(22.06.2014)Sceethe schrieb: Windows 7, Service Pack 2.
Kann mir jemand erklären,warum man Linux oder ähnliches Windows vorziehen sollte?
Ich verstehe das wirklich nicht, wobei ich zugeben muss, dass ich mich noch nicht sehr tief damit beschäftigt habe.
Windows hat eigentlich nur noch Vorteile, wenn du
- immer the latest & greastest games mit üppigstmöglicher 3D-Grafik spielen mußt (und auch da holt Linux auf)
- unbedingt und zwingend angewiesen bist auf Microsoft Office, obwohl es längst z. B. LibreOffice gibt (meines Wissens läuft Office mittlerweile auch über Wine)
- unbedingt und zwingend vollprofessionelle Kreativsoftware brauchst wie Cubase (Ardour und Rosegarden sind dir nicht gut genug), Photoshop CS (GIMP ist dir nicht gut genug) oder InDesign (LaTeX ist dir nicht gut genug, oder du bestehst auf einer Klickibunti-WYSIWYG-Oberfläche)
- du der absolute Windows-8-Kachel-Fanboi bist
Ansonsten gibt's wenig, was Linux noch nicht kann. Ich hatte
hier schon einiges dazu geschrieben (gut die Hälfte des Postings runterscrollen). Aber noch einmal...
tl;dr:
Es kostet nichts.
Es ist frei wie Freiheit.
Du hast eine Riesenauswahl an Distributionen und grafischen Oberflächen für jeden Geschmack und kannst dir viel mehr hinbiegen als unter Windows.
Linux bringt meistens reichlich Software mit, für deren kommerzielle Windows-Pendants du eine Menge Geld hinlegen darfst.
Kein unkontrollierter Systemzugriff durch normale Benutzer.
Keine Viren.
Noch mehr Sicherheit durch offenliegende Quellcodes.
Paketverwaltung, die das System und die Software zentral installiert und aktualisiert, ohne CDs/DVDs zu kaufen oder *.exes aus dem Netz runterzuladen.
Häufigere und viel schnellere Updates – jeder Tag ist Patchday.
Ausgefuchstere Bedienung.
Bessere Konfigurierbarkeit.
Live-Medien – Linux kann von CD/DVD/USB-Stick genutzt werden, ohne installiert zu werden.
In lang:
Kosten: Fast jede Linux-Distribution ist kostenlos. Die, die Geld kosten, spielen keine Rolle. Und wenn du in den Laden gehst und eine Schachtel SuSE oder Ubuntu kaufst, kaufst du keine Lizenz fürs Betriebssystem wie bei Windows oder OS X, sondern nur eine hübsche Schachtel, den Installations-Silberling und das darin befindliche Handbuch auf totem Baum. Die sind dann der einzige Unterschied zur Download-Version.
Auch dann zahlst du nur einmal – das System selbst ist für lau, und sämtliche späteren Updates, egal wie umfangreich, sind es auch.
Und die meisten Distributionen lädt man sich eh legal und kostenlos aus dem Internet runter.
Freiheit: Linux ist nicht nur frei wie Freibier, sondern frei wie Freiheit und freie Rede. Es gibt dahinter keinen Konzern wie Microsoft oder Apple, der dir sagt, was du damit machen darfst und was nicht. (Zugegeben, heutzutage gibt es erschreckend viele Menschen, die dieses Konzept nicht begreifen, und denen es komplett egal ist.)
Auswahl und Individualisierung: Es gibt von Microsoft offiziell nur 1 Windows in verschiedenen Größen. (Außer man kauft Altlizenzen.) Dies hat nur 1 Oberfläche – Ausnahme: Windows 8, das hat 2 Oberflächen. Und viel an denen verstellen kann man nicht.
Linux gibt es in Form von dutzendweise Distributionen für jeden Geschmack. Und es gibt gleich eine ganze Anzahl an Oberflächen vom kargen Tiling Window Manager bis zur opulenten Desktopumgebung mit allem Schnickschnack. Viele Distributionen gibt es mit verschiedenen vorinstallierten Oberflächen, die anderen kann man fast immer nachinstallieren. Und was das Individualisieren angeht: Wer glaubt, er kann sein Windows 8 super verstellen, wird nicht glauben, was er sieht, wenn jemand an seinem KDE oder Xfce herumbastelt. Das sind Sachen, die unter Windows teilweise nicht mal mit Third-Party-Software gehen.
Wenn Windows einen annervt, kriegt man es nicht auch von woanders her und anders aufgebaut. Dann muß man ganz von Windows weg, also sich entweder einen Mac kaufen oder auf Linux umsteigen. Linux dagegen: Wenn einen z. B. Ubuntu annervt, kann man wechseln zu Debian, zu Mint, zu Fedora, zu SuSE, zu Arch, zu Elementary, zu Gentoo... und ist immer noch bei Linux.
Funktionsumfang: Wenn du eine der gängigen Desktopdistributionen installierst, kommt immer gleich ein ganzer Sack voll Anwendungen mit. Windows ist da eher karg, weil man für fast alles extra bezahlen soll. Stell dir vor, du installierst Windows und kriegst Office, Photoshop, iTunes, Firefox, Thunderbird, VLC und dergleichen alles gleich mitinstalliert. Unter Linux kriegst du das. Gut, jetzt nicht MS Office, Adobe Photoshop usw., aber entsprechende Freie Software.
Als langjähriger Linuxer geht es einem irgendwann auch auf den Zeiger, daß es unter Windows so ein Akt ist, z. B. Kompilierumgebungen, einen ssh-Client, einen ssh-Server oder gar Unterstützung für Nicht-Windows-Dateisysteme einzurichten. Unter Linux ist es entweder eh vorinstalliert (Gentoo könnte ohne C, C++ und dergleichen Compiler gar nicht funktionieren) oder kommt ruckzuck aus der Paketverwaltung (siehe da), und was Dateisysteme angeht, mountet Linux out of the box so ziemlich alles, was ihm vor die Flinte kommt, und zwar mit Schreibzugriff, derweil OS X und Windows nur FAT und hauseigene Filesystems einhängen können.
Sicherheit I: Benutzer: Unter
jedem unixoiden System, das nicht gerade irgendwo embedded oder auf einem Smartphone oder Tablet läuft und bedient werden können muß von Leuten, die von Computern keine Ahnung haben, ist es
immer so, daß Benutzer eingeschränkte Rechte haben. GNU/Linux, Apple OS X, FreeBSD, Solaris usw. usf. Installier dir ein Linux, und es wird für dich einen Benutzer anlegen, für den du deinen Namen eingibst – und dieser Benutzer hat eingeschränkte Rechte und
keinen Schreibzugriff auf Systemdaten.
Viele Linux-Distributionen legen ein root-Konto mit vollen Rechten gar nicht erst an. Wenn du da irgendwas am System ändern willst, brauchst du sudo – im Prinzip für jeden Befehl. Und sudo darf dann auch nicht jeder, abgesehen davon, daß es immer eine Paßworteingabe braucht.
Wenn du Windows installierst, hat das erste Konto immer volle Adminrechte. Das wird bei der Installation aber nicht gesagt, und Windows rät auch nicht davon ab, das als Produktivkonto zu benutzen. Deshalb sind laut einer Umfrage 95% aller Windows-User mit vollen Schreibrechten auf ihr System unterwegs. Finden die meisten voll supi praktisch und so, aber: Jeder Schädling, der unter deinem Benutzerkonto läuft, läuft mit deinen Rechten! Unter Windows also meistens mit Adminrechten, unter Linux mit eingeschränkten Rechten. Und ein Virus kann kein Superuser-Paßwort eingeben – ja, okay, man könnte es per Keylogger abgreifen, aber schon der Keylogger kann sich nicht installieren ohne root-Rechte, und dafür bräuchte er das Superuser-Paßwort usw.
Deswegen ist es so schwierig, unixoide Desktop-Systeme zu infizieren: Viren, Trojaner usw. werden mit eingeschränkten Rechten gestartet und können am System nichts verändern.
Womit wir wären bei
Sicherheit II: Schädlinge: Es gibt praktisch keine Viren, Würmer, Trojaner etc. für Linux, und die für Windows laufen nicht unter Linux. Virenbau für Linux lohnt sich nicht. Erstens: Linux ist sauschwer zu infizieren. Siehe oben. Zweitens: Für Windows ist es schon deshalb lohnenswerter, weil es mehr infizierbare Rechner gibt. Drittens: Linux ist jetzt nicht unbedingt ein System, das benutzt wird von DAUs, die auf jeden Scheiß klicken, denen man also darüber ganz prima Viren unterschieben kann. Wer Linux nutzt, tut das für gewöhnlich mit Hirn an und gibt nicht sein Paßwort (für sudo) oder das Superuser-Paßwort (wenn's kein sudo gibt und er das Superuser-Paßwort hat) ein in einem Popup-Fenster, von dem er gar nicht weiß, was das tut. Das macht Infektionen noch schwieriger.
Sicherheit III: Quelloffene Software ist sicher: Klingt komisch, ist aber so. Man könnte jetzt meinen: Ja, wenn der Quellcode frei zugänglich ist, dann könnte da jeder dran rumpfuschen und was reinbauen, was da nicht reingehört. Mitnichten. Jede Änderung am Code fällt auf, weil das genau überwacht und dokumentiert wird. Wenn die NSA in GnuPG eine Hintertür reinbastelt, wird die rumsbums gefunden, gerade weil es quelloffen ist. (Es gibt da einen schönen UNIX-Befehl namens
diff, mit dem man zwei Dateien miteinander vergleichen kann. Man vergleiche einfach zwei Versionen des Quellcodes miteinander, dann sieht man, was da reingekommen ist, was nicht dokumentiert wurde.)
Falls der Maintainer einer Software von der NSA gezwungen wird, eine Hintertür einzubauen und drin zu lassen, sprich, alle Versuche abzuwehren, sie wieder auszubauen, greifen die üblichen Free-Software-Lizenzen: Die ermöglichen nämlich einen Fork – will sagen, von dem ganzen Softwareprojekt wird ein neues Projekt abgespalten, das dann nicht mehr vom alten Maintainer betreut wird, und das ein neuer Maintainer komplett unabhängig davon weiterentwickeln kann. (Übrigens ist es häufig üblich, daß nach einem Fork Änderungen am Original, sofern die als sinnvoll erachtet werden, auch in den Fork übernommen werden.)
Linux besteht praktisch ausschließlich aus quelloffener Software. An Binärblobs gibt's höchstens Gerätetreiber oder -firmware vom Hardwarehersteller selbst. Die sind zu low-level, um nach Hause zu telefonieren oder ähnlichen Unfug anzustellen, und selbst wenn sie es versuchen würden, würde die freie Umgebung sie daran hindern.
Paketverwaltung: Windows hat sie gar nicht, und wenn, dann nur über Umwege als Third-Party-Krücke – jede Linux-Distribution hat sie von Anfang an installiert – die Paketverwaltung. Man stelle sich ein zentrales Tool vor, mit dem Software installiert und aktualisiert wird. App Stores aller Art sind da abgekupfert und runtergeblödet. Die Paketverwaltung kümmert sich wirklich um
alles an Software auf der Kiste: das Betriebssystem selbst, die Oberfläche, Browser, Mailclient, Office-Paket, Spiele, absolut alles (zumindest alles, was in den Software-Quellen drin ist, und das läßt selten zu wünschen übrig und ist nicht selten sogar noch erweiterbar). Man braucht auch nie wieder irgendwas einzeln händisch zu aktualisieren – das macht alles die Paketverwaltung.
Mal ein Beispiel:
- LibreOffice unter Windows installieren: Browser öffnen, de.libreoffice.org (oder das erst googlen), durch die Downloads klicken, Installer runterladen, Explorer öffnen, zum Download-Ordner gehen, Installer doppelklicken, evtl. bestätigen, daß man das auch darf und will (in 1 von 20 Fällen Paßwort eingeben, alle anderen sind eh als Admin unterwegs), durch die Installation klicken, dann erst startet die Installation.
- LibreOffice unter Windows aktualisieren: genau dasselbe Prozedere noch einmal, weil der interne Updater immer noch nicht funktioniert.
- LibreOffice unter Linux installieren: häufig sinnlos, weil schon vorinstalliert. Falls nicht:
Entweder in der Konsole den entsprechenden Befehl eingeben (z. B. sudo apt-get install libreoffice oder sudo pacman -i libreoffice o. ä.), Paßwort eingeben, Download und Installation laufen ohne weiteres Zutun durch.
Oder GUI der Paketverwaltung öffnen, LibreOffice anwählen (alle Abhängigkeiten werden automatisch mit angewählt), ein Mausklick, eine Paßworteingabe, Download und Installation laufen ohne weiteres Zutun durch.
- LibreOffice unter Linux aktualisieren: Entweder in der Konsole den allgemeinen Update-Befehl (oder die beiden) eingeben, Paßwort, und LibreOffice wird zusammen mit allen anderen anfallenden Updates aktualisiert.
Oder GUI der Paketverwaltung öffnen, Aktualisieren klicken, Aktualisierungen anwählen (auch nur ein Klick), das ganze mit einem dritten Klick anstoßen, Paßwort, und alle anfallenden Updates werden automatisch installiert, darunter auch LibreOffice.
Oder du kriegst gleich von der Update-Verwaltung eine Mitteilung, daß Updates anstehen, dann kostet dich das genau einen Mausklick und ggf. noch eine Paßworteingabe (wobei einige Updateverwaltungen das inzwischen nicht mehr brauchen, weil du ihnen nicht reinpfuschen kannst).
Bei einigen Distributionen bekommt man über die Paketverwaltung sogar neue Versionen des ganzen Systems, will sagen, der ganzen Distribution. Unter Windows wiederum kann man (natürlich) nicht per Windows Update einfach mal XP → Vista → 7 → 8 updaten.
Schnelle Aktualisierungen: A propos Paketverwaltung, Linux hat nicht wie Windows einmal im Monat Patchday. Linux hat quasi jeden Tag Patchday. Will sagen: Eine Linux-Distribution wartet nicht bis zu irgendeinem festgelegten Patchday, bis sie Updates ausrollt – sie rollt sie aus, wenn sie sie hat. Punkt. Wenn irgendwelche sicherheitskritischen Updates anstehen, heißt es nicht: Ja, Patchday ist erst in drei Wochen, deal with it, sondern da werden die Sicherheitspatches sofort rausgeschoben ohne Wenn und Aber. Teilweise kriegt man Updates mehrmals am Tag, gerade bei Distributionen, die mehr auf aktuelle Software als auf absolut garantierte Stabilität setzen (z. B. Debian testing/unstable, Arch). Ich beispielsweise hatte hier (Manjaro) heute morgen erst einen großen Haufen Updates, jetzt gibt's wieder 23.
Look & Feel, Bedienung: Wie gut Linux optisch zu verbiegen geht und wie flexibel es ist, hatte ich schon erwähnt. Man muß sich nur mal Screenshots verschiedener Distributionen ansehen, dann glaubt man als jemand, der nur Windows kennt, nicht, daß das immer noch ein und dasselbe Betriebssystem ist.
Allein schon im täglichen Umgang mit der grafischen Oberfläche war Linux vor 10 Jahren weiter, als Windows es in 5 Jahren sein wird. Seit Linux grafische Oberflächen kann, kann es wie zuvor UNIX virtuelle Desktops, zwischen denen man wechseln kann. Out of the box. Das hatte UNIX schon in den 90ern serienmäßig, und unter Windows muß man das nachinstallieren, und dennoch läuft es nicht so geschmeidig wie unter UNIX und Linux, weil viele Anwendungen gar nicht darauf ausgelegt sind.
Windows hat seine eine Leiste, die seit 1995 ihre feste Reihenfolge der Elemente hat. Startbutton, Desktop, Quickstart, Fensterleiste, Systray. Die Höhe ist entweder gar nicht oder in zwei Stufen einstellbar, die Breite ist immer 100%. Zumindest die Position ist variabel. Die meisten Fenstermanager und Desktopumgebungen unter Linux haben dagegen eine fast unendliche maximale Anzahl an Leisten (na ja, mehr als 12 sind's eher nicht, weil es nicht mehr mögliche Positionen gibt; mehr gehen nur, wenn man sie nicht auf jedem Desktop anzeigt). Die Breite ist bei den großen Desktops variabel und kann sich an den Inhalt anpassen, 100% gehen auch, und die Höhe ist in 1-Pixel-Schritten einstellbar mit sauber skalierenden Icons (die meisten Linux-Icons sind nämlich Vektor- oder sehr hochauflösende Pixelgrafiken). Und der Inhalt ist auch variabel. Linux kann inzwischen optisch sehr nah an diverse Windows-Versionen und an OS X heranrücken.
Seit es Compositing gibt (Beryl, Compiz, Compiz Fusion, einige Desktopumgebungen haben heute ihren eigenen Compositor), gibt's nicht nur Schatten-, Glüh- und Transparenzeffekte, sondern, wenn man as will, auch so nette Sachen wie den Desktopwürfel, der mindestens 4 Desktops beim Weiterschalten als rotierenden 3D-Würfel darstellt. Nicht kriegsentscheidend, aber wer beim Desktop auf Show & Shine steht, wird das lieben. Ach ja, Compositing hab ich schon 2006 benutzt – das war zu XP-Zeiten, und XP konnte nicht mal Transparenz.
3 Fensterbuttons? That's cute. Ich hab hier (Manjaro mit KDE) 7 Buttons, von links nach rechts:
- Anpinnen (Fenster auf allen Desktops sichtbar)
- Fenster immer im Vordergrund (wird also nicht von anderen Fenstern überdeckt)
- Fenster immer im Hintergrund (kommt also nie von sich aus nach vorne)
- Einrollen (Fenster wird auf seine Titelleiste reduziert – mit Animation)
- Minimieren
- Maximieren (hab ich erwähnt, daß Linux schon lange auch nur vertikal und nur horizontal maximieren kann?)
- Schließen
Alles natürlich variabel einstellbar. Ich kann auch alle entsorgen oder nur die drei von Windows benutzen oder diese drei wie beim Mac nach links legen oder was weiß ich noch alles.
Oder Tastatureingabe. Die Alt Gr-Taste kennt ihr hoffentlich. Unter Windows ermöglicht sie auf 12 Tasten ein drittes Zeichen. Unter Linux ermöglicht sie auf
allen Tasten (inklusive Space, wo das einstellbar ist) ein drittes und auf fast allen (immer noch inklusive Space) zusammen mit Shift ein viertes. Ich kann mit einer einzigen Tastaturbelegung französisch, spanisch, portugiesisch, polnisch, tschechisch, dänisch, isländisch usw. schreiben und hab noch ganz andere Zeichen zur Hand wie anständige Anführungszeichen und Striche, Pfeile, Ḧëävÿ-Mëẗäl-Ümläüẗë oder Tradesnark™. Wenn das immer noch nicht reichen sollte, gibt's – ebenfalls aus guten alten UNIX-Zeiten – die Compose-Taste, die bei mir (auch das ist variabel) wie bei den guten alten Sun-Tastaturen da liegt, wo Windows die Menütaste hat. Das ist sozusagen die clevere Variante von ASCII-Codes: Statt nichtssagende Zahlen auswendig zu lernen, setzt man Zeichen selbsterklärend zusammen. å ist da nicht Alt + 0134, sondern Compose, o, a.
Konfiguration: Ich höre immer wieder Leute stöhnen, daß unter Linux alles Mögliche in Textdateien eingestellt wird. Ist doch prima! Für diejenigen Einstellungen, für die es keine GUI gibt, gibt's meist auch unter Windows keine. Da kann man die Einstellungen entweder nur per Registry Editor tätigen, also per Rumfuhrwerken in der Registry, oder überhaupt nicht. Unter Linux erledigt man dieselben Konfigurationen in eigentlich nicht mal so kryptischen Textdateien, die mit jedem x-beliebigen Texteditor (außer vielleicht Windows Notepad) bearbeitet werden können.
Überhaupt die Registry. Ein gigantischer binärer, proprietärer Konfigurationsblob, der nur mit speziellen Tools zu bearbeiten geht, die dann auch noch unter demselben Windows laufen müssen, das diese Registry gerade steuert. Wenn man die Registry derart vermurkst, daß Windows nicht mehr startet, kann man nur noch seine Daten mit einem Linux-Live-System sichern und die Kiste neu aufsetzen. Linux hat statt dessen seine zahllosen kleinen und großen Textdateien unter /etc (dito auch jedes andere unixoide Betriebssystem, also auch OS X, iOS und Android, wobei Android ja gewissermaßen Linux ist). Es ist schwierig, damit das System so zu beschädigen, daß es gar nicht mehr startet. Selbst wenn die grafische Oberfläche nicht mehr startet, kann man von einem tty, also einer Textkonsole, aus mit Texteditoren wie [Glaubenskrieg]vi, emacs oder nano[/Glaubenskrieg] es wieder hinbiegen – oder ein Update mit dem Paketmanager fahren oder oder oder. Geht auch tty nicht mehr, aber der ssh-Server läuft noch, kann man sich ins System sshen und es damit reparieren. Ist es so verbaselt, daß es gar nicht mehr startet, bootet man auf demselben Rechner einfach eine Live-Distribution und editiert von der aus die defekten Konfigurationsdateien.
Die Textdateien haben noch andere nette Vorteile: Man kann sie sich irgendwo sichern, wenn man sie mal woanders braucht, auch mal in Auszügen. Oder man kann sie online posten zu Demonstrations- oder Hilfszwecken bzw. sich umgekehrt Konfigurationen als Kopierpastete aus dem Netz holen.
Last but not least,
Live-Systeme: Linux muß nicht installiert werden, um zu funktionieren. Es gibt sogenannte Live-Systeme, die direkt von CD, DVD oder USB-Stick starten. Damit kann man die Distribution testen, ohne sie zu installieren. Viele Desktop-Distributionen kommen sowieso mit Live-Medien zur Installation, und man kann das System schon benutzen, bevor und während es installiert. Man kann auch auf Rechnern mit zerschossenem Windows mal eben ein Live-Linux starten und je nach Auslegung des Live-Systems einfach nur seine Daten sichern oder gleich Windows damit reparieren. Und dann gibt's noch Systeme wie TAILS (The Amnesiac Incognito Live System), deren Sicherheit und Anonymität darauf beruht, daß sie von einer CD gestartet werden und standardmäßig keinen Schreibzugriff auf irgendeinem Datenträger haben, um keinerlei Spuren auf dem Rechner zu hinterlassen.
Daß man sich die selber anfertigen kann (ja sogar muß), versteht sich von selbst.