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18.12.2024, 07:43



Der Kapitalismus als Gesellschaftsform
#1
06.07.2015
Smash Cory Offline
Changeling
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Beiträge: 939
Registriert seit: 07. Jun 2015

Der Kapitalismus als Gesellschaftsform
Ahoi ihr Lebenden,

im Zuge einer Diskussion mit dem HorstiDash kamen wir auf die Kapitalismuskritik zu sprechen. Mich würde nun interessieren, wie einige politisch interessierte Bronies (und der Rest natürlich auch Twilight happy ) dazu stehen.
Es geht mir hier weniger um die wirtschaftlichen Auswirkungen, die, mit Verlaub, durchaus annehmbar sind, als vielmehr um die gesellschaftlichen Auswirkungen. Gerade die moderne Philosophie beschäftigt sich mit der Kapitalismuskritik...
Wie steht ihr dazu?
Was macht der Kapitalismus in unserer Gesellschaft kaputt?
Das Thema wurde noch NICHT angesprochen, weil es hier eher darum geht, was der Kapitalismus mit UNSERER Gesellschaft anstellt, nicht darum, was er mit der Umwelt oder der Wirtschaft von Entwicklungsländern anstellt. Mir geht es hier vielmehr um die Probleme Deutschlands und einige Aspekte der modernen Geisteswissenschaften den Kapitalismus betreffend.
Okay?
Los geht es!

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#2
06.07.2015
Conqi Offline
(K)ein Fag
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Beiträge: 5.918
Registriert seit: 04. Mär 2012

RE: Der Kapitalismus als Gesellschaftsform
(06.07.2015)Smash Cory schrieb:  Was macht der Kapitalismus in unserer Gesellschaft kaputt?
[...]
die Probleme Deutschlands

Äußerst neutrale Einleitung in das Thema, muss ich ja sagen. Twilight: not bad Du hättest besagte Probleme meiner Meinung nach wenn dann auch ruhig zur Sprache bringen können.

Der Kapitalismus und die damit einhergehende Tatsache, dass meist nur persönlicher Erfolg einem direkt etwas bringt und nicht der Erfolg der Gesamtheit, sorgt natürlich für eine gewisse Ellbogen-Mentalität. Die meisten versuchen für sich selbst das meiste raus zu schlagen, was ein Nährboden für Missgunst ist. Aber so schlimm schätze ich ganz persönlich die Auswirkungen nicht ein. Zumindest in meinem Umfeld und meiner (bisher recht kurzen) Berufskarriere ist Neid und Missgunst kein sehr großes Thema, es wird durchaus an einem Strang gezogen und sich geholfen und beglückwünscht. Und da mich meine eigene Situation mehr kümmert als das, was ich von ein paar anderen Leuten höre, kann ich mich über den Kapitalismus nicht beschweren. Ich bin da recht egoistisch und glaube nicht, dass es eine Gesellschaftsform gäbe, die mir wirklich mehr ermöglicht.

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#3
06.07.2015
Malte279 Offline
Origamipony
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Beiträge: 2.068
Registriert seit: 16. Dez 2014

RE: Der Kapitalismus als Gesellschaftsform
Leider ist ein hauptsächlich wirtschaftliches Denken nach meiner Erfahrung auch an den Universitäten und bereits in den Schulen immer deutlicher zu spüren. Der Fokus scheint immer mehr dahin zu gehen möglichst viel in möglichst kurzer Zeit nach einem recht eng gestrickten Plan "abzuarbeiten" und Punkte für den zügigen erwerb der Bachelor und Master Abschlüsse zu sammeln. Die Inhalte, die eigentliche Bildung und Persönlichkeitsentwicklung haben dabei hintan zu stehen.
Mittlerweile ist es auch extrem schwierig geworden mit Geisteswissenschaften (in meinem Fall Geschichte und Anglistik) eine sozialversicherungspflichtige Stelle zu bekommen wenn man nicht entweder irgendwo vollkommen fachfremd unterkommt, Lehrer an einer Schule wird (zum Thema Lehrerberuf heute habe ich mich hier schon mal ausgelassen), oder während des Studiums bereits ein Netzwerk aufgebaut hat, denn Vitamin K scheint entscheidender als alles andere zu sein. Die meisten Stellen im Bereich der Gesellschaftswissenschaften werden intern vergeben und wenn eine Verpflichtung zur öffentlichen Ausschreibung besteht, dann erfolgt diese meist so eng thematisch von den Anforderungen eingegrenzt oder es werden so hohe Vorleistungen von Bewerber(innen) erwartet um überhaupt möglicherweise der Gnade einer Audienz in einem Vorstellungsgespräch teilhaftig zu werden, dass Bewerber(innen) dadurch eher abgeschreckt werden.
Das Problem ist das die Gesellschaftswissenschaften zumindest verglichen mit den meisten anderen wissenschaften nur schwer zu vermarkten sind und daher vielerorts als unnötiger Luxus abgetan werden. Bildung wird in erschreckendem Maße zu einer reinen Wahlkampfphrase während die gleichen Politiker die dieses Wort im Munde führen beispielsweise die Gelder für Bibliotheken (hier vor ort muss sie jetzt eine Stunde eher schließen wodurch der Zugang für tagsüber berufstätige deutlich erschwert wird) und Volkshochschulen (die letzten fünf Stellen deren inhaber hier vor Ort in Ruhestand gehen mussten wurden nicht neubesetzt) zusammengestrichen werden.

Wie bei fast allem ist nach meiner Einschätzung nicht jeder Grundgedanke am Kapitalismus falsch. Es ist nichts schlechtes daran persönlichen Einsatz, Kreativität und Leistung zu honorieren. Allerdings macht die Dosis das Gift aus und in unserer gegenwärtigen Gesellschaft sind es all zu oft nicht die oben genannten positiven Eigenschaften sondern Besitz und Rücksichtslosigkeit bei der erhaltung und vermehrung des selbigen zu lasten anderer die honoriert werden. Jede Gesellschafts und Wirtschaftsform ist nur so gut wie die Menschen die sie ausüben und leider ist es ein Makel an unserem politischen und wirtschaftlichen System dass Rücksichtslosigkeit und Gier statt Kompetenz und Integrität eher mit den Entscheidenden Positionen in Politik und Wirtschaft honoriert werden. Das kann nicht ohne negative Folgen für die gesellschaftliche Mentalität als ganzes bleiben. Das merkwürdigste bei der ganzen Sache ist, dass viele Probleme, Korruption, Lobbyismus, willkürlich festgesetzte Bonuszahlungen für Topverdiener, das immer weitere Auseinanderklaffen der Schere zwischen arm und reich allgemein bekannt sind ohne das dies die hierrunter leidende Mehrheit der Bevölkerung dazu motiviert nachdrücklich Veränderungen und Reformen anzumahnen. Zu fest in den Köpfen ist die resignierte Einstellung die sich als "die da oben machen eh was sie wollen und wir hier unten können gar nichts dagegen tun" zusammenfassen lässt. Diese Kombination aus exzessiver Gier und Rücksichtslosigkeit auf der einen und Resignation und Desinteresse auf der anderen Seite halte ich für eines der größten Probleme unserer Zeit.
Man muss kein Verschwörungstheoretiker, Aluhütchenträger oder Paranoiker sein um allein auf Grund der Zahlen in Wirtschaft, Ökologie und den internationalen politischen Entwicklungen davon auszugehen, dass es zu unseren Lebzeiten noch zu ganz erheblichen Umwälzungen kommen wird. Die Frage ist ob dies in einem langen, schwierigen Entscheidungsprozess gegen erhebliche Widerstände oder aber mit einer katastrophalen Entladung angestauter Spannungen der Fall sein wird Do not want

Hmm... ich hoffe ich habe nicht das beabsichtigte Thema dieses Threads verfehlt.

Bis April 2020 war mein Name hier Mike84.
[Bild: ddvxj0k-2b272180-8426-4a2a-97c3-1140871b...7jLsAqn00g]     [Bild: meine_fanfiction_by_malte279-dao4mgb.png]
Ich freue mich sehr über Feedback und konstruktive Kritik zu meinen Projekten und meiner Fanfiction.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 06.07.2015 von Malte279.)
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#4
06.07.2015
DE_Dashy Abwesend
Royal Guard
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Beiträge: 2.731
Registriert seit: 14. Aug 2011

RE: Der Kapitalismus als Gesellschaftsform
(06.07.2015)Smash Cory schrieb:  Was macht der Kapitalismus in unserer Gesellschaft kaputt?
Darauf lässt sich wohl kaum eine präzise Antwort finden, da man keine Vergleichsmöglichkeiten zu einem nicht-kapitalistischen Land mit ähnlicher Größe und vergleichbarem kulturellen Hintergrund hat. Selbst, als Deutschland noch geteilt war und man damit am ehesten einen direkten Vergleich zwischen Kapitalismus und einer alternativen Wirtschaftsform gehabt hätte, konnte man das aufgrund der Schwierigkeit einer objektiven Datenerhebung nicht wirklich festmachen.

Deutschland mag vom Kapitalismus geprägt sein und vor einigen gesellschaftlichen Herausforderungen stehen, aber inwiefern kann man sichergehen, dass das eine das andere bedingt? Wenn hier Egoismus, Opportunismus und Missgunst als entscheidende Nachteile des Kapitalismus genannt werden, dann sollte man bedenken, dass es diese Probleme in den nicht-kapitalistischen Alternativen genauso gab und gibt, ebenso wie in früheren Wirtschaftsformen wie Feudalismus und Merkantilismus.
Ich denke, manche Menschen neigen auf Grund ihres eigenen Umfelds und ihrer Erziehung einfach zu solchen Charaktereigenschaften und würden das in jedem System irgendwie ausleben. Das Gefühl der Ungerechtigkeit, das so ein Verhalten zumindest begünstigt, wenn nicht auslöst, kann man in so gut wie jedem Wirtschaftssystem haben, sei es nun, weil man auf einen Bankier oder Manager neidisch ist, oder weil man in einem Land lebt, in dem offiziell Gleichheit propagiert wird, tatsächlich aber manche noch gleicher und besser gestellt als man selbst sind.

Die Frage ist also weniger, was der Kapitalismus als abstraktes Konstrukt mit unserer Gesellschaft macht, sondern, was die Menschen, aus denen unsere Gesellschaft besteht, mit unserer Gesellschaft machen und ob dieses Verhalten überhaupt zweifelsfrei dem Kapitalismus zugeordnet werden kann.
Zumal die in Deutschland ausgeprägte soziale Marktwirtschaft darauf ausgelegt ist, das Gewinnstreben des Kapitalismus mit solidarischen Prinzipien wie einer staatlich gesicherten sozialen Absicherung zu kombinieren, die - bei allem Anlass zur Kritik - dafür sorgt, dass zumindest die menschlichen Grundbedürfnisse abgedeckt werden können. Etwas, das ohne die Steuereinnahmen der profitorientierten und damit kapitalistischen Unternehmen jeglicher Größe so wie deren in der Regel ebenfalls nach Wohlstand strebenden Arbeitern wohl kaum zu finanzieren wäre.



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#5
06.07.2015
Smash Cory Offline
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Beiträge: 939
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RE: Der Kapitalismus als Gesellschaftsform
@De_Dashy: Die wirtschaftlichen und technologischen Errungenschaften, die uns der Kapitalismus beschert hat, sind natürlich nicht von der Hand zu weisen. Der Kapitalismus wirkt sich als wirtschaftliches Konzept immer auf die Gesellschaft aus - den diese sind untrennbar verbunden. Ich möchte hier jetzt nicht die Vorzüge des Sozialismus oder anderer Systeme anpreisen. Was ich aber klar ausdrücken möchte, ist, dass der Kapitalismus gewisse Unterschiede erst schafft, nicht nur auf der materiellen Ebene. Das wurde ja auch von Marx beklagt.
@Mike84: Nein, im Gegenteil, diese Richtung habe ich mir sogar erhofft. Was du schreibst, stimmt durchaus, aber berücksichtigt leider nur die akademische Ebene, die uns aber dennoch zeigt, wie der Kapitalismus unsere Gesellschaft zu einer rein materiell orientierten Leistungsgesellschaft formt. Und dennoch materiell leistende Menschen wie Maurer und Metzger nach unten drängt oder ihre Tätigkeit rationalisiert. Das ist es eben, was mich am Kapitalismus zweifeln lässt. Daran ist sicherlich auch eine gewisse materialistische Veranlagung in uns allen schuld, aber dennoch schafft der Kapitalismus einen gewissen geistigen Regress.

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#6
06.07.2015
Mc Timsy Offline
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RE: Der Kapitalismus als Gesellschaftsform
Ein paar kleine Fragen an Smash Cory. Ich würde mir gerne ein etwas genaueres Bild davon machen was du für eine Position vertrittst.

Zitat:Was ich aber klar ausdrücken möchte, ist, dass der Kapitalismus gewisse Unterschiede erst schafft, nicht nur auf der materiellen Ebene.

Welche gewissen Unterschiede werden durch den Kapitalismus erst geschaffen? Nicht einfach auf Marx verweisen. Der Mann wird an vielen Stellen gerne mal missverstanden oder hat sich auch schonmal selber geirrt. Ich möchte gerne konkrete Beispiele lesen.

Zitat:die uns aber dennoch zeigt, wie der Kapitalismus unsere Gesellschaft zu einer rein materiell orientierten Leistungsgesellschaft formt. Und dennoch materiell leistende Menschen wie Maurer und Metzger nach unten drängt oder ihre Tätigkeit rationalisiert. Das ist es eben, was mich am Kapitalismus zweifeln lässt. Daran ist sicherlich auch eine gewisse materialistische Veranlagung in uns allen schuld, aber dennoch schafft der Kapitalismus einen gewissen geistigen Regress.

Wie verstehst du "materiell"? Im Sinne von produktiven Tätigkeiten die ein greifbares Endprodukt erzeugen? Im Sinne einer Wertorientierung der Gesellschaft? Was ist eine "gewisse materialistische Veranlagung"? Materialismus als Erkenntnistheorie wirst du vermutlich nicht meinen. Ich möchte dich auch bitten Abstand von dem Wort "gewisses" zu nehmen wenn du antwortest, weil es bisher nur zu schwammigen Aussagen geführt hat.

Ich frage deshalb nach, weil mir nicht ganz klar wird aus welcher Ecke deine Kapitalismuskritik eigentlich kommt. Bevor ich hier also irgendetwas annehme und dann die selbstgebaute Strohpuppe verbrenne würde ich erstmal gerne um ein paar genauere Angaben bitten. Vielen Dank.

Den Wind können wir nicht bestimmen, aber die Segel richtig setzen.
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#7
06.07.2015
Smash Cory Offline
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RE: Der Kapitalismus als Gesellschaftsform
Okay. Mit diesen Unterschieden meine ich solche, die sich vor allem darin äußern, über wie viel Einfluss die einzelnen Gesellschaftsschichten auf Vorgänge wie Politik, Kultur und eben Wirtschaft verfügen. Ein Beispiel hierfür ist der sogenannte "Geldadel", eben jene Personen, die aufgrund eines hohen Vermögens/hoher Positionen in Konzernen/Firmen/etc. einen starken Einfluss ausüben. Außerdem die bereits von Mike84 beklagte Vernachlässigung der Geisteswissenschaften. Das führt uns zum Materialismus, den ich hier aufgrund meiner Unsicherheit, inwiefern ich Fortschrittsstreben, Wachstumszwang und Vergleichbares klar zusammenfassen soll. Zudem meine ich damit die starke Orientierung am materiellen Gewinn, also Geld, aber auch an Einfluss. Daran werden meiner Ansicht nach heute die meisten Leistungen gemessen - am materiellen Gewinn.
Ich hoffe, dass ich hier etwaige Unklarheiten aus dem Weg geräumt habe. Pinkie happy

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#8
06.07.2015
Mc Timsy Offline
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RE: Der Kapitalismus als Gesellschaftsform
Zitat:Ein Beispiel hierfür ist der sogenannte "Geldadel", eben jene Personen, die aufgrund eines hohen Vermögens/hoher Positionen in Konzernen/Firmen/etc. einen starken Einfluss ausüben.

Ist das denn ein kapitalistisches Phänomen? AJ hmm
Der Kapitalismus ist eine vergleichsweise junge Angelegenheit. Dennoch ist die Menschheitsgeschichte voll von einflussreichen Personen. Dieser Einfluss kann, muss aber nicht auf finanziellem Vorteil basieren, obwohl beides oftmals früher oder später Hand in Hand geht.
Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass das nicht nur etwas schlechtes sein muss.
Ein Firmenchef der seine Gewinne in politischen EInfluss ummünzt ist natürlich das Idealbeispiel eines jeden Kritikers des Lobbyismus. Aber. Unter dem Firmenchef stehen auch tausende Angestellte. Angestellte die ihren Job verlieren könnten wenn es der Firma nicht gut geht und sie vielleicht sogar pleite macht.
Natürlich vertragen Firmen und Wohlhabende auch etwas Last auf ihren Schultern, ohne das gleich alles zusammen bricht. Einen Vorwurf, weil sie ihre Interessen formulieren kann ich allerdings nicht grundsätzlich formulieren, ohne gleichzeitig erklären zu können warum bestimmte Interessen keine Vertretung verdienen.
Damit komme ich dann auch zu dem Materialismus-Vorwurf. Du beklagst, dass Erfolg oftmals an materiellen Dingen gemessen würde. Stimmen wir dem erst einmal zu. Ist das denn automatisch etwas schlechtes? Beziehungsweise. An was möchtest du Erfolg anderweitig fest machen? Glück ist extrem subjektiv und ein sadistischer Psychopath kann Glück bei der Misshandlung seines Opfers spüren. Macht ihn sowas dann erfolgreich?
Oder wir versuchen irgendwelche spirituellen Werte. Aber ich für meinen Teil habe da ein ganz persönliches Problem mit. Es fällt mir schwer irgendjemandem Erfolg zuzusprechen, weil der das macht, was ihm ein alter Mann im rosa TüTü gesagt hat, auf der Basis dessen was angeblich vom großen DjuDju vom Berg gemacht wurde.
"Materielles" hat da immerhin den Vorteil, dass es nicht näher definiert was ein korrektes und was ein falsches Leben ist. Wenn ich viel Geld verdiene, verschafft mir das viele Möglichkeiten meine Wünsche zu erfüllen. Ich gewinne sozusagen Potenzial. Das kommt einer objektiven Definition von Erfolg dann doch vergleichsweise nahe denke ich.

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#9
06.07.2015
Smash Cory Offline
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RE: Der Kapitalismus als Gesellschaftsform
(06.07.2015)Mc Timsy schrieb:  Der Kapitalismus ist eine vergleichsweise junge Angelegenheit. Dennoch ist die Menschheitsgeschichte voll von einflussreichen Personen. Dieser Einfluss kann, muss aber nicht auf finanziellem Vorteil basieren, obwohl beides oftmals früher oder später Hand in Hand geht.

ÄÄÄHM... Siehst du den Frühkapitalismus als eigene Form des Kapitalismus an? Das gesellschaftliche System, dass dadurch entstand, ist unserem nicht unähnlich.
Und das Beispiel mit den Angestellten, die ihren Job verlieren könnten, halte ich für schwammig. Der Chef wird ihre Stellen gnadenlos wegrationalisieren, wenn er es kann.
Das Problem an der materiellen Feststellung von Erfolg ist meiner Ansicht die fehlende Akzeptanz für "unwichtige" Arbeiten, zum Beispiel solche, welche von Handwerkern verrichtet werden. Ist ihr Beitrag zur Gesellschaft wirklich so unwichtig?

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#10
06.07.2015
Space Warrior Abwesend
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RE: Der Kapitalismus als Gesellschaftsform
Mit Kapitalismus per se habe ich kein Problem, naja eigentlich schon, aber er ist vorerst alternativlos, bis die Menschen sich bewusstseinsmäßig weiter nach oben bewegen. Und zumindest die bekanntesten Alternativen, Kommunismus und Sozialismus, sind bis jetzt grandios gescheitert.

Aber mit der Form, wie er aktuell in der Westlichen Welt praktiziert wird, funktioniert er nicht so wie er sollte und führt langsam sich selbst, die Gesellschaft und die Erde in den Untergang.

Das größte Problem ist das Fiatgeld-System. Dieses ist an Sozialen Ungerechtigkeiten, Ausbeutung der Entwicklungsländer, Umweltzerstörung und zyklischen Finanzkrisen schuld. http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wi...37825.html

In a nutshell: In 95% der Länder weltweit wird alles Geld von der Zentralbank aus Schuld gegenüber ihr kreiert, und das in theoretisch beliebig hoher Menge. Geld ist kein "Guthaben", wer einen 20€-Schein in der Hand hält, hat keine Forderung von 20€ bei der Zentralbank, sondern dort diese Summe an Schulden. Geld vermehrt sich auch durch Zinsen, von denen die meisten an diejenigen mit dem meisten Geld gehen, während sie beim Rest größtenteils durch Inflation negiert werden. Dadurch werden die Millionäre immer reicher, die Wohlhabenden, der Mittelstand, die Unterschicht und die Außgestoßenen verarmen immer mehr.

In den USA gehört die Zentralbank nichtmal dem Staat, sondern ist ein Privatunternehmen. Es gibt diverse Thesen, laut denen sie irgendwelchen satanischen Familien gehört oder von Außerirdischen gelenkt wird. Kennedy wollte den Dollar verstaatlichen... wir wissen wie das ausging. Sceptic

Das Geld wird immer mehr, die Schulden ebenfalls, weil jedes Guthaben irgendwo auch als Schulden einen Gegenwert haben muss, um diese und deren Zinsen zu tilgen muss die Wirtschaft wachsen, dazu braucht sie aber Produzenten, Konsumenten, Energie und Ressourcen - doch diese sind nicht in unbegrenzten Mengen vorhanden, außerdem hat der Verbrauch Konsequenzen für die Erde. Durch das System muss die Bevölkerung steigen, die Menschen sollen mehr arbeiten und konsumieren und schauen dass der Planet das aushält.

Ich bin für Kapitalismus, aber mit einer Währung, die sich nicht unendlich vermehrt (die Geldmenge sollte festgelegt und an irgendwas materielles gebunden sein), und schon gar nicht aus Schulden, sowie einem Grundeinkommen. Das Grundeinkommen sollte aber nicht vom Staat in Form von Steuern und Sozialleistungen umverteilt werden, da dies die Bevölkerung von der Regierung abhängig machen würde.

Das könnte man in Form einer Krypto-Währung realisieren. Das Geld ist unabhängig von Staat, Zentralbank und anderen Banken (die Leute haben es praktisch "bei sich zu Hause", wie im Mittelalter in einer Geldtruhe, nur moderner), während alle zumindest genug zum Leben haben. Der Rest hängt halt vom Können und Glück haben, z.B. als Weltraum-Kadett oder Scifi-Autor kann man Milliardär werden und irgendwelche NEETs bleiben halt unten.

Die beste Regierungsform die dazu passt wären klassische Monarchie, eine echte demokratische Republik oder eine Anarchie. Am besten alles in allem, also eine Konstitutionelle Monarchie die ein Minimalstaat ist. Luna TRCV

Übrigens glaube ich auch nicht, dass der Kapitalismus etwas mit der Gesellschaft zu tun hat. Wie Menschen interagieren ist im Kern seit 10000 Jahren fast überall gleich, und die Wirtschaftsform kann nichts dafür, dass unsere europäische Zivilisation sich im Ausland u.a. so präsentiert.  RD laugh

Jedenfalls plane ich seit einigen Wochen, endlich den American Dream zu leben und komme gerade langsam in die aktive Phase, weil ich ja bekannter Scifantasy-Autor werden will, da ich so das einzige was mir Freude bereitet und worin ich gut bin (weitestgehend...), zumindest auf metaphysikalischer Ebene tun kann - im Weltall gegen das Böse kämpfen! RD salute

Smash Cory schrieb:Das Problem an der materiellen Feststellung von Erfolg ist meiner Ansicht die fehlende Akzeptanz für "unwichtige" Arbeiten, zum Beispiel solche, welche von Handwerkern verrichtet werden. Ist ihr Beitrag zur Gesellschaft wirklich so unwichtig?
Ganz und gar nicht, aber die Kunden legen nunmal deren Bezahlung fest, indem sie den Handwerkern geben, was deren Leistungen ihnen wert sind - zumindest in der Theorie, wenn der Kapitalismus richtig laufen würde, ohne eine satanische Währung und sonstige dubiose Einflüsse. Natürlich gibt es da viele Probleme, zum Beispiel dass CEOs und Manager, ihr Gehalt einfach selbst bestimmen können. Hipster
Außerdem gilt das Beispiel nur für das heutige Deutschland. Vor 50 Jahren z.B. konnten sich die meisten Handwerker ein eigenes Haus leisten, und in den USA werden sie heute auch meist gut bezahlt.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 06.07.2015 von Space Warrior.)
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#11
06.07.2015
Mc Timsy Offline
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RE: Der Kapitalismus als Gesellschaftsform
Zitat:Siehst du den Frühkapitalismus als eigene Form des Kapitalismus an? Das gesellschaftliche System, dass dadurch entstand, ist unserem nicht unähnlich.

Wenn du den Frühkapitalismus da tatsächlich mit reinnehmen willst, von mir aus. Dann befreite der Kapitalismus uns schrittweise von der Unterdrückung der Feudalgesellschaft und machte Dinge wie Demokratie, Selbstverwirklichung, ja überhaupt die Entwicklung einer modernen Gesellschaft einschließlich erhöhter Alphabetisierung, Lebenserwartung und -qualität überhaupt erst möglich.

Ja, den Frühkapitalismus klammere ich aus, denn obwohl Medici, Hanse, und erste Bauernbefreiungen zwar wichtige Schritte in der menschlichen Geschichte waren. Sie alle in eine eventuelle Kritik des Kapitalismus mit einzubeziehen spannt den Bogen über derart viele Jahrhunderte, dass eine Kritik in jedem Fall fehlgeleitet wäre. Das System aus dem die ersten Formen des Kapitalismus hervorgingen war der Feudalismus, wohin keiner zurück will und auch jeder Kritiker des kapitalistischen Systems der auch nur drei Hirnzellen hat wird die Leibeigenschaft nicht wieder einführen wollen.

Zitat:Und das Beispiel mit den Angestellten, die ihren Job verlieren könnten, halte ich für schwammig. Der Chef wird ihre Stellen gnadenlos wegrationalisieren, wenn er es kann.

Dein Argument gegen berechtigte Interessen von Firmenbesitzern ist also, dass alle Firmenbesitzer böse Menschen sind? Ok, ist was provokant ausgedrückt, aber selbst wenn wir davon ausgehen, dass alle Firmenbesitzer gerne ihre Leute feuern würden. Dies würde immer noch nichts an der Tatsache ändern, dass sie es nicht tun werden, solange sie durch den Produktionsvorteil mehr Gewinne einfahren als durch die Einsparungen. Ich könnte sogar entgegen, dass man dann besonders auf gute Bedingungen für die Unternehmen achten müsste, weil sie ansonsten umso stärker versucht sein könnten ihre Arbeiter vor die Tür zu setzen. Da du im übrigen so viel vom Handwerk zu halten scheinst. Wenn ein Maurermeister sich bei einem Stadtratsmitglied beschwert, weil bestimmte Vorhaben des neuen Bürgermeisters die wirtschaftliche Zukunft des Betriebs gefährden ist das knallharter Lobbyismus. Trotzdem sage ich, er darf das, ja er soll sogar, denn wenn wir sagen, er hat den Mund zu halten, nur weil er Firmenbesitzer ist, dann sitzen wir vielleicht am Ende komplett ohne Maurerbetrieb da.

Zitat:Das Problem an der materiellen Feststellung von Erfolg ist meiner Ansicht die fehlende Akzeptanz für "unwichtige" Arbeiten, zum Beispiel solche, welche von Handwerkern verrichtet werden. Ist ihr Beitrag zur Gesellschaft wirklich so unwichtig?

Woher kommt die Annahme, dass die Gesellschaft diese Arbeiten als "unwichtig" abtut? Ehrlich gesagt würde mir höchstens der ein oder andere übereifrige Autor von Leserkomentaren einfallen, der sowas von sich gibt. Diese Arbeiten sind meistens nur mit merklichen Nachteilen behaftet. Große körperliche Anstrengung, oftmals Selbstständigkeit mit entsprechendem Risiko, Saisonale Hoch- und Tiefphasen bei der Arbeitsfindung etc. Ich kenne aber niemanden persönlich der von solchen Arbeiten sagen würde, sie wären unwichtig. Ganz im Gegenteil, diejenigen die ich kenne, die in solche Berufe als Schreiner, Maurer oder Steinmetze eingestiegen sind konnten sich der Glückwünsche ihres Umfeldes sicher sein, weil sie etwas "ordentliches" gelernt hatten. Und Banker sind als Berufsgruppe wesentlich unbeliebter als jeder Klempner da draußen.

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#12
06.07.2015
Smash Cory Offline
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RE: Der Kapitalismus als Gesellschaftsform
Facehoof Nein. Ich halte Firmenbesitzer nicht für böse Menschen. Dennoch sind die Auswirkungen der Rationalisierung nicht zu unterschlagen. Die sind aber auch ein Stück weit die Folge des wirtschaftlich-gesellschaftlichen Strukturwandels - der wiederum ein Symptom des modernen Kapitalismus ist.
Das hat nichts mit Arbeitsmarktpolitik zu tun. "Gute Bedingungen"? Was willst du mir damit sagen?
Kommunalpoltitik in diesem Kontext anzuführen ist ein starkes Stück. Das würde wiederum unter Bürgerdialog fallen. Wenn er allerdings versucht, Schlupfwinkel in Gesetzen zu finden, um das Stadtratsmitglied zu bestechen, dann sehe ich da natürlich ein Problem.

Nun zu Letzterem...
In Baden-Württemberg möchte die grün-rote Landesregierung nach wie vor um jeden Preis ein Bildungssystem etablieren, das der Gesamtschule zumindest nahe kommt. Ich verstehe das ein Stück weit so, dass hier Abschlüsse, vor allem an der ehemaligen Hauptschule, die jetzt "Werkrealschule" heißt, systematisch entwertet werden. Auch das sogenannte duale Studium schafft hier eine Fixierung auf materiell lukrative Zöglinge. Wenn sich unser Schulsystem in diesem Stil weiterentwickelt, haben wir bald überspitzt dargestellt lauter Ingenieure und Fachidioten, die, ebenso überspitzt gesagt, für die Wirtschaft knechten, bis sie brechen.
Das klingt jetzt nicht so ganz nach meiner Position. Ich möchte damit aber einfach mal auf diesen Wandel im "fernen" Süden hinweisen.

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#13
07.07.2015
Meganium Offline
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RE: Der Kapitalismus als Gesellschaftsform
Zitat:In Baden-Württemberg möchte die grün-rote Landesregierung nach wie vor um jeden Preis ein Bildungssystem etablieren, das der Gesamtschule zumindest nahe kommt. Ich verstehe das ein Stück weit so, dass hier Abschlüsse, vor allem an der ehemaligen Hauptschule, die jetzt "Werkrealschule" heißt, systematisch entwertet werden.
Die Abschlüsse werden gleichgeschaltet, es findet jedoch keine insgesamte Entwertung statt; im Blickpunkt des Hauptschulrebellen oder des Bauwagenkinds ist dies eher eine Aufwertung, da er einen Abschluss haben kann, wie ein 1er-Gymnasiast, der sowas als Beleidigung empfinden würde.

...
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#14
07.07.2015
Mc Timsy Offline
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RE: Der Kapitalismus als Gesellschaftsform
Zitat:Dennoch sind die Auswirkungen der Rationalisierung nicht zu unterschlagen. Die sind aber auch ein Stück weit die Folge des wirtschaftlich-gesellschaftlichen Strukturwandels - der wiederum ein Symptom des modernen Kapitalismus ist.

Frage: Wenn ich dir jetzt unterstelle einfach alles irgendwie als Folge des Kapitalismus zu bezeichnen so lange es dir in deine Argumentation passt, was würdest du darauf antworten?

Du verfolgst wohl das Ziel gegen den Kapitalismus zu argumentieren, aber deine Kritik erscheint mir ins irrationale Maß weitreichend. Der Kapitalismus und die Industrialisierung waren ein Meilenstein in der menschlichen Geschichte, ohne den unsere Gesellschaft nicht vorstellbar wäre. Jede Form von technologischem Fortschritt kannst du also als Folge des Kapitalismus begreifen. Rationalisierung und moderne Medizin inbegriffen. Bislang habe ich jedenfalls immernoch keine Ahnung wo du mit deiner Kritik eigentlich hin willst. Was schwebt dir als ideale Alternative vor? Zünfte und Leibeigenschaft vermutlich nicht.

Zitat:"Gute Bedingungen"? Was willst du mir damit sagen?

Was sind gute Bedingungen für Unternehmen? Geringe Steuern, hohe Rechtssicherheit, funktionierende Infrastruktur eine gut gebildete Bevölkerung, günstige Demographie, geringe Korruption des politischen Systems und und und. Manches davon deckt sich mit den Interessen anderer Bevölkerungsgruppen, andere Sachen laufen conträr dazu. So ist es immer.

Zitat:Kommunalpoltitik in diesem Kontext anzuführen ist ein starkes Stück.

Nein, es ist nur die Form von Lobbyismus die uns allen meistens am nächsten ist. Das Geschäft des Lobbyisten sind Informationen, er versucht die Politiker die Welt so sehen zu lassen, wie er oder seine Auftraggeber es wollen. Wenn also ein Handwerker aus einer Stadt ein Stadtratsmitglied auf bestimmte Risiken hinweist betreibt er Lobbyismus. "Bürgerdialoge" sind tatsächlich Teil des Spiels, sie sind nichts grundlegend anderes als ein Brunch mit Gewerkschaftsvertretern in Berlin.


Zitat:Wenn er allerdings versucht, Schlupfwinkel in Gesetzen zu finden, um das Stadtratsmitglied zu bestechen, dann sehe ich da natürlich ein Problem.

Manchmal bedienen sich Lobbyisten auch finsterer Methoden. Korruption bleibt aber Korruption, sie ist nicht immer Bestandteil von Lobbyarbeit. Das meiste läuft auf persönliche Gespräche, die Weitergabe von Infomaterial und die Organisation von Informationsveranstaltungen hinaus.


Zitat:Ich verstehe das ein Stück weit so, dass hier Abschlüsse, vor allem an der ehemaligen Hauptschule, die jetzt "Werkrealschule" heißt, systematisch entwertet werden. Auch das sogenannte duale Studium schafft hier eine Fixierung auf materiell lukrative Zöglinge.

Ok, ich möchte mich bei dir bedanken. Ernsthaft. Normalerweise kommt die Kritik an Gesamtschulen von der gymnasialen Schicht. Gymnasiasten die ihre Noten härter erarbeiten mussten und trotzdem am Ende nicht besser dastehen. Milieus die um Privilegien fürchten und Eltern die Angst haben das ihr Kinder das Denken verlernen wenn sie mit der "Unterschicht" in Kontakt kommen. Überspitzt formuliert. Ich habe tatsächlich noch niemals erlebt, dass das Argument der Entwertung von der anderen Seite gebracht wurde. Danke für die neue Erfahrung.
Ich will mich nicht im Streit zwischen Gesamtschule und gegliedertem Schulsystem positionieren. Das ist zu weit ab vom Thema. Die Idee dahinter ist aber eine Verbesserung der Chancengleichheit indem niemand nach nur wenigen Jahren mehr auf bestimmte Berufsgruppen festgefahren ist. Ebenfalls soll genau dem entgegengewirkt werden was du so kritisierst. Ich weis aus meiner Gymnasialzeit, dass wir Haupt- und Realschülern immer mit relativ wenig Respekt begegnet sind. Ja, es hinterlässt nunmal Eindrücke, wenn der einzige Kontakt mit der anderen Schulform sich auf die Drohung beschränkt, dass du auf diese Schulen wechseln musst, wenn du nicht gut genug bist. Außerdem wird niemandem bei der Gesamtschule befohlen das Abitur zu machen und zu studieren. Es soll nur sicher stellen, dass nicht ein Teil der Schüler mit dem Wissen aufwächst, die Verlierer ihrer Generation zu sein.
Da ist die Argumentation der Befürworter interessanterweise das exakte Gegenteil wie deine Argumentation hier. Das heißt noch nichts, aber nach eigenen Erfahrungen finde ich diese Argumentation eigentlich überzeugender.


Zitat:Wenn sich unser Schulsystem in diesem Stil weiterentwickelt, haben wir bald überspitzt dargestellt lauter Ingenieure und Fachidioten, die, ebenso überspitzt gesagt, für die Wirtschaft knechten, bis sie brechen.

Das Überangebot an Studenten ist ein Faktor der bereits registriert wurde. Da gibt es aber mehrere Probleme die da hinein spielen. Was den Zwang zu "knechten" angeht, würde ich aber sagen, dass der am allerwenigsten mit der Frage Gesamtschule ja oder nein zu tun hat. Nehmen wir an irgendwann wäre der allgemein verbreitete Abschluss das Abitur der Gesamtschule. Der Bedarf nach Studenten oder Handwerkern richtet sich dann in erster Linie nach Angebot und Nachfrage. Deshalb studiert ja auch kein Schwein Byzanistik(falls sich jetzt einer meldet der es doch tut darf diese Person sich gehuggt fühlen Hug ). Ich denke sogar, dass es für das Handwerk dann wieder besser aussehen könnte. Denn die Folge des gegliederten Schulsystems ist oftmals, dass die Politik der Hauptschule keine Beachtung schenkt, weil Abiturienten nachgefragt werden und mehr Prestige einbringen, was dazu führt, dass die Ausbildung leidet und viele Hauptschüler mit nur unzureichenden Basiskenntnissen auf den Markt kommen, was die Handwerker dazu treibt keine Hauptschüler zur Ausbildung haben zu wollen, was den Bedarf nach Abiturienten steigert usw. Ein Teufelskreis aus dem flächendeckende Gesamtschulen vielleicht heraus helfen könnten.

Den Wind können wir nicht bestimmen, aber die Segel richtig setzen.
- Lucius Annaeus Seneca -
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#15
07.07.2015
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RE: Der Kapitalismus als Gesellschaftsform
(06.07.2015)Smash Cory schrieb:  Und das Beispiel mit den Angestellten, die ihren Job verlieren könnten, halte ich für schwammig. Der Chef wird ihre Stellen gnadenlos wegrationalisieren, wenn er es kann.
Arbeitsverhältnisse beruhen immer darauf, dass ein Arbeitgeber Geld gegen die Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers tauscht.
Wenn ein Arbeitnehmer aber zu wenig Leistung erbringt, beispielsweise nur 8€ pro Stunde erwirtschaftet, aber 10€ pro Stunde verdient, was würdest du dann machen?
  • Ihn weiter mit steigenden Löhnen bis zum Rentenalter beschäftigen und damit jede Stunde Geld des Unternehmens verbraten so wie einen Arbeitsplatz besetzt halten, auf dem jemand Fähigeres arbeiten könnte?
  • Seine Stelle komplett streichen, damit dort zumindest kein Verlust gemacht wird?
  • Ihn durch jemand anderen ersetzen, der zum gleichen Lohn vielleicht 12€ pro Stunde erwirtschaftet und damit zum Gewinn des Unternehmens beiträgt?

Was würdest du tun? Besonders, wenn dein Lohn und deine berufliche Zukunft am Gewinn des Unternehmens gemessen wird? Es ist einfach, zu sagen, böse CEOs treffen böse Entscheidungen. Aber in der Position würde wohl jeder so entscheiden.
Ich nehme regelmäßig an Experimenten des Lehrstuhls für Wirtschaftsethik meiner Universität teil, bei dem ähnliche Sachverhalte (Teilnehmer in der Rolle der Arbeitgeber entscheiden über Lohn oder Entlassung der Teilnehmer in der Rolle der Arbeitnehmer und werden aufgrund ihrer Entscheidung unterschiedlich entlohnt) behandelt werden. Die deutliche Mehrheit entscheidet sich dabei in der Regel "unsolidarisch", so dass ihr Gewinn möglichst groß wird, auch wenn das im Endergebnis vielleicht einer Auszahlung von einem Euro mehr oder weniger entspricht.

Abgesehen von ein paar karitativen Arbeitsstellen wie Behindertenwerkstätten, die sich durch Zuschüsse nicht kompetitiv verhalten müssen, ist kein Arbeitgeber dazu verpflichtet oder auch nur daran interessiert, jemanden zu beschäftigen, von dem er keinen finanziellen Vorteil hat. Insofern frage ich mich, was für ein Verhalten du von einer zuständigen Führungsperson erwartest.[Bild: pc-dshrug.png]

(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 07.07.2015 von DE_Dashy.)
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#16
07.07.2015
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RE: Der Kapitalismus als Gesellschaftsform
@Mc Timsy: Kann sein, dass das ein wenig seltsam rüberkommt. Ich muss wohl beschämt feststellen, dass du mit deiner Vermutung ein Stück weit recht hast. Ich möchte hier aber in keiner Weise ein anderes gesellschaftliches System bewerben. Ehrlich gesagt bringst du mich zum Nachdenken.
Ganz klar gesagt: Ich stehe dem Kapitalismus eher ambivalent gegenüber. Ich möchte hier in keinster Weise die Errungenschaften entwerten, die uns der Kapitalismus beschert hat, ebenso wenig, dass er die bisher wohl gerechteste Gesellschaftsform ist, die ich kenne. Mag sein, dass ich hier auch ein Stück weit missverstanden werde. ABER: Wenn du dir die Auswirkungen des Strukturwandels in Wirtschaft und Gesellschaft vor Augen führst, kannst du nicht einfach behaupten, dass ich das erfunden habe. Wenn das jemand erfunden hat, dann wohl mein GK-Lehrer und die Autoren meines GK-Buches. Ich stütze meine Aussagen ja nicht auf Thesen, die mir beim Duschen einfallen. Ich führe das hier nicht aus, es sei denn, ich werde danach gefragt.
Übrigens kommt meine Kritik auch von der gymnasialen Stufe. Ich bin nämlich Elftklässler.
@DE_DASHY: Ich wollte hier nie die Sinnhaftigkeit solcher Entscheidungen in Frage stellen. Das habe ich ausschließlich angeführt, um die Behauptung, Arbeitgeber würden zum Wohle ihrer Arbeitnehmer agieren, zu entkräften.

Ich bin wohl ein bisschen verkehrt an die Argumentation herangegangen. Das hat wohl für die Verwirrung gesorgt. Zudem ist das Thema grundsätzlich recht heikel.
Ich hatte mir ehrlich gesagt eine Auseinandersetzung mit den Alternativen zum Kapitalismus gewünscht. Aber das ist jetzt zu spät FS sad
Macht mir trotzdem Spaß, hier zu diskutieren. Sollte wohl ein neues Thema erwägen, eines, mit dem man sich politisch besser auseinandersetzen kann. Da könnte es besser laufen.
Das Problem ist, dass sich jeder komplett anders mit dem Kapitalismus auseinandersetzt. Das macht eine Diskussion bei schwerem Verständnis untereinander (was natürlich auch meine Schuld ist) und variierenden Ansichten stark erschwert. Ich möchte auch nicht, dass wir wegen solcher Auseinandersetzungen aneinander geraten. Ich habe also gelernt, zukünftig VOR dem Starten einer Diskussion zu erwägen, ob diese eventuell aus dem Ruder laufen könnte. Seht das ruhig als Nachgeben an. Ich möchte hier einen Glaubenskrieg verhindern. Und erst recht nicht opportunistisch wirken.

[Bild: besencrew20167uge0zqpri.jpg]
Once upon a time, we used to call him Smash Cory
Dès qu'il devenait francophile, on l'appelle Guy LeCrobag
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(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 07.07.2015 von Smash Cory.)
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#17
07.07.2015
Malte279 Offline
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RE: Der Kapitalismus als Gesellschaftsform
Zitat:Wenn ein Arbeitnehmer aber zu wenig Leistung erbringt, beispielsweise nur 8€ pro Stunde erwirtschaftet, aber 10€ pro Stunde verdient, was würdest du dann machen?
Das wäre die eine Seite der Medaille und natürlich muss ein Betrieb um am Leben erhalten zu werden höhere Einnahmen als Ausgaben erwirtschaften (in jedem System).
Aber es gibt auf der anderen Seite schon Erscheinungen bei denen ich persönlich den Exzess des Kapitalismus sehe und solche Exzesse sind es (eher als die Grundgedanken) an denen sich die berechtigte Form der "Kapitalismuskritik" fest macht.
Wie ist es beispielsweise in den nicht hypothetischen Fällen in denen große Werke die tiefschwarze Zahlen schreiben in in Länder mit geringeren Schutzauflagen / Löhnen für Arbeiter verlagert werden weil dort die ohnehin schon finanziel mehr als abgesicherten Besitzer des Unternehmens und Aktionäre einen etwas höheren Gewinn ein? Angesichts des Schadens der durch die vielen verlorenen Arbeitsplätze mit den wahrscheinlichen Konsequenzen (u.a. Schwinden der Kaufkraft in der betroffenen Region, Zunahme der Kriminalität, Suizide etc.) ist dies wirtschaftlich nahezu ausschließlich für die kleine Minderheit sinnvoll die dadurch noch größere Gewinne einfährt als ohnehin schon.
Wenn Massenentlassungen eine Nachricht sind die zu steigenden Aktienkursen führt, so dass die Minderheit der Bevölkerung die genug finanzielle Mittel hat um in Aktion zu investieren von solchen, für die betroffenen katastrophalen Nachrichten profitiert, dann ist das schon ziemlich anrüchig Disgust
Oder wie ist es mit den gewaltigen staatlichen Subventionen die an die ohnehin schon reichen Besitzer großer Unternehmen aus Steuergeldern gezahlt werden? Nicht etwa um wirtschaftlich-notleidenden Unternehmen aus der Patsche zu helfen sondern um die ohnehin schon reichen Besitzer der Unternehmen zu bestechen vor Ort zu bleiben (bis irgendwoanders noch höhere Bestechungen Subventionen gezahlt werden.
Wenn Personen die zum Teil in einem Monat mehr verdienen bekommen als andere Menschen in ihrem Land für ein ganzes Arbeitsleben, dann ist die Frage berechtigt ob deren Verantwortung oder das Gute das sie für das Land tun solche Zahlungen rechtfertigt. Angesichts des wirtschaftlichen Schadens der durch die Konzentration von zu viel Reichtum in zu wenigen Händen auslöst ist diese Nachfrage keine "Neiddebatte" oder "Stammtischparole" als die es so gerne abgetan wird. Besonders bei Abfindungszahlungen für Unternehmer / Banker etc. die entlassen werden weil katastrophale Fehlentscheidungen (manchmal außerhalb der Legalität) erheblichen Schden angerichtet haben kann das Argument der "hohen Verantwortung" als Begründung für solche Exzesse nicht mehr wirklich herhalten, eben weil diese Leute ihrer verantwortung nicht gerecht geworden sind.
Das Steuersenkungen / Vergünstigungen so oft vor allem diejenigen begünstigen deren Einkommen ohnehin schon ein Leben in einer völlig anderen Realität ermöglicht während die Reallöhne der großen Mehrheit sinken halte ich für einen Skandal.
Es geht bei aller zugegebenen Verärgerung hierrüber aber wirklich nicht um eine "Neiddebatte", sondern um etwas das auch ganz emotionslos in Zahlen ausgedrückt und in rein wirtschaftlicher Hinsicht beunruhigend ist. Wenn nach einer Studie der Entwicklungsorganisation Oxfam die 85 reichsten Menschen der Welt so viel besitzen wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung (mehr als 3,6 Milliarden Menschen), dann ist das kein Zeichen für eine gesunde Weltwirtschaft.
Wenn dann diejenigen mit den größten Einkommen auch am aktivsten dabei sind sich um ihre (ohnehin schon gemessen am Einkommen geringen) Steuern drücken dann kann auch das mittelfristig dazu beitragen dass irgendwann echter sozialer Sprengstoff daraus wird. Man sehe nur mal nach Griechenland wo die Regierung (obwohl sie sich als linke Regierung sieht) zu feige ist die reichen Oligarchen dazu zu bringen ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Zahlung ihrer Steuern nachzukommen? Wir reden hier von hinterzogenen Steuern die in der Summe mehr als bloß ein Tropfen auf dem heißen Stein wären. Das solche Steuerhinterziehungen immer noch fast wie ein "Kavaliersdelikt" behandelt werden, obwohl der hierdurch angerichtete wirtschaftliche Gesamtschaden wohl über demjenigen liegt der durch einen großen Teil der wesentliche schärfer sanktionierten Kleinkriminalität angerichtet wird, gibt wirklich Anlass zu bedenken. Es steht beispielhaft dafür, dass Besitz eben die eigentlich als Grundprinzip jeder Demokratie stehende Gleichheit vor dem Gesetz aushebeln kann.

Diese Probleme bestehen nicht nur in als kapitalistisch bezeichneten Wirtschaftsformen. Vielleicht ist "Kapitalismuskritik" gar nicht so sehr das Label unter dem Überlegungen hierzu zusammengefasst werden könnten. "Plutokratiekritik" (Plutokratie = Herrschaft der Reichen), "Exzesskritik"? Unabhängig davon wie es genannt werden soll gibt es sehr berechtigte Kritik an den bestehenden Verhältnissen. Wir sollten uns einerseits zwar davor hüten das Wut (so nachvollziehbar sie seien mag) zu Exzessen anderer Art führt von denen niemand etwas hat (gewalttätige Ausschreitungen etc.) aber genauso sollten wir uns davor hüten auf eine arrogante Haltung hereinzufallen die solche sehr berechtigte Kritik als "Neiddebatte" und "Stammtischparolen" abtut und in den Besitzenden allein Arbeitgeber und den weniger Besitzenden Arbeitnehmer sieht (selbst an solche sprachlichen Feinheiten die oft gar nicht bewusst wahrgenommen werden können unsere Wahrnehmung der Dinge manchmal ziemlich verzerren).

Bis April 2020 war mein Name hier Mike84.
[Bild: ddvxj0k-2b272180-8426-4a2a-97c3-1140871b...7jLsAqn00g]     [Bild: meine_fanfiction_by_malte279-dao4mgb.png]
Ich freue mich sehr über Feedback und konstruktive Kritik zu meinen Projekten und meiner Fanfiction.
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#18
07.07.2015
Charles Offline
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RE: Der Kapitalismus als Gesellschaftsform
Meiner Erfahrung nach ist Kapitalismuskritik in vielen (wenn auch nicht in allen) Fällen nichts weiter als das Deuten mit dem Finger auf etwas, dass man als das alleinige Problem unserer Zeit erkannt zu haben meint. Eine Lösung dieses Problems wird als DIE LÖSUNG für alle Probleme aufgebauscht, wobei die Kritiker oftmals keine vernünftigen Alternativen aufzeigen können und sich daher in wenig konstruktiven ideologischen Forderungen ergehen. Das nervt bisweilen gewaltig. Twilight: not bad

Merke:
Kapitalismus muss nicht asozial sein.
Realsozialismus kann sehr wohl asozial sein.

Vielleicht ist ja weder das eine noch das andere Extrem die perfekte Lösung? Shrug  
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#19
07.07.2015
Malte279 Offline
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RE: Der Kapitalismus als Gesellschaftsform
Zitat:Vielleicht ist ja weder das eine noch das andere Extrem die perfekte Lösung? Shrug
Das unterschreibe ich jeder Zeit. Extreme sind in ihrer Unflexibilität und einem oft missionarischen Eifer ihrer Anhänger selten eine Lösung für irgendwas.
Wäre die Welt so einfach, dass alle ihre Probleme durch die Beseitigung eines einzigen Misstandes beseitigt werden könnten, dann würde die Menschheit das vielleicht sogar hinkriegen.
Die Auflistung von Problemen die ich gepostet habe sollte keineswegs den Eindruck erwecken als wenn deren Behebung (zu der ich zugegebener Weise auch noch gar nichts geschrieben habe) ein Allheilmittel wäre.
Aber wenn es Probleme gibt dann sollten diese auch angesprochen werden und Lösungsvorschläge auch dann diskutiert werden wenn sie nicht eine "Lösung für alles" sind (und wenn jemand eine "Lösung für alles" präsentiert sollte er oder sie auf kritische Fragen gefasst sein, da gerade einfach gestrickte "Lösungen für alles" oft aus eher extremistischen Umfeldern kommen).
Vorweg noch mal um keine Missverständnisse angesichts meiner Haltung aufkommen zu lassen:
Wer reich ist ist deswegen nicht automatisch böse, gleichgültig gegenüber allen anderen oder in sonst irgendeiner Weise allein auf Grund seines Reichtums "moralisch schlechter" als andere Menschen.
Es gibt jedoch eine vielzahl von Beispielen (wurden bereits genannt) die verdeutlichen wie Menschen durch Reichtum einerseits in die Lage versetzt werden vielen Menschen erheblich zu schaden und wie sie andererseits möglicherweise durch den Reichtum, möglicherweise auch durch zuvor bereits vorhandene Charaktereigenschaften die oft bei Personen in Positionen von wirtschaftlicher oder politischer Macht zu finden sind, so sehr den Kontakt zum Rest der Welt verlieren, dass sie gegenüber den durch ihre Handlungen angerichteten Schaden oft Ignoranz oder Gleichgültigkeit an den Tag legen.

Ein Vorschlag der zu Weilen diskutiert wird um das weitere Auseinanderklaffen der Schere von arm und reich zu vermindern ist die Koppelung von Managergehältern an die Gehälter ihrer einfachen Mitarbeiter. In der Schweiz wurde dieser Vorschlag zur Abstimmung gebracht und ist dort mit Pauken und Trompeten gescheitert.
Die nach heutigen Verhältnissen sehr niedrig wirkende Deckelung der Managergehälter von "nur" dem 12 Fachen der schlechtest bezahlten Arbeiter ging wohl vielen Eidgenossen zu weit und ich denke dass eine Abstimmung bei der gleichen Forderung in Deutschland ähnlich ausgehen würde.
Aber ist das Grundprinzip Managergehälter an die Gehälter der Arbeiter zu koppeln im Grundsatz verkehrt? Würden hierdurch nicht Manager dazu angehalten die Verhältnisse für ihre Arbeiter zu verbessern und würden damit Exzesse wie die oben beschriebenen nicht zumindest wesentlich unwahrscheinlicher?
Ich gehe davon aus, dass solche Koppelungen in einer globalisierten Welt nur dann erfolgversprechend sind wenn genügend Länder auf einmal dabei mitziehen würden (und ja, ich bin mir darüber im klaren dass dies extrem unwahrscheinlich ist).
Ich widerspreche radikalen Forderungen die in ihren extremsten Formen "gleiches Geld für alle" sehr großen Schaden anrichten können. Es mag zwar schade sein, aber solange die Menschheit kein völlig utopisches System hervorbringt in dem jede® einer nützlichen Tätigkeit nachgehen kann die ihn oder sie allein durch die Freude an ihrer Ausübung motiviert sein oder ihr bestes zu geben wird es in unserer Welt unterschiede zwischen Einkommen geben müssen. Im Hinblick auf zu erbringende Vorleistungen, Ausbildungen (und deren Kosten), Verantwortung (so sie denn wahrgenommen wird), Nutzen für die Gesellschaft etc. gibt es auch gute Gründe für unterschiedliche Gehälter.
Aber, egal welcher Arbeit wir nachgehen, wir alle sind sterblich und wenden einen guten Teil unserer kostbaren Lebenszeit auf unsere jeweiligen Arbeiten auf. Hierfür glaube ich sollte einem arbeitenden Menschen eine gewisse finanzielle Grundanerkennung von Seiten ihrer Arbeitgeber zustehen, d.h. ein Gehalt für seine oder ihre Arbeit von der sie oder er vernünftig leben kann und zwar ohne von den Steuergeldern anderer Arbeiter "aufgestockt" werden zu müssen weil gewisse Arbeitgeber der Ansicht sind dass die von ihnen zu wenig gezahlten Löhne von Steuergeldern ausgeglichen werden müssen.
Unabhängig davon ob jemand Reinigungskraft oder hoher Staatsangestellter ist sollte ihm oder ihr die Möglichkeit gegeben werden von der Arbeit ohne staatliche Unterstützung leben zu können. Persönlich kann ich Smash Corys Sorge um fehlende Wertschätzung für das Handwerk gut verstehen und teile sie.

Von Wahrscheinlichkeiten und Ideologien einmal abgesehen, wie denkt ihr persönlich über das grundsätzliche Prinzip einer Koppelung der Gehälter von Führungskräften an die Gehälter der am niedrigsten bezahlten Mitarbeiter? Wäre eine solche Koppelung gerecht? Wo sollte sie gegebenenfalls liegen (das 20fache, 30fache, 50fache, 100fache...?)? Oder ist es ungerecht und reiner Populismus und wenn ja, wodurch?

Bis April 2020 war mein Name hier Mike84.
[Bild: ddvxj0k-2b272180-8426-4a2a-97c3-1140871b...7jLsAqn00g]     [Bild: meine_fanfiction_by_malte279-dao4mgb.png]
Ich freue mich sehr über Feedback und konstruktive Kritik zu meinen Projekten und meiner Fanfiction.
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#20
07.07.2015
Space Warrior Abwesend
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RE: Der Kapitalismus als Gesellschaftsform
(07.07.2015)Charles schrieb:  Realsozialismus kann sehr wohl asozial sein.
Sozialismus ist die Ideologie des Versagens. Hipster ^^
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 07.07.2015 von Space Warrior.)
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