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07.01.2025, 08:43



25 Jahre Deutsche Einheit - Was denkt ihr?
#1
02.10.2015
Odinsson Offline
Wonderbolt
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Beiträge: 2.237
Registriert seit: 28. Jan 2014

25 Jahre Deutsche Einheit - Was denkt ihr?
25 Jahre Deutsche Einheit

Feierten wir am 3 Oktober.

[Bild: keine-wiedervereinigung.jpg]
Was denkt ihr?!

Vor nicht ganz 26 Jahren, am 9 November 1989 begann mit dem Mauerfall, durch die vorher gehenden massiven Demonstrationen eine Neue Epoche Deutscher Geschichte. Am 3 Oktober 1990 wurde es dann Offiziell, Deutschland war wieder EIN Land.
[Bild: image-24937-galleryV9-xbbx.jpg]
Was Denkt ihr über diese Zeit, über das Heutige Deutschland und wie wird es werden?

Für viele, existiert immer noch eine Imaginäre aber vor allem eine Wirtschaftliche "Mauer". Egal ob Ost oder Westdeutsche, immer noch haben viele Vorurteile gegenüber den jeweils anderen. Stimmen diese, wenn ja warum? Und wenn nein, warum gibt es sie immer noch?
Auch Wirtschaftlich gibt es die Alte Grenze durchaus immer noch spürbar. Im Osten bzw. in den Bundesländern Mecklenburg Vorpommern, Brandenburg, Sachsen Anhalt, Sachsen, Thüringen und Berlin herrscht die Größte Arbeitslosigkeit im Land und nur wenig im Vergleich bewegt sich. Oder nicht?  
Viele Betriebe wurden nach der Wende durch die Treuhand an Investoren verkauft welche diese nur Ausbeuteten und Kaputt machen. Andere Investoren retteten die Betriebe und gründeten damit Unternehmen wie VW Sachsen (Trabant, Barkas Werke in Zwickau und Chemnitz), EKO Stahl in Eisenhüttenstadt oder die allgemein bekannten Kultprodukte Fit, Bautz'ner Senf, Spreewälder Gurken usw. Wiederum andere Betriebe, waren einfach nicht zu retten.

War alles, gerade wirtschaftlich so richtig wie es gemacht wurde, oder hätte man das anders Lösen können? Wie z.b. bei der Firma Jenoptik. Diese wurde, bevor sie Privatisiert wurde grundlegend Saniert und ist heute das Einzige Börsennotierte "Ostdeutsche" Unternehmen.

[Bild: trabant_1733159c.jpg]
Und was denkt ihr, über den immer größer werdenden Ostkult?
Nach der Wende wollte es kaum mehr einer Haben, Trabant, Schwalbe, Simson, MZ und viele andere Ostprodukte.
Heute sind der Trabant oder die Schwalbe bzw. allgemein Simson und viele andere "Ostprodukte" wie Fit, Spreewaldgurke, Nordhäuser Pfefferminzlikör, Bautz'ner Senf, Nudossi (Nuss Nugat aufstrich ähnlich Nutella) Kultobjekte bzw. Produkte und ein Sinnbild der ehm. DDR.

Nicht alles war Schlecht. Hört man auch oft, von vielen Menschen, welche in der DDR gelebt haben. Was denkt ihr, gibt es dinge aus der DDR die man auch hier und heute immer noch umsetzen sollte? Wie z.b. Das Gesundheitssystem, Schulsystem usw.?!



Ich selber, wurde am 18. Juli 1989 in der DDR geboren, hab von der Wende selber nichts mitbekommen und wohne heute in Köln.
Ich bin froh über die Wiedervereinigung. Doch, da ich selbst an dem Thema ein gewisses Interesse habe, sehe ich den gesamten Prozess als sehr Skeptisch an. Denn vieles wurde kaputt gemacht, was man hätte retten können. Und immer noch haben viele, oft zu unrecht Vorurteile gegenüber dem Osten. Hier sei gerade das Thema "Soli" und damit verbunden Ostdeutsche Straßen genannt. Und zu oft, wird die DDR schlechter geredet, als sie war und oft, einzig auf die Stasi bezogen reduziert. Doch werden wir heute zwar nicht derart perfide, aber dennoch Überwacht?!
Ich selber, fand die Transportpolitik in der DDR durchaus besser als heute. LKW und künftig wohl möglich Gigaliner verstopfen unsere Straßen und machen diese Kaputt, da sie für diese Belastung nicht gebaut wurden. Gleichzeitig wird der Schienengüterverkehr immer stärker zurück geschraubt. Dies war einst Umgekehrt.
Auch das Schulsystem war in der DDR durchgehend einheitlich. Es gab überall die selben Anforderungen und nicht wie heute, wo jedes Bundesland sein Brei selber kocht. Ebenso war die Idee des Gesundheitssystem weitaus besser, denn bis auf die Politik Bonzen, gab es nicht wie heute ein 2 Klassen Gesundheitssystem.
Auch dem Ostkult, habe ich mich verschrieben. Ich fahre Simson und sehr bald MZ, beide DDR Moped bzw. Motorräder. Warum ich dies tu? Mir gefallen beide Fahrzeuge durchweg und sie sind ein Stück Deutscher Geschichte, die ich so erhalten kann.
[Bild: s522swcl9h4xgm.jpg]
Also, was denkt ihr über diese Epoche Deutscher Geschichte?
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 04.10.2015 von Odinsson.)
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#2
02.10.2015
Herrmannsegerman Offline
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Beiträge: 3.944
Registriert seit: 08. Feb 2014

RE: 25 Jahre Deutsche Einheit - Was denkt ihr?
Ein sehr interesanntes Thema! Deutsch-Deutsche Geschichte ist ein sehr großes Interresse meinersteits.

Ich bin froh das dieses traurige, graue Kapitel der roten Diktatur auf deutschen Boden endete und bin jedes mal wieder darüber erstaunt das doch eineige Zufälle notwendig waren um den Umsturzprozess doch einzuläuten. Ich werde den Thread jedenfalls abonnieren!

(Und ich hoffe das hier nicht wieder die Sozialismus/Kapitalismus-Diskussion draus wird)

[Bild: ladawcol5.jpg]
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#3
02.10.2015
Triss Offline
Earth Pony


Beiträge: 5.968
Registriert seit: 30. Dez 2013

RE: 25 Jahre Deutsche Einheit - Was denkt ihr?
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich da nicht viel zu sagen kann. Natürlich habe ich mich mit der Geschichte beschäftigt und weiß auch, was da abging, aber das sind alles nur Zahlen und Fakten. Geboren wurde ich 1993, also als die Wende schon seit ein paar Jahren vorbei war und entsprechend habe ich für mich niemals diesen Unterschied gefühlt. Auch habe ich in meiner näheren Umgebung keinerlei Ossi-Feindlichkeiten mit bekommen, so dass ich von deren Existenz erst sehr viel später gehört habe. Dinge wie Spreewaldgurken usw. habe ich auch nur am Rande mit bekommen, muss jetzt auch sagen, dass mich diese Produkte nicht sonderlich reizen, für mich sind es Produkte wie alle anderen auch und ich bin generell nicht so der Vintage-Fan.

Was Vorurteile angeht, habe ich denke ich auch keine. Es sind ja keine Vorurteile, wenn man Statistiken bemüht und sagt, dass im Schnitt Ostdeutsche weniger verdienen, die Mieten niedriger sind, die Arbeitslosigkeit höher und das sagt auch nichts über Ostdeutsche und ihr Wesen an sich aus, das sind strukturelle Probleme.

Ich denke nicht, dass man sich viel an der DDR orientieren sollte. Viele Dinge haben doch nur deshalb funktioniert, weil es ein riesiges Verlustgeschäft war, das vom Staat eben aufrecht erhalten wurde. Genauso das Schulsystem, es gibt mittlerweile sehr viel neuere Erkenntnisse, die sicher in der DDR so nicht umgesetzt wurden. Man sollte meiner Meinung nach nach vorn blicken und nicht zurück, zumindest, was die Entwicklung neuer Konzepte angeht.

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#4
02.10.2015
bisty Abwesend
Wonderbolt
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Beiträge: 1.824
Registriert seit: 16. Jul 2012

RE: 25 Jahre Deutsche Einheit - Was denkt ihr?
Wie meine Großmutter mir erzählt hat, die mit ihrer Freundin aus Polen ein paar Mal in der DDR gewesen ist, war DDR eigentlich das am besten entwickeltes Staat in dem Ostblok, und auch Preisverhältnisse waren auch besser, als in anderen kommunistischen Länder, so dass z.B. Polen öfters nach DDR einkaufen fuhren.

Was die immer noch spürbare Differenzen zwischen Ost- und Westdeutschland angeht - 25. Jahre ist für die Entwicklung eines Landes ein Nichts, das ist ja auch nur eine Generation von Menschen. Es wird sich schon alles ausgleichen, früher oder später, man muss nur Geduld haben.
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#5
02.10.2015
J-C Abwesend
Wonderbolt
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Beiträge: 1.461
Registriert seit: 05. Mär 2014

RE: 25 Jahre Deutsche Einheit - Was denkt ihr?
Also ich muss sagen, ich mag den Osten irgendwie. Früher mochte ich Beispielsweise Tschechien nicht wirklich. Heztzutage freue ich mich gradezu, dorthin zu ziehen im nächsten Jahr.

Und ich muss ja nicht sagen, von welcher Marke ich am liebsten meine Gewürzgurken habe Twilight happy

Als Bahnfetischisten find ich's natürlich spannend, wie viel los war auf ostdeutschen schienen... das gibt's sonst wohl nur in der Schweiz...

Zwar war die Ideologie, die damit verbunden war, so gar nicht meins, doch Dinge wie Einheitsklasse im Regionalzugverkehr wäre schon begrüßenswert. Österreich macht's vor.

Schulsystem...

Man sollte es nicht versuchen wie in Österreich und das niedrigste Nivea als Standardnivea erklären.

Naja... und die Stadt, die ich als Terro... Tourist noch vor Wien am meisten besuchte, nennt sich natürlich Berlin :3
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#6
02.10.2015
BlackT0rnado Offline
Faust
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Beiträge: 13.615
Registriert seit: 11. Jun 2013

RE: 25 Jahre Deutsche Einheit - Was denkt ihr?
Ich bin einfach glücklich das wir in einem geeinten Land leben dürfen.

Vielleicht wird bei einigen Leuten auch bewusst warum es im Osten so ist mit der wirtschaftlichen Lage nach der Angliederung der neuen Bundesländer

#ja Berlin und der Osten verbrauchen ja all unser geld, bla,bla,......

Der osten hatte nicht son tollen marshallplan der die wirtschaft pimpte im westen.

Die DDR hatte in ihren Anfangsjahren keinerlei wirtschaftliche Aufbauhilfe usw.

Wenn ich mir Korea angucke leiden die immer noch unter den direkten Nachwirkungen des kalten Krieges - gespalten.
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#7
02.10.2015
Herrmannsegerman Offline
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Beiträge: 3.944
Registriert seit: 08. Feb 2014

RE: 25 Jahre Deutsche Einheit - Was denkt ihr?
(02.10.2015)BlackT0rnado schrieb:  Ich bin einfach glücklich das wir in einem geeinten Land leben dürfen.

Vielleicht wird bei einigen Leuten auch bewusst warum es im Osten so ist mit der wirtschaftlichen Lage nach der Angliederung der neuen Bundesländer

Der Anschluss ans Wirtschaftsgebiet der BRD ging einfach zu schnell, das war das Problem. Einfach marode Betriebe aus dem weichen Umfeld der Planwirtschaft in das stürmische Gewässer der Marktwirtschaft zu werfen hat einfach nicht fuktionieren können.

Die BRD hätte gut daran getan die D-Mark erst einige Jahre später einzuführen.

Ich bin mal so frei und lasse Teil 1 einer kleinen Dokumentation über das Thema da:
Spoiler (Öffnen)

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#8
02.10.2015
Odinsson Offline
Wonderbolt
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Registriert seit: 28. Jan 2014

RE: 25 Jahre Deutsche Einheit - Was denkt ihr?
(02.10.2015)Herrmannsegerman schrieb:  
(02.10.2015)BlackT0rnado schrieb:  Ich bin einfach glücklich das wir in einem geeinten Land leben dürfen.

Vielleicht wird bei einigen Leuten auch bewusst warum es im Osten so ist mit der wirtschaftlichen Lage nach der Angliederung der neuen Bundesländer

Der Anschluss ans Wirtschaftsgebiet der BRD ging einfach zu schnell, das war das Problem. Einfach marode Betriebe aus dem weichen Umfeld der Planwirtschaft in das stürmische Gewässer der Marktwirtschaft zu werfen hat einfach nicht fuktionieren können.

Die BRD hätte gut daran getan die D-Mark erst einige Jahre später einzuführen.

Ich bin mal so frei und lasse Teil 1 einer kleinen Dokumentation über das Thema da:
Spoiler (Öffnen)

Dem Pflichte ich bei!
Ich habe mir mehrere Berichte über die Privatisierung im Osten angesehen und mancherorts mag es sehr gut Funktioniert haben, hier Seit VW Sachsen genannt. Aber mancherorts ist es nachgewiesen das Betriebe von der Treuhand an Investoren verkauft wurden, deren eigene Betriebe vor dem Aus standen und Konkurenz nicht gebrauchen konnten. So und auf andere weise wurden viele, sogar wirtschaftliche Betriebe geschlossen und nicht unerhebliche teile des Ostens regelrech deindustrialisiert.

Was leider oft vergessen wird, sind auch viele Nachwirkungen der Wende bei Betrieben, die zuerst überlebt haben.
Hier sein die Motorrad/Moped hersteller MZ und Simson genannt. Beide Betriebe wurden mehr oder minder erfolgreich Privatisiert und existierten bis in die Jahrtausendwende. MZ sogar bis etwa 2012. Beide betriebe wurden allerdings stetig kleiner bis sie aufgeben mussten. Der Grund war, das ihnen ein Markt fehlte und ihnen keine Zeit gegeben wurde, einen anständigen neuen Mark zu erschließen.

Andere Geschichten sind hier z.b. bei Henkel zu suchen. Diese kauften die Marke Spee in Genthin auf, Moderniserten den Standort und haten ein Vertrag mit dem Kreis/Stadt zur Standortsicherung bis 2009.
2009 wurde das Werk geschlossen, in Düsseldorf neu aufgebaut und 300 Arbeiter auf die Straße gesetzt.
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#9
02.10.2015
Railway Dash Offline
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RE: 25 Jahre Deutsche Einheit - Was denkt ihr?
Du stellst die richtigen Fragen, lieber Odi, und viele davon kann ich dir beantworten.

Allerdings würde ich selbst mit einer richtigen Tastatur wohl wenigstens vier Stunden brauchen, und der Text wäre so lang, daß keiner hier ihn lesen würde.

Dieses Gesamt-Thema ist eher was zum Reden... wenn wir uns mal wieder treffen, sprich mich bei Interesse gerne nochmal drauf an. Als geborener DDR-Bürger (daran ändert sich ja nichts) und einer, der diese Zeit 1989/90 selber bewußt miterlebt hat und beide Systeme kennt, habe ich großes Interesse an dem Thema und auch meine Meinungen zu den einzelnen Fragen, nur ist das für Textform wie gesagt schlicht zu lang.

[Bild: sig-tatras-01-04-2018-3.png]
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#10
02.10.2015
bisty Abwesend
Wonderbolt
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Registriert seit: 16. Jul 2012

RE: 25 Jahre Deutsche Einheit - Was denkt ihr?
(02.10.2015)Herrmannsegerman schrieb:  Der Anschluss ans Wirtschaftsgebiet der BRD ging einfach zu schnell, das war das Problem.
Ich glaube, es ging damals weniger um die wirtschaftliche Aspekte, sondern ehe mehr um psychologische - man wollte eine Vereinigung, und so ein schneller Anschluss war quasi ein Symbol der Wiedervereinigung, also das, was die Menschen damals am meisten brauchten. Es gibt halt die Dinge, die nun mal wichtiger, als Geld sind, und manchmal muss man Wohlstand auch opfern können, wenn es um Freiheit geht.

Übrigens, ich wundere mich, warum noch keiner diesen Film hier verlinkt hat.
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#11
02.10.2015
Odinsson Offline
Wonderbolt
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Registriert seit: 28. Jan 2014

RE: 25 Jahre Deutsche Einheit - Was denkt ihr?
Ich hab mich eben schon auf ein Wall of Text bei dir eingestellt [Bild: cl-rd-laugh.png]

Aber Trotzdem, dann Kürze es doch einfach einmal und sage uns im Kurzem was du dazu sagt, sogar als Zeitzeuge. Was du zu sagen hast, soll ja gerade hier, nicht nur mir dienen Twilight happy
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#12
02.10.2015
Black Owl Immortal Offline
Zu unkreativ für einen Titel
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Registriert seit: 08. Jan 2012

RE: 25 Jahre Deutsche Einheit - Was denkt ihr?
Der erste historische Beweis, das wir viele Flüchtlinge aus wirtschaftlich armen Verhältnissen und einer schlimmen Diktatur aufnehmen können.
Ostrefugees welcöme

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#13
03.10.2015
Railway Dash Offline
~Chief Plush~ Lokführerpony
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Registriert seit: 20. Nov 2012

RE: 25 Jahre Deutsche Einheit - Was denkt ihr?
(02.10.2015)Odinsson schrieb:  Ich hab mich eben schon auf ein Wall of Text bei dir eingestellt [Bild: cl-rd-laugh.png]

Aber Trotzdem, dann Kürze es doch einfach einmal und sage uns im Kurzem was du dazu sagt, sogar als Zeitzeuge. Was du zu sagen hast, soll ja gerade hier, nicht nur mir dienen Twilight happy

Na gut, dann versuche ich es mal... dazu nehme ich sogar meine Pause her, die dank Schichtabweichung heute recht lang ist; wollte eigentlich an meiner Übersetzung vom "Pegasus Device" weitermachen, aber auf die wartet eh niemand Shrug Also versuche ich es einfach - nur posten kann ich dann erst heute nacht, das Netbook hier ist trotz seines Namens offline.

Ja, das damals war eine einmalige Zeit... was auf jeden Fall klar ist: ein "weiter wie bisher" konnte es auf keinen Fall geben, und es gab keine "Gebrauchsanweisung", wie mit einem kompletten Systemumsturz in einem ganzen Land umzugehen war oder wie gar zwei Länder, die sich seit immerhin 40 Jahren unterschiedlich entwickelt hatten, wieder zusammenzuführen wären. Daß alles friedlich blieb, liegt übrigens nur daran, daß "der Russe" (die UdSSR) eben nicht eingriff - Gorbatschow stand auf dem Standpunkt: das geht uns nichts mehr an, wir halten uns da raus, solange wir (also die SU) nicht direkt angegriffen werden. Unter einem Leonid Breschnew oder einem Nikita Chruschtschow an der Spitze der KPdSU wäre die friedliche Revolution nicht möglich gewesen, da müssen wir uns gar nichts vormachen. - Das Pech der Ostberliner "Führung" war einfach, daß sie, in Altersstarrsinn erstarrt und von ihren Untergebenen auch sorgsam gegen die Realität abgeschirmt (ihnen wurden lediglich Potemkinsche Dörfer vorgeführt zu offiziellen Anlässen), die Zeichen der Zeit nicht erkannten und sich zu spät auf eine Erneuerung einließen - da war es aber bereits zu spät, die Ereignisse hatten eine unvorhersagbare Eigendynamik entwickelt, die kaum zu steuern und erst recht nicht "unter Kontrolle zu bringen" war.

Dann kommen wir mal zu deinem "Fragekomplex":

Aha, die noch immer existierende wirtschaftliche Mauer - und durchaus auch die in den Köpfen. Oh ja, die gibt es tatsächlich noch, unverändert - was auch wenig verwunderlich ist. 40 Jahre der Trennung sind eine lange Zeit, das bekommt man nicht mal so eben binnen weniger Jahre aus dem kollektiven Bewußtsein wieder raus. Oh, ich weiß, ihr Jüngeren hier kennt es nicht mehr anders, als daß es eben EIN Land ist und es keine Grenze dazwischen gibt; aber alle aus meiner Altersklasse und aufwärts kannten es die ersten Lebensjahrzehnte (bei mir immerhin knapp 1,5) schlicht nicht anders - und das ist schwer aus den Köpfen rauszubekommen. Außerdem gibt es wirklich diese wirtschaftliche Mauer: nach der Wende wurde der Osten wirtschaftlich tot gemacht. Das muß man knallhart so sagen, wie es ist - sicher, es entstanden ein paar "leuchtende Inseln", ein paar Vorzeigebetriebe wie etwa von VW die Gläserne Manufaktur in Dresden oder Porsche in Leipzig, aber das sind Inseln. Große Teile Ostdeutschlands wurden einfach ihrer Existenzgrundlage beraubt. Hinzu kommt das Einkommensproblem: noch immer, ein Vierteljahrhundert (!) nach der Wiedervereinigung, werden im Osten für gleiche Tätigkeiten einfach mal niedrigere Löhne gezahlt als im Westen - "ja, eure Produktivität im Osten ist doch viel niedriger". Aha. Aber unsere Kosten sind genauso hoch - klar, die Mieten in Hainichen oder Dittersbach sind nicht so exorbitant wie sag mal in München oder Hamburg; die Nebenkosten wie etwa Gas, Wasser, Strom, Versicherungen, Spritpreise usw. aber sind längst identisch. Mit welcher Berechtigung wird da nochmal weniger Lohn gezahlt, nur weil man sich gerade östlich der ehemaligen Grenze befindet...? Twilight: not bad Sachsen geht inzwischen sogar damit in die Werbung, ein innerdeutsches Niedriglohnland zu sein Facehoof - na schönen Dank auch; solange schon rein wirtschaftlich noch immer gilt: DDR = Der Doofe Rest, so lange wird man auch das Ost-West-Denken nicht aus den Köpfen herausbekommen. Ist so.

Weil wir gerade bei der Wirtschaft sind. Nach der Wende wurde doch immer wieder aus Richtung Westen rumgeflennt, daß die Produkte aus dem Osten nicht konkurrenzfähig am Weltmarkt wären und keine Absatzmöglichkeiten hätten. Das stimmt größtenteils sogar. Was allerdings regelmäßig unter den Tisch fällt, ist die Frage: warum ist das denn so? - Generische Antwort aus Richtung Westen, sinngemäß: die Ossis sind einfach zu doof und faul; jedenfalls wurde uns dieses Bild immer wieder aus Richtung Westen vermittelt.

Falsch. So falsch, wie es nur geht.

Sehen wir uns den Fahrzeugbau an, das kennen die meisten. Richtig ist: Barkas B1000, Trabant 601 und Wartburg 353 waren 1989 längst nicht mehr auf dem Stand der Zeit (auch nicht mit den da dann bereits importierten VW-4-Takt-Motoren). Es lag allerdings nicht daran, daß die DDR-Betriebe keine Weiterentwicklung ihrer Produkte gewollt hätten - sie DURFTEN es schlicht nicht. Denn: die DDR war (natürlich auf ausdrücklichen "Wunsch" des "großen Bruderstaates", der SU - man muß es glasklar sagen: die DDR war ein Vasallenstaat der SU und die Speerspitze im Kalten Krieg um die Vorherrschaft der Ideologien, so wie die BRD auf der anderen Seite die Speerspitze des Kapitalismus war) Mitglied im RGW, dem "Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe". Im Rahmen dieses Planungs- und Bürokratiemonsters (welches mich streckenweise allerdings frappierend an die heutige EU erinnert) wurde genau festgelegt, welcher Staat welche Wirtschaftsgüter produzieren durfte und sollte. Im Fahrzeugbau wurde da festgelegt: DDR: PKW mit 2-Takt-Motoren und Transporter mit 2-Takt-Motoren. Und daran hielt man sich - sonst bekam man Ärger aus Moskau.

Allerdings erkannten die Ingenieure bei den Fahrzeugherstellern natürlich auch bereits Anfang der 70er, daß ihre Produkte veralteten. Bei Barkas in Frankenberg (ja, ganz recht, der Ort, aus dem ich komme - wer mal dorthin kommt, dem empfehle ich einen Besuch des Fahrzeugmuseums, in dem es um die Geschichte von Framo und dessen Nachfolger Barkas geht; dort findet sich das Nachfolgende auch nochmal ausführlicher dargestellt) tüftelte man also an einer Weiterentwicklung des Barkas B1000 (wer dieses Fahrzeug nicht kennt: ein Kleintransporter, die 1000 stand für die Nutzlast in kg, also 1000 kg). Ergebnis war der B1100, also ein Fahrzeug mit 1.100 kg Nutzlast und einem zeitgemäßen 4-Takt-Motor. Es wurden drei Prototypen gebaut und bis zur Serienreife entwickelt und getestet, einer mit einem Moskvich-Motor (das war ein 4-Takter) und zwei mit eigenentwickelten neuen Motoren. Natürlich wurden auch die entsprechenden Patente angemeldet. Allerdings kam es zu keiner Serienfertigung: das Wirtschaftsministerium schritt ein, untersagte die weitere Entwicklung, die Prototypen mußten verschrottet werden (was nicht passierte - die Fahrzeuge wurden in Scheunen in Mühlbach, Langenstriegis und Dittersbach versteckt und die Verschrottungspapiere gefälscht, und die Stasi hat es NICHT mitbekommen; einer der Wagen steht heute restauriert im Fahrzeugmuseum), und die Patente wurden verkauft. An wen? Na klar, an jemanden, der Devisen dafür zahlen konnte - VW in Wolfsburg. Dort baute man zu jener Zeit noch den T2, VW war deutlich rückständiger als Barkas - aber dann kam, wie eben ausgeführt, die politische Intervention. Wenig später kam dann der T3 auf den Markt - so, liebe Internet-Fans, nun werft ruhig mal Google an und vergleicht VW T3 und Barkas B1100 Twilight: not bad Vergeßt aber bitte nicht, daß der B1100 wesentlich eher (1972) fertig war als der T3 - den Rest könnt ihr euch denken.

Ähnliche Entwicklungen gab es auch in Zwickau (Trabant; hier wurde ein Nachfolger entwickelt, der dem ersten Polo zum Verwechseln ähnlich sah) und Eisenach (Wartburg; dessen Nachfolger sieht "seltsamerweise" genauso aus wie der Golf I). Und das waren nicht alle Wirtschaftsgebiete der DDR - soviel also zur "rückständigen und veralteten Wirtschaft". Wir sehen: das war nicht etwa, weil wir in der DDR alle doof gewesen wären, sondern, weil wir nicht DURFTEN!

"Na, dann hättet ihr nach der Wende doch durchstarten können!" - Leider nein. Denn: durch die Währungsumstellung liefen auf einmal auch wieder alle Verbindlichkeiten der Betriebe 1:1 in harter D-Mark, die aber nicht ausreichend hereinkam - viele Betriebe arbeiteten zwar auf Export; mit der DM-Umstellung wurden die Produkte aber für das bisherige Absatzgebiet, das Sozialistische Wirtschaftsgebiet ("Ostblock") bzw. dessen Länder zu dieser Zeit unbezahlbar. Die Betriebe konnten keine Transfer-Rubel mehr annehmen als Bezahlung (eine Buchwährung des Ostblocks, vergleichbar dem ECU der EWG), sie brauchten DM - die aber konnten ihre einstigen Abnehmer nicht aufbringen. Im Westen hatte man an den Produkten natürlich, da sie gegenüber dem West-Standard veraltet waren, auch kein Interesse, und die Zivilbevölkerung wollte jetzt erst mal "was Neues" - wie die Menschen eben sind: "neu = gut und besser", das ist einfach eine Ur-Eigenschaft des Menschen. Deshalb brach natürlich der Absatz vieler Produktionsbetriebe massiv ein - der Rest ist bekannt.

Richtig wäre jetzt gewesen, von staatlicher Seite her (immerhin handelte es sich nicht um Privatbetriebe, sondern um Volkseigentum) eine Überbrückungsmöglichkeit zu schaffen. Genau das aber biß sich mit der Ideologie der BRD, nach der der Staat sich komplett aus der Wirtschaft rauszuhalten hat - Folge: man wollte so schnell als irgend möglich "privatisieren", die Treuhand wurde gegründet (der ich bis heute die größte Arbeitsplatzvernichtung in der deutschen Geschichte anlaste! Einfach durch ihre schlampige Arbeit, dadurch, daß Betriebe inklusive Fördergeldern windigen Wirtschaftsverbrechern aus dem Westen völlig ohne Prüfung nachgeschmissen wurden, Hauptsache raus aus dem Portfolio!), der Rest ist bekannt.

Im Westen verfolgte man die Entwicklung im Osten natürlich mit Argusaugen - gerade bei VW. Um bei Barkas zu bleiben: natürlich erinnerte man sich in Wolfsburg daran. Und man sah: hoppla, selbst der eigentlich veraltete B1000 ist ja noch immer konkurrenzfähig am Weltmarkt, wenn er nur ein wenig modernisiert wird - vielleicht nicht im Westen, wohl aber im Osten: der steckt dank seines robusten Aufbaus und seiner Hochbeinigkeit auch hundsmiserable Straßen weg, der ist fast unkaputtbar, der hält fast ewig (etwas Pflege vorausgesetzt). Über kurz oder lang wäre dieses Fahrzeug also zur direkten Konkurrenz für VW in Hannover-Stöcken geworden, also schritt man seitens VW ein: Barkas wurde kurzerhand aufgekauft; die älteren Arbeitnehmer in den Vorruhestand geschickt (durchaus mit großzügigen Abfindungen, zugegeben; gemunkelt wird bis heute, daß der neugegründete Betriebsrat aber zur Zustimmung ebenfalls kurzerhand gekauft wurde), die jüngeren flogen auf die Straße - fertig, Maus, aus. Und damit erst gar keiner wieder auf die Idee kam, wieder etwas auf die Beine zu stellen, wurden die Produktionsanlagen als letzte Arbeitshandlungen auf Anweisung aus Wolfsburg (Konzernzentrale; der Transporterbau von VW erfolgte zu jener Zeit aber schon lange in Hannover-Stöcken) demontiert, in Kisten verpackt und sollten verkauft werden - was freilich nie geschah, alles wurde ein paar Jahre später kurzerhand verschrottet. - Resultat: in Frankenberg und Hainichen zusammen mal eben schlappe 5.000 Arbeitsplätze weg, wunderbar! Reife Leistung, Chapeau, VW! Facehoof - Und das war beileibe kein Einzelfall... deshalb meine Bemerkung eingangs, daß der Osten wirtschaftlich regelrecht getötet wurde von den West-Betrieben, schon, um potentielle Konkurrenz auszuschalten.

Bezeichnend ist außerdem, daß bis heute kein einziges DAX-Unternehmen seinen Vorstand im Osten sitzen hat - wo sind denn die Konzernzentralen? In Dresden, Leipzig, Chemnitz, Magdeburg, Erfurt, Schwerin, Rostock? Na dann "gut such". Nein, die sind unverändert im Westen, genau wie die Entwicklung - das, was im Osten an Industrie übrig blieb, wurde zur verlängerten Werkbank des Westens degradiert, und als Dank jammert man uns heute noch von der "niedrigeren Produktivität" im Osten vor und begründet damit wunderbar niedrige Löhne. Ja, woher soll denn eine bessere Produktivität im Osten kommen, wenn man die Menschen nicht arbeiten läßt?! - Und solange die Lage so ist (und nach einer Änderung sieht es nicht aus), bleibt die Mauer in den Köpfen bestehen.

Ist es da wirklich verwunderlich, wenn die Leute im Osten sich vielfach noch immer als Verlierer fühlen? Und das gleich mehrmals? - Um das zu verstehen, muß man ein wenig in die Geschichte gehen: Ende 2. Weltkrieg, wir haben die Besatzungszonen. Eigentlich also gleiche Neustart-Bedingungen für alle. Aber: im Osten bestand der Russe gnadenlos auf den Reparationen. Odi, gerade in unserem Sektor (Eisenbahn) sind die Folgen noch immer sichtbar: es wurden flächendeckend bei der Eisenbahn die 2. Gleise abgebaut und Fahrzeuge zu Hunderten in die SU abgefahren - auch wenn man dort wegen der abweichenden Spurweite gar nichts damit anfangen konnte, egal, Hauptsache erst mal den bösen Deutschen weggenommen. Im Westen blieb so etwas dagegen aus... und der Abbau von Produktionsanlagen zur Reparation beschränkte sich beileibe nicht nur auf die Eisenbahn. - - Die Jahre vergehen, inzwischen haben wir gedanklich die 70er: der Westen profitierte vom Marshall-Plan (erstmal egal, ob der seitens der USA nun völlig uneigennützig oder mit Hintergedanken kam); für den Osten gab es KEINE derartige Aufbauhilfe. Pech gehabt, liebe Ostzonen-Bürger (bzw. ab 1949 DDR), ihr sitzt einfach auf der falschen Seite der Demarkationslinie (ab 1949: Staatsgrenze). Zum ersten Mal verloren. Dann: dank "freiwilliger Abkommen" wurde aus der DDR wesentlich mehr abgeschöpft, als irgendwie aus der SU zurückkam; und, um an Devisen zu kommen, wurden langlebige Konsumgüter in den Westen exportiert - natürlich fehlten die dann in der DDR. Pech gehabt, liebe DDR-Bürger, euer Pech, habt ihr eben verloren Shrug - 1990, die Wiedervereinigung: wie bereits beschrieben wurde die Industrie plattgemacht und die Leute auf die Straße geschmissen, völlig egal übrigens, ob der Betrieb auch unter marktwirtschaftlichen Bedingungen konkurrenzfähig gewesen wäre oder nicht. Tja, Pech gehabt, liebe Ossis, habt ihr eben verloren - wiedermal Facehoof Und da sollen Einheits-Gefühle und Gefühle von "Wir sind EIN Volk" aufkommen...? Twilight: not bad Also, nehmt es mir nicht übel - aber zumindest bei mir will sich da einfach keine rechte Jubelstimmung einstellen. Und bevor jetzt der westdeutsche Beißreflex kommt "ihr undankbaren Ossis, ihr solltet mal ein wenig mehr Dankbarkeit zeigen dafür, daß wir euch geholfen haben!!1!elf!" (ich kenne diesen Beißreflex nur zu gut, aus eigener Erfahrung!) - ach, ist das so? Sollten wir dankbar sein? Wofür? Dafür, daß der Osten ALLEINE -zigmal den Krieg abbezahlt hat? Dafür, daß die westdeutsche Politik auf strikte Privatisierung und "Rückgabe [von Grundstücken und Immobilien an Alteigentümer] vor Entschädigung" setzte und damit tausende Leute ihre Häuser verloren? Dafür, daß man sich dank Marshallplan und guter Bedingungen durch die West-Siegermächte im Westen gemütlich einrichten konnte, aber jetzt die Zähne hochzieht, wenn es darum geht, mal einen INNERDEUTSCHEN Ausgleich zu schaffen - immerhin wurde der Krieg ja von GESAMTdeutschland verloren, nicht nur vom Osten! - ? Und bevor wir es vergessen: der "Soli" wurde nicht nur im Westen erhoben. Nein. Den zahlt JEDER Entgeltempfänger - im Westen genauso wie im Osten. - Ich sitze ja übrigens jetzt in diesem Moment auch nicht in Frankfurt (Main), weil es mir hier so wahnsinnig gut gefällt, sondern weil ich - als Nachwirkung der ganzen Entwicklung, immer noch! - in meiner Heimat schlicht keine anständig bezahlte Arbeit in meinem Beruf bekomme. Einheitsgefühle...? Twilight: not bad Und wo wir gerade bei der Wiedervereinigung sind: wie gesagt, es gab keine Referenzen zum Nachschlagen, und die Eigendynamik der Ereignisse mußte irgendwie gebündelt und gelenkt werden. Dennoch: was war die Wiedervereinigung denn bitte anderes als die bedingungslose Kapitulation des Ostens vor dem Westen? Nicht militärisch, oh nein - aber auf wirtschaftlichem Niveau, einfach, weil die DDR (oder das, was übrig war) den Wirtschaftskrieg der Systeme verloren hatte. Und so wurde einfach das komplette System der BRD auf die DDR übergestülpt, nicht umsonst spricht man ja auch von einem Beitritt - genau das war es nämlich, ein Beitritt des Ostens zum Westen, keine echte Wiedervereinigung, wo man etwa das Beste beider Systeme genommen und zu einem sinnvollen, vernünftigen neuen Ganzen gemacht hätte. Pech gehabt, liebe Ossis, da habt ihr also schon wiedermal verloren! Trollestia Wir hatten die Abkürzung ja oben schon - "Der Doofe Rest", immer und immer wieder Facehoof Alles, was irgendwie "DDR" war, wurde einfach wegrationalisiert und durch das westliche Gegenstück ersetzt - völlig egal, ob das überhaupt paßte oder ob das westliche Gegenstück nicht sogar schlechter oder veralteter (gesellschaftliche Ebene!) als das aus dem Osten war. - Ach ja, die Nachwirkungen des Reparations-Abbaus für die Eisenbahn im Osten bis heute, da waren wir stehengeblieben: noch heute sind wichtige Strecken immer noch nur eingleisig mit Ausweichen, weil auch nach der Wende nicht unbegrenzt Geld für einen Wiederaufbau da war (nur Tatsache, kein Vorwurf), als Beispiel nenne ich nur mal die Strecke Leipzig - Chemnitz. Einst eine Magistrale und auch heute durchaus mit beachtlichem Verkehrsaufkommen, bis Kriegsende durchgehend zweigleisig, heute immer noch eingleisig mit Ausweichen, die nur mit Mühe den heutigen Verkehr aufnehmen kann, von Angebotsausweitungen und Leistungssteigerungen erst gar nicht zu reden. Nachwirkung von 1945!

So, was haben wir hier... aha, die Ostprodukte.

Ich nehme an, mit ein Grund, aus dem du heute noch Simson und alsbald MZ fährst: diese langlebigen Gebrauchsgüter waren einfach robuster gebaut als die West-Gegenstücke. Material war knapp, deshalb konnte man sich in der DDR eine solche Wegwerfgesellschaft wie im Westen einfach nicht erlauben - Folge: das, was gebaut wurde, war so gebaut, daß es "ewig" halten sollte. Nicht wie heute mit "geplanter Obsoleszenz", auch wenn diese von der Wirtschaft heute immer wieder mit reflexartigem Aufschrei bestritten wird - die Ost-Gebrauchsgüter MUSSTEN einfach lange halten und waren entsprechend gebaut; im Westen hingegen MUSS das Zeug möglichst am 1. Tag nach Garantie-Ablauf kaputtgehen, damit wieder was Neues verkauft werden kann Facehoof Beispiel Lisema (ein Polstermöbelhersteller), auch wieder aus Frankenberg, eine Bekannte von uns arbeitete dort. Bei Standard-Sofas wurde der Bespannungsstoff zu DDR-Zeiten mit einer bestimmten Anzahl Heftklammern an der Rückseite befestigt. Nach der Wende kam der neue (natürlich aus dem Westen "importierte") Manager: ab sofort ist nur noch die halbe Anzahl an Klammern zu verwenden! - Fassungslose Antwort der Mitarbeiter: ja, dann hält der Kram doch gar nicht! - Diskussion überflüssig, ab sofort nehmen Sie nur noch x statt y Klammern pro Sofa und keine einzige mehr Octavia angry - Noch Fragen? Twilight: not bad - Sicher warfen nach der Wende Tausende DDR-Bürger ihre Ost-Geräte, Schrankwände, Fahrzeuge usw. erstmal weg, eben weil "DDR" dran stand und sie eben dem Gefühl "neu = besser" erlagen. Heute bereuen es die meisten - die West-Gegenstände, die sie sich damals anschafften, mußten inwzischen schon zum mindestens 3. Mal ersetzt werden, während die Ost-Gegenstücke bei denen, die sie eben nicht wegwarfen, heute noch funktionieren und im täglichen Gebrauch sind. - Was deine Mopeds angeht: auch die waren auf Langlebigkeit gebaut, einfach mal ganz im Gegensatz zu ihren West-Gegenstücken. Desgleichen Fahrräder: ich fahre daheim heute noch auf einem Diamant-Rad, das, wiewohl es so alt ist wie ich (!!!), noch immer seine originalen Reifen mit den originalen Schläuchen drauf hat - geht heute in den Laden und kauft ein normales Fahrrad, und dann unterhalten wir uns in 38 Jahren nochmal, wieviele Räder ihr dann in dieser Zeit neu nachkaufen mußtet. Sicher ist auch das ein Grund für das "Revival" der Ost-Gegenstände.

Dann kommen wir mal zur Verwaltung. Was haben wir heute? 16 Bundesländer, 16 Ministerpräsidenten, 16 Parlamente, 16 lokale Gesetzgebungen. Ääääh... willkommen in der Vergangenheit? Kleinstaaterei, anyone? Twilight: not bad Da war die DDR aber wesentlich weiter: dort wurde mit dieser Kleinstaaterei aufgeräumt, es gab EINE Gesetzgebung, und Gesetze und Regelungen galten in Binz genauso wie in Oberwiesenthal. Es brauchte keine 5 unterschiedlichen Gesetzgebungen, Ausführungsbestimmungen undsoweiter - eindeutig fortschrittlicher als die heutige Kleinstaaterei! In der DDR gab es als Verwaltungseinheiten die Bezirke (klar von den osteuropäischen und russischen oblasti als Idee abgeschaut), welche noch einmal in Kreise unterteilt waren - einfach, weil eine einzige Zentralverwaltung nicht funktionieren würde, soviel ist klar. Aber: die Regelungen waren in allen Bezirken gleich. Stichwort Schulsystem: wozu brauchen wir heute 16 Kultusminister, 16 Lehrpläne, 16 verschiedene Prüfungsordnungen usw., was soll der Unsinn? Reicht nicht für einen Staat EIN Lehrplan, EINE Prüfungsordnung usw. aus? Aber nein, damit wird in der BRD feste Bürokratie produziert - koste es, was es wolle. - Gesundheitssystem: wozu bitte brauchen wir heute gefühlte 500 Krankenkassen, was soll der Quatsch? Auch hier ließe sich einsparen ohne Ende, ohne daß es zu Verschlechterungen der Leistungen kommen müßte - es braucht nicht Dutzende gesetzlicher Kassen, da reicht auch eine! Diese könnte ob ihrer schieren Größe dann vermutlich sogar bessere Konditionen mit ihren Leistungserbringern aushandeln als das heutige Durcheinander aus -zig einzelnen Kassen - aber nein, das wäre ja zu einfach. - Private Kassen: zunächst einmal muß man ja sowieso oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze verdienen oder selbständig sein, um überhaupt in eine solche wechseln zu dürfen. Und die entstehende Zweiklassen-Medizin ist meiner Ansicht nach alles andere als sozial und erst recht nicht "ausgewogen" - auch da waren wir schon mal weiter, das hatten wir schon mal überwunden.

Aha, die Überwachung. Aber wie wir heute überwacht werden... und nicht nur das. Es wird ja vom Westen her noch immer auf die brutale Stasi gehetzt... soso. Mal in'n Spiegel geguckt, liebe Wessis? Ich erinnere aus der neueren Vergangenheit, aus Zeiträumen, die ihr alle bereits selbst miterlebt habt, an die Protestkundgebungen gegen Stuttgart 21 oder die Occupy-Bewegung in Frankfurt (Main). Was geschah? Richtig - Polizeieinsätze gegen die Andersdenkenden, die eher an einen Bürgerkrieg erinnerten als an "die Polizei, dein Freund und Helfer"! Bilder wie diese waren es, die wir 1989 befürchteten - ich habe mehr als 20 Jahre danach fassungslos vor dem Fernseher gesessen und gedacht, das darf doch nicht wahr sein. 1989 blieb alles friedlich, aber jetzt zeigt die Staatsmacht mal, wie demokratisch sie wirklich ist, wenn es um Andersdenkende geht - DRAUF! Aber mit aller GEWALT! Seltsamerweise ist das aber regelmäßig nur so, wenn sich "das System" irgendwie bedroht oder in die Enge getrieben sieht - ansonsten kann jeder tun und lassen, was er will, da interessiert eine "öffentliche Ordnung" nur am Rande und wird auch gerne mal mit dem Argument "Personalknappheit bei der Polizei" abgebügelt. Aber wehe, das System sieht sich bedroht oder auch nur herausgefordert - dann wird geknüppelt, wassergeworfen und pfeffergesprayt, was die Rohre hergeben, schlimmer und brutaler, als die Stasi es 1989 vor der Gethsémanekirche in Berlin je tat! Sehe ich da eine gewisse Scheinheiligkeit...? Twilight: not bad Und die sehe beileibe nicht nur ich. - Sonstige Überwachung: es gab vor paar Jahren mal eine Grafik, da wurden die gesammelten Datenbestände der Stasi auf Aktenschränke umgerechnet und dann auf der Landkarte gezeigt, welche Fläche die einnehmen würden. War glaube ein Viertel oder die Hälfte von Berlin. Dann wurde dieselbe Rechnung für die NSA aufgemacht - die Fläche erstreckte sich über die halbe eurasische Kontinentalplatte. Nothing more to say... Twilight: not bad - Wobei man fairerweise aber dazusagen muß, daß, auch durch die technologische Weiterentwicklung und Sachen wie soziale Netzwerke, die Menschen ihre Daten heute freiwillig en masse preisgeben - die brauchen nur noch "geerntet" zu werden. Überwachung jedenfalls gibt es heute mehr als je zuvor - und gnade einem Celestia, wenn man in irgendein Raster gerät, dann hat man auch schon mal das SEK, das einem die Bude stürmt.

Transportpolitik: hast du bereits selber gesagt, kann ich mir sparen.

Was jedenfalls eine "geistige Einheit" bis heute sehr effektiv verhindert hat: nach der Wende wurde der Osten regelrecht geflutet von Leuten, die die "doofen Ossis" einfach nur übers Ohr hauen wollten (teilweise waren diese daran allerdings selber schuld - in Staatsbürgerkunde oder auf den Unis in Marxismus/Leninismus wurden die Schattenseiten des Kapitalismus und der Marktwirtschaft völlig realistisch erklärt, nur wurden diese Fächer von vielen verständlicherweise als reiner ideologischer Brimborium abgetan und "den Westlern", die nach der Grenzöffnung in den Osten kamen, mit aus heutiger Sicht unfaßbarer Blauäugigkeit und Naivität begegnet, einfach, weil man wirtschaftlichen Argwohn in der DDR schlicht nicht kannte (politischen Argwohn sehr wohl, aber eben keinen wirtschaftlichen)) - und den Menschen im Osten wurden einfach Leute aus dem Westen als Vorgesetzte oder auf Ämtern vor die Nase gesetzt, die vom Leben in der DDR einfach NICHTS wußten, dafür aber alles besser wußten und beständig meinten, die "Ossis" von oben herab belehren zu müssen - diese unermeßliche Arroganz der Westbürger, die streckenweise bis heute anhält (ich merke es teilweise sogar heute noch unter Kollegen! Nur gebe ich denen dann Kontra, was sie regelmäßig sprachlos zurückläßt), verhindert bis heute eine geistige Einheit auf breiter Fläche. - Ich meine damit nicht, daß jetzt jeder mit seiner Meinung hinterm Berg halten oder jeder West-Bürger unbedingt mal die ex-DDR besuchen müsse, aber gegenseitiger Respekt vor der jeweiligen Lebensleistung wäre doch sehr förderlich - und der ist nicht zu erkennen, unverändert. - Ich selbst bin inzwischen nicht mehr jung (das muß ich realistisch so sehen), und ich merke es bei mir selber: quakt mir einer, der von meiner Arbeit keine Ahnung hat, z.B. irgendein neu eingestellter Lehrling oder ein Schlipsfuzzi, der sein Lebtag lang noch nie im Fahrdienst selber tätig war, unqualifiziert in meine Arbeit rein, reagiere ich darauf sehr allergisch, das vertrage ich einfach nicht. Die meisten von euch sind verglichen mit mir noch sehr jung, da reagiert man darauf noch anders; mit zunehmendem Alter läßt man sich aber immer weniger von anderen reinreden und erst recht doof reinquaken - und jetzt stellt euch vor, daß es um 1990 herum Millionen (!!!) Menschen in allen Bereichen so ging, als die Leute aus dem Westen kamen und meinten, ihnen erklären zu müssen, wie man überhaupt arbeitet (implizierend, daß man im Osten 40 Jahre lang sich nur die Eier geschaukelt hätte, mal drastisch gesagt), und sie einfach von oben herab behandelt wurden, als wären sie kleine unmündige Kinder oder der kleine Lehrling aus dem 1. Lehrjahr... Twilight: not bad Und sowas prägt - das vergißt man nicht einfach, auch das ist uns Menschen einfach so gegeben.

So - das war mein Wort zum Tag der "Einheit" (oder eher: zum Geburtstag der Republik Trollestia ) - ich denke, damit habe ich für den Moment alles Wesentliche, was ich schreiben wollte, erwischt; hat auch nur 1,5 Stunden (!) an richtiger Tastatur gedauert Trollestia Gepostet wird dann heute nacht - jetzt muß ich erstmal wieder was arbeiten gehen.

Und zurück an der heimischen Tastatur. Was ich noch ergänzen wollte: auch meine Familie (Eltern und ich) war 1989 mit auf der Straße, im Spätherbst / Frühwinter in Frankenberg (nur sehr kleine Demos - klar, ist auch nur eine Kleinstadt) und im damaligen Karl-Marx-Stadt. Was mich persönlich damals anpiepste: ich hatte "Westverwandtschaft" (meine Großeltern v. hatten die DDR 1977 verlassen, weil meinem Großvater seine Zeit, die er bei der Wehrmacht und in der britischen Kriegsgefangenschaft verbringen MUSSTE, nicht auf die Rente angerechnet wurde und er als Selbständiger (kein Kapitalist, sondern Bäcker, was zu seiner Zeit ein äußerst schwerer Beruf war) ohnehin schlechter gestellt wurde; außerdem hatte sich bereits in den 50ern mein Onkel v. bei Hannover niedergelassen und dort ebenfalls seine Familie) - aber ich hatte keine realistische Aussicht, diese jemals besuchen zu dürfen. Oh, sie konnten uns ihrerseits besuchen (Großvater und Onkel 1989 nicht mehr, da lebten sie längst nicht mehr), ich sie aber umgekehrt nicht. Mein Vater durfte seine Mutter (meine Oma) einmal im Jahr zu ihrem Geburtstag besuchen, da sie damals bereits über 75 Jahre alt war (sie war 45, als sie meinen Vater bekam) und es sich um Verwandtschaft 1. Grades handelte - ich aber war nur der Enkel, also Verwandtschaft 2. Grades, und für die gab es keine Genehmigungen für Verwandtschaftsbesuche. DAS hat mich gestört - mich ganz persönlich. Ich meine, es war meine Oma! Und wegen irgendwelcher in meinen Augen (damals wie heute) bekloppter Regelungen durfte ich sie nicht besuchen? Dagegen hatte ich was.

Natürlich war DAS der Hauptfehler der DDR-Machthaber: ihr Volk über Jahrzehnte, abgesehen vom Ostblock, praktisch komplett einzusperren, und dieser Fehler rächte sich 1989. Sicher, viele wären dauerhaft "abgehauen" (was man in den 50ern bis zum 13.08.1961 ja deutlich sah), aber mindestens ebenso viele wären wirklich nur zu Besuch ins Ausland gefahren und wären zurückgekommen. Wäre dem nicht so gewesen, wären ja am 10.11.1989 ja urplötzlich 17 Millionen Menschen auf Nimmerwiedersehen "rüber" in die BRD - wir alle wissen: genau das geschah NICHT, die meisten fuhren "rüber", guckten sich um, und am Ende des Tages schliefen sie wieder in ihrem eigenen Bett in der DDR. - Aber da war es zu spät, die Entwicklung noch aufzuhalten, und zu lange hatte sich eben nichts verändert. Hinzu kam die Wertlosigkeit der eigenen Währung (Mark der DDR) in der Welt, das sahen auch viele DDR-Bürger beim Urlaub in Ungarn oder Bulgarien: die DDR-Mark war in diesen Ländern herzlich unbeliebt, hingegen wurden DM-Inhaber dort hofiert und urlaubten wie Könige. Klar sprach sich das rum.... und so kam natürlich praktisch sofort die Forderung auf, ich habe die Rufe heute noch im Ohr: "Kommt die D-Mark, bleiben wir; kommt sie nicht, geh'n wir zu ihr!" Auch ein Teil der Eigendynamik, die die ganze Entwicklung damals entfesselte... Twilight: not bad - Sicher, Kohl konnte gar nicht anders, als die Währungsunion umzusetzen, und ich betone nochmal, daß auch er keinerlei Referenzen zum Nachsehen hatte - trotzdem wurde eben mit der D-Mark, so heiß ersehnt sie auch von der Zivilbevölkerung war, in der Wirtschaft im DDR-Gebiet ein unermeßlicher, bis heute nicht wirklich behobener Schaden angerichtet, ich hatte es eingangs bereits ausgeführt.


Wenn mich jemand fragt, wie ich es aus heutiger Sicht sehe... AJ hmm Twilight: not bad Ganz ehrlich? Ich würde, wenn das ginge, den Leuten aus der Vergangenheit eher zu einer Zwei-Staaten-Lösung raten, zu einem langsamen Übergang und einer tatsächlichen Wiedervereinigung keinesfalls bereits 1990, sondern sag mal vielleicht erst 2010 oder so. Das wäre dann eine Vereinigung geworden, die diesen Namen wirklich verdient hätte, und während der 20 Jahre dazwischen hätte sich die DDR-Wirtschaft dem Weltmarkt anpassen können. Natürlich wäre vorübergehend eine Art Protektionismus nötig gewesen, aber eben nur vorübergehend, dessen bin ich mir sicher. Und wer weiß, ein echter reformierter Sozialismus hätte womöglich sogar eine Chance gehabt... das, was in der DDR herrschte, war kein Sozialismus, sondern irgendwas, was die Theorien von Marx und Lenin völlig verdrehte - die Idee des Sozialismus halte ich unverändert für gut, die Umsetzung im Ostblock natürlich war das genaue Gegenteil; letztlich scheiterte die gute Idee eben an den Menschen und ihrem naturgegebenen Egoismus (ist einfach so, kommt es hart auf hart, ist der Mensch egoistisch und auf den eigenen Vorteil bedacht - das ist aber nicht menschen-exklusiv, sondern bei allen bekannten höheren Lebewesen zu finden) Shrug

Wir sind damals für Veränderungen auf die Straße gegangen - aber wir bekamen... sagen wir es so... mehr, als wir im Herbst 1989 jemals überhaupt haben wollten Pinkie approved

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#14
03.10.2015
Meganium Offline
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RE: 25 Jahre Deutsche Einheit - Was denkt ihr?
(02.10.2015)Odinsson schrieb:  Was denkt ihr?!
Ein ganz normaler Tag, wie jeder andere auch. Die Erde ist auf ihrer Bahn am 196. Tag nach dem Tag des Erreichens des Widderpunktes. Shrug

(02.10.2015)Odinsson schrieb:  Was Denkt ihr über diese Zeit, über das Heutige Deutschland und wie wird es werden?
Ich hoffe mal, dass "Deutschland" nicht mehr als Land, sondern nur noch als Landstrich existieren wird. Wie "Schwaben", "Hunsrück" oder "Münsterland". Weg von der Staaterei hin zur Staatenlosigkeit. In der DDR war dies ironischerweise nahezu ideal, wie es aber auch Railway Dash so schön beschrieben hat:

Zitat:Dann kommen wir mal zur Verwaltung. Was haben wir heute? 16 Bundesländer, 16 Ministerpräsidenten, 16 Parlamente, 16 lokale Gesetzgebungen. Ääääh... willkommen in der Vergangenheit? Kleinstaaterei, anyone? Twilight: not bad Da war die DDR aber wesentlich weiter: dort wurde mit dieser Kleinstaaterei aufgeräumt, es gab EINE Gesetzgebung, und Gesetze und Regelungen galten in Binz genauso wie in Oberwiesenthal.

Zugegeben, viele Regelungen sind nicht nur Ländersache, sondern auch Bundessache, wonach sich also jedes Land daran halten muss, wodurch das Zitierte nicht unbedingt zutreffen muss. Dass diese nahezu staatenlose Verwaltung durchaus seine Vorteile haben kann, ist aber dennoch ersichtlich. Die Frage, wer diese Form der Exekutive ausführt, und wie verfassungsfeindlich (aus heutiger Sicht) dieser "Wer" ist, ist selbstverständlich eine andere. Staatenlosigkeit ja, aber nicht mit einer skrupellosen Partei, die mir nahezu alle Rechte beraubt.

(02.10.2015)Odinsson schrieb:  Für viele, existiert immer noch eine Imaginäre aber vor allem eine Wirtschaftliche "Mauer". Egal ob Ost oder Westdeutsche, immer noch haben viele Vorurteile gegenüber den jeweils anderen. Stimmen diese, wenn ja warum? Und wenn nein, warum gibt es sie immer noch?
Ganz einfach: Der Osten ist historisch bedingt schlichtweg primitiver aufgebaut und es existiert pro Bürger weniger Wohlstand. Dazu gibt es so viele Statistiken. Vorurteile sind es jetzt nicht unbedingt, und es kommt auch nicht daher, dass der Bürger im Osten dümmer ist oder mit weniger zufrieden ist.

Wobei du so eine Mauer auch zwischen Ba-Wü+Bayern und dem Rest von Deutschland ziehen kannst. Nicht nur in wirtschaftlichen Situationen sind dort unten beide Bundesländer klar vorne, sondern auch bildungstechnisch. Und wie ich letztens auf 88,8 Berlin Radio mitbekommen habe: "Man müsse eine Mauer um Schwaben bauen!" xD

(02.10.2015)Odinsson schrieb:  Und was denkt ihr, über den immer größer werdenden Ostkult?
Nicht so mein Ding. Zwar interessiert mich der Osten ein wenig, gerade was die Infrastruktur und vor allem Lost Places anbelangt, allerdings sehe ich in einem Ampelmännchen kein besonderes Merkmal, worüber man sich erfreuen kann. Da habe ich andere Nostalgien lieber. Im Falle von "sozialistischen Nostalgien", dann lieber Kuba. Oder halt anderes, vor allem musikalisches, wie z.B. Hippies, Disco oder die 80er.

(02.10.2015)Odinsson schrieb:  Nicht alles war Schlecht. Hört man auch oft, von vielen Menschen, welche in der DDR gelebt haben. Was denkt ihr, gibt es dinge aus der DDR die man auch hier und heute immer noch umsetzen sollte? Wie z.b. Das Gesundheitssystem, Schulsystem usw.?!
Würdest du von Kuba reden, dann sicherlich die seit den Anfängen bestehende Umweltpolitik, der Umweltschutz dort stand schon immer im Vordergrund, die Bildungspolitik, sowie die Hilfspolitik. Von der DDR haben wir aber nicht viel, wonach wir uns richten sollen. Lediglich die vorhin genannte Staatenlosigkeit, sowie Bildungspolitik ist im Rande erwähnenswert, gerade im wissenschaftlichen Bereich, wobei der Westen sich aber dagegen nicht hätte verstecken müssen. Ein großes Manko ist natürlich, dass der Mensch sich dort nicht frei bilden konnte, sondern von politischen Ideologien beeinflussen lassen musste.

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#15
03.10.2015
Odinsson Offline
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RE: 25 Jahre Deutsche Einheit - Was denkt ihr?
Railwy du sprichst mir aus der Seele. Ich kann dir in fast allen Punkten einfach nur 1:1 zustimmen Pinkie approved

Einzig, was die Mopeds und Motorräder angeht muss ich dir wiedersprechen.
Simson und MZ waren im Vergleich zu ihren Westprodukten wie Kreidler, Hercules, Zündapp, BMW usw, die Chinaroller von heute aus dem Baumarkt.

Es klingt krass, aber die verarbeitungsqualität von z.b. Kreidler war weit besser, wie die von Simson.

Simson und MZ Fahrzeuge sind dafür gebaut, das zumindest der Motor alle 20.000-40.000km überholt werden muss. Während man mit Kreidler durchaus 100.000km oder mehr fahren kann.
Hier ist aber zu sehen, Simson und MZ nicht diese Materiellen und Technischen möglichkeiten hatte, wie diese im Westen. Welches, wie du sagst und im Beispiel Trabant und Wartburg nanntest, oft Politisch nicht gewollt war.
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#16
04.10.2015
Railway Dash Offline
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RE: 25 Jahre Deutsche Einheit - Was denkt ihr?
Einverstanden, für Mopeds bist du der größere Experte von uns beiden RD wink Ich hatte beim Schreiben tatsächlich diese fürchterlichen Chinaroller vor meinem geistigen Auge - die mit diesen furchtbaren Standgas/Vollgas-Automatikgetrieben, dazwischen gibts nichts. Langsam, dafür LAUT und qualmend, schlimmer als jeder Trabant - an die Dinger hatte ich tatsächlich gedacht.

Weil du übrigens die Frage ja auch nach Verbrauchsprodukten wie Nudossi, Rotkäppchen-Sekt, Bautz'ner Senf usw. gestellt hattest, warum die wieder verstärkt nachgefragt werden: ich denke, das liegt großteils an den Erinnerungen, die damit verbunden sind. Emotionale Erinnerungen laufen beim Menschen über die verschiedensten Sinneseindrücke, und mit dem Geschmack jener Marken werden inzwischen vermutlich weitgehend positive Emotionen und Erinnerungen verknüpft (wenn auch größtenteils unbewußt, nehme ich an) - wenigstens bei denen, die diese Marken von klein auf kannten, damit aufwuchsen und alterten. Unbewußt werden beim Verzehr dieser Produkte vermutlich Erinnerungen an eine relativ sorglose Zeit, in der man sich keine Gedanken um den nächsten Hartz-IV-Bescheid, die nächste Strompreiserhöhung, die nächste Mieterhöhung usw. machen mußte - diese Erinnerungen selber sind oft wahrscheinlich nicht mal direkt als "Film" vor dem inneren Auge greifbar und präsent, sondern ebenfalls unbewußt, aber sie sind da und werden als angenehm empfunden. So würde ich mir die inzwischen stabile Nachfrage nach "Ostprodukten" (nachdem direkt nach der Wende verständlicherweise ein heftiger Knick nach unten im Absatz dieser Produkte drin war) erklären Shrug

Dieses unbewußte Erinnern gibt es auch bei anderen Wirbeltieren. Kleiner Exkurs, hat mit der Wiedervereinigung nichts zu tun, einfach nur mal zum Verständnis: die Hauskatze, Felis domesticus. Die meisten Katzen genießen das Streicheln, besonders am Kopf und Hals, wo sie selber anatomiebedingt nicht hinkommen. Die Verhaltensforschung geht inzwischen davon aus: dieses Streicheln erinnert die adulte Katze unbewußt an die Zeit direkt nach ihrer Geburt, als sie von ihrer Mutter umsorgt war, beschützt, behütet und versorgt, und sich selber um nichts kümmern mußte. Und diese angenehme Erinnerung wird durch das Streicheln wieder ausgelöst und sorgt für die innere Ruhe der inzwischen längst erwachsenen und entwöhnten Katze - wenn auch unbewußt.


Dann habe ich heute (inzwischen eher "gestern") in der Pause nochmal was fertiggemacht, ich kopiere es wieder einfach rein:

Heute also Pause in Niedernhausen AJ hmm - viel kann ich hier sowieso nicht machen, weder zeitlich noch sonstwie, also nutze ich die Zeit wieder: schreiben wir eben mal ein paar Worte zum Thema Stasi.

Bevor mich jemand falsch versteht: es geht mir nicht darum, das, was die Stasi getan hat, zu verharmlosen oder zu verniedlichen. Wer von der Stasi verfolgt wurde, der hatte wirklich nichts zu lachen, und für die Betroffenen sind die Erinnerungen heute genauso schlimm wie damals. Dennoch will ich mit einer verzerrten Nachwende-Darstellung einmal aufräumen:

Ich weiß ja nicht, was euch darüber heute in der Schule erzählt wird; lange Zeit wurde es aber in den letzten 25 Jahren immer wieder so dargestellt, als hätte es in der DDR im Grunde nur zwei Bevölkerungsgruppen gegeben: Stasi-Täter und Stasi-Opfer.

Laßt euch mich aus eigener Erfahrung versichern: das ist schlicht Quatsch.

Sicher, die Existenz der Stasi und auch die Tatsache, daß man sich mit dieser besser nicht anlegen sollte, war allgemein bekannt in der DDR. Tat man der Stasi aber nichts und ging nicht offen gegen das System in die Opposition, tat sie einem ihrerseits auch nichts, ja, sie interessierte sich nicht mal für einen.

Meine eigene Familie. Ich bin am 08.04.1977 geboren - nur eine Woche später starb (an meinem vorausberechneten Geburtstag, was mir noch immer einen kalten Schauer über den Rücken jagt) drüben im Westen, genauer, in Lohnde, mein im vorigen Beitrag erwähnter Onkel. Mein Vater war damals 27 Jahre alt - und durfte zur Beerdigung seines Bruders zusammen mit meiner Tante (= die deutlich ältere Schwester meines Vaters) erstmals "in den Westen". Natürlich sah sich der Staat vorher an, wen er da ins NSW ausreisen ließ... und es war auch bekannt, ohne daß das dazugesagt werden mußte: als "Faustpfand" für die Rückkehr diente natürlich die restliche Familie. Also meine Mutter und ich, der damals neu geboren war. Mein Vater fuhr also nach Lohnde und auch wieder zurück, alles auch in den vorgeschriebenen Zügen zu den vorgeschriebenen Zeiten (man konnte nicht random einen x-beliebigen Zug benutzen, nein, sowohl Zug als auch Grenzübergang (logisch) wurden vorgegeben).

Mein Vater war nun allerdings kein glühender Verehrer des Systems: nicht bei den Pionieren gewesen, nicht in der FDJ, keine Jugendweihe, stattdessen Konfirmation (freilich auch die nur auf Wunsch seiner Mutter damals); Wehrdienst nur die Mindestzeit (1,5 Jahre; also nicht freiwillig 3 Jahre), kein SED-Mitglied... er durfte dennoch studieren (1971 - 74, wenn ich es gerade richtig in Erinnerung habe) und war dann als Abschluß Ingnieur für Textiltechnologien, Fachrichtung Textilchemie (entspricht heute einem Dipl.-Ing. (FH), er wurde nach der Wende sogar offiziell nach bundesdeutschem Recht nachdiplomiert). Natürlich wurde ihm nahegelegt, sich "politisch zu engagieren und zu positionieren" - ein Eintritt in die SED kam für ihn allerdings nicht in Frage (zumal man in die SED ohnehin nicht so einfach eintreten konnte wie in einen Verein, im Gegenteil war dieses Verfahren sogar recht langwierig), also trat er in die LDPD ein - allerdings auch nur als Pro-forma-Mitglied. Arbeitsstelle war damals der VEB Fettchemie Karl-Marx-Stadt (Hersteller aller möglicher Reinigungs- und Waschmittel) - er war bei keinem einzigen Subbotnik und engagierte sich weder in der DSF noch für die Wandzeitung oder sonstwie "gesellschaftlich".

Also eigentlich schlechte Voraussetzungen für das BRD-Ausreisevisum, sollte man meinen.

Aber denkste - nach dem erfolgreichen "Testlauf" im April 1977 beantragte er einfach ab 1979 (75. Geburtstag seiner Mutter, sie war Jahrgang 1904) die Besuchsreisen zum Geburtstag seiner Mutter, und siehe da: bis auf einmal wurden sie immer bewilligt AJ surprised Klar wurden in seinem Umfeld Erkundigungen eingeholt über ihn; unter anderem beim ABV (Abschnittsbevollmächtigter; eine Art "Lokalpolizist") unseres Viertels. Der kannte, wie er ihm später im Vertrauen hinter vorgehaltener Hand erzählte, meinen Vater nicht mal RD laugh - zu unauffällig.

In den Jahren bis 1989 gab es nur einmal eine Provokation für ihn: er stand in Leipzig Hbf am Bahnsteig und wartete auf den Zug, als eine ihm völlig unbekannte Frau zielstrebig auf ihn zusteuerte und ihn direkt vollaberte, daß der Zug ja schon wieder Verspätung habe, ist doch alles Mist hier in der DDR, drüben im Westen ist das sicher alles besser, blah... ungeschickter und offensichtlicher konnte eine Provokation gar nicht mehr ausfallen RD laugh Natürlich ging er absolut nicht darauf ein, sondern ließ die Trulla einfach stehen.

Ein anderes Mal: er hatte sich im Westen eine Ausgabe der St.-Pauli-Nachrichten zugelegt (Erotikmagazine oder gar Pornografie gab es in der DDR offiziell nicht, das galt als westlich-dekadente "Schundliteratur"), genau wie einen Versandhauskatalog (ebenfalls verboten, die offizielle Begründung weiß ich nicht mehr), und beides mit in den Koffer getan. Sein Pech: an der Grenze, wo der Zug planmäßig glaub 45 Minuten Aufenthalt hatte, wurde Gepäck stichprobenartig kontrolliert - das heißt: alle raus aus dem Abteil (der Zug führte nur Abteilwagen), nur der Betreffende samt Zollkontrolle der DDR blieb darin. Und der Betreffende mußte nun seinen Koffer auspacken - da wurde dann auch ziemlich genau geguckt, daß nichts Verbotenes dabei war (es gab Sachen wie z.B. Kaffee, die durften eingeführt werden, und es gab Sachen, die durften eben nicht eingeführt werden - dazu zählten die meisten Druckerzeugnisse, ganz besonders natürlich politische Magazine wie Stern, Spiegel, Focus usw., die als Propaganda des Klassenfeinds galten). - Und wie es der Teufel so will, war mein Vater natürlich dran... und, klar: St.-Pauli-Nachrichten und der Katalog wurden eingezogen. Nun dachte mein Vater, autsch, Sch..., das wars dann wohl... Reise nächstes Jahr kann ich vergessen. Aber, nein, nicht doch: Trockene Aussage der Stasi bei der Visa-Beantragung zu meiner Tante: "Sag'n'se Ihr'm Bruder, er soll seine St.-Pauli-Nachrichten drüb'n lesen." - Aus, weiter geschah nichts AJ surprised - sehr zur Überraschung sowohl meines Vaters als auch meiner Tante, und er durfte ohne Beanstandung erneut fahren.

Nun dachten wir ja nach der Wende alle, da wird doch mit Sicherheit eine dicke fette Akte bei der Stasi existieren. Also forderten wir Mitte/Ende der 90er, als soweit alles aufbereitet war laut Stasi-Unterlagenbehörde, alle mal unsere Akten an, rein aus Interesse darüber, was denn die Stasi über uns so für festhaltenswert gehalten haben mochte. Ergebnis: über meinen Vater gab es schlicht keine Akte AJ surprised Es gab von ihm keine einzige Spur bei der Stasi-Unterlagenbehörde... daß ALLES vernichtet wurde, ist aber eher unwahrscheinlich, gerade aus dem Raum Hainichen / Karl-Marx-Stadt war eigentlich recht viel erhalten geblieben. Das läßt für uns nur eine Schlußfolgerung zu: obwohl er absolut kein Verehrer oder Unterstützer des Systems und mehr oder minder regelmäßig "im Westen" war, war er für die Stasi schlicht zu uninteressant AJ surprised Erklärung: er opponierte nicht gegen das System, druckte keine Flugblätter, führte keine Politmagazine ein oder malte Parolen an die Wände - und das reichte schon, um für die Stasi so uninteressant zu sein, daß sie nicht mal eine Akte für notwendig hielt.

Über meine Mutter gab es erstaunlicherweise eine RD laugh Allerdings stammte der einzige Eintrag aus ihrer Teenagerzeit, als sie sich wohl mal gegenüber irgendwem beschwert hatte, daß die Versorgungslage in Cottbus (da wohnte sie damals) so schlecht wäre und die Polen ja in Scharen rüberkämen und, während die DDR-Bürger auf Arbeit waren, alles leerkauften (was sachlich auch stimmte). Die Schlußfolgerung war allerdings dermaßenes Kauderwelsch, daß sie niemand von uns verstand... das Ganze war auch nur eine handgemalte Karteikarte. Wahrscheinlich von irgendeinem IM, und der Führungsoffizier wußte damit wohl selber nichts anzufangen und schob das Ding schnell in die hinterste Ecke des Aktenschranks, damit er das Ding los war - "aus den Augen, aus dem Sinn" RD laugh

Ich selber war ebenfalls komplett uninteressant für die Stasi - gut, sagte meine Mutter, ist auch kein Wunder; immerhin war ich selbst zur Wiedervereinigung erst 13 Jahre alt.

Zurück zu meinem Vater: er hielt sich auch während seiner Besuche im Westen mit politischen Diskussionen zurück, er fing also auch dort nicht an, über die DDR herzuziehen... wohl holte er sich einen bundesdeutschen Reisepaß und war auch mal in Amsterdam (was er laut Bestimmungen der DDR natürlich beides nicht durfte! Den Paß versteckte er bei den Reisen über die Grenze glaub irgendwo in der Dreckwäsche oder direkt am Körper, irgend so was war das), aber er kritisierte das System der DDR nicht, er kommentierte es schlicht gar nicht. Und siehe da: das reichte schon, um in Ruhe gelassen zu werden... er vermutete ja bereits damals, daß es die Stasi auch im Westen gab; als das dann nach der Wende offiziell rauskam, war es keine Überraschung für uns gewesen.


Langer Rede kurzer Sinn: wer der Stasi nichts tat, dem tat sie üblicherweise auch nicht; die weitaus meisten Menschen in der DDR kamen einfach nie in Kontakt mit dem MfS, egal auf welcher Seite Shrug

Wollte ich euch nur mal schildern - eben um das teilweise recht verzerrte Bild in den Medien ein wenig geradezurücken und weil ich nicht weiß, was ihr heutzutage überhaupt in Geschichte lernt, besonders über Geschichte des 20. Jahrhunderts Twilight: not bad

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#17
04.10.2015
J-C Abwesend
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RE: 25 Jahre Deutsche Einheit - Was denkt ihr?
Im Unterricht hatten wir das nur ganz kurz angeschnitten - aber ich glaube etwas länger als die NS-Zeit RD laugh

Also die Definition von IM kannte ich,.. und dass die Stasi nicht so viele Daten sammelt wie die NSA, das weiß ich auch RD laugh

Am meisten Infos bekam ich, als wir im unterricht den Film "Das Leben des Anderen" sahen RD laugh

Aber gut zu wissen, dass man auch Ruhe bekam,
wenn man Ruhe wollte.

Zuweilen kann man auch ein begnadeter Komponist wie Schostakowitsch sein, um möglichst Ruhe zu haben - obgleich man politisch etwas distanziert zum Regime sein könnte ^^
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#18
04.10.2015
Meganium Offline
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RE: 25 Jahre Deutsche Einheit - Was denkt ihr?
Wann war denn dieses "andere Mal", als dein Vater sich in St. Pauli eingedeckt hat? Wenn es ab 1985 war, könnte dieses lockere Verfahren der Grenzwächter durch Glasnost und Perestroika begründet werden. Soviel ich weiß, war die SED anfangs gegen Gorbatschows Politik, man tolerierte dies aber schnell. Kurz vor dem Mauerfall war den Grenzsoldaten sowieso alles egal, durch die emotional geprägte Reisefreiheit.

Zugegeben, Glasnost und Perestroika waren mitunter ein wirtschaftlicher Untergang für die SU, quasi eine Beschleunigung des sowieso nicht funktionierenden Kommunismus (auch ohne Glasnost und Perestroika wäre die SU sicherlich zerfallen), aber auch ein Segen für die Demokratie und für Menschenrechte. Leider sind natürlich einige Jahre später in einigen Ländern wieder die falschen Leute an die Macht gekommen, siehe Putin.

...
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#19
04.10.2015
Herrmannsegerman Offline
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RE: 25 Jahre Deutsche Einheit - Was denkt ihr?
(04.10.2015)Meganium schrieb:  Leider sind natürlich einige Jahre später in einigen Ländern wieder die falschen Leute an die Macht gekommen, siehe Putin.

In der Tat.

Leider machte man den Fehler Russland nach dem Fall des Eisernen Vorhanges wie einen Verlierer und nicht wie einen Partner zu behandeln weswegen das Verhältniss heute wieder so angespannt ist. Man machte den Nationalstolz der Russen kaputt, weswegen viele Russen Heute wieder Starke Anti-West Politiker an der Macht wollen um den ehemaligen Klassenfeind USA wieder Contra zu bieten. Klassische Kalter-Krieg-Logik eben. Die Sowjetpropaganda steckt leider noch in vielen Köpfen.

Ich bin gespannt wie schnell sich die Verhältnisse mit Russland verändern wenn die Generation-Kalter-Krieg aus den Regierungen der USA und Russlands verschwunden sind.

[Bild: ladawcol5.jpg]
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#20
04.10.2015
Odinsson Offline
Wonderbolt
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RE: 25 Jahre Deutsche Einheit - Was denkt ihr?
Ich sage mal, was verbraucshprodukte angeht, verwende ich Regelmäßig Fit und Bautz'ner Senf.
Aber nicht unbedingt weil es Ostdeutsch ist. Sehrwohl weil es bekannt und vor allem Qualitativ sehr gut ist. Der Bautz'ner Senf ist für mich überhaupt geschmacklich der beste den es gibt und die Zahlen bestätigen es sogar. Schließlich ist Bautz'ner mit 23% Marktanteil Marktführer in Deutschland, sogar vor anderen Deutschen Marken und ist dabei günstig.

Zu den Modernen Motorrollern sag ich nichts...gehört nicht zu der Diskusion.
Aber Automatik Roller gabs auch in der DDR. Simson Produzierte 50.000 Halbautomatik Schwalbe...die nicht ankamen Cheerilee awesome

Und zu dem Thema überwachung, brauch man auch nichts sagen. Wir werden seit Jahren überwacht. Das habe ich mir schon lange vor Snowden gedacht und bekam nur damit die Bestätigung. Und was ich dabei unverschämt finde, während man 1989 jeden Stasi IM, wo heute mancher warscheinlich beim BND, NSA und sonstigen Geheimdiensten arbeiten, am liebsten gelyncht worden wären, ist heute die überwachung durch Internet und Geheimdienste normal und wird Akzeptiert.

Ich mag das oft Propangierte Bild von der DDR auch nicht. Black Tornado hat es gesagt und du auch. Die DDR hatte keinen Marshal Plan und musste Reperationsleistungen zahlen. Wenn man überlegt, was bis anfang der 80er Jahre in der DDR geschaffen wurde, ist erstaunlich. Unter diesen Bedingungen. Ich denke, gerade ab dann, hat das Politbüro dann alles verschlafen. Denn die DDR hat lange in vielen Ländern auch selbst Aufbauhilfe geleistet, Fachkräfte ausgebildet usw.

Ich sehe das immer wieder auf arbeit mit der Lokbaureihe 155. Diese ist eine in den 70er Jahren in der DDR entwickelte und gebaute Güterzuglokomotive. Sie hat ein paar eigenheiten, die auch nicht zwingend verständlich sind. Aber im gesammten ist es eine für damals Hochmoderne und absolut durchdachte Lokomotive. Vergleicht man sie, mit dem West pondon, was nur ca 5 jahre vorher gebaut wurde, ist die Ostdeutsche Lok, trotz der ach so rückständigen DDR weitaus Moderner und doch wird mehr über diese Lok geschimpft.
Man hat in der DDR versucht aus Scheiße, Gold zu machen. Und damit aus den gegebenheiten das beste gemacht was geht, was sehr viele gern vergessen.
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