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25.11.2024, 02:14



Demokratie als Wurzel allen Übels?
20.06.2017
RipVanWinkle Offline
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Beiträge: 2.368
Registriert seit: 03. Apr 2015

RE: Demokratie als Wurzel allen Übels?
Das Problem ist dass das so einfach nicht funktioniert, wenn die Demokratie so indirekt ist wie unsere und wenn die Amtszeiten so lang sind. Würde man Kanzler etc. direkt wählen und immer nur auf 1 oder 2 Jahre, dann halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass sie dann auch viel motivierter wären das zu machen, was der Wähler gerne hätte. Gerade die etablierten Parteien haben auch noch ordentlich Stammwählerschaften, die sowieso nie verloren gehen, weil die Leute einfach seit Jahren immer dasselbe wählen. Bei den Schwankungen die es da dann noch so gibt macht man vorher halt immer ein bisschen Wahlkampf und stellt schöne Programme auf, damits schon irgednwie passend ist und dann ist ja auch wieder ein paar Jahre Ruhe.
Nichtwähler werden da tendenziell einfach ignoriert, weil die Parteien es auch selten überhaupt nötig haben (oder gewillt sind, oder es überhaupt können) um sie zu kämpfen und dazu zu bringen doch mal zur Wahl zu gehen und dann für sie zu stimmen. Das schaffen meist nur so neu aus dem Boden geschossene Parteien wie seinerseits die AfD.
Von daher ist Nichtwählen eh immer kacke, wenns einem nicht völlig wurscht ist. Da ists besser man wählt irgendwelche Sonstige. Wen davon ist dann schon egal.

Es wäre schöner wenn sich sowohl Wähler als auch Gewählter etwas kommunikativer und einander zugewandter verhalten würden, aber das kann man nicht erzwingen, da müsste man schon an der politischen Bildung der Leute arbeiten, damit sie auch verstehen warum es wichtig ist zumindest seine Meinung einzubringen damit alles gut funktioniert und die Politiker müssen auch ernsthaft bereit sein sich darauf einzulassen, was der Wähler für Sorgen hat.

[Bild: dvodJNg.jpg]

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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 20.06.2017 von RipVanWinkle.)
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20.06.2017
Adama Offline
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RE: Demokratie als Wurzel allen Übels?
Schwachsinn, dann würde garnichts mehr funktionieren. Es gäbe nur noch Wahlkampf und niemand würde unbeliebte Entscheidungen treffen, denkst du das wäre wirklich gut?

[Bild: 2vx16wn.jpg]
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20.06.2017
RipVanWinkle Offline
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Beiträge: 2.368
Registriert seit: 03. Apr 2015

RE: Demokratie als Wurzel allen Übels?
Selber Schwachsinn, meinst du ich hätte behauptet man müsse das so machen? Big Grin
Ich wollte nicht darauf hinaus dass das so passieren soll. Ich wollte nur sagen was Gründe sind an denen das u.a. liegt. Mir ist selbst klar, dass halbwegs lange Amtszeiten notwendig sind, damit die gewählten Vertreter auch dazu kommen können ihren Kram durchzusetzen. Aber es hat halt alles seine Vor- und Nachteile. Und im Gegensatz zum bürokratischen Teil unseres Staatsapparats ist das hier halt nicht unbedingt ein Selbstläufer, sondern braucht halt auch guten Willen beider Seiten, damit was vernünftiges dabei rauskommt. Und da sollte man mMn wirklich ansetzen. Und natürlich nicht bei der Länge der Legislaturperioden (eine Beschränkung auf maximale Amtszeiten und eine Direktwahl des Kanzlers fänd ich aber schon sinnvoll)

[Bild: dvodJNg.jpg]

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20.06.2017
Nightshroud Offline
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Beiträge: 3.776
Registriert seit: 07. Sep 2011

RE: Demokratie als Wurzel allen Übels?
Das Problem, das wir mMn in userem System haben ist, dass es praktisch keine Haftung für individuelle Politiker gibt. Alle Verantwortung verschwimmt im diffusen Klotz Partei der auch die Agenda vorgibt.
In den USA und England ist Politik deutlich personengebundener. Wenn jemand Mist baut, kann man ihn direkt abwählen und er wird nicht einfach von seinen Kollegen auf ein anderes gut dotiertes Ressort versetzt, von dem er im Grunde keine Ahnung hat.
Und am Ende hat man 1,5 Jahrzehnte alternativlos den selben Kanzler rumdümpeln, der nur wegen traditonsgebundenem Wahlverhalten an der Macht ist.

[Bild: ersatzsig.jpg]
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20.06.2017
Mc Timsy Offline
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RE: Demokratie als Wurzel allen Übels?
Nightshroud schrieb:In den USA und England ist Politik deutlich personengebundener.

Danke, aber ich bevorzuge es da doch, wenn bei demokratischen Wahlen die Mehrheiten den Ausschlag geben. Beide von dir genannten Länder zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass die Politiker ihre Ämter auch dann bekommen können, wenn sie eigentlich weniger Wähler hatten. So lange es sich nur richtig verteilt kannst du dann gezielt an der Mehrheit vorbei regieren. Jüngstes Beispiel in den USA: Trump. Bestes Beispiel aus England: Thatcher. Niemals auch nur die Hälfte der Wählerstimmen bekommen, aber immer mit stabiler 2/3 Mehrheit im Parlament.

Wenn man sich darüber hinaus die Ergebnisse in den Wahlkreisen ansieht, dann würde eine relative Mehrheitswahl wie in England und den USA hier effektiv die Demokratie beenden und die CDU/CSU dauerhaft in der Alleinherrschaft zementieren. Die sind schon so die stärkste Kraft, aber wenn wir nur nach relativer Mehrheit gehen, dann heißt dies, dass wir im Grunde alle anderen Parteien nach Hause schicken können, weil die Unionsparteien auf ländlichen Gebieten Punkten und da kommen mit Abstand die meisten Abgeordneten her. Und wir können es ja auch tatsächlich gut in England und den USA beobachten. Gebiete die nicht für die Wahlentscheidung relevant sind werden weder aufgesucht noch umworben. Wieso auch? Ich brauche, wie gesagt, nur die richtig verteilten Stimmanteile und ich kann den Rest des Landes getrost ignorieren.

Den Wind können wir nicht bestimmen, aber die Segel richtig setzen.
- Lucius Annaeus Seneca -
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20.06.2017
Solaire Offline
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Registriert seit: 10. Mai 2013

RE: Demokratie als Wurzel allen Übels?
(20.06.2017)Nightshroud schrieb:  Und am Ende hat man 1,5 Jahrzehnte alternativlos den selben Kanzler rumdümpeln, der nur wegen traditonsgebundenem Wahlverhalten an der Macht ist.

Das beschreibt Margret Thatcher recht akkurat. Auch wenn die nur für 1,1 Dekaden Premierministerin war.

Kurzum: Das Winner-takes-all-System funktioniert wie ein Katalysator für sowas. Viel Spaß beim "Abstrafen", wenn die Sitze anderer Parteien verfallen, damit sich die am stärksten vertretene Partei ohne Kompromisse alleinig der Gesetzgebung ermächtigen kann. Das Ganze im fälschlichen Glauben dies sei eine Kondition für good governance.

Übrigens: Die (hauptsächlich angelsächsischen) Länder, welche diese Tradition aus dem britischen Empire geerbt haben, zeichnen sich durch eine meist sehr karge Parteienlandschaft aus. Das prominenteste Beispiel sind die USA, aber auch Neuseeland (seit 1993 glücklicherweise nicht mehr) und (eingeschränkt) Kanada.

Als Folge dieser Stimmakkumulationen gibt es dann kaum inhaltlichen Konkurrenzdruck und das ist - kombiniert mit der niedrigen Wahrscheinlichkeit für Regierungskoalitionen - ziemlich schädlich für Länder, die das Label Demokratie beanspruchen.

The essence in obedience consists in the fact that a person comes to view himself as an instrument for carrying out another person's wishes and he therefore no longer regards himself as responsible for his actions.
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20.06.2017
Nightshroud Offline
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RE: Demokratie als Wurzel allen Übels?
Zitat:Als Folge dieser Stimmakkumulationen gibt es dann kaum inhaltlichen Konkurrenzdruck und das ist - kombiniert mit der niedrigen Wahrscheinlichkeit für Regierungskoalitionen - ziemlich schädlich für Länder, die das Label Demokratie beanspruchen.
Wo gibt es denn in unserem System inhaltlichen Konkurenzdruck? Die Parteien sind sich so ähnlich, dass es als Wähler der Etablierten kaum Sinn mach irgendwas anderes als CDU zu wählen.
Alle etablierten Parteien in D sind als Sozialdemokraten getarnte Neokons, die sich nur im Grad ihrer scheinbaren Progressivität unterscheiden.

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21.06.2017
Solaire Offline
Wonderbolt
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RE: Demokratie als Wurzel allen Übels?
(20.06.2017)Nightshroud schrieb:  Wo gibt es denn in unserem System inhaltlichen Konkurenzdruck? Die Parteien sind sich so ähnlich, dass es als Wähler der Etablierten kaum Sinn mach irgendwas anderes als CDU zu wählen.

Du hast dir deine Frage eigentlich schon selbst beantwortet: Dass vor Allem die Sozialdemokraten (und auch die Grünen) nach Schröder so massiv abgefallen sind, ist hauptsächlich durch die nahezu vollständige, und über alle Maße sturköpfige Verinnerlichung der Third Way-Politik zu begründen: Irgendwo bleibt zwar linke Bürgerrechtspolitik, aber die wirtschaftlichen Maxime könnten neoliberaler & konservativer nicht sein. Die Agenda 2010 hätte ja genau so gut aus der Feder von Christ- und Liberaldemokraten stammen können. (Letztere durchliefen im letzten Jahrzehnt ja auch die ein oder andere Existenzkrise durch Profilverlust.)

Die SPD und CDU unterscheiden sich also inhaltlich kaum noch. Phänomene wie Martin "Die Ente" Schulz belegen jedenfalls, dass bei der SPD ungeheures Wählerpotenzial schlummert. Die kurzlebige Euphorie um den Kanzlerkandidaten hätte vermutlich auch noch bis zur Bundestagswahl angehalten, hätte man denn die Corbyn-Strategie gefahren. Der Labour-Vorsitzende aus Großbritannien hat ja "historisch gute" Ergebnisse für seine Partei eingefahren, und das weil er den britischen Sozen, gegen Widerstand von innen und außen, einfach einen neuen programmatischen Anstrich verpasst hat.
Er wendet sich gegen die britische Monarchie, Nuklearwaffen, den Third Way und damit auch gegen Studiengebühren oder die Privatisierung des öffentlichen Sektors. Und das mit großem Erfolg, momentan sitzt Labour mit einem Zuwachs von über 30 Mandaten im Parlament, die Tories haben ihre absolute Mehrheit verloren und sind jetzt auf die radikaleren Nordiren angewiesen.

Würde sich jedenfalls die hiesige SPD-Spitze nun mal ihrer Basis beugen und sich aus dem Schröder-Blair-Moloch befreien, dann gäbe es auf Bundesebene vermutlich auch wieder viele Stimmen mehr und eine merklich schwächere CDU.  So ist und bleibt es allerdings ein Trauerspiel, selbst wenn man - wie meine Wenigkeit - nicht mit den Sozialdemokraten sympathisiert.

Sprich, und um auf die Frage zurück zu kommen: Der Konkurrenzdruck durch Inhalt äußert sich maßgeblich im parlamentarischen Stimmzuwachs / Stimmverlust. Wenn sich gesellschaftliche Klientel durch ihre eigentliche Stammpartei und deren Politik ausgeklammert und ignoriert sehen, dann strafen sie das eben damit ab, dass sie sich abwenden & migrieren. Das manifestiert sich dann sowohl im Erschlaffen alter, als auch im Erstarken neuer Parteien. Ergo auch dynamische Machtkonzentrationen, an denen die Parteien selbstverständlich interessiert sind, es geht ja darum ihre eigene jeweilige Position zu stärken.

Und nur, dass du mich nicht falsch verstehst: Ich halte unser Parteiensystem längst nicht für perfekt. Aber ich befinde es für wesentlich besser als "Winner-takes-All" und paradoxe Persönlichkeits-Schlammschlachten.
(20.06.2017)Nightshroud schrieb:  Alle etablierten Parteien in D sind als Sozialdemokraten getarnte Neokons, die sich nur im Grad ihrer scheinbaren Progressivität unterscheiden.

Es präsentiert auch niemand vereinnahmende und begeisternde Zukunftsvisionen.

The essence in obedience consists in the fact that a person comes to view himself as an instrument for carrying out another person's wishes and he therefore no longer regards himself as responsible for his actions.
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21.06.2017
Nightshroud Offline
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Registriert seit: 07. Sep 2011

RE: Demokratie als Wurzel allen Übels?
Zitat:Die kurzlebige Euphorie um den Kanzlerkandidaten hätte vermutlich auch noch bis zur Bundestagswahl angehalten, hätte man denn die Corbyn-Strategie gefahren.
Ganz ehrlich. ich halte den "Schulzeffekt" eher von den Medien herhalluziniert.

[Bild: ersatzsig.jpg]
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