(07.03.2016)Rechen666 schrieb: Bezüglich den Kreuzzügen, finde ich sie aus Sicht der Zeit absolut bzw teilweise gerechtfertigt. Jerusalem wurde von den Islamisten besetzt. Die einzig logische Schlussfolgerung war halt Krieg. Die Moslime schlachteten zu dieser Zeit leider die Wallfahrenden ab, dadurch wurde die Kirche zum Krieg gezwungen.Jerusalem war bereits im Jahr 638 (also mehr als 450 Jahre vor dem Aufruf zum ersten Kreuzzug) unter islamische Herrschaft gefallen. Die Politik gegenüber Christen war seither wechselhaft, aber ein massenhaftes Abschlachten oder eine absolute Sperrung der Pilgerrouten hatte es schon aus wirtschaftenlichen Gründen nicht gegeben. Der wohl schwerste Übergriff auf den man einen Kreuzzug hätte basieren können war wohl die Zerstörung der Grabeskirche in Jerusalem im Jahre 1009. Tatsächlich wurde darauf auch beim ersten Kreuzzugaufruf Bezug genommen, aber das war 86 Jahre später!
Zu dem Zeitpunkt als Papst Urban 1095 in Clermont zum ersten Kreuzzug aufrief lässt sich eigentlich keine besondere Verschärfung der Situation für christliche Pilger attestieren. Eine größere Rolle spielte dabei wohl das politische Ziel eine Wiedervereinigung der griechisch-orthodoxen und der römisch-katholischen Kirche zu erzielen. Der Bruch zwischen beiden war 1054 mit dem Abendländischen Schisma so deutlich geworden, dass man frühere Bitten des byzanthinischen Reiches um Hilfe gegen die Seldschuken weitgehend ignoriert hatte (wodurch die Eroberung Anatoliens durch die Seldschuken nach ihrem Sieg über die Byzantiner bei Mantzikert 1071) mit ermöglicht wurde. Von päpstlicher Seite sah man dort wohl die Chance auch in Byzanz wieder an Einfluss zu gewinnen.
Hinzu kam auch die große Besorgnis über die zahlreichen innerabendländischen Konflikte und ein daraus resultierendes Bemühen diese Gewalt und damit "innere Probleme" zu "exportieren".
Ohne diese zusätzlichen Aspekte wäre es wohl zu dem Zeitpunkt (Ende des 11. Jahrhunderts) nicht zu dem erfolgreichen Kreuzzugaufruf gekommen. Wäre es tatsächlich alleine um eine Bedrohung der Pilger oder Sorge um die religiösen Stätten gegengen, dann hätte dieser Aufruf eher 90 Jahre früher während der Herrschaft von al-Hakim erfolgen müssen, der ein für die islamischen Verhältnisse der früheren Herrscher eine außergewöhnlich rigide Politik gegen die Christen gefahren hatte. Massenpogrome vergleichbar mit denen gegen Juden in Europa im Rahmen der Kreuzzüge hatte es dabei aber nicht gegeben. Auch sollte nicht übersehen werden, dass "der Islam" damals genausowenig geeint war wie heute und entlang religiöser und weltlicher Herrschaftsansprüche gespalten war (Shiiten, Suniten, Fatimiden, Drusen...) und muslimische Herrscher auch deshalb ein Interesse daran hatten die christlichen Minderheiten nicht ins Lager des jeweiligen Gegners zu treiben.
Sorge um Pilger und heilige Stätten war eine gute "offizielle" Begründung die man propagieren konnte. Unter Betrachtung der tatsächlichen Situation zur Zeit des ersten Kreuzzugaufrufes ist diese Sorge aber nicht als tatsächlicher Hauptgrund vor den anderen genannten Faktoren zu werten.