Isekai ist schon ein interessantes Subgenre der Fantasy. Eigentlich müsste sowas schon sehr abgedroschen sein, dennoch lese ich etliche Reihen oder fange neue dazu an. Auch wenn seit über ein Jahrzehnt ein gewisser Boom in Japan besteht, so ist das Genre gar nicht so neu.
Schon
Alice im Wonderland zeigte eine neue Welt im Sinne eines Isekais.
Die unendliche Geschichte könnte man hier auch einordnen. Während einige Animefans sich schon über das Vorhandensein von Isekais in jeder Season beschweren, sind Menschen mit anderen Interessen dem Thema viel offener. So hatte ich vor einigen Wochen erst einen Podcast von einer paar Gamingjournalisten gehört und einer fand die Geschichte von der alten Ultima-Reihe sehr spannend, wo man von unserer Erde zu einer fremden Fantasywelt reist.
Ultima I ist von 1981. Auch in Japan ist das Konzept gar nicht so neu. Man denke nur mal an
Visions of Escaflowne, einen Manga von 1994, der durch die Animeadaption so manchen Bronyjahrgang bekannt sein sollte. Mitte der 2000er hatte ich mit den Games
Final Fantasy Tactics Advance und
Final Fantasy Tactics A2 auch großen Kontakt mit dem Konzept gehabt und da gab es den Begriff
Isekai auch noch nicht.
Heutzutage sind wir in Japan sogar schon so weit, dass dieses Subgenre eigene Subgenre hat. So gibt es Otome Isekai, wo jemand in einem
Otome Game wiedergeboren wird. Hierzu ebnete
My Next Life as a Villainess: All Routes Lead to Doom! den Weg, was vielleicht nicht der erste seiner Art, aber zumindest der erfolgreichste war. Jetzt gibt es gefühlt jede zweite Animeseason einen Vertreter dazu umgesetzt.
Die Protagonisten sind nicht immer männlich, dazu komme ich später noch. Von den vielleicht 50 Werken die ich kenne, gab es nur in zwei Sklaverei, also würde ich das jetzt nicht als genretypisch ansehen. Hier liegt es wohl auch eher daran, dass man sich halt das Mittelalter als Vorbild nimmt und damals gab es halt Sklaverei (streng genommen leider heute noch, aber das ist ein anderes Thema). Essen ist auch so ein Thema, was ich eher japanischer Literatur an sich zuordnen würde als jetzt speziell dieses Genre. Soll nicht heißen, dass dies jetzt wirklich in jedem Buch vorkommt, aber eine gewisse Tendenz ist vorhanden.
Der Gang des Helden zur anderen Welt wird gern durch einen LKW-Unfall eingeleitet. Das passiert so häufig, dass es schon Witze und Memes über
Truck-kun gibt. Der Streaminganbieter Crunchyroll hat sogar auch schon einige Gags dazu zur Werbung des eigenen Katalogs gemacht.
Kommen wir endlich mal zu den Empfehlungen. Hier muss ich jedoch vorweggreifen, dass ich kaum Manga dazu lese, da diese meist von einer Light Novel adaptiert sind und meist unvollständig sind oder dem Original in Laufe der Zeit um mehrere Jahre hinterherhängen. Also beziehe ich mich eher auf die Light Novel oder zumindest die Animeadaption, wenn ich die Vorlage noch nicht gelesen habe.
Ascendance of a Bookworm habe ich leider immer noch nicht angefangen, aber nach drei Animestaffeln kann ich wohl einschätzen, mit was wir es hier zu tun haben: Eine gelungene Neuinterpretation des Genres. Wir haben hier ein Mädchen, dass ganz vernarrt in Bücher ist. Doch in der neuen Welt ist der Buchdruck noch nicht erfunden worden. Hier eine Lösung zu finden ist nicht einfach, doch auf dem Weg gibt es viele sympatische Charaktere, einige weniger sympatische und mittelalterliche Gesellschaftskulturen. Auch Magie gibt es, aber nicht so wie man es von High Fantasy gewohnt ist. Der allgemeine Werdegang der Protagonistin ist überraschend, wird aber leider leicht durch die Untertitel der Light Novel gespoilert, die extra dafür unterteilt wurde. Alle negativen Dinge, die man Isekais vorhält, sind hier nicht enthalten.
Virgin Road: Die Henkerin und ihre Art zu leben hat mich mit den ersten drei Bänden sehr gefallen, Band 4 dann leider weniger, weil man am Ende es in diesen Band nicht weit vom Fleck geschafft hatte. Hier gibt es auch wieder eine weibliche Heldin, doch diese ist keine Heldin im eigentlichen Sinn. Auch startet die Reihe nicht damit, dass sie in eine andere Welt gebracht wird. Im Gegenteil, es ist ihr Job die auftauchenden Weltenreiser umzubringen, da deren übernatürliche Fähigkeiten eine große Gefahr darstellen. Das wird historisch begründet. Überhaupt hat mir das Worldbuilding es hier sehr angetan. Im ersten Band lernen wir eine Japanerin kennen, die aufgrund ihrer Fähigkeiten nicht getötet werden kann und die Geschichte nimmt ihren Lauf. Es kann mitunter doch schon sehr brutal werden. Leider gibt es hier auch gewisse Anime Tropes, was gewisse Charaktere betrifft. Es fühlt sich auch immer etwas Yuri an, bin mir aber nicht sicher, ob es wirklich diesen Weg einschlagen will. In keinem Isekai wie diesem hier finde ich es fraglich, warum alle Weltenwanderer unbedingt aus Japan kommen müssen.
The Saint's Magic Power Is Omnipotent hat ebenfalls eine weibliche Heldin. Diesmal etwas klassischer erzählt. Die Welt ist von Dämonen bedroht und dafür wird eine Heilige aus einer anderen Welt beschworen. Merkwürdiger Weise landen zwei Personen aus Japan hier und die Handlung folgt einer davon. Es geht eher erstmal darum, Medizin zu entwickeln. Magie gibt es hier auch. Auf Kämpfe wird hier kein Fokus gelegt. Der Anime hat mir sehr zugesagt, aber wie so oft habe ich die Light Novel noch nicht angefangen. Es gibt einfach viel zu viel zu lesen.
Mushoku Tensei: Jobless Reincarnation ist schon eher ein klassischer Isekai. Wir begleiten hier einen Wiedergeborenen in einer Fantasywelt und das von Babytagen aus an. Er trägt etwas besonderes in sich, ist aber nicht OP. Ein bisschen anzüglich wird es hier schon. Doch die Reise bringt viele gute Abenteuer mit sich. Hier bekommt man am ehesten High Fantasy ohne Gamingbezug.
Reincarnated as the Last of My Kind ist so ein Sonderfall, wo ich gerade nicht abschätzen kann, wohin die Reise führen wird. Hier fängt die Protagonistin auch als Baby an und die Zeit springt immer wieder mal um ein Jahr oder mehr. Wie in keiner anderen Reihe sieht man hier einen Charakter aufwachsen. Mir gefällt auch wie bodenständig die Handlung bleibt. Es wirkt erstmal so als hätte wir hier ein Mädchen, das später mal eine große Heilerin oder Apothekerin werden könnte. Doch dann gibt es am Ende vom zweiten Band plötzlich eine globale Bedrohung gefolgt von einer Hintergrundgeschichte, die doch schon vieles ändert. Band 3 hat dann noch das Problem, dass die Hälfte aus Sicht von komplett neuen Charaktern geschrieben wurde. Den vierten Band lese ich im Prinzip seit Monaten, aber komme mangels Motivation nicht voran.
Was komplett anderes wird bei
JK Haru is a Sex Worker in Another World geboten. Es ist Satire und nimmt Gesellschaftskritik auf das
JK Business. Kann sehr anstrengend zu lesen sein und ist gewiss nichts, was man zur Unterhaltung lesen sollte. Doch im Vergleich zum Isekai-Einheitsbrei bleibt dieser Einzelband auf jedem Fall im Gedächtnis.