Die Fahrt zur GalaCon und zurück war mal so richtig abenteuerlich.
Das fing damit an, daß ich meine Tickets nicht gefunden hab. Also mußte ich den Morgen noch neue ziehen – natürlich entsprechend kostspieliger, gerade in der 1. Klasse. Andere Verbindungen wurden es auch, weil ich für meinen angepeilten Schweizer EC nichts mehr kriegen konnte und außerdem die Automaten scheißenstörrisch waren und mich partout nicht auf die Linke Rheinstrecke schicken wollten, bis ich ihnen sagte, ich will über Koblenz fahren. Jedenfalls lief das hinaus auf eine Tour, die außer zwischen Stutengarten und Lubu komplett aus ICEs bestehen sollte, Hinfahrt über die Linke Rheinstrecke (mit einem ICE, eeeyup), Rückfahrt über die SFS und Hannover. Was ich zu dem Zeitpunkt noch nicht wußte, war, daß ich für die Rückfahrt eine ziemlich lange Planfahrt in einem ICE 4 gebucht hatte (@Crash:
der hier).
Auf der Hinfahrt (ICE 1023 war ein ICE 1, der blöderweise umgekehrt lief, so daß ich ans andere Bahnsteigende rennen durfte mit meinem ganzen Gepäck) hatte das gegenüber einem IC den charmanten Vorteil, daß ich im Zug
eine morgendliche Freßorgie abhal frühstücken konnte – und gegenüber den Schweizer EC, wo ich sonst gern frühstücke, daß es auch Rührei gab und die ganze Chose weniger kostete. Ich hätte was an den Platz kommen lassen können, bin dann aber doch in den Giraffenwagen™ gegangen. Da saß ich auch nicht die ganze Zeit auf einer Flachstelle.
In Münster hatten wir aus irgendeinem Grunde schon ungefährt +10. Und wenn man in die eingleisige Strecke nach Dortmund nicht im Plan einfährt, verliert man noch mehr Zeit, weil man den einen oder anderen IC oder FLIRT kreuzt.
Noch eine charmante Eigenart dieses ICE-Zuglaufs war, daß er von Dortmund nach Köln nicht quer durch den Pott und über Düsseldorf fuhr, sondern über Hagen und Wuppertal. Da kommt man sonst nicht oft lang. Bißchen schade aber, daß wir nicht über Düsseldorf gefahren sind. Na ja.
Normal hätte ich in Mainz auf eine RB Richtung Darmstadt umsteigen müssen, aber die Umsteigezeit wäre nicht mehr zu halten gewesen. Also sollte ich laut Personal bis Flankfurt Flughafen im Zug bleiben und da umsteigen auf ICE 519, mit dem ich ohne weiteres Umsteigen nach Stutengarten hätte fahren können – angenehm nicht nur wegen der Hitze, sondern vor allem wegen meiner Tonnen an Gepäck. Hab ich auch gemacht, zumindest den ersten Teil. Dann hing ich ewig in dem glühendheißen, potthäßlichen Bahnhof rum, wo es kaum was Anständiges zu futtern gab. Erst hieß es, ICE 519 sollte 20 Minuten später kommen. Dann 40 Minuten. Dann 50 Minuten. Dann 60 Minuten. Zwei Minuten vor seiner 60minütig verspäteten Abfahrt kam dann die Durchsage: ICE 519 fällt aus. Ein Opfer der Hitze.
Daraufhin bin ich noch einmal mit Sack und Pack hoch auf die obere Ebene und zur Information. Ich brauchte ja einen Ersatzzug für den Ersatzzug und den Vermerk, daß ich den benutzen durfte (Zugbindung und so). Im Prinzip bekam ich die Absolution, jeden x-beliebigen ICE nach Stutengarten nutzen zu dürfen.
Der nächste wäre dann ICE 577, der eigentlich schon hätte weg sein müssen, aber auch immer mehr Verspätung aufbaute (+25, +30, +50). Ich stand also wieder auf dem einen der beiden Bahnsteige und wartete. Auf dem Bahnsteig wurden die Leute auch immer mehr, weil ja die ganzen Umsteiger auf ICE 519 weiter wollten. Kurz nach ICE 577 sollte der auch von der Lufthansa genutzte, relativ kurze ICE 915 fahren. Ich beschloß, wenn die ganzen Massen sich in den ICE 577 pressen, fahr ich mit dem ICE 915 im Blockabstand geschmeidig hinterher. Oder etwas mehr als Blockabstand, denn auch ICE 915 wurde mit +5 angezeigt.
Erstmal kam aber auf dem Gleis, aus dem nacheinander ICE 577 und 915 hätten fahren sollen, ein weiterer stark verspäteter ICE rein (ICE-3-Doppeltraktion), der Kopf machen sollte, dann erst wieder in den Verkehr eingefädelt werden mußte und daher eine halbe Ewigkeit das Gleis blockierte. ICE 577 wurde daraufhin verlegt an den anderen Bahnsteig. Da beschloß ich erst recht, den 915 zu nehmen – kein Bock, mit meinem ganzen Gepäck den Bahnsteig zu wechseln wie dutzendweise andere Passagiere.
ICE 915 kam dann auch rein mit den angekündigten +5. Ich hatte mit einem ICE-T7 gerechnet, ich hatte ja nicht nachgesehen, wo das Ding herkam. Statt dessen kam ein Velaro rein. Die einzigen Serien-ICEs, mit denen ich zu dem Zeitpunkt noch nie gefahren war, waren ICE-T5, Velaro und ICE 4. Das sollte also meine erste Fahrt mit einem Velaro werden. Schön war die Fahrt trotzdem nicht: Der Zug war sogar in der 1. Klasse so voll, daß ich nur in einem Einstiegsraum zum Stehen kam.
In Mannheim gab's dann die Quittung dafür: Zwischen Mannheim und Stuttgart sollte der Zug auf einer SFS fahren. Bei über 200 km/h durfte aber niemand im Gang stehen. Also wurden alle, die nur im Gang Platz hatten, aus dem Zug geschmissen und – jetzt kommt's – auf den ICE 577 verwiesen, der inzwischen 60 Minuten Verspätung hatte und uns hinterhergefahren war!
Gut: ICE 577 fuhr vom selben Bahnsteig gegenüber. Besser: ICE 577 entpuppte sich als ICE 4! Also noch 'ne Premiere. Auch gut: Mit seinen 12 recht langen Wagen hatte er jede Menge Platz. Nicht so gut: Das Mistding fuhr auch falschrum ein und hatte die 1. Klasse am anderen Ende als ICE 915. Also wieder den Bahnsteig langhetzen.
Platz war wirklich reichlich. Der ICE 4 hat ja am 1.-Klasse-Ende einen Mini-Großraum mit sechs Plätzen direkt hinterm Führerstand. Und den hatte ich für mich alleine. Natürlich war genau da unter dem nagelneuen Zug eine Flachstelle. (Dafür war die Laufruhe für fast direkt auf'm Drehzapfen beachtlich, da schlingerte nix.) Außerdem erwies sich die Wahl eines der hintersten drei Sitzplätze im Zug als völlig balla-balla, als wir in Stutengarten ankamen. Ich durfte nämlich in der brüllenden Hitze fast die komplette Länge des Zuges abschreiten (gute 340 Meter), bis ich am Querbahnsteig war.
Jetzt noch nach Lubu kommen. Blöderweise wurde kaum bei irgendeinem Zug irgendwo angegeben, daß er in Lubu hielt, bis ich auf eine Bahnsteiganzeige stieß, wo Lubu stand. Der Zug war ein Anachronismus: flammneue Nahverkehrs-TRAXX 3 (so häßlich die Dinger auch sind) mit fünf Buntlingen. Endlich mal wieder Buntling fahren, natürlich mit Fenster auf.
Die Rückfahrt wurde letztlich ähnlich abenteuerlich. Zumindest hatte ich ein Ticket, und ich war so schlau, was früher in Lubu loszufahren. Mit weniger Gepäck und weniger Hitze wär ich schon am Vormittag gefahren und hätte mich ein paar Stunden in Stutengarten am Hbf rumgetrieben. Mein Regionalzug (wieder Buntlinge mit TRAXX 3) wurde mit +5 angekündigt, als ich mich dann aber aufgestellt hatte, um eine planmäßig um die gleiche Zeit einfahrende S-Bahn fotografisch zu erwischen, kam er pünktlich!
Nach Stutengarten Hbf kamen wir nicht sofort rein, fuhren dann aber fast parallel zur Bereitstellung des Flixtrain nach Berlin (leck mich, war der bunt). Hab dann noch was beim Burger King gefuttert und bin mehr als rechtzeitig vor Abfahrt zu meinem Zug gegangen, ICE 1094. Mit dem sollte ich bis ganz nach Hannover durchfahren zwecks Umsteigen auf ICE 564. Beide Züge fuhren Richtung Hamburg, aber ICE 1094 fuhr in Hamburg-Harburg durch, und da mußte ich raus.
Positive Überraschung: Da stand tatsächlich wieder ein ICE 4! Negative Überraschung: Natürlich mit der 2. Klasse am Prellbock. Ich hatte langsam keinen Bock mehr, ICE 4s in praktisch voller Länge mit meiner Anhängelast abzumarschieren. Na ja, rein in den Zug, wo es schon etwas schwieriger war, einen Platz zu finden, selbst in der 1. Klasse. Letztlich bekam ich nur einen in Fahrtrichtung rückwärts (außer zwischen Flankfurt Flughafen und Hbf).
Reibungsloser Reiseablauf? LOL! Als wenn. Hinter Mannheim Hbf wurde es kurz eingleisig. Zwischen Biblis und Gernsheim war ein nigelnagelneuer Bombtranz Twindexx Vario mal so richtig schön entgleist, also auch eingleisig. Zumindest hatten wir keinen Trouble mit Weichenstörungen, die Umleitungen bedeutet hätten wie eigentlich befürchtet. In Flankfurt Hbf hatten wir letztlich schon +35, und meinen Anschluß in Hannover hätte ich so nie kriegen können. Planänderung: durchfahren nach Hamburg Hbf und dann mit dem Metronom in den Hamburger Süden.
So eierten wir dann also ohne richtige Trasse Fulda entgegen. Eigentlich hätten wir bis Hannover gar nicht anhalten sollen. Kurz vor Fulda kam dann aber die Durchsage: Zwischen Kassel und Göttingen war an der SFS auf mehreren 100 m direkt neben dem Gleis ein Böschungsbrand. Da konnten wir natürlich nicht langfahren. Das heißt, wir konnten nicht mal nach Kassel fahren, denn um da auf die Altstrecke nach Göttingen zu wechseln, hätten wir in Kassel Hbf kopfmachen müssen.
Im nachhinein hätte das – abgesehen davon, daß der Zug dann wieder richtigrum gewesen wär – auch nicht mehr Zeit gekostet als das, was wir tatsächlich taten: Wir fuhren schon ab Fulda über die alte Nord-Süd-Strecke, eine Mittelgebirgsstrecke, die über sehr lange Abschnitte nicht mehr zuläßt als 110 km/h. Auf der SFS hätten wir 249 km/h fahren dürfen und wären weniger oft mit 40 km/h abzweigend über Weichen geschickt worden, langsam auf Haltesignale zugerollt oder gar ganz angehalten. Mit +120 war locker schon zu rechnen, denn wir mußten irgendwie zwischen andere umgeleitete ICEs, gelegentliche FLIRTs und die zahllosen Güterzüge gequetscht werden. Na ja, dafür fuhr ich zum ersten Mal tagsüber – und zum zweiten Mal überhaupt seit 1992 – auf dieser Strecke, noch dazu erstmals über längere Distanz in einem ICE 4. Trotzdem war jeder Unterwegsbahnhof schon ein sensationeller Fortschritt. Bebra, Eschwege West, Eichenberg...
Als wir in Göttingen endlich wieder auf die SFS gefädelt wurden, war das wie ein Befreiungsschlag. Mit strammen 249 Sachen bretterten wir Hannover entgegen (das heißt, eigentlich ist der ICE 4 sehr laufruhig, selbst den Antrieb bemerkt man nicht, aber miese Gleislage ist miese Gleislage). Die Durchsage kurz vor Hannover erstaunte mich mehr, als sie sollte: ICE 564 konnte noch erreicht werden! Ganz einfach: Der war ja auch umgeleitet worden und uns die ganze Zeit auf der Nord-Süd-Strecke hinterhergedackelt.
In Hannover – wo mir selbst so spät abends beim Aussteigen aus dem klimatisierten ICE 4 die Hitze entgegenschlug – mußte ich den Bahnsteig wechseln, und tatsächlich kam zu meiner Überraschung die ICE-2-Doppeltraktion des ICE 564 fast zeitgleich mit mir am Bahnsteig an. Aber er sollte da eh länger stehen, denn der hintere Halbzug blieb in Hannover, und nur der vordere sollte als einziger ICE am Tag nach Lübeck weiterfahren.
Im Vergleich zum praktisch nagelneuen Interieur des ICE 4 fiel der ICE 2 etwas ab. Die Kopfstützenpolster hielten nicht mehr richtig und waren fast unbrauchbar. Dafür war wenig los im Zug, und es war recht einfach, gute Plätze zu finden. Noch eine Kehrseite war, daß das BordRestaurant mir höchstens noch einen Salat bieten konnte, weil die Küche kalt war. Grml. Hätte mal schon im ICE 4 was futtern sollen.
Hamburg-Harburg war ähnlich wie Hannover: Wagentür auf, schon war's heiß um mich herum, obwohl es längst dunkel war. Erschwerend kam hinzu, daß mittlerweile der Harburger S-Bahnsteig für gut zwei Wochen gesperrt worden war für Sanierungsarbeiten. Von einem Fernbahnsteig aus in die S-Bahn per Fahrstuhl ist in Harburg sowieso ein Riesenumweg. Also nahm ich mir für die letzten paar Kilometer ein Taxi. Wie gut, daß da direkt vorm Bahnhof gerade ein Kombi stand.