Das war er also, der Auftakt zur fünften Staffel. Inhaltlich deutlich vom Auftakt oder auch gerade vom Ende der vorherigen Staffel entfernt, denn wer hier magische Duelle von epischem Ausmaß erwartet hat, wurde enttäuscht. Dennoch konnte die Doppelfolge überzeugen. Aber der Reihe nach:
Direkt zum Anfang sieht man Twilights neues Schloss - und ich habe mich immer noch nicht an das Erscheinungsbild in Ponyville gewöhnt. Etwas schade ist es, dass mit Ausnahme des Anfangs Spike in der gesamten Doppelfolge keinen Auftritt hat. Wir werden sehen, ob er in dieser Staffel (wie auch in der vergangenen) etwas zu kurz kommt oder ob sein Fehlen hier folgenspezifisch ist. Da er kein Cutie Mark besitzt, was aber für den Aufbau dieser Folge wesentlich ist, könnte sein Fehlen zumindest plausibel erklärt werden.
Das unscheinbare kleine Dorf, in dem alle Ponys das Gleichheitszeichen als Cutie Mark besitzen und anscheinend auch permanent freundlich sind und lächeln, macht neugierig, was genau es damit auf sich hat, da es trotz (oder gerade wegen) seiner Freundlichkeit befremdlich wirkt. Ausgerechnet Pinkie Pie ist direkt zu Beginn skeptisch – ein Gefühl, welches sich auch auf den Zuschauer überträgt.
Als kleines Detail: Alle, die sich beschwert haben, dass in der Serie zu wenig männliche Ponys auftauchen, können sich ein wenig freuen, denn die erste Begrüßung im Dorf erfolgt von zwei männlichen Ponys.
Der erste Auftritt von Starlight Glimmer wirkte ebenso freundlich wie der der anderen Ponys im Dorf. Dies ist insofern erwähnenswert, da sie einer der wenigen Antagonisten bei My Little Pony ist, der nicht zu Beginn offensichtlich als solche zu erkennen sind. Egal ob es nun Nightmare Moon, Discord, Sombra oder Tirek waren: alle verbargen ihre tatsächlichen Absichten nicht. (Chrysalis ist mit ihrer anfänglichen Tarnung etwas schwer einzuordnen, aber zumindest als sie sich optisch zu erkennen gibt, sind ihre Absichten deutlich.)
In dem meiner Meinung nach gelungenen Lied über das Dorf macht Starlight Glimmer die Mane 6 mit ihrer Philosophie der Gleichheit bekannt und schafft auch, diese plausibel zu erklären: Es gibt keinen Wettbewerb und keine Ungleichheiten, sodass niemand auf den anderen herabschauen kann, was zu Missgunst und Disharmonie führen kann. Gerade das Fehlen von Wettbewerb ist offensichtlich ein Graus für Rainbow Dash, während die Einstellung der Gleichheit zumindest bei Fluttershy Gefallen findet.
Spätestens als Sugar Belle die Mane 6 zu einem Gespräch abseits der wachsamen Blicke der Öffentlichkeit bittet wird jedem klar, dass das zu Beginn geäußerte Misstrauen von Pinkie Pie gerechtfertigt ist.
Ging es eigentlich nur mir so, oder erinnerte auch andere die erste Szene der Cutie Mark Vault an ein riesiges Tablet mit Darstellung aller installierten Apps?
Die Inhaftierung sowie die Bekehrung der Mane 6, inklusive der Lautsprecherdurchsagen zu Beginn von Teil 2 haben etwas von Orwells "1984". Dort werden Abtrünnige ebenfalls "umerzogen" und die Einwohner werden über den Teleschirm permanent mit Propaganda der Partei berieselt. Auch die Durchsagen in dieser Folge haben etwas von den Parteiparolen aus 1984 (wie beispielsweise "Freiheit ist Sklaverei"). Auch die Szene gegen Ende, in der die Schließfächer der Cutie Marks zerstört werden, erinnert an einen Werbespot von Apple, der Bezug auf Orwells "1984" nahm. Dieser hier:
Dass Fluttershy, die von allen am ehesten dem Leben in Gleichheit etwas abgewinnen konnte, schließlich einen wesentlichen Teil zur Lösung des Problems beiträgt, hat mir gefallen, ebenso die Lektion am Schluss, dass Gleichheit keine Bedingung für Freundschaft (oder das Zusammenleben generell) ist, sondern dass gerade in der Verschiedenheit Stärke liegt.
Ebenso gelungen fand ich die Auflösung, dass Starlight Glimmer als Anführerin der Gleichheitsbewegung persönlich gar nicht an Gleichheit interessiert ist und sich ihr Cutie Mark bewahrt hat, was meiner Meinung nach sogar einen leichten sozialkritischen Einschlag hat. Dass sie am Ende entkommt, war für mich die weitaus bessere Lösung, als sie in einem Gespräch binnen weniger Minuten zu läutern und die Welt ist wieder in Ordnung. Ich gehe davon aus, dass wir sie in Zukunft mit einem neuen Plan wieder sehen werden.
Insgesamt also eine gelungene Doppelfolge, die sich von den bisherigen Staffelauftakten etwas unterscheidet und zeigt, dass My Little Pony nach wie vor Potential besitzt. Man darf auf den weiteren Verlauf der Staffel gespannt sein!