14.05.2018 |
Malte279
Origamipony
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Registriert seit: 16. Dez 2014
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Da muss ich korrigieren. Ich habe beim Geschichtsstudium an der Uni über Operation Unthinkable recherchiert und ein Essay dazu geschrieben.
1. Das war ein theoretisches britisches Planungsszenario im Auftrag von Winston Churchill verfasst. Die USA hatten damit überhaupt nichts zu tun.
2.Verfasst wurde es bereits vor dem Ende des 2. Weltkrieges und Atombomben werden deshalb darin nicht erwähnt, da sie zu dem Zeitpunkt als das ganze verfasst wurde nicht getestet waren. Auch spezifische Flugzeugtypen werden darin nicht erwähnt.
3. Das ganze ist ein Text in dem England von einem theoretischen Szenario eines Angriffskrieges auf Russland beginnend am 1. Juli 1945 ausgeht, wobei neben britischen Kräften vor allem auf Unterstützung durch die eben besiegten Deutschen und die Polen baut (bei denen man anscheinend nicht davon ausgeht dass sie irgendein Problem damit hätten an der Seite derjenigen zu kämpfen die ihr Land die vergangenen Jahre verwüstet hatten).
4. Dieses theoretische Szenario nennt als Ziel für einen solchen Krieg eine "faire Behandlung" Polens, wobei es so formuliert ist, dass man im Falle eines unerwarteten Erfolges diese Ziele auch ausweiten könne.
5. Das Szenario sagt aber ganz eindeutig, dass die Chance auf einen militärischen Erfolg gegen 0 gehen.
Zitat:If we are to embark on war with Russia, we must be prepared to be committed to a total war, which will be both long and costly.
Our numerical inferiority on land renders it extremely doubtful whether we could achieve a limited and quick success, even if the political appreciation considered that this would suffice to gain our political object.
6. Vor allem aber wird darin ganz klar betont, dass es ein rein hypothetisches Planspiel ist:
Zitat:By retaining the codeword “UNTHINKABLE”, the Staffs will realise that this remains a precautionary study of what, I hope, is still a purely hypothetical contingency.
Solche Planungsspiele dürften auch heutzutage von fast jedem Land für fast jedes Land existieren.
Falls jemand die Originaldokumente (37 Seiten) einsehen möchte, die sind u.a. hier zu finden: Operation Unthinkable.
Bis April 2020 war mein Name hier Mike84.
Ich freue mich sehr über Feedback und konstruktive Kritik zu meinen Projekten und meiner Fanfiction.
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14.05.2018 |
Firebird
Royal Guard
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RE: Russland wirklich so "böse"?
(14.05.2018)Pulse Wave schrieb: Und dann wäre da noch die Größe des US-Atomwaffenarsenals. Wofür brauchen sie das alles? (Die Russen haben immer noch mehr und bedeutend stärkere Atomwaffen – die haben Gefechtsköpfe auf ICBMs sitzen, die in einer ähnlichen Größenordnung spielen wie Castle Bravo. Die Aussage dahinter ist aber nicht "Wir vernichten die imperialistischen Bastarde", sondern "Fickt nicht mit dem Ficker".)
Alles eine Frage der Macht, sowohl Russland als auch die USA haben diese Waffen und das in Mengen, die die ganze Welt zerstören könnten. Jeder, der diese Waffen besitzt, hofft darauf, von seinen Gegnern in Ruhe gelassen zu werden, sie sind also auch ein Symbol der Sicherheit, und noch wichtiger, der Übermacht. Dass dieses Denken falsch ist, zeigt der Zusammenbruch der SU, dieses große Stasatengebilde ist trotz seiner atomaren Übermacht zusammengebrochen, aber hey, warum aus der Geschichte lernen, wenn man Atomwaffen hat?
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14.05.2018 |
Mc Timsy
Wonderbolt
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Vielen Dank Mike, du hast mir da einiges an Arbeit erspart.
Und Pulse Wave, welche Quellen verwendest du?
Ich diskutiere gerne über alle möglichen Themen und auch die Position gegenüber Russland kann man fruchtbar und divers diskutieren. Aber im Moment diskutieren wir hier nicht darüber, sondern mein letzter Post war darauf konzentriert deine Fehler zu korrigieren und wie Mike84 freundlicherweise dargelegt hat, stimmt deine "Operation Unthinkable" mit dem realen Szenario nur im Ziel der Sowjetunion überein. Nebenbei, die Sowjetunion und Russland sind nicht deckungsgleich. An dem Gebilde waren noch 14 andere Staaten beteiligt, die zwar gerne vergessen werden, dieses monumentale Gesellschaftsexperiment aber ebenso geprägt und auch verteidigt haben. In diesem Fall aber umso bedeutender, weil, anders als es vielleicht manche Propaganda behauptet, die Planungen gegen die Sowjetunion eben nicht aus blankem Hass auf die Russen durchgeführt wurden. Die Sowjetunion ist spätestens mit dem zweiten Weltkrieg imperialistisch aufgetreten, wie man zum Beispiel an der Unterdrückung diverser besetzter Staaten wie Polen gut ablesen kann und stellte eine direkte militärische Bedrohung für die Sicherheit Europas dar. Nur weil man gemeinsam gegen Nazis gekämpft hat, war man in Paris, London und Washington ja nicht blind für die ideologischen Unterschiede und die massive Militärmaschinerie der Sowjets. Eine derartige Bedrohung geht vom heutigen Russland garnicht aus, was auch niemand behauptet. Man streitet, ob Russland versuchen könnte die Nato-Staaten im Baltikum anzugreifen und ob die Allianz stark genug erscheint um derartige Versuche zu unterbinden. Aber im Gegensatz zu den 50ern besteht keine Angst vor einer vollumfänglichen Invasion des Kontinents. Diese militärische Macht hat Russland heute nicht mehr. Zündeln ja, aber einen Flächenbrand fürchtet heute niemand. Daher ist es vollkommen nutzlos Jahrzehnte alte Pläne auszugraben, schlimmstenfalls sogar falsch verstanden , und dann daraus Rückschlüsse auf angebliche antirussische Ziele des Westens zu ziehen. Das wäre in etwa so wie den Franzosen zu unterstellen, sie wollten morgen das Rheinland besetzen, müssten sich aber vor den Italienern in acht nehmen, die ihre Provinz Gallia wiederhaben wollen. Währenddessen fürchten die Niederlande die Invasion Spaniens und die USA rüsten zum Krieg mit England.
Das Studium der Geschichte zeigt uns wo wir her kommen und warum die Welt ihre heutige Form angenommen hat. Aber die Vergangenheit ist nicht die Gegenwart.
Es würde mich wirklich interessieren, wer dir derart viele Missinformationen an die Hand gegeben hat. Und auch wenn ich bereit bin jede entsprechende Unklarheit anzugehen und hoffentlich zu beseitigen, so habe ich doch Zweifel daran, ob dies die beste Art von Diskussion ist. Insbesondere weil du jetzt, anstatt auch nur einen deiner genannten Punkte zu verteidigen, oder deine Fehler anzuerkennen, sofort weitergezogen bist zu einem erneut falschen Thema. Soll dies unser Gespräch werden? Du äußerst etwas objektiv falsches oder bestenfalls höchst spekulatives, wirst korrigiert und gehst zum nächsten Punkt weiter?
Den Wind können wir nicht bestimmen, aber die Segel richtig setzen.
- Lucius Annaeus Seneca -
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17.06.2018 |
HeavyMetalNeverDies!
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Wow. Ich bin begeistert von dem ARD-Beitrag...
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18.08.2018 |
HeavyMetalNeverDies!
Beiträge: 13.955
Registriert seit: 11. Mai 2012
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Wer was zum Lachen haben will, sollte sich diesen Beitrag hier reinziehen:
Ich wette die Russen haben sich darüber auch krumm gelacht als sie die Wahlen manipuliert haben...
Man fragt sich, wenn derartige Sicherheitslücken bekannt sind (und das waren sie schon zu Zeiten der Vorwahlen), warum die nicht behoben werden? Ich sehe das so: Die Amis manipulieren die eigenen Wahlen. Trump hat sich noch darüber aufgeregt, dass die Hauptwahlen gegen ihn geriggt werden, weil sich zuvor viele Sanders-Wähler aufgeregt haben, dass die Vorwahlen zugunsten Hillarys geriggt waren. Obama hat noch erklärt, dass die schon nicht manipuliert werden.
Dann gabs verstärkte Kontrollen durch die OSZE während der Hauptwahlen. Da konnte man dann wahrscheinlich nicht mehr so richtig manipulieren. Und ohje, das Wahlergebnis war nicht jenes, welches geplant war. Und schon waren "die Russen" schuld.
Srsly... Wie soll man derartige Vorwürfe ernst nehmen wenn man sich in den USA einen Dreck darum schert, dass die Wahlen nicht manipuliert werden können?
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22.04.2021 |
Basinator
Wonderbolt
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Ich glaube, dieses Topic ist nicht sehr gut gealtert.
Russland betreibt z. Z. eine Politik der Provokation. Politologen sagen sogar einen Test über Joe Biden bei der Zusammenrottung der Truppen nahe der Ukraine.
Zu Provokation gehört auch: Mordanschläge durch den Geheimdienst in halb Europa. Der Berliner Tiergartenmord, der Typ in den UK, und sowohl die Annektion der Krim als auch die geplante der Ostukraine: Ostukrainer erhalten von Russland einen Staatspass. Mal sehen, ob Russland dann wieder behaupten wird, dass sie nur in die Ostukraine einmarschieren, um ihre Staatsbürger zu schützen.
Es ist eine konstante Stressbelastung der politischen Grenzen, wie weit Russland gehen darf, womit es durchkommt.
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23.04.2021 |
TwieTwilight
Ponyville Pony
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Registriert seit: 01. Dez 2018
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Vergiss nicht die ständige Beeinflussung von Weißrussland, um Lukashenkos Amtszeit sozusagen am Tropf zu halten und die Proteste niederzuschlagen.
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26.04.2021 |
Basinator
Wonderbolt
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Dieselben zwei mutmaßlichen Agenten oder Geheimdienst-beauftragten, die in London damals den Kritiker und Oppositionellen (?) mit Nuwaschok (?) vergiftet haben, sollen nun auch Jahre zuvor einen Anschlag auf eine Art Waffen-/Munitionslager in Tscheschien, dass wohl auch an die Ukraine lieferte, verübt haben.
Quelle: TT 25.04.21
Passt Alles zu meiner erwähnten Russlandstrategie. Die Frage ist nur; Wie soll man damit umgehen? Wie gut Appelle, Sanktionen und ansonsten Augen verschließen funktioniert, sehen wir ja.
Ein harter Konfrontationskurs bringt aber immer auch gewisse Risiken...
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26.04.2021 |
Mc Timsy
Wonderbolt
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Nur mal eine kleine Angabe für diejenigen unter euch, die es noch nicht mitbekommen haben. Die Geschichte rund um den Anschlag auf ein tschechisches Waffenlager 2014 ist ziemlich spannend und definitiv ein bisschen Einarbeitung wert.
Aber für diejenigen die sich nicht die Details zusammensuchen wollen, hier meine Zusammenfassung:
Am 16. Okt. 2014 gab es eine Explosion in einem der größten Waffenlager in Tschechien. Zwei Arbeiter der Anlage kamen dabei ums Leben, ihre Leichen sind allerdings erst etwa einen Monat später gefunden worden. Der Explosionskrater war auch recht ansehnlich.
Die tschechischen Behörden haben in den darauf folgenden Jahren intensive Untersuchungen angestellt und die Verantwortlichen als Teil der Einheit 29155 des russischen militärischen Nachrichtendienstes (GRU) identifiziert. Das ist der Punkt an dem die beiden Attentäter auf Skripal in den Fall rein kommen, die sind nämlich die wohl öffentlich bekanntesten Mitglieder dieser Einheit, wegen dem damaligen Presseaufwand um den Giftanschlag.
Der Anschlag auf das Waffenlager in Tschechien stand allerdings nicht alleine, sondern war Teil einer koordinierten Aktion, beinhaltend die Vergiftung des bulgarischen Waffenhändlers Gebrev. Dem soll seinerzeit ein unbekanntes Gift von einem unbekannten Mann auf den Türgriff seines Autos geschmiert worden sein. Parallelen zur Vergiftung der Skripals, als Gift auf die Klinke der Eingangstür aufgetragen wurde, sehen nicht sehr zufällig aus.
Dahinter steckte wohl der Plan Russlands die Versorgung der Ukraine zu erschweren. Gebrev soll zuvor mit der ukrainischen Regierung einen Vertrag über die Lieferung von Artilleriemunition und Altbestände aus Tschechien abgeschlossen haben.
Anbei ein Einstieg, für diejenigen die mehr lesen wollen. Auch wenn es im Internet noch andere, bessere Quellen gibt. Die Quelle ist Englisch, weil eine kurze Suche nach den Schlagworten ohnehin in kurzer Zeit genug Deutsche Quellen zu dem Fall aufbringt. Achja, falls jemand mal vor einigen Tagen gehört hatte, dass Tschechien russische Diplomaten ausgewiesen hatte: Das oben genannte ist der Grund.
Link
@Basinator
Ich glaube wir beide müssen nicht das Problem diskutieren. Mich würde nur interessieren was für eine Antwort du gerne sehen würdest.
Den Wind können wir nicht bestimmen, aber die Segel richtig setzen.
- Lucius Annaeus Seneca -
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26.04.2021 |
Basinator
Wonderbolt
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Meinst du hier im Forum oder seitens der Politik?
Letzteres: Schwierig. Man sieht eher, was nicht funktioniert hat als das man wüsste, was würde.
Das härteste Vorgehen verschärft leider die Fronten weiter, aber der Status quo ist dafür, dass sich Russland sich durch nichts abgehalten fühlt.
Ich denke, wenn Sanktionen, dann breitflächig, mit einer großen Allianz westlicher Staaten, nicht klein-klein. Es wirkt auch so, als würde man um Grenz-Marschierei nicht drumherum kommen, mindestens in der Ost-EU, wenn nicht sogar in mindestens West-Ukraine oder auch die Ganze. Wäre interessant, was die Ukraine selbst davon halten würde. Ich halte es durchaus für möglich, dass Russland mit der oben genannten Begründung auch noch versuchen könnte, den Rest der Ukraine zu vereinnahmen (oder mindestens den Osten).
Eine Frage ist aber sicher: Wen schickt man? In der UN hat Russland ein Vetorecht, Amerikaner haben darauf sehr wahrscheinlich keine Lust, und Europa ist bei solchen Anliegen meist äußerst zögerlich.
Internationale, unabhängige Beobachter dürften auch nicht schaden.
Botschafter einbestellen oder ausweisen geht natürlich immer, aber da stellt sich mir eher die Frage, ob das was bringt und ob man sich nicht eher in das eigene Fleisch schneidet.
Symbolisch die beiden Typen noch auf Einreiselisten setzen und bei Gelegenheit sofort verhaften, egal in welchem EU-Land. Allgemein evtl. sowieso allen bekannten Mitgliedern die Einreise in die EU verbieten...oder zumindest so zu erschweren, dass sie sich schon Mühe geben müssen.
Ach so, und natürlich NordStream 2.
Deine Einschätzung?
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26.04.2021 |
Mc Timsy
Wonderbolt
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Also, ich wüsste was ich in einer perfekten Welt machen würde, in der ich über alle westlichen Ländergrenzen hinweg entscheiden könnte. Das ist aber in meinen Augen relativ sinnlos sich darüber zu unterhalten, weil wir nicht in dieser Welt leben. In manchen Staaten wie Deutschland fallen bei erstbester Gelegenheit unterschiedlichste Leute beim Versuch übereinander die ersten zu sein, die zu Appeasement gegenüber Russland aufrufen und andere, wie Orban in Ungarn, finden Putins Diktatur ohnehin nachahmungswürdig.
Es gibt aber ein paar Lektionen die ich aus dem ganzen herausholen würde, die zumindest in Deutschland verstärkt berücksichtigt werden müssten.
1. Das System Putin ist ein kriminelles Oligarchenkartell, welches den gesamten russischen Staat durchzieht. Wer aktuell irgendetwas mit Russland machen will, muss damit leben, dass er im Endeffekt mit nichts anderem verhandelt als einer Mafia, die einen ganzen Staat kontrolliert. Wo Zusammenarbeit also notwendig und gewinnbringend ist sollte sie auf ein klar kommuniziertes Maß beschränkt sein, bei dem allen Beteiligten klar ist, was man bekommt und was man erwartet und man muss bereit sein die eigenen Forderungen auch mit Nachdruck zu verlangen, wenn sich Putin wieder mal entscheidet seine Absprachen nicht einzuhalten. Das limitiert jegliche Zusammenarbeit, aber die Erkenntnis muss man einfach akzeptieren, wenn man sich nicht regelmäßig vorführen lassen will. So lange das dortige System besteht kann die Kulturnation Russland ein noch so guter theoretischer Partner sein, es wird leider nichts fruchtbares dabei heraus kommen.
2. Putin und Co. benutzen den Westen als propagandistisches Feindbild um ihr System zu stabilisieren und definieren sich zunehmend darüber. Das westliche Feindbild, ist für die Machthaber dort überlebenswichtig. Es bringt nichts zu versuchen jemanden mit Freundlichkeit zu entwaffnen, wenn diese Person dich als Feindbild benutzen muss um ihr eigenes Leben und ihren Wohlstand zu schützen. Oder anders ausgedrückt: Für Freundschaft müssen beide Seiten zustimmen. Feindschaft braucht nur einen und das ist in jedem Fall das aktuelle russische Regime.
3. Natürlich wollen wir alle keinen Krieg mit Russland. Russland will auch keinen Krieg mit uns, aber es hat gezeigt, dass es bereit ist auf unsere Passivität zu bauen und sich selbst dem entsprechend erlaubt die Grenzen auszutesten. Grenzen gelten so lange wie jemand sie im Zweifel bereit ist durchzusetzen und sagen wir wie es ist, viele im Westen denken sich gerne mal, dass es im Zweifel ja doch nicht unser Problem sein muss.
4. Russland ist eine wirtschaftliche Lachnummer und sein diplomatischer Einfluss ist auch relativ überschaubar. Wo es seinem Umfeld noch immer überlegen ist, ist Militär. Abgesehen von der Volksrepublik China hat Russland keine direkten Nachbarn die ohne Eingriff durch Verbündete überhaupt Widerstand in einem längeren Konflikt leisten könnten. Diese relative Stärke kann und wird die dortige Regierung ausnutzen, weil nichts anderes da ist.
Europa wiederum ist wirtschaftlich so viel stärker als Russland, dass man noch nicht einmal von der gleichen Liga reden kann und verfügt über mehr diplomatischen Einfluss, der allerdings wegen der uneinheitlichen Politik der Mitglieder trotzdem nicht da ist wo er sein könnte. Militärisch ist die EU dagegen besonders schwach, weil wir zwar auf dem Papier konventionell ziemlich viel haben, aber alle Staaten unabhängige Verbände unterhalten.
Nun. Russland hat eine schwache Wirtschaft und ein starkes Militär. Europa eine starke Wirtschaft und schwache Militärs. Eines von beidem lässt sich leichter in das andere übersetzen. Und genau das sollte sich Europa in meinen Augen zu Nutze machen. Im Moment kann die Überlegenheit Russlands auf dem Feld nicht herausgefordert werden. Aber konsequente Aufrüstung, mit dem Ziel territoriale Kriege gegen staatliche Aggressoren führen zu können würde Russland diesen Vorteil letztlich nehmen oder zumindest ernstzunehmende Verhandlungsmasse schaffen.
Für ganz Europa wird das allerdings erstmal zu kompliziert. Es gibt allerdings eine Menge Projekte die gerade laufen, an denen größtenteils auch Deutschland beteiligt ist und die definitiv weiter verfolgt werden sollten. Schon wenn sich ein paar europäische Staaten über gemeinsame Ausrüstung und Taktiken einigen können wäre viel gewonnen. Es bedeutet aber für ein Land wie Deutschland, dass man in Dinge investieren muss, in die eigentlich niemand so richtig investieren will. Namentlich seien da Drohnen genannt. Viele wollen die nicht weil sie hauptsächlich zum Angriff dienen. Aber nach den Konflikten der letzten Jahre kann man bereits festhalten, dass eine Armee, die in Zukunft ohne Drohnen kämpft, schlicht keine Chance mehr haben wird. Drohneneinsatz und deren Abwehr dürfte in den Kriegen der Zukunft in etwa so wichtig werden wie Grabenkriegsführung im Ersten Weltkrieg oder Panzer im Zweiten.
Kooperation mit unseren europäischen Partnern sollte in allen Bereichen das Ziel sein um die Kampfstärke der Verbände nach und nach zu erhöhen und somit das Risiko für russische Interventionen maßgeblich nach oben zu treiben. Es sollen keine Truppen auf Moskau marschieren, aber wenn Russland sein Risiko kalkuliert, soll es mit einer geballten Kraft Europas rechnen müssen. Nicht erst darauf spekulieren können, dass man die Europäer schon irgendwie wieder auseinander treibt weil die sowieso keine Lust haben.
Bei aller Kooperation in Europa bleibt aber leider noch eine Wahrheit erhalten. Wir brauchen die Amerikaner und die Nato. Für konventionelle Abschreckung, aber insbesondere für den nuklearen Schutzschirm Amerikas. Frankreich ist die einzige verbliebene EU-Atommacht. Hat den Russen aber nichts auf diesem Feld von vergleichbarer Qualität entgegen zu setzen. Frankreich bietet keinen Schutzschirm und keine nukleare Teilhabe, was uns die Wahl lässt entweder mit den USA zusammenzuarbeiten, oder es als Europäer selbst zu machen. Was dann letztlich auch die Notwendigkeit nach deutschen Nuklearwaffen und die Reaktivierung unseres Atomprogramms bedeuten könnte. Das wäre nicht nur teuer, sondern würde letztlich auch nur Atomwaffen noch weiter verbreiten und Russland hat mit seinem Bruch des Budapester Memorandums da schon genug angerichtet. Ganz zu Schweigen von den Amis mit Trumps sofortigem Bruch des Iran Deals.
Und da du NS2 bereits angesprochen hast: Deutschland muss begreifen, dass es kein unschuldiger Händler ist, der sich doch aber nichts zu Schulden kommen lässt. Das Projekt überhaupt gegen den Widerstand unserer östlichen Partner so weit zu bringen war eine Frechheit. Im Endeffekt kommt es aber darauf hinaus, dass sich Deutschland nicht nur am Verhandlungstisch über gemeinsame Interessen verständigen muss, sondern auch lernt, dass manche Interessen der Partner seine eigenen Ziele sind. Das bedeutet zum Beispiel nicht den Balten und Polen zu sagen, dass die eigenen Pläne sie nichts angehen, sondern das Sicherheitsbedürfnis unserer östlichen Verbündeten auch grundsätzlich zu berücksichtigen. Und ich weis, die aktuelle polnische Regierung ist kein toller Partner, aber die dortige Demokratie ist noch weit gesünder als in Russland, die Polen könnten es also immerhin einfacher haben ihre liberale Ordnung wiederherzustellen.
Und bezüglich der Ukraine fürchte ich, dass dort die Aussichten begrenzt sind. Die Ukraine würde gerne in Nato und EU. Mit dem unerklärten Krieg hat Russland der dortigen Bevölkerung alle anderen Ziele gründlich aus dem Kopf gejagt. Aber eine Expansion beider Institutionen ist leider nicht so schnell denkbar. Beide Organisationen verlangen, dass ihre Mitglieder keine ausstehenden Grenzstreitigkeiten haben. Was ja auch einer der Gründe für Russlands Konfliktpolitik ist. Russland erzeugt einfach entsprechende Konflikte selber, die es jederzeit eskalieren kann und verhindert damit die Teilnahme.
Kooperation mit der souveränen Ukraine wäre sehr wünschenswert, insbesondere weil ich weis, dass die Ukraine über jede kleine Hilfe dankbar wäre. Und sei es auch nur die Lieferung von Erste-Hilfe Kästen und Nachtsichtgeräten für die Front. Soweit Deutschland da ein Wörtchen mitzureden hat sollte es in meinen Augen auch alle Kooperationen mit der Ukraine unterstützen.
Zuletzt, weil hier so viel gegen Russland gerichtet ist, auch mal ein paar Worte zur sonstigen Kooperation. Die russische Regierung mag den Westen als Feind Russlands sehen, wir sind es aber nicht. Kulturelle Kooperation sehe ich definitiv noch als wertvoll an, wobei man dabei auch nicht so tun muss, als sei das heutige Russland völlig unschuldig, oder alleiniger Träger der Opfer des Zweiten Weltkrieges. und während ich den Handel mit Energieressourcen kritisch sehe, weil unsere Abhängigkeit wächst, so habe ich keine grundsätzlichen Probleme mit Handel an Gütern, in denen kein Abhängigkeitsverhältnis vorliegt. Trotzdem, wir sollten so bald es geht von den fossilen Energieträgern weg, die sind ohnehin wirtschaftlich alles was für Putin den Laden leidlich zusammenhält. Ich wünsche den Russen jedenfalls eine Regierung die sie verdienen, an Stelle eines korrupten Autokraten, der ihnen versucht einzureden die ganze Welt sei ihr Feind.
Ich hatte ja schon erwähnt, dass Zusammenarbeit auf klar definierte Leistungen beider Seiten beschränkt sein sollte. Wir können den Russen aktuell nicht trauen, aber gegenüber Europa kann Russland immerhin mit relativer Stärke verhandeln. Gegenüber Peking ist Moskau nur noch Bittsteller und Zulieferer. Da könnte man vielleicht noch begrenzte Kooperation mit dem aktuellen Regime beibehalten, bis wir nach Putin dann hoffentlich eine Regierung da haben, die ihr Land nicht ganz so sehr zum eigenen Vorteil ausplündern will und wieder ernsthaft auf einer anderen Basis mit dem Westen reden will, als Propaganda und Machtdemonstrationen.
Den Wind können wir nicht bestimmen, aber die Segel richtig setzen.
- Lucius Annaeus Seneca -
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27.04.2021 |
Basinator
Wonderbolt
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Ist eine Abhängigkeit der Amerikaner aber nicht riskant, man weiß ja nie, wann der nächste Trump erscheint?
Nach Putin? Das kann ja nach den Verfassungsänderungen noch dauern. Verdammter lupenreiner Demokrat.
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27.04.2021 |
Mc Timsy
Wonderbolt
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Basinator schrieb:Ist eine Abhängigkeit der Amerikaner aber nicht riskant, man weiß ja nie, wann der nächste Trump erscheint?
Wenn die Europäer ihren eigenen nuklearen Schutzschirm aufrecht erhalten sollen, dann müssen, wie bereits angedeutet, die Europäer auch entsprechende Vorkehrungen treffen. Das sehe ich nicht. Und ohne ein eigenes atomares Abschreckungspotential kommt man hier nicht weiter. Russland droht sehr, sehr offen mit dem Einsatz seiner eigenen Waffen und ohne einen verlässlichen Schutzschirm kann man selbst die konventionelle Abschreckung vergessen.
Trump ist ein sehr abschreckendes Beispiel, aber Amerika kann zum jetzigen Zeitpunkt sicherheitspolitisch durch Europa schlicht nicht ersetzt werden. Hinzu kommen ein paar andere Fragen zur politischen Machbarkeit. Klar sind wir in Europa Verbündete. Trotzdem würde es vielen Leuten äußerst mulmig dabei werden, wenn Deutschland anfangen würde eigene Kernwaffen zu entwickeln. Ganz zu schweigen davon, dass diejenigen Länder in Europa, die sich Kernwaffen zulegen würden, am Ende sicherheitspolitisch sogar noch mehr Unsicherheit erzeugen könnten. Bleiben wir bei Deutschland als Beispiel. Hierzulande sagen regelmäßig Mehrheiten der Bevölkerung, dass sich unser Land aus Konflikten unserer NATO und EU Partner heraushalten solle. Dieser Impuls wäre im Falle der relativen Sicherheit von Atomwaffen vermutlich nur umso stärker.
Und EU-Nuklearwaffen stehen ohnehin nicht zur Debatte. Wir haben nicht einmal konventionelle Streitkräfte in auf gemeinsamer Basis. Welches Oberkommando könnte also überhaupt die Nuklearstrategien ausarbeiten und überwachen wenn nicht die Heere der Mitgliedsstaaten, die über genügend Finanzkraft und Know-How verfügen würden?
Hinzu kommt, dass die Europäer schlicht noch Zeit brauchen ihre eigene Verteidigung zu übernehmen. Bestenfalls. Den Schutz durch den US Nuklearschirm bekommst du aber nur, wenn du Amerikaner auch konventionell ins Land lässt, damit alle sich das überlegen ob sie wirklich über deine Grenze und Washington erzürnen wollen. Und da Europa alleine keine Verteidigungsfähigkeit hat die gegen Russland konkurrenzfähig wäre, werden diverse Staaten ohnehin keiner Sicherheitsstrategie zustimmen, welche die USA außen vorlässt. Sehr zum Leidwesen der Franzosen, aber Balten, Polen, Griechen, eigentlich alle Balkanstaaten außer Serbien und auch zumeist die ehemals westdeutsche Bevölkerung in der BRD vertrauen im Zweifel eher darauf, dass die die Bomber der Amis das Problem beseitigen als darauf zu warten dass die Deutschen aus Tschechien erstmal genügend Wagons für den Transport ihrer Panzer ausgeliehen bekommen. Oder ob der Bundestag überhaupt einen Einsatz bewilligt.
Lange Rede kurzer Sinn. Auf die Amerikaner können wir verzichten in dem Moment in dem Europa in der Lage ist eine Sicherheitsgarantie zu geben die genau so glaubwürdig ist wie die der Amerikaner. Da sind wir noch so weit von entfernt, dass der Gedanke schon fast lachhaft ist. Da wird dran gearbeitet, aber die meisten Staaten sind noch nicht so weit, dass sie einander ihre eigenen Truppen anvertrauen würden. Auf Anhieb fallen mir da nur kleine Projekte wie die Deutsch-Französische Brigade, die belgisch-niederländische Flottenzusammenlegung und die Eingliederung der niederländischen Panzer in das 414 Panzerbataillion der Bundeswehr ein. Das sind aber alles Projekte die sich noch nicht im Krisenfall bewiesen haben. Und das hoffentlich auch so bald nicht müssen.
Den Wind können wir nicht bestimmen, aber die Segel richtig setzen.
- Lucius Annaeus Seneca -
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27.04.2021 |
Basinator
Wonderbolt
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Was nützt es? Früher oder später brauchen wir verdammt nochmal eine gemeinsame Außenpolitik. Da muss man Brüssel letztendlich die Kompetenz der Mitgliedstaaten geben in der Hinsicht, und mMn fehlt uns auch nicht mehr viel mehr als das um uns als Vereinigte Staaten von Europa zu bezeichnen.
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28.04.2021 |
Mc Timsy
Wonderbolt
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Registriert seit: 01. Jul 2013
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Basinator schrieb:Was nützt es? Früher oder später brauchen wir verdammt nochmal eine gemeinsame Außenpolitik. Da muss man Brüssel letztendlich die Kompetenz der Mitgliedstaaten geben in der Hinsicht, und mMn fehlt uns auch nicht mehr viel mehr als das um uns als Vereinigte Staaten von Europa zu bezeichnen.
Da rennst du bei mir grundsätzlich offene Türen ein. Aber wir beide sind nicht das Problem. Und zu einem guten Teil kann man ja sogar einige Einwände verstehen. Für den Anfang bleibt aber erst einmal nichts anderes als konsequent auf europäische Lösungen zu drängen und entsprechendes Handeln auf allen politischen Ebenen einzufordern. Die Entscheidungspositionen sind nun mal national zu besetzen, ergo muss man sich in meinen Augen darauf konzentrieren die dortigen Positionen auch mit Leuten zu füllen, die mehr sehen als kurzfristige Wahlergebnisse und sich von populistischer Vereinfachung fern halten.
Den Wind können wir nicht bestimmen, aber die Segel richtig setzen.
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30.04.2021 |
mowny
Wonderbolt
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RE: Russland wirklich so "böse"?
(26.04.2021)Mc Timsy schrieb: 1. Das System Putin ist ein kriminelles Oligarchenkartell, welches den gesamten russischen Staat durchzieht. Wer aktuell irgendetwas mit Russland machen will, muss damit leben, dass er im Endeffekt mit nichts anderem verhandelt als einer Mafia, die einen ganzen Staat kontrolliert.
Das liegt allerdings zu einem großen Teil daran, daß das System vor Putin noch korrupter war und die ganzen Oligarchen überhaupt erst hervorgebracht hat, was es Putin ermöglicht hat, sich erfolgreich als "Retter" zu stilisieren.
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30.04.2021 |
Mc Timsy
Wonderbolt
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Registriert seit: 01. Jul 2013
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RE: Russland wirklich so "böse"?
mowny schrieb:Das liegt allerdings zu einem großen Teil daran, daß das System vor Putin noch korrupter war und die ganzen Oligarchen überhaupt erst hervorgebracht hat, was es Putin ermöglicht hat, sich erfolgreich als "Retter" zu stilisieren.
Was der Narrativ ist den der Kreml gerne verbreitet und der weitgehend nachgeplappert wird, mit der Realität aber nicht übereinstimmt. Womit nicht gesagt sei, dass in den neunzigern alles gut gelaufen wäre. Im Gegenteil, aber damals hatte Russland ganz andere Probleme die gerne auf vermeintliche Korruption geschoben werden, weil die Realität wesentlich unschöner für das russische Wirtschftssystem ist.
Putin inszeniert sich gerne als Retter gegen etwas, was er in Russland selbst massiv befördert hat. Er hat die Oligrachen ja niemals eingefangen und ihre Machenschaften beendet, er hat sich von ihnen bezahlen lassen, die Korruption also zu guten Teilen einfach in die eigene Tasche umgeleitet. Was Russland geholfen hat war die Erholung und später die massive Steigerung der Energiepreise. Von deren Export war schon die Sowjetunion abhängig und in den neunzigern ist der Preis den die Russen dafür bekamen in den Keller gefallen. Im Ergebnis hatte eine Regierung Jelzin nur einen Bruchteil der Mittel zur Verfügung die einem Putin aufgrund der Gnade der späteren Machtergreifung einfach geschenkt wurden. Darauf hat er seine Korruption in dem Maße erst etablieren können und damit konnte auch kaschiert werden, dass der Mann in Wirtschaftfragen vollkommen unfähig ist. Jedes Jahr erzählt er gerne, dass er die russische Wirtschaft vom Verkauf von Energie unabhängig machen will und die Abhängigkeit des russischen Staates vom Energieexport wächst unaufhaltsam, während der Aufbau anderer relevanter Industrien nicht zustande kommt. Jetzt eben abgerundet dadurch, dass er die begrenzten Mittel seines Staates lieber in die Aufrüstung seiner Armee steckt um Nationalismus-Cookies einzusammeln, anstatt irgendwas zu investieren. Aber wo soll der Mann auch rein investieren? Das würde ja voraussetzen, dass es ihm um das Land ginge und nicht um seine persönliche Bereichung.
Den Wind können wir nicht bestimmen, aber die Segel richtig setzen.
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15.12.2021 |
Quantum Flux
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RE: Russland wirklich so "böse"?
"Als Konsequenz aus dem Berliner Mordurteil gegen einen Russen erklärt die Bundesregierung zwei Mitarbeiter der russischen Botschaft in Deutschland zu "unerwünschten Personen". Das teilte Außenministerin Baerbock mit.
Nach dem Urteil im "Tiergartenmord"-Prozess hat die Bundesregierung zwei Mitarbeiter der russischen Botschaft in Deutschland zu "unerwünschten Personen" erklärt. Das sei dem russischen Botschafter Sergej Netschajew bei einem Gespräch im Auswärtigen Amt erklärt worden, sagte Außenministerin Annalena Baerbock in Berlin. Ein solcher Schritt kommt einer Ausweisung der Diplomaten gleich.
Zuvor hatte das Berliner Kammergericht einen 56-jährigen Russen zu lebenslanger Haft wegen Mordes an einem Georgier tschetschenischer Abstammung verurteilt. Die Staatsschutzkammer sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte im August 2019 im Auftrag staatlicher russischer Stellen handelte, als er sein Opfer mitten in einer Berliner Parkanlage erschoss. Das Gericht folgte damit der Argumentation der Bundesanwaltschaft.
Der Getötete lebte seit Ende 2016 als Asylbewerber in Deutschland. Er war von russischen Behörden als Terrorist eingestuft worden. Die Bundesanwaltschaft sieht darin das Motiv für die Tötung. Der Mann sei insbesondere deshalb als Staatsfeind betrachtet worden, weil er im Tschetschenien-Krieg gegen Russland gekämpft habe. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte den Mann einen "Banditen" und "Mörder" genannt.
Das Gericht habe festgestellt, dass der Mord "im Auftrag von staatlichen Stellen der Russischen Föderation verübt wurde", sagte Baerbock. Dies sei "eine schwerwiegende Verletzung deutschen Rechts und der Souveränität der Bundesrepublik Deutschland".
Sie habe bereits gestern mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow telefoniert und bekräftigt, dass sie einen offenen und ehrlichen Austausch mit Russland wolle. "Dieser muss auf dem Boden des Völkerrechts und des gegenseitigen Respekts stattfinden", betonte die Grünen-Politikerin.
Es sei klar, dass Handlungen wie der Mord im Tiergarten diesen Austausch schwer belasteten. "Die Bundesregierung wird alles tun, was nötig ist, um die Sicherheit in unserem Land und den Respekt vor unserer Rechtsordnung zu gewährleisten."
Das Verfahren zeigt, wie ein Rechtsstaat funktioniert - aber auch, wo er an Grenzen stößt, meint Silvia Stöber.
Auch Russland kündigt Reaktion auf Urteil an
Zuvor hatte auch der russische Botschafter Netschajew eine Reaktion auf das Mordurteil angekündigt. Einzelheiten nannte er zunächst aber nicht. "Es handelt sich dabei um einen offensichtlich unfreundlichen Akt, der nicht unerwidert bleibt", erklärte er. "Auch der Zeitpunkt der Urteilsverkündung wird nicht von ungefähr ausgesucht sein. Offenbar hat jemand ein Interesse daran, dass der Dialog zwischen Russland und der neuen Bundesregierung von Beginn an dadurch überschattet wird."
Das Urteil sei "nicht objektiv, politisch motiviert und für das ohnedies schwierige deutsch-russische Verhältnis gravierend belastend", kritisierte der Botschafter. Den Vorwurf, dass die Russische Föderation an der Tat beteiligt gewesen sein soll, bezeichnete er als "absurd".
Deutschland hatte bereits nach den ersten Ermittlungsergebnissen des Generalbundesanwalts zu dem Fall zwei russische Botschaftsmitarbeiter ausgewiesen. Damals hatte Russland mit der Ausweisung zweier deutscher Diplomaten reagiert."
Quelle:tagesschau.de
Ich frage mich, ob Putin wirklich glaubt er könne einen Krieg auf die Ukraine beschränken, oder ist er wirklich so verrückt und/oder senil um dies als reinen Belastungstest der Fähigkeiten und Geduld der NATO zu sehen?
Die ständigen Provokationen sind zugegebenermaßen so dem Still der 1950ziger Außenpolitik angelehnt. Aber im atomaren Zeitalter geht das so schnell nach hinten los. Er ist wahrlich ein Kind des KGB, das russischer Zar geworden ist.
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24.02.2022 |
RipVanWinkle
Wonderbolt
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Ich glaube inzwischen können wir die Titelfrage zweifelsfrei mit Ja beantworten.
Ich verstehe das ganze nur nicht so richtig. Was verspricht er sich davon ein Land zu erobern dessen Einwohner es hassen werden Teil Russlands zu sein? Geht es ihm um sein Vermächtnis oder will er so verhindern, dass die Nato die Ukraine aufnimmt (was eigentlich mega unrealistisch ist)?
Die Propaganda von der russischen Seite her, dass es einen Genozid gäbe und man die Russen vor dem ukrainischen Regime schützen müsste ist ja komplett herbeigelogen.
Dost thou love life? Then do not squander time, for that’s the stuff life is made of.
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24.02.2022 |
Ayu
Faust
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RE: Russland wirklich so "böse"?
Laut meinem Import-Export Arbeitskollegen in Russland geht schon länger das Gerücht um dass Putin schwer krank ist und mit einer Wiedervereinigung noch mal schnell in die Geschichtsbücher eingehen will, dazu passt auch dass die Video-Kriegserklärung wohl vorgefertigt war.
Verglichen mit Lenin und Stalin hat er nichts Weltveränderndes erreicht, und mit den Konsequenzen wird er ja wohl nicht lange leben zu haben, "nach mir die Sintflut" oder so.
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