RE: Wölfe Fanclub
Darum geht es im Buch:
Akhuna, die Leitwölfin, lebt zusammen mit ihrem Gefährten Palo Kan, den alten Wölfen Wuk und Wok, ihren drei Jungwölfen Imiak, Sternschwester, Schiriki und ihren zwei Welpen Itsi und To friedlich im Tal der Flüsternden Winde nach Waka, dem Gesetz. Doch eines Tages kommt das gefürchtete Rudel Zahllos mit seinem Anführer Schogar Kan in ihr Tal, das ausgezogen ist, um sich alle Wolfsrudel untertan zu machen. Sie werden vor die Wahl gestellt entweder zu kämpfen oder sich dem Rudel anzuschließen. Akhuna und Palo Kan beschließen, da sie schon alt sind und sowieso bald nach Kaam müssen, sich Schogar Kan zu stellen und nach Kaam, dem Land nach dem Tod, zu gehen. Schogar Kan, der alle überragt, tötet sie, die anderen fügen sich. Doch die Wölfe - besonders der schüchterne Schiriki - fühlen sich in diesem neuen unnatürlichen Leben nicht wohl. Imiak und Schiriki fliehen nach einer Auseinandersetzung, Sternschwester folgt ihnen bald darauf. Was sie nicht wissen können: der Häher Schak, ein alter Freund, hat bemerkt, dass Akhuna noch schwach lebte und päppelt sie wieder auf. Akhuna zieht auf den Berg zu Hota, dem alten weisen Bären, der ihr Gesellschaft leistet. Als Schak beobachtet, wie Schiriki, Sternschwester und Imiak fliehen, erzählt er es Akhuna, die ihn ausschickt um dem Rest des Rudels bei der Flucht zu helfen und sie zu den drei Jungwölfen zu führen. Es gelingt ihnen. Nun wieder vereint zu sein und zu wissen, dass Akhuna lebt, gibt ihnen Mut, den sie auch brauchen auf dem langen Weg in das von Schogar Kan noch nicht eroberte Land. Am Ende dieser langen Reise finden sie aber auch Freunde, die noch nicht unter der Herrschaft Schogar Kans stehen. Nach etlichen Jahren begeben sie sich in neuer Zusammenstellung zurück in ihr verwüstetes Tal und Schiriki stellt sich schließlich Schogar Kan. In einer letzten Auseinandersetzung kann er ihn dazu bewegen, auf seine Alleinherrschaft zu verzichten und Waka, das Gesetz, wieder zu den Wölfen zurückkehren zu lassen.
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Hier der Anfang:
"Ein hohes Gitter zwischen mir und den Wölfen,
ein tiefer Graben, den sie leicht überspringen könnten, wäre nicht der Drahtzaun dahinter.
Ein künstlicher Hügel.
Ein paar Steinblöcke, Sträucher und Bäume, die jetzt, in der Mittagszeit, keinen Schatten geben.
Zwei Wölfe, einander so ähnlich, dass ich sie nicht unterscheiden kann, laufen entlang des Grabens;
sie kehren um, laufen zurück, kehren wieder um.
Wie weit laufen Wölfe, wenn sie ihrer Beute folgen, fünfzig Kilometer oder mehr?
Unter einem der Büsche liegt ein schmächtiger Wolf, die Schnauze auf den Pfoten.
Eine schlanke Wölfin sitzt daneben, ihr Fell ist silbergrau, im grellen Sonnenlicht fast weiß.
Einer der Wölfe, braun wie eine Kastanie, trottet zu ihr.
Zwei junge Wölfe, das haselnussfarbene Fell noch wollig wie bei Welpen, spielen miteinander,
zausen einander am Pelz.
Oben auf der Hügelkuppe steht ein schwarzer Wolf, der größte aus der Schar.
Er schaut auf mich herab. Was bin ich für ihn - ich, der Mensch?
Ich sehe in die Augen der Wölfe, wenn ihr Blick mich streift,
und ich glaube Traurigkeit darin zu lesen.
Was mögen sie empfinden, sie, die Gefangenen in ihrem winzigen Revier,
das wir Freilandgehege nennen?
Ergeben in ihr Geschick, das sie nicht ändern können, so scheinen sie mir.
Aber das ist ein menschlicher Begriff. Um wirklich zu wissen, was in ihnen vorgeht,
müsste ich ein Wolf sein wie sie.
Vor dem Gitterzaun stehend, den tiefen Graben zwischen mir und den Wölfen, wünsche ich mir,
ich könnte einer von ihnen sein, könnte denken und fühlen wie sie - nur ein paar Herzschläge lang.
Aber das ist ein vergeblicher Wunsch.
Was mich von den Wölfen trennt, ist nicht nur der Zaun, ist nicht nur der Graben.
Die silbergraue Wölfin und der braune Wolf berühren einander mit den Schnauzen.
Eine zärtliche Geste, sage ich mit meinen Menschenworten.
Die zwei am Zaun trotten noch immer hin und her, hin und her.
Oben auf dem Hügel hebt der schwarze Wolf den Kopf,
als wollte er sein Lied anstimmen und das Rudel rufen
- aber er bleibt stumm.
Der schmächtige Wolf unter dem Busch ist eingeschlafen.
Sein Schwanz bewegt sich, die Ohren zucken.
Läuft er im Traum durch hohes Gras, das seine Flanken berührt,
läuft er im Schatten endloser Wälder dahin?
Ich wünschte, ich könnte mein Menschsein vergessen und den Traum des Wolfes mit ihm träumen."
Schiriki träumte. Im Traum lief er durch hohes Gras, das an seine Flanken schlug. Duftend nach Blumen und Sonnenwärme. Die Wiese war erfüllt von friedlichen Lauten, vom Rascheln der Gräser, dem Sirren und Summen der Mücken und Fliegen, Bienen und Hummeln, dem Huschen der kleinen und kleinsten Geschöpfe, Maus und Käfer und Grashüpfer. Seine Nase nahm die vielfältigen Gerüche auf, die der leichte Wind ihm zutrug, den Geruch der Kräuter, den Duft der Blumen und all die Botschaften, die ihm sagten, an welchem der kleinen Geschöpfe er vorüberlief. Er träumte, die Wiese sei endlos, reiche bis dorthin, wo und Erde einander begegneten und noch darüber hinaus. Er lief und lief und da war kein Hindernis, das ihm den Weg versperrte, ihn einschloss von allen Seiten. Die Welt durch die er lief, hatte keine Grenzen.
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