Railway Dash schrieb:Wird Trump zum Gewinner erklärt, bedeutet das meiner Meinung nach nichts weiter, als dass sämtliche laufenden US-Interventionen (auch solche, die nicht US-exklusiv sind, sondern "nur" mit US-Beteiligung) dann auch offiziell zu reinen Angriffskriegen werden und auch völkerrechtlich so benannt werden können, dürfen, sollen und müssen.
Das könnte völkerrechtlich interessant werden...
Ähm, nein.
Völkerrechtlich wäre da garnichts interessant. Hauptsächlich weil das Völkerrecht nach heutigen Maßstäben dank den Großmächten eine Lachnummer ist, aber das Völkerrecht kennt keine Klausel die besagt, dass nur Demokratien Demokratie bringen können, weil die Verbreitung einer bestimmten Staatsform kein explizites Ziel ist. Als historisches Beispiel sei auch genannt, dass die Sowjetunion seinerzeit offizieller Bestandteil der Demokratisierungsbemühungen in Europa und vor allem Deutschland war und weiter von demokratischen Standards als Stalinismus kannst du grundsätzlich nicht entfernt sein. Was es gibt ist die umstrittene Idee im Internationalen Recht der "Schutzverantwortung", nach der ein Staat seine Bürger beschützen muss, aber wenn der Staat dazu nicht in der Lage ist, oder sogar das Problem sein sollte, muss die Weltgemeinschaft übernehmen. Ansonsten verlaufen derartige Konflikte aber hauptsächlich auf einem individuellen Maßstab und ein Konflikt, der beispielsweise diverse UN Mandate hinter sich hat, wie der in Afghanistan, wird diese Mandate nicht verlieren, nur weil ein beteiligtes Land jetzt selber abdriftet. Grundsätzlich alle Konflikte kannst du auch jederzeit als Angriffskriege im Rahmen der Meinungsfreiheit bezeichnen. Das hat im Völkerrecht aber keinerlei reale Implikationen, trotz des Verbots von Angriffskriegen. Der Grund für den Mangel an realweltlichen Konsequenzen ist auch sehr einfach. Es gibt zwar ein Verbot von Angriffskriegen, aber keine rechtlich einklagbare Definition, was ein Angriffskrieg eigentlich genau sein soll.
Eine völkerrechtlich verbindliche Feststellung, dass es sich um einen illegalen Konflikt handelt, könnte ausschließlich der UN Sicherheitsrat herbeiführen, wo die USA aber Vetomacht sind, also wird es eine solche Feststellung nicht geben. Und als ob Russland und China im Zweifel so erpicht darauf wären. Insbesonders Russlands Position ist ja nicht, dass man amerikanische Angriffskriege stoppen sollte, sondern das alle Konflikte in denen der Westen beteiligt ist genau so schlimm sind wie die eigenen, es also vollkommen selbstverständlich ist, wenn Russland in seinen Nachbarländern militärisch eingreift. Das es ein Recht als Großmacht auf eine eigene Sphäre habe. China wiederum sagt ganz gerne, dass es keine Konflikte will, was es aber nicht davon abhält bei jeder Wahl in Taiwan Artillerieübungen vor der taiwanesischen Küste durchzuführen und buchstäblich Truppen zur Besetzung von Staatsterritorium Vietnams, der Phillipinen, Nepals und Indiens einzusetzen während wir hier schreiben. Ganz davon abgesehen, dass China auch immer lauter Ansprüche auf weite Teile Russlands behauptet. Die Tatsache, dass bei diesen Konflikten hauptsächlich nicht geschossen wird, hat mehr mit der Angst der umgebenen Staaten vor Eskalation als mit Rechtmäßigkeit zu tun. Was also soll eine erwiesene Abwendung der USA von der Demokratie da dann völkerrechtlich bewirken?
Im Brian-Kellog Pakt von 1928 haben die Unterzeichnerstaaten erklärt, nicht einmal auf Angriffskriege, sondern auf Kriege als Mittel der Politik allgemein zu verzichten. Schlag ein beliebiges Geschichtsbuch auf und frag dich wie viel dieses Papier juristisch tatsächlich wert ist.