Also ich muss meine Meinung teils zurücknehmen.
Ich hab mich heute nochmal eingehend mit dem Thema beschäftigt.
Und
nein, ich möchte mir keine Tulpa im eigentlichen Sinne erschaffen.
Der Ausmaß einer Tulpa war mir bisher nicht ganz bewusst.
Mit der einzigen Person, die ich kenne und die eine Tulpa hat, habe ich lange nicht mehr geredet. Und auch nie sonderlich konkret.
Und ansonsten hab ich bisher nur schwammige Beschreibungen aus zweiter Hand gelesen.
Nun, da ich mich mal ausführlich online informiert habe ... und mir diesen gesamten Thread reingezogen hab ... muss ich sagen:
1.) Eine "wirkliche" Tulpa würde mir nicht gelingen.
Das weiß ich; dieses Maß an Konzentration und Beherrschung der eigenen Gedanken könnte ich nicht aufbringen.
Ein Gedankenwesen, das so real erscheint wie die Realität?
Mit dem man theoretisch sogar Sex haben könnte? Wirklich?
Nein.
2.) Eine "wirkliche" Tulpa würde ich gar nicht wollen.
Ein Gedankenwesen, das
immer da ist?
An das man sich nicht 'erinnern' muss, um es herbei zu rufen?
Das würde mich arg strapazieren, selbst
wenn ich es könnte. Wenn ein Teil des eigenen Geistes so sehr zu einer "Person" gespalten ist, muss man sich doch so fühlen, als stünde man unter Dauerbeobachtung.
Das möchte ich nicht.
An was ich bei meinen Plänen gedacht habe ... war eine Art "Halb-Tulpa".
Ein gedankliches Wesen, das ich jederzeit durch meine Vorstellungskraft "herbei rufen" kann - aber genauso jederzeit auch wieder ausblenden.
Eine Imagination, die ich bewusst kontrollieren kann, wenn ich das will.
Die aber ansonsten so gut wie möglich den Anschein erweckt, als würde sie ganz eigenständig handeln.
Dafür muss das alles nicht 100% unterbewusst ablaufen. Man sagt, es gibt nichts schnelleres als den Gedanken. Damit ist auch der bewusste Gedanke gemeint. Ein gezieltes Ausblenden der eigenen Kontrolle reicht schon aus, um dem Tulpa ein "Eigenleben" zu verschaffen.
Moment mal ... ist das dann schon unterbewusst? Who cares. Ich sag' mal 50/50.
Ich muss meine Tulpa auch nicht sehen wie gerade den Laptop auf meinem Schoß.
Es reicht mir, ein bewegtes Bild von meinem inneren Auge in meine Umgebung zu projezieren. Und dieses Bild (z.B. sein Fell) rein mental zu ertasten.
Dabei geht es mir nicht um Perfektion. Es geht mir darum, dass ich selbst damit zufrieden bin.
Was ich von meiner "Halb-Tulpa"™ erwarte?
Naja:
- Verbesserung meiner imaginären Fähigkeiten und Konzentration (meine Konzentration kann's gebrauchen
)
- "Jemanden", mit dem ich mich bei Problemen beratschlagen kann, die ich nicht unbedingt anderen Menschen anvertraue. Selbstgespräche in gehobener Form sozusagen.
- und der allerwichtigste Grund:
Natürlich werde ich über die Zeit auch garantiert eine persönliche Bindung ("Freundschaft") mit meiner "Halb-Tulpa" aufbauen.
Auch wenn ich sie nur "aus meinem Geist hervor rufen" werde, wenn ich sie gerade brauche.
Ich weiß, dass es so sein wird; denn so bin ich.
Ich werde ihr ein Charakterkonzept entwerfen, bevor ich mit dem Forcieren (= gezieltes Training der Vorstellungskraft) anfange.
Aber durch unsere Interaktionen wird sich ihr Charakter über die Zeit auch weiterentwickeln. Character development macht eine Persönlichkeit erst aus. Und eine Kreativität, die zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein liegt, macht's möglich.
Auf solche Fälle von "Halb-Tulpae" bin ich teils auch gestoßen auf meiner Online-Recherche. Deckt sich mit dem, was ich von Anfang an vorhatte.
Auch das erfordert natürlich schon Mühe, doch die Grundlage sollte innerhalb weniger Wochen geschaffen sein - durch bewusstes visuelles Forcieren und gezielte "Interviews" mit der "Halb-Tulpa", um an der Kommunikation zu feilschen.
Mit der Zeit kann die Interaktion mit diesem Gedankenwesen natürlich nur besser werden.
Die Unterschied zu einem gewöhnlichen "Fantasiefreund" (oh Luna, ich hatte als Kind ein ganzes Team von Fantasiefreunden
) sind folgende:
- das angesprochene "Eigenleben", das eine "Halb-Tulpa" teilweise schon besitzt. Mit meinen Fantasiefreunden habe ich bloß gespielt wie mit Marionetten, die sich in meinem Kopf bewegen. Ich habe ihnen keine Chance gelassen, eine Persönlichkeit zu formen.
- der Realismus. Welches Kind denkt sich keine abstrusen Situationen mit seinen Fantasiefreunden aus? Also bei mir war's die pure Verrücktheit manchmal.
Das ist hier natürlich fehl am Platze.
- der Nutzen. "Halb-Tulpae"
sind fortgeschrittene Fantasie-Freunde, aber die Nutzen (weiter oben angesprochen; alles außer das "Awesome! That sounds fun!") kann man als Kind kaum erkennen. Kinder erschaffen sich ganz intuitiv Gedankenwesen. Warum sollte man das nicht als Jugendlicher/Erwachsener noch einmal aufgreifen und ausweiten?
Ich werde mir also eine Halb-Tulpa™ erschaffen.
In einer wirklichen Tulpa sehe ich keine Risiken (wer sein Gehirn schon soweit unter Kontrolle hat, sollte mit seiner eigenen Kreation klarkommen), aber ich persönlich brauche keine. Wie gesagt, ich würde es als strapazierend empfinden.
Abgesehen davon, dass es extrem schwierig klingt.
Wer das Versuchen will: viel Erfolg!
Falls es jemand schafft, würden mich Berichte brennend interessieren.
Neidisch bin ich da sowieso nicht.
Vielleicht gefällt auch ja auch jemandem die Idee der "Halb-Tulpae"?
Mir reicht das ja völlig.
Ich werde mir eine erschaffen und melde mich wieder, wenn ich für's erste zufrieden damit bin. *squee*
Übrigens wird es eine Gestaltenwandlerin mit Vorliebe für Fledermäuse.
Fiktive Charaktere sind keine gute Option.
Es gelingt den wenigsten Leuten, die Persönlichkeit dieses Charakters in einer (Halb-)Tulpa einzufangen.
Das Gedankenwesen bleibt "out of character", man ist frustiert und unzufrieden und Erwartungen bleiben unerfüllt. Kurz: das ganze Projekt ist zum Scheitern verurteilt.
Eine Imagination braucht Zeit, um eine ganz eigene Persönlichkeit zu entfalten.
Eine imaginäre Pinkie wäre das genialste für mich, aber ich würde Pinkies Persönlichkeit nicht gerecht werden - und das ist das letzte, was ich will.
Meine Vorstellungskraft ist jemandem wie ihr nicht gewachsen. ^^
~ Lunara