(22.04.2014)CharlesErnestBarron schrieb: Hier eine Lüge von Ratzinger: http://www.welt.de/politik/deutschland/a...hheit.html
Ach ja, "der" Bericht.
Habe schon einmal von einigen davon gehört, die sich darüber beschwert haben. Genaueres habe ich dazu eigentlich nicht gehört, habe deshalb mal nachrecherchiert. Was eine schöne Weile gedauert hat.
Problem Nummer eins bei der Sache: Es gab keine Verlinkung zum Originaltext, eine entsprechende Suche hat sich als nicht so leicht erwiesen. In dem Fall scheint auch diese relativ kleinere Ansprache (vor 160 Diplomaten, die zwar aus anderen Ländern stammen, aber selbst im Vatikan arbeiten) ziemlich aufgebauscht worden zu sein. In einer
anderen Quelle, wird das Umfeld der Rede und deren Begrenztheit deutlicher gezeigt - wobei leider ein wenig geschlampt worden ist und der falsche Tag angegeben wurde ist.
Problem Nummer Zwei - das Hauptproblem: Die "Homo-Ehe" und "Adoptionen durch gleichgeschlechtliche Paare" (wie in der zweiten Quelle angegeben) wurden in der Ansprache schlicht und einfach nicht genannt. Weder wörtlich noch in irgendwelchen diplomatischen Verklausulierungen. Nachlesen kann man das im
Dokumentarchiv auf der Homepage des Vatikans, 6. Abschnitt, von dem ich diesen Ausschnitt übernommen habe. Die in den Berichten erwähnten Zeilen habe ich fett markiert:
Die Erziehung ist ein Schlüsselthema für alle Generationen, denn von ihr hängt sowohl die gesunde Entwicklung jeder Person ab als auch die Zukunft der ganzen Gesellschaft. Deshalb stellt sie in einer schwierigen und heiklen Zeit eine Aufgabe von höchster Wichtigkeit dar. Außer einem klaren Ziel wie dem, die Jugendlichen zu einer vollen Kenntnis der Realität und damit der Wahrheit zu führen, braucht die Erziehung auch Räume. Unter diesen steht die auf die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau gegründete Familie an erster Stelle. Es handelt sich dabei nicht um eine bloße gesellschaftliche Konvention, sondern um die Grundzelle der ganzen Gesellschaft. Folglich bedroht eine Politik, welche die Familie gefährdet, die Würde des Menschen und die Zukunft der Menschheit selbst. Der familiäre Rahmen ist grundlegend auf dem Erziehungsweg und für die Entwicklung der Individuen und der Staaten; demnach ist eine Politik notwendig, die den Wert der Familie betont und den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den Dialog unterstützt. Die Familie ist der Ort, an dem man sich der Welt und dem Leben öffnet, und, wie ich anläßlich meiner Reise nach Kroatien gesagt habe, „das Offensein für das Leben ist ein Zeichen für das Offensein gegenüber der Zukunft“. In diesem Zusammenhang des Offenseins für das Leben nehme ich mit Genugtuung das kürzlich erfolgte Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union zur Kenntnis, das die Patentierung von Verfahren verbietet, bei denen menschliche embryonale Stammzellen verwendet werden, wie auch den Beschluß der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, der die pränatale Selektion aufgrund des Geschlechts verurteilt.
Punkt. Wie gesagt, auf die "Homo-Ehe wird nicht einmal eingegangen, auch nicht auf die Sache mit den Adoptionen. Kennt man die Ansprachen Benedikts, dann dürfte bekannt sein, dass die Themen "Homosexualität und gleichgeschlechtliche Partnerschaften/Zivilehen" äußert selten bis eigentlich gar nicht angesprochen werden. Außer man spricht ihn explizit darauf an, wie es im Interview mit Peter Seewald der Fall war - bei dem die
Presse damals ins andere Extrem pendelte. Und selbst bei so was ist er persönlich sehr zurückhaltend, um niemanden zu verletzen oder falsch darzustellen.
Generell ist es in der Kirche so, dass Homosexualität eher ein Randthema bei Fragen der Sexualität und der Familienstrukturen ist. Früher tat man das mit einem Verweis auf "Perversionen des Geschlechtstriebes" bzw. "Ungeordnete Neigungen" ab und verwies die Betroffenen eher an empfehlenswerte Beichtväter und geistliche Leiter, kompetente Laien oder konkret auf das Gebet, um zu versuchen, das wieder in den Griff zu bekommen. Wobei eigentlich immer vor einer Verurteilung der Person gewarnt worden ist (was auch im Katechismus überdeutlich vermerkt ist). Inwiefern das was brachte, dürfte offen bleiben, viele, die sich mit ihrer Homosexualität abgefunden haben, war so was im Großen und Ganzen eher egal.
Zunehmend ab der "sexuellen Revolution" setze man sich dann eher mit der philosophischen (und auch ideologischen) Thematik des (ganz grob bezeichneten) "Genderismus" auseinander. Da sich viele aus dem LGBT(TIQ) -Bereich zu der grundlegenden Theorie des "gesellschaftlichen Geschlechts" / "nicht von Natur aus festgelegten Heterosexualität" anschlossen, wurde die Thematik Homosexualität diesem Sammelthema zugeordnet. Was unter anderem auch thematischer Kritikpunkt bei der "Demo für Alle" in Stuttgart ist, bei der ja auf der Gegenseite ebenfalls die ganze Thematik auf "Diskriminierung Homosexueller" (teilweise auch "Abschaffung des Aufklärungsunterrichts") runtergekürzt wird.
Explizit werden dagegen dringendere Themen genannt: In oben zitierten Abschnitt werden die
"pränatale Selektion" und ähnliche Verfahren als grundlegende Gefahr für Familien dazu genannt, außerdem
Abtreibung "aus persönlichen Motiven der Nützlichkeit oder aus zweifelhaften medizinischen Gründen", die hier tatsächlich als
"der Zukunft der Menschheit entgegenstehend" bezeichnet wird. Gerade auch als erster Punkt werden
"schwerwiegenden und besorgniserregende Entwicklungen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise" genannte, die nicht nur "Familien und Unternehmen" bedrohen, sondern besonders "Jugendliche". Die
Bildungspolitik sollte ebenfalls so gestaltet sein, dass ZUSAMMEN mit der Familie eine umfassende Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen möglich ist.
Vom Charakter her erinnert der ganze Bericht auch an die "Causa Mixa", bei der ebenfalls mit Vorurteilen und Erwartungen der Leser gespielt worden ist, ohne ganze Zusammenhänge zu nennen. Weil seine Position ja "so bekannt" ist (konservativer, romtreuer katholischer Bischof = hält am Bild der "sündigen Eva " fest = sieht Frau als minderwertiger an = Mütter sind selbst an ihrer geschlechtlichen Lage schuld) wunderte es niemanden, dass er Frauen als "Gebärmaschinen" bezeichnete. Dass es allerdings ein rhetorischer Griff gewesen ist in seiner Kritik an der Familienpolitik, nach der Eltern längere Arbeit ermöglicht werden sollte und Kinder deshalb ziemlich früh schon in staatliche Tagesstätten eingegliedert werden sollen, wird bei Seite gelassen. Seiner Meinung nach wird dadurch die "Mutter" (was nach Meinung einiger Leute ebenfalls angeblich eine Beleidigung für Frauen ist) mit ihrer umfassenden Tätigkeit, die für das Kind ein Leben lang prägsam ist, zur "Gebärmaschine" degradiert, also zu einer Person oder einem Ding, das sich im Endeffekt nur noch durch die Zeugung von Nachwuchs von anderen Tätigkeiten der Frau unterscheidet.
Dass in dem Artikel auch wichtige Angaben wie die Kontaktierung des Königreiches Jordanien im Hinblick auf die Nahostkrise, Warnungen vor der Instrumentalisierung von "Solidarität" in den Gebieten des arabischen Frühlings zum Zwecke des "Machterhalts oder der Machtergreifung", Kritik an den sogenannten "Gotteskriegern" (
Religion darf nicht als Vorwand benutzt werden, um die Normen der Gerechtigkeit und des Rechts um des angestrebten „Gutes“ willen beiseite zu schieben.) und Anmahnung einer "Synergie von Bekämpfung der Armut UND des Klimawandels" komplett unbeachtet bleiben, sei mal dahingestellt.
Ein Tor, wer Böses denkt.
In dem Fall dürfte sich diese "Lüge" ebenfalls erledigt haben.
Nachtrag: Ebenfalls in der Presse größtenteils ungenannt blieb die
Kritik des Vatikans an der Bestrafung Homosexueller in Uganda (Jepp, das war die Sache mit diesem Vollpfosten von Präsident, der nach Unterzeichnung des Gesetzes anmerkte: "Wir haben doch so viele schöne Frauen in unserem Land. Warum nehmen die denn ausgerechnet nur Männer?"
)