Falling
Prolog: Wingless Angel – Janina
Der Wind rauscht an meinem Körper vorbei, bläst alle Sorgen und Ängste dahin. Langsam kriecht die Kälte in mich und endlich verschwindet der Schmerz.
Wer ich bin?
Das ist nicht mehr die richtige Frage…
Wie ich heiße?
Mein Name ist unbedeutend, ich werde sterben. Ich lächle und genieße das Gefühl des Fallens. So habe ich mir das Gefühl zu Fliegen immer vorgestellt. Meine Tränen werden vom starken Wind einfach hinfort geblasen.
Was ich gerade tue?
Ich begehe Selbstmord.
Warum?
Das ist eine lange Geschichte, aber ich habe sowieso gerade nichts zu tun, also werde ich versuchen es zu erklären.
Eigentlich ist alles mit einem Umstand zu beschreiben. Mein Körper ist der eines Mannes und meine Seele die einer Frau. Könnt ihr euch vorstellen was das in einem Menschen verursacht? Nun ich kann in diesem Punkt nur für mich sprechen, aber ich tue mein Bestes um es euch nahe zu bringen.
Habt ihr schon einmal das Gefühl gehabt, dass euer Herz weint? Nach einer Trennung oder einem traurigen Film? Wenn ein Lieber gestorben ist? Dieses Gefühl begleitet mich mein ganzes Leben, egal ob ich lache, oder weine, ob ich ausgelassen bin, oder in mich zurückziehe. Mein Herz weint nicht… Es schreit.
Es schreit nach Erlösung, danach, dass dieser Schmerz endlich aufhört. Ich habe nie behauptet, dass meine Kindheit, oder mein Leben schlecht verlaufen sind, aber das Schreien meines Herzens hört einfach nicht auf und so habe ich aufgegeben dagegen zu kämpfen.
Zugegeben, ich habe mir eine seltsame Art ausgesucht zu sterben. Ich habe eben noch in einem Flugzeug gesessen und habe eigentlich einen Fallschirm auf dem Rücken. Unter mir kommt mir der Anblick der Erde immer näher, von einem schmalen Streifen blau durchzogen. Über diesem Streifen Blau verläuft quer ein Roter und bei dem Gedanken an die weltberühmte Brücke muss ich noch breiter Grinsen. Auf dieser Brücke gab es Telefone mit einem direkten Draht zu Seelsorgern, die Selbstmorde verhindern sollten. Aber ich weiche vom Thema ab… ein ständiger Kampf zwischen Körper und Seele ist keine lustige Sache und die Anpassungsmöglichkeiten sind… begrenzt.
Ich war schon immer eher zurückhaltend und schüchtern, was mir nie wirklich geholfen hat.
Warum ich mein Leben wegwerfe?
Gegenfrage, was würdet ihr tun? Hm, ist eigentlich auch egal. Die Frage nach dem Warum, stellt sich nicht länger. Denn ich falle bereits, falle durch die Luft wie ein Flügelloser Engel.
Warum diese Beschreibung?
Nun ein guter Freund von mir hat mir einmal gesagt, dass meine Seele ein wunderschönes, zerbrechliches Gebilde sei. Eine Skulptur eines Engels aus Glas. Normalerweise wird die zerbrechliche Seele durch den Körper geschützt, doch wenn der Körper selbst gegen die Seele aufbegehrt treffen alle Schläge von außen umso härter.
Und so ist es letztendlich passiert. Ich bin zerbrochen, am Leben, an der Welt, an den Menschen, an meinem Schmerz.
Ich spüre nichts mehr außer freudiger Erwartung der Linderung. Bis zuletzt habe ich daran geglaubt, dass es besser werden würde, dass meine Wunden heilen.
Ich war nie ein religiöser Mensch. Mich erwarteten kein Himmel und auch keine Hölle. Ich wollte einfach aufhören zu existieren, in das ewige Nichts eintauchen.
Bald…
Ich kann nun schon die Pfeiler der Brücke erkennen. Ich verabschiede mich von der Welt.
Nur noch ein bisschen…
Die Wellen auf dem Fluss werden sichtbar.
Gleich...
Mein Herz hüpft vor Freude und ich bereue nichts. Ein Lied kommt mir in den Sinn (
).
Ich schließe meine Augen und lächle, zum ersten Mal seit langer Zeit…glücklich.
Ein Gefühl erfasst meinen Körper, ich falle in weiche Wolken und weiß genau…
Ich bin Tot.