwischen lieber mehr als weniger Wasser nimmt. Zwischendurch gab es dann auch die besagten paar Tage, an denen man das (offenbar zweitrangige?) Gefechtstraining absolvierte oder die Ausrüstung des Soldaten, die sonst im Spind verstaubte, näher kennenlernte. In meiner späteren Funktion als Wirtschaftsunteroffiziersgehilfe habe ich dann noch gelernt, wie man effektiv Fehler, Probleme und Diebstähle (hauptsächlich Wäsche, Büroartikel und kleinere Einrichtungsgegenstände) vertuscht bzw. durch kleine Tricks diese Dinge auf andere Stellen abwälzt.
Ja, ich habe keine Hohe Meinung vom Wehrdienst. Jene, die wirklich Soldat werden wollen, lernen während der Wehrdienstzeit fast nichts von diesem Handwerk und werden so wohl eher abgeschreckt. Und jene die eh nicht Soldat werden wollen, die fühlen sich (zu recht) vera
lbert, denn das bisschen Ausbildung würde nichtmal zur Landesverteidigung im Ernstfall reichen. Ganz ehrlich, sollte Österreich angegriffen werden und mir jemand eine Waffe in die Hand drücken, würde ich diese bei nächstbester Gelegenheit wegwerfen und mich schleunigst vom Acker machen. Denn die Chance, dass ich mich selbst oder einer der anderen "Soldaten" mich ausversehen verletzt, ist mir mit dem derzeitigen Wehrdienstsystem viel zu groß.